Der Dirichletsche Primzahlsatz anhand von Beispielen Im Neuen Jahr 2009 jährt sich der Todestag von Gustav Peter Lejeune Dirichlet zum 150. Mal. Als Erinnerung an sein mathematisches Werk will ich seine Arbeit ins Gedächtnis rufen: Beweis des Satzes, dass jede unbegrenzte arithmetische Progression, deren erstes Glied und Differenz ganze Zahlen ohne gemeinschaftlichen Factor sind, unendlich viele Primzahlen enthält. Das Ziel besteht darin, bei Personen, die in der Zahlentheorie weniger geübt sind, anhand von Beispielen ein Verständnis für die Aussage des Dirichletschen Satzes zu wecken. 1. Eine Beobachtung von Euler aus dem Jahr 1737 Der Fundamentalsatz der Arithmetik besagt: Jede natürliche Zahl n lässt sich auf genau eine Weise zerlegen als Produkt von Potenzen pai i > 1 der Größe nach geordneter Primzahlen pi (1 ≤ i ≤ r). Darin ist nach einer Konvention als Sonderfall r = 0 das leere Produkt zur Beschreibung der 1 enthalten. P Als Verallgemeinerung der divergenten harmonischen Reihe ∞ n=1 1/n kann die (Riemannsche) Zetafunktion ∞ X 1 , s>1 ζ(s) = ns n=1 angesehen werden. Diese Reihe konvergiert auf jedem Intervall [1 + δ, ∞ [, δ > 0 gleichmäßig; deswegen ist ζ insbesondere stetig auf dem Intervall ]1, ∞[. Der Fundamentalsatz der Arithmetik ergibt für natürliche x die Identität ∞ X n=1 p|n⇒p≤x ∞ YX Y 1 1 1 = = . s ms n p 1 − 1/ps p≤x m=0 p≤x In den beiden Produkten läuft p über die angegebenen Primzahlen, während in der Summe links eine Bedingung an die Primteiler des Summationsindex n steht. Durch Grenzübergang x → ∞ gewinnt man die folgende Darstellung als absolut konvergentes Eulerprodukt ζ(s) = Y p 1 . 1 − 1/ps Nach den Regeln der absolut konvergenten Produkte ist somit ζ(s) nullstellenfrei, weil solche Produkte nur dort verschwinden, wo einer der Faktoren verschwindet. Durch Logarithmieren ergibt sich nun X 1 X X 1 1 1 = + log − . log ζ(s) = log 1 − 1/ps ps 1 − 1/ps ps p p p Wegen der Abschätzung des Logarithmus durch x ≤ log(1 + x) ≤ x (x > −1) 1+x gilt für die rechte Summe X 0 ≤ log p 1 1 − s s 1 − 1/p p ≤ X p ∞ X 1 1 < = 1. p(p−1) n(n−1) n=2 P Hieraus folgt die Divergenz der Reihe p 1/p, eine Beobachtung von Euler, mit der er Schlüsse aus der Analysis in die Zahlentheorie einführte. Sie ist weit mehr als ein neuer Beweis für die Unendlichkeit der Primzahlmenge P. 2. Vergleich der Primzahlmengen p ≡ 1 mod 3 und p ≡ −1 mod 3 Im Jahr 1837, genau hundert Jahre nach der eben besprochenen Beobachtung Eulers, gelang Dirichlet ein Beweis seines Satzes über die Primzahlen in arithmetischen Progressionen. Zur Vorbereitung der Diskussion seiner Methoden behandeln wir den einfachsten nichttrivialen Fall auf direktem Wege. Mit Legendre setzen wir für ganze Zahlen n das n nach 3 gesprochene Legendre-Symbol n = 0, 1 bzw. −1 je nachdem, ob n durch 3 teilbar ist oder 3 ob n beim Teilen durch 3 den Rest 1 bzw. −1 lässt . n Die auf der Menge Z aller ganzen Zahlen erklärte Funktion n 7→ ist konstant auf jeder 3 Restklasse modulo 3 und sie ist vollständig multiplikativ, d. h. mn m n = für alle m, n ∈ Z . 3 3 3 ∞ X n 1 Dirichlet ordnet ihr die L-Reihe L(s) = 3 ns n=1 ]0, ∞[ als alternierende Leibnizreihe und es ist 1 > L(1) > 1 − 1/2 > 0 sowie zu. Sie konvergiert auf dem Intervall lim L(s) = 1 . s→∞ (∗) Auf jedem Teilintervall [δ, ∞[, (δ > 0) ist die Konvergenz gleichmäßig. Dagegen ist ∞ X 1 1 = 1 − s ζ(s) Z(s) = ns 3 n=1 n6≡0mod 3 auf ]1, ∞[ konvergent, aber divergent im Punkt s = 1. Mittels des Fundamentalsatzes der Arithmetik gewinnt man analog zum Eulerprodukt der Zetafunktion im Intervall ]1, ∞[ die Zerlegungen in absolut konvergente Produkte L(s) = Y p6=3 1 1− p 3 ps , Z(s) = Y 1 1 − 1 ps p6=3 . Dort besitzen wieder beide Funktionen einen stetigen Logarithmus, der sich wegen L(1) > 0 für die L-Funktion stetig nach s = 1 fortsetzen lässt. Wegen (∗) ist log L(s) auf dem Intervall ∞ X 1 xk [1, ∞[ sogar beschränkt. Aus der für |x| < 1 gültigen Taylorreihe log = ergibt 1−x k k=1 x2 1 − x ≤ . Daraus erkennt man für Primzahlen sich die grobe Abschätzung log 1−x 1 − |x| p 6= 3 und für alle s im Intervall ]1, ∞[ : 1 p−2s p −s 1 log ≤ p . − ≤ p p s −s 3 p(p − 1) 1 − 3 /p 1 − | 3 |p X p 1 Insbesondere ist die Differenz der beiden Seiten log L(s) ∼ auf dem Intervall 3 ps p ]1, ∞[ beschränkt, was wir hier und künftig durch das Symbol ∼ ausdrücken. Nach dem aus (∗) gezogenen Schluss ist hier bemerkenswerter Weise die linke Seite auf ]1, ∞[ beschränkt, und wegen der Äquivalenz auch die rechte Seite. X Analog zum ersten Teil ergibt sich log Z(s) ∼ 1/ps . Durch Addition bzw. Subtraktion p erhalten wir die beiden Äquivalenzen X 1 1 1 1 log Z(s) ± log L(s) ∼ log Z(s) ∼ log ζ(s) . ∼ s p 2 2 2 p≡±1mod 3 In diesem Sinne sind die Primzahlen auf die beiden Restklassen ≡ ±1 mod 3 gleichverteilt. 3. Die Trennung der ganzen Zahlen nach ihrem Rest modulo 5 Es gibt vier invertierbare Restklassen modulo 5, nämlich 1 + 5Z, 2 + 5Z, 3 + 5Z, 4 + 5Z. Sie bilden zusammen mit der Nullrestklasse 5Z unter der üblichen Addition und Multiplikation von Restklassen den Körper F5 = Z/5Z der Elementezahl 5. Die multiplikative Gruppe F× 5 ist zyklisch von der Ordnung 4. Eine Primitivwurzel modulo 5 ist beispielsweise 2; denn die Potenzen 2, 22 = 4, 23 ≡ 3, 24 ≡ 1 mod 5 bilden ein Vertretersystem aller Restklassen in F× 5. Die durch folgende Vorschrift ϕ(n) = 0 bzw. ϕ(n) = ik , oder ob n ≡ 2k mod 5 je nachdem, ob n durch 5 teilbar ist gilt (1 ≤ k ≤ 4) definierte Funktion ϕ : Z → C ist konstant auf jeder Restklasse modulo 5 und sie trennt mit ihren verschiedenen Werten die verschiedenen Restklassen voneinander. Überdies ist ϕ vollständig multiplikativ, d. h. ϕ(mn) = ϕ(m)ϕ(n) für alle Paare m, n ∈ Z . Damit kann ϕ verstanden werden als Charakter von F× 5 , d.i. ein Homomorphismus der (multi× plikativen) Gruppe F5 in die multiplikative Gruppe C× der von Null verschiedenen komplexen Zahlen, (fortgesetzt durch den Wert 0 auf die Nullrestklasse). Übrigens ist jeder Homomorphis× mus χ : F× 5 → C vollständig bestimmt durch seinen Wert bei 2 + 5Z, weil die Potenzen dieser 4 Restklasse die ganze Gruppe F× 5 ausfüllen. Die Kongruenz 2 ≡ 1 mod 5 erzwingt, dass der Wert χ(2) eine vierte Einheitswurzel ist, also χ(2) ∈ {1, i, −1, −i}. Damit sind sämtliche Charaktere 2 3 4 0 von F× 5 bekannt, es sind gerade die vier verschiedenen Potenzen χ = ϕ, ϕ , ϕ = ϕ, ϕ = ϕ von ϕ. Tafel der Charakterwerte χ(k) χ \ k ϕ0 ϕ1 ϕ2 ϕ3 = ϕ 1 2 3 4 1 1 1 1 1 i −i −1 1 −1 −1 1 1 −i i −1 Es gelten offensichtlich die als Orthogonalitätsrelationen bezeichneten Formeln P4 0 0 ist . k=1 χ(k) = 0 oder 4 je nachdem, ob χ 6= ϕ oder ob χ = ϕ P χ χ(k) = 0 oder 4 je nachdem, ob k 6≡ 1 mod 5 oder ob k ≡ 1 mod 5 ist . Darin läuft χ in der zweiten Summe über alle Charaktere von F× 5. 4. Die L-Reihen modulo 5 und ihre Logarithmen Zu jedem Charakter χ modulo 5 wird seine L-Reihe definiert durch die Formel L(s, χ) = ∞ X χ(n) n=1 ns . Diese komplexwertigen Reihen sind absolut konvergent im Intervall ]1, ∞[. Diejenige unter ihnen zum Hauptcharakter χ = ϕ0 hängt eng mit der Zetafunktion zusammen: L(s, ϕ0 ) = ∞ X n=1 n6≡0 mod 5 Y 1 1 = . s ns 1 − 1/p p6=5 Die übrigen L-Reihen zu den Charakteren χ 6= ϕ0 konvergieren, dass ist eine ihrer Besonderheiten, auf dem Intervall ]0, ∞[, und zwar gleichmäßig auf jedem Intervall [δ, ∞[, δ > 0. Das ergibt sich durch abelsche partielle Summation; wegen der zweiten Orthogonalitätsrelation sind die folgenden Summen beschränkt: An = n X χ(k), (n ∈ N) . k=1 Nach dem Fundamentalsatz der Arithmetik und aufgrund der vollständigen Multiplikativität der Charaktere χ existiert für s ∈ ]1, ∞[ das Eulerprodukt Y 1 L(s, χ) = . (∗) 1 − χ(p)/ps p Insbesondere ist L(s, χ) stetig auf das Intervall ]0, ∞[ und nullstellenfrei auf [1, ∞[ fortsetzbar. Wir zeigen jetzt L(1, χ) 6= 0, das Nichtverschwinden der L-Reihen zu den Charakteren χ 6= ϕ0 im Punkte s = 1. Es sei zunächst χ = ϕ2 . Dann ist χ reellwertig und über die Folge der speziellen Partialsummen S5k erhalten wir ∞ ∞ X 1 1 1 i ϕ2 (n) Xh 1 = − − + L(1, ϕ2 ) = n 5k+1 5k+2 5k+3 5k+4 n=1 k=0 ∞ ∞ h i X X 20k + 10 1 1 = − > 0. = (5k+1)(5k+2) (5k+3)(5k+4) (5k+1)(5k+2)(5k+3)(5k+4) k=0 k=0 Die Charaktere χ = ϕ und χ = ϕ3 = ϕ sind komplex konjugiert zueinander. Sodann zeigt die Formel ∞ ∞ X X 1 3 1 1 L(1, ϕ) + L(1, ϕ) = = − , 2 5k + 1 5k + 4 (5k + 1)(5k + 4) k=0 k=0 dass der Realteil von L(1, ϕ) und von L(1, ϕ) positiv ist. Daher sind beide Werte von Null verschieden. Eine elementare Folgerung aus der Existenz stetiger lokaler Umkehrfunktionen der komplexen Exponentialfunktion exp : C → C× lautet: Jede auf einem Intervall I stetige und nullstellenfreie Funktion f : I → C besitzt einen stetigen Logarithmus log f : I → C mit der charakteristischen Eigenschaft exp log f = f . Überdies ist der stetige Logarithmus bis auf ein additives konstantes Vielfaches von 2πi eindeutig, m. a. W. der stetige Logarithmus von f ist durch seinen Wert an einer beliebigen Stelle festgelegt. 5. Beweis des Dirichletschen Primzahlsatzes für den Modul 5 Da für die Nichthauptcharaktere χ 6= ϕ0 mod 5 die L-Funktion s 7→ L(s, χ) auf I = [1, ∞[ stetig und nullstellenfrei ist, und da lims→∞ L(s, χ) = 1 gilt, wird aufgrund des Eulerproduktes die Reihe X 1 log 1 − χ(p)/ps p 1 mit (durch lims→∞ log 1−χ(p)/p s = 0 normierten) Summanden der durch lims→∞ log L(s, χ) = 0 normierte Logarithmus von L(s, χ) auf ]1, ∞[. Der Logarithmus ist wie in Abschnitt 2 stetig auf das abgeschlossene Intervall [1, ∞[ fortsetzbar und ist dort beschränkt, falls χ 6= ϕ0 ist. Zuerst führen wir eine Äquivalenzrelation in der Menge der stetigen Funktionen f, g : ]1, ∞[→ C ein: Es bedeute f ∼ g, dass die Differenz f − g dort beschränkt ist. Nach der Überlegung am Schluss des letzten Abschnittes ist log L(s, χ) ∼ 0 für jeden Nichthauptcharakter χ mod 5. Und die Beziehung zwischen L(s, ϕ0 ) und ζ(s) hat die Äquivalenz log L(s, ϕ0 ) ∼ log ζ(s) zur Folge. Wir bezeichnen mit a für jede der Zahlen a = 1, 2, 3, 4 diejenige unter ihnen, die die inverse Restklasse von a + 5Z repräsentiert, für die also das Produkt aa ≡ 1mod 5 ist. Dann besagt die zweite Orthogonalitätsrelation der Charaktere in Abschnitt 3: X 1 X X 1 X χ(p) 1X 1X 1 χ(a)χ(p) χ(a) χ(a) log L(s, χ) . = = ∼ ps 4 χ ps 4 χ ps 4 χ p p p≡a mod 5 Die Summen über p durchlaufen die Primzahlen, evtl. mit den angegebenen Bedingungen, und die Summen über χ durchlaufen die Charaktere mod 5. Aus der Vorbemerkung zum Äquivalenzbegriff ∼ erhalten wir für jeden der Reste a = 1, 2, 3, 4: X 1 1 ∼ log ζ(s) . s p 4 p≡a mod 5 Man kann hieraus eine Konsequenz über die letzte Dezimalstelle der Primzahlen ziehen: Keine Primzahl lässt beim Teilen durch 10 einen der Reste 0, 4, 6, 8. Genau eine Primzahl lässt den Rest 2 und genau eine den Rest 5. Das ist selbstverständlich. Dagegen kommt beim Teilen von Primzahlen durch 10 jeder der Reste a = 1, 3, 7, 9 gleich oft vor, insbesondere also unendlich oft. Das ist das Besondere. 6. Die Gruppe G der invertierbaren Restklassen modulo 24 b und ihre duale Gruppe G Das Quadrat einer ungeraden Zahl a = 2m + 1 ist a2 = 4m(m + 1) + 1; es lässt beim Teilen durch 8 den Rest 1, da m oder m + 1 gerade ist. Das Quadrat einer nicht durch 3 teilbaren Zahl a = 3k ± 1 ist a2 = 3k(3k ± 2) + 1; es lässt beim Teilen durch 3 den Rest 1. Mithin liegt das Quadrat jeder nicht durch 2 noch 3 teilbaren Zahl in der Restklasse 1 + 24Z. Dies bedeutet, dass die Gruppe G = (Z/24Z)× der invertierbaren Restklassen mod 24 neben dem neutralen Element nur Elemente der Ordnung 2 enthält. Die kleinsten natürlichen Zahlen in den invertierbaren Restklassen mod 24 sind 1, 5, 7, 11, 13, 17, 19, 23 . Insbesondere hat G die Ordnung 8 und ist isomorph zum direkten Produkt C2 × C2 × C2 dreier zyklischer Gruppen der Ordnung 2. Eine Basis für solche Untergruppen bilden beispielsweise die Restklassen von a1 = 7, a2 = 13, a3 = 17. Jeder Charakter χ von G, also jeder Homomorphismus χ : G → C× , hat seine Werte nur in der Menge {1, −1}. Er ist bestimmt durch die drei Werte bei ai + 24Z (i = 1, 2, 3). Umgekehrt kann dieses Wertetripel beliebig gewählt werden. Also bilden unter punktweiser Multiplikation b die duale Gruppe von G. Das die Charaktere von G selbst eine zu G isomorphe Gruppe G, b wird der Hauptcharakter von G genannt. Wir bezeichnen ihn mit χ0 . Einselement von G Beispiele von Charakteren auf G liefern die folgenden Funktionen ϕ, ψ, λ, definiert durch 1 1 n 2 −1) (n−1) (n ϕ(n) = (−1) 2 , ψ(n) = (−1) 8 , λ(n) = 3 für zu 24 teilerfremde n, während für durch 2 oder 3 teilbare n ihr Wert gleich 0 gesetzt wird. Die vollständige Multiplikativität von λ wurde in Abschnitt 2 bemerkt. Sodann gelten für ungerade m, n die Kongruenzen (mn−1) − (m−1) − (n−1) = (m−1)(n−1) ≡ 0 mod 4 , (m n −1) − (m2 −1) − (n2 −1) = (m2 −1)(n2 −1) ≡ 0 mod 16 . 2 2 Daraus folgt die vollständige Multiplikativität von ϕ sowie von ψ. χ\k ϕ ψ λ 7 13 17 −1 1 1 1 −1 1 1 1 −1 Wertetabelle der Basiswerte Die nebenstehenden Werte der drei Charaktere zeigen uns, dass wir mit ϕ, ψ, λ die zu a1 , a2 , a3 duale Basis der dualen Gruppe gefunden haben. Zu jedem vom Einselement e = 1 + 24Z verschiedenen Element x ∈ G gibt es, wie z. B. die b mit χ′ (x) 6= 1. Diese Trennungseigenschaft der Basisdarstellung zeigt, einen Charakter χ′ ∈ G Charaktere beschert uns die zweite Orthogonalitätsrelation X S(x) = χ(x) = 8 oder 0, je nachdem, ob x = e oder ob x 6= e ist . b χ∈G Im Fall x = e sind alle Summanden 1. Ist aber x 6= e, dann besagt χ′ (x) 6= 1, da auch χ′ · χ mit b läuft, dass χ einmal durch G X X S(x) = χ(x) = χ′ χ (x) = χ′ (x) · S(x) b χ∈G b χ∈G gilt, woraus S(x) = 0 folgt. Dagegen bezeichnet man als erste Orthogonalitätsrelation der Restklassencharaktere χ mod 24 die Identität 24 X χ(k) = 8 oder = 0 , je nachdem, ob χ = χ0 oder ob χ 6= χ0 ist. k=1 Dabei ist wie üblich χ(k) = 0, sobald k durch 2 oder durch 3 teilbar ist. 7. Die Relation L(1, χ) 6= 0 für Charaktere χ 6= χ0 modulo 24 Tafel der Charakterwerte χ(k) modulo 24 χ\k χ0 ϕ ψ λ ϕψ ϕλ ψλ ϕψλ 1 1 1 1 1 1 1 1 1 5 1 1 −1 −1 −1 −1 1 1 7 1 −1 1 1 −1 −1 1 −1 11 1 −1 −1 −1 1 1 1 −1 13 1 1 −1 1 −1 1 −1 −1 17 1 1 1 −1 1 −1 −1 −1 19 1 −1 −1 1 1 −1 −1 1 23 1 −1 1 −1 −1 1 −1 1 Für vom Hauptcharakter χ0 modulo 24 verschiedene Dirichletcharaktere χ konvergiert L(1, χ), wie man mittels abelscher partieller Summation aufgrund der ersten Orthogonalitätsrelation einsehen kann. Für diese sieben Charaktere zeigen wir, dass folgende Ausdrücke σk (χ) = X χ(a) 24k + a 1≤a≤24 (k ≥ 0) sämtlich positiv sind. Damit ist dann auch deren Summe positiv: ∞ X k=0 σk (χ) = ∞ X χ(n) n=1 n = L(1, χ) . Im Fall χ = ϕ gilt 1 1 1 1 1 1 1 1 + − − + + − − 24k+1 24k+5 24k+7 24k+11 24k+13 24k+17 24k+19 24k+23 6 6 6 6 + + + = (24k+1)(24k+7) (24k+5)(24k+11) (24k+13)(24k+19) (24k+17)(24k+23) 24 > , (24k+17)(24k+23) σk (ϕ) = Sodann ergibt sich 1 1 1 1 1 1 1 1 − + − − + − + 24k+1 24k+5 24k+7 24k+11 24k+13 24k+17 24k+19 24k+23 8 8 ≥ − > 0. (24k+7)(24k+11) (24k+13)(24k+17) σk (ψ) = Die von Null verschiedenen Glieder der Reihe L(1, λ) bilden eine alternierende Leibnizreihe mit den Anfangsgliedern 1, 1 − 1/5, . . .. Also ist L(1, λ) > 4/5. Die Diskussion von L(1, ϕψ) verschieben wir an den Schluss. Danach bleibt σk (ϕλ) = = > σk (ψλ) = > σk (ϕψλ) = = > 1 1 1 1 1 1 1 1 − − + + − − + 24k+1 24k+5 24k+7 24k+11 24k+13 24k+17 24k+19 24k+23 4 4 4 4 − + − (24k+1)(24k+5) (24k+7)(24k+11) (24k+13)(24k+17) (24k+19)(24k+23) 0; 1 1 1 1 1 1 1 1 + + + − − − − 24k+1 24k+5 24k+7 24k+11 24k+13 24k+17 24k+19 24k+23 4 4 − > 0; 24k + 11 24k + 13 1 1 1 1 1 1 1 1 + − − − − + + 24k+1 24k+5 24k+7 24k+11 24k+13 24k+17 24k+19 24k+23 6 6 6 6 + − − (24k+1)(24k+7) (24k+5)(24k+11) (24k+13)(24k+19) (24k+17)(24k+23) 12 12 − > 0. (24k+5)(24k+11) (24k+13)(24k+19) Im verbleibenden Fall χ = ϕψ ist 1 1 1 1 1 1 1 1 − − + − + + − 24k+1 24k+5 24k+7 24k+11 24k+13 24k+17 24k+19 24k+23 4 4 4 4 − − + = (24k+1)(24k+5) (24k+7)(24k+11) (24k+13)(24k+17) (24k+19)(24k+23) 4[24k · 12 + 72] 4[24k · 12 + 216] 4k + 3 4k + 1 = , − = 4 · 72 − A(k) A(k+1/2) A(k) A(k+1/2) σk (ϕψ) = wo folgendes Polynom vierten Grades eingeht A(x) = (24x + 1)(24x + 5)(24x + 7)(24x + 11) = 244 x4 + 244 x3 + 242 · 190x2 + 24 · 552x + 385 . Seine Ableitung ist A′ (x) = 4 · 244 x3 + 3 · 244 x2 + 380 · 242 x + 24 · 552 . Insbesondere sind A und A′ als reelle Funktionen auf dem Intervall [0, ∞[ positiv und wachsen strikt monoton. Nach dem Mittelwertsatz gilt auf [0, ∞[ daher mit passendem ξ ∈ ]x, x+1/2[ 1 1 A(x+1/2) = A(x) + A′ (ξ) ≥ A(x) + A′ (x) . 2 2 Daraus erhalten wir für alle x ≥ 0: 1 ′ (4x + 1)A(x + 1/2) − (4x + 3)A(x) ≥ 2 xA (x) − A(x) + A′ (0) > 0 ; 2 Das ergibt stets σk (ϕψ) > 0 und beendet den Beweis für L(1, χ) 6= 0. 8. Die Verteilung der Primzahlen auf die invertierbaren Restklassen Zunächst beschränken wir uns auf die Restklassen modulo 24. Wir verwenden wieder die in Abschnitt 5 eingeführte Äquivalenzrelation ∼ für die auf dem Intervall ]1, ∞[ stetigen Funktionen. Die Reste a = 1, 5, 7, 11, 13, 17, 19, 23 vertreten die acht invertierbaren Restklassen modulo 24. Wie wir am Anfang von Abschnitt 6 gesehen haben, ist für jeden dieser Reste a wegen a2 ≡ 1 mod 24 a = a der Vertreter der zu a + 24Z inversen Restklasse, m. a. W. jede invertierbare Restklasse mod 24 ist zu sich selbst invers. Aus der zweiten Orthogonalitätsrelation ergibt sich für jede Primzahl p und für jeden der Reste a X χ(a)χ(p) = 0 oder 8 , je nachdem, ob p 6≡ a mod 24 oder ob p ≡ a mod 24 gilt. χ Somit folgt für jeden der Reste a: X p≡a mod 24 X 1 X 1 1 χ(a)χ(p) s = s p 8 χ p p = X χ(p) 1X 1X χ(a) χ(a) log L(s, χ) . ∼ 8 χ ps 8 χ p Wegen L(1, χ) 6= 0 und lims→∞ L(s, χ) = 1 für alle χ 6= χ0 existiert ein stetiger Logarithmus auf dem abgeschlossenen Intervall I = [1, ∞[, und dieser ist dort beschränkt. Dagegen ist die L-Reihe zum Hauptcharakter χ0 mit der Riemannschen Zetafunktion verbunden: 1 1 0 L(s, χ ) = 1 − s 1 − s · ζ(s) . 2 3 Während log L(s, χ) im Fall χ 6= χ0 auf ]1, ∞[ beschränkt ist, gilt log L(s, χ0 ) ∼ log ζ(s) . Deshalb lautet für alle Reste a = 1, 5, 7, 11, 13, 17, 19, 23 das Ergebnis X 1 1 ∼ log ζ(s) . s p 8 p≡a mod 24 In diesem Sinn sind die Primzahlen auf die invertierbaren Restklassen modulo 24 gleichverteilt. Damit ist das Hauptziel des Artikels erreicht. Der von Dirichlet bewiesene Satz in allgemeiner Version lautet Bei allen ganzen Zahl m > 1 gilt für jeden Divisionsrest a, (0 ≤ a ≤ m), der mit m den größten gemeinsamen Teiler ggT(a, m) = 1 besitzt, im Intervall ]1, ∞[ des Parameters s die Äquivalenz X 1 1 ∼ · log ζ(s) . s p ϕ(m) p≡a mod m Darin läuft p über die Primzahlen, die bei Division mit m den Rest a lassen, und der Wert ϕ(m) bezeichnet die Anzahl der invertierbaren Restklassen modulo m. Ein unverzichtbares Werkzeug für die Trennung der invertierbaren Restklassen nach dem Modul bm der Gruppe Gm aller invertierbaren Restklassen m > 1 hat sich in der Charaktergruppe G b m ist die L-Reihe modulo m gezeigt. Mit jedem Charakter χ ∈ G ∞ X χ(n) L(s, χ) = ns n=1 verknüpft, sowie ihr in s > 1 absolut konvergentes Eulerprodukt L(s, χ) = Y p 1 . 1 − χ(p)/ps Der Kern des Dirichletschen Beweises besteht in der Begründung des Nichtverschwindens aller L-Reihenwerte L(1, χ) für die vom Hauptcharakter χ0 verschiedenen Charaktere χ der Gruppe Gm aller invertierbaren Restklassen modulo m. Dirichlet zeigt zunächst L(1, χ) 6= 0 für nichtreelle Charaktere χ unter Beachtung der Tatsache, dass dann der konjugiertkomplexe Charakter bm ist. χ einerseits von χ verschieden und andererseits (als Inverses von χ) ein Element von G Die Hauptschwierigkeit besteht im Nachweis der Eigenschaft L(1, χ) 6= 0 für reelle Charaktere χ 6= χ0 . Dirichlet behebt sie durch die Beobachtung, dass dann L(1, χ) als ein Faktor einer gewissen Klassenzahl h auftritt, die definitionsgemäß eine natürlich Zahl ≥ 1 ist und deshalb nicht verschwindet. Unsere Studierenden mittlerer Semester besitzen heute soviele Kenntnisse über holomorphe Funktionen, dass sie auch bei geringerer Vorbildung in der Zahlentheorie Zugang zum Dirichletschen Satz über die Primzahlen in arithmetischen Progressionen finden. Eine ausgefeilte Darstellung in dieser Richtung steht beispielsweise bei Serre [S]. Wir skizzieren grob die wesentlichen Schritte. Sämtliche L-Reihen L(s, χ) sind holomorph in der Halbebene Re s > 0, mit Ausnahme eines einzigen Pols bei s = 1 im Fall χ = χ0 , und dann ist dies ein einfacher Pol. Dies lässt sich mit den ersten Sätzen über Dirichlet-Reihen begründen. Damit ist bei jeder natürlichen Zahl m > 1 das Produkt Y L(s, χ) Zm (s) = bm χ∈G ebenfalls holomorph in Re s > 0 mit Ausnahme höchstens eines einfachen Pols bei s = 1. Dieser Pol würde nicht auftreten, wenn auch nur eine der L-Reihen eine Nullstelle bei s = 1 besäße. Indes liefert das Eulerprodukt der L(s, χ) eine Darstellung von Zm (s) als Dirichletreihe mit positiven ganzen Koeffizienten an : Zm (s) = ∞ X an n=1 ns , deren Konvergenzgebiet nicht über die Halbebene Re s > 1 hinausgeht. Dies folgt aus einer eleganten Proposition über die Konvergenz von Dirichlet-Reihen mit Koeffizienten am ≥ 0. Zum Abschluss unserer Betrachtungen wählen wir als Experimentierfeld für Interessierte eine Sammlung von drei Rechenbeispielen, die im Zusammenhang mit dem direkten Nachweis des Nichtverschwindens von L(1, χ) 6= 0 in Spezialfällen stehen. Beispiel 1. Zeigen Sie für den Charakter χ modulo 8, der durch 1 1 χ(n) = (−1) 2 (n−1) · (−1) 8 (n 2 −1) für ungerade n ∈ Z definiert ist, die Tatsache L(1, χ) 6= 0. Beispiel 2. Stellen Sie den Zusammenhang zwischen L(s, χ) von Beispiel 1 und der L-Funktion L(s, ϕψ) aus Abschnitt 7 über deren Eulerprodukte her, um L(1, ϕψ) 6= 0 zu begründen. Beispiel 3. Prüfen Sie für die Nichthauptcharaktere χ modulo 7 auf direktem Wege L(1, χ) 6= 0. Literaturbeispiele [BS] S.Borewicz, I.R. Šafarewič. Zahlentheorie, Birkhäuser-Verlag 1966. [B] J. Brüdern: Einführung in die analytische Zahlentheorie, Springer-Verlag 1995 [D] G. Lejeune Dirichlet: Beweis des Satzes, dass jede unbegrenzte arithmetische Progression, deren erstes Glied und Differenz ganze Zahlen ohne gemeinschaftlichen Factor sind, unendlich viele Primzahlen enthält. Abhandlungen der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften von 1837, S. 45 – 81 = Werke, Bd I, 313 – 342. [S] J.-P. Serre: A Course in Arithmetic, Springer-Verlag, Graduate Text in Mathematics 7, 1973.