klinik report - Fachklinik Lenggries

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KLINIK
REPORT
Fachklinik für Neurologie und Physikalisch-rehabilitative Medizin • Ärztlicher Direktor: Dr. Bernd Schönberger • Tel. 0 80 42-50 40 • www.fachklinik-lenggries.de
Ausgabe September 2002
INHALT
REHABILITATION HEUTE
Neurokardiologie
Rehabilitation von Schlaganfallpatienten
mit Herz-Kreislauferkrankungen in der
Fachklinik Lenggries
Kontrolliertes Training ist
auch bei herzkranken
Patienten der richtige
Therapieansatz.
Das Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden
erhöht sich dramatisch, wenn strukturelle
Herz-Kreislauferkrankungen vorliegen.
Hier sind zu nennen: Hypertonie, Vorhofflimmern, rheumatische Herzklappenfehler
und ein offenes Foramen ovale. Die Rehabilitation von Schlaganfallpatienten, die
gleichzeitig herzkrank sind, stellt somit eine
besonders große therapeutische Herausforderung dar. Die Fachklinik Lenggries
erfüllt die dafür notwendigen Voraussetzungen in optimaler Weise: Sie verfügt
sowohl über ein multiprofessionelles Team
als auch über eine Vielzahl modernster diagnostischer und therapeutischer Möglichkeiten.
Der Schlaganfall ist die häufigste neurologische Erkrankung und steht nach
Herzerkrankungen und Krebs mit 11,4 Prozent
an Platz 3 der Todesursachen in Deutschland.
Dabei sind Hirninfarkte in etwa 80 Prozent
der Fälle Ursache für
einen Schlaganfall. Bei
mehr als einem Drittel
der Betroffenen bedingt
eine embolische Streuung aus dem Herzen
einschließlich der Herzklappen und Hauptschlagader den Gefäßverschluss beim Hirninfarkt. Zudem sind Patienten mit kardioembolischen Hirninfarkten
durch eine sehr hohe
Sterblichkeit (38 %) und
Rezidivrate (17 %) in
den ersten 12 Monaten massiv gefährdet.
Die Einschätzung des individuellen Schlaganfall- bzw. Rezidivrisikos und die Einleitung
der adäquaten Maßnahmen zur Verhinderung
erneuter Hirninfarkte ist eine der wichtigsten
ärztlichen Aufgaben in unserer Klinik.
Effektive Blutdrucksenkung
Unabhängiger Risikofaktor für ein
Schlaganfallrezidiv bei Hochdruckkranken
ist die vergrößerte Herzmasse, die so genannte Linksherzhypertrophie (LVH). Das
Vorliegen einer LVH lässt sich mit Hilfe von
EKG- oder Herzultraschall-Untersuchungen
erkennen. Wissenschaftliche Studien belegen, dass die effektive Blutdruckeinstellung
und die Rückbildung der Linksherzhypertrophie durch die Behandlung der Hypertonie
besonders vorteilhaft in Hinblick auf die
Reduktion der Schlaganfallrezidive ist. Bis
zu 40 Prozent lässt sich die Schlaganfall-
LEITARTIKEL UND KOMMENTAR
Telematik im Gesundheitswesen
Um die medizinische Versorgung stetig zu
verbessern, wird der schnelle und kontrollierte Zugriff auf Gesundheitsdaten in
Zukunft immer wichtiger.
Seite 2
SCHLUCKTHERAPIE
Physiologie des Schluckens
Schlucken ist einer der komplexesten Abläufe
im Körper. Wir erklären Ihnen, was beim
Schluckvorgang genau passiert.
Seite 5
Experteninterview
Über Diagnostik und
Therapie neurologisch
bedingter Schluckstörungen
sprechen wir in einem
Interview mit Dr. med.
Mario Prosiegel, Chefarzt
des Neurologischen Krankenhauses München/Tristanstraße. Seite 8
SCHLUCKTHERAPIE
HILFE ZUR SELBSTHILFE
Fachübergreifende Förderung
Die Deutsche Gesellschaft für Neurologische
Rehabilitation e. V. (DGNR) stellt sich vor.
Seite 10
ÜBERSICHT
Rehabilitation Heute . . . . . . . . . . Seite 1
Leitartikel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 2
Kommentar . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 3
Schwerpunkt: Schlucktherapie
Interview . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 4
Porträt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 7
Experteninterview . . . . . . . . . . Seite 8
Hilfe zur Selbsthilfe . . . . . . . . . . . Seite 10
Buchtipp . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 10
Gesundheits- und Sozialpolitik . . Seite 11
Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 11
Aktuelles . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 12
KLINIKREPORT
rezidivrate durch effektive Blutdrucksenkung
reduzieren. Zudem scheint die Blutdrucksenkung auch auf die kognitiven Funktionsverluste (Demenz) einen positiven Effekt auszuüben.
Kardiogene Embolie als Ursache
Hinter jedem dritten ischämischen Hirninfarkt versteckt sich eine Embolie. Wird ein
kleines Bruchstück aus einem Thrombus im
linken Vorhof oder der linken Herzkammer
durch die Blutströmung verschleppt und bleibt
es in einer der hirnversorgenden Arterien hängen, kommt es zu einer fokalen Ischämie im
Versorgungsgebiet der betroffenen Arterie.
Die Folge ist ein Schlaganfall mit plötzlichem
Beginn und maximaler Ausprägung der
Defizite.
Mögliche Emboliequellen sind neben einem
akuten Herzinfarkt oder einer Herzschwäche
unter anderem auch das so genannte Vorhofflimmern. Das Vorhofflimmern ist gekennzeichnet durch eine unregelmäßige Kammerschlagfolge im EKG und birgt zweierlei
Gefahren: zum einen die Verschlechterung
der Herzleistung und folglich der körperlichen Belastbarkeit und zum anderen das deutlich erhöhte Schlaganfallrisiko. Man unterscheidet nach der Erstmanifestation zwischen
paroxysmalem Vorhofflimmern (selbstlimitierend), persistierendem Vorhofflimmern
(nicht selbstlimitierend) und permanentem
Vorhofflimmern (dauerhaft, sog. „akzeptiertes“ Vorhofflimmern). Bei dem überwiegen-
Die Einschätzung des
individuellen Schlaganfall- bzw.
Rezidivrisikos und die Einleitung
der adäquaten Maßnahmen zur
Verhinderung erneuter
Hirninfarkte ist eine der wichtigsten ärztlichen Aufgaben in der
Fachklinik Lenggries.
den Teil unserer Patienten in der Fachklinik
Lenggries konnte ein permanentes Vorhofflimmern festgestellt werden. Therapieziele
hierbei sind erstens die Zunahme der körperlichen Belastbarkeit durch Verbesserung der
Hämodynamik (sog. Frequenzkontrolle), was
zu einer erhöhten Ausdauerleistung führt und
zweitens die Reduktion des Schlaganfallrisikos durch die Gabe von gerinnungshemmenden Substanzen wie zum Beispiel
Marcumar.
Offenes Foramen ovale
(PFO = patent foramen ovale)
Nach dem Lausanne-Stroke-Register liegt
die totale Rezidivrate für alle ischämischen
Ereignisse beim PFO jährlich bei 3,8 Prozent
(1,9 % Hirninfarkt, 0,7 % Todesfälle, 1,9 %
TIA). Besondere Risikofaktoren für ein
Embolierezidiv beim offenen Foramen ovale
sind der Rechts-Links-Shunt in Ruhe (großer
Shunt) und die mobile Septummembran (>
6,5 mm). Diese Patienten haben in einem
Zeitraum über 3 Jahre ein Schlaganfallrezidivrisiko von 12,5 Prozent.
Kontrollierte Trainingstherapie in der
neurologischen Rehabilitation
Ein wesentlicher Therapieansatz für herzkranke Patienten in der neurologischen Rehabilitation ist die kontrollierte Trainingstherapie. Fester Bestandteil der physikalischen
Therapie in unserer Klinik ist daher das computergestützte, kreislaufüberwachte Fahrradergometertraining sowie das individuell
angepasste Krafttraining. Sowohl die Daten
wissenschaftlicher Forschung als auch unsere
klinischen Erfahrungen zeigen, dass die Trainingstherapie hier bisher sehr gute Ergebnisse
erzielen konnte.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es
das oberste Gebot in der neurokardiologischen
Rehabilitation ist, das richtige Maß der Dinge
für Herz und Hirn zu finden. Gleichzeitig gilt
in unserem therapeutischen Team zusätzlich,
die persönlichen Wünsche und Ziele der einzelnen Patienten wahrzunehmen und beim
Zusammenstellen des Therapieplans zu
berücksichtigen.
OA Dr. Peter Szabo
LEITARTIKEL
In Zukunft unverzichtbar
Elektronische Kommunikation im Gesundheitswesen
Mit Verdacht auf Schlaganfall wird der
50-jährige Herr H. in ein Krankenhaus eingeliefert. Seine Patientendaten aber liegen
wohl verwahrt bei seinem Hausarzt und
sind in der Notfallnacht, weil dieser im
Urlaub ist, nicht verfügbar. Doch keineswegs nur beim Wettlauf mit dem Tod spielt
der rasche und kontrollierte Zugriff auf
Gesundheitsdaten und -fakten eine entscheidende Rolle. Denn moderne Informationstechnologien – E-Mail und Internet
– optimieren die Qualität medizinischer
Versorgung, verbessern die patientenorientierten Angebote und erschließen letztend-
lich auch Wirtschaftlichkeitspotentiale im
Gesundheitswesen, wenn sie denn aufeinander abgestimmt, verzahnt und kompatibel wären.
Während in Deutschland die zweite
Generation der Krankenversicherten-Karte –
der elektronische Gesundheitspass – noch heftig diskutiert wird, gibt es in den USA bereits
mehrere praktizierte Lösungen, und zwar
sowohl
für die in einem Ärztenetz angelegte und
gepflegte elektronische Patientenakte mit
Notfalldaten, Befunden und Diagnosen als
auch
für die vom Patienten selbst angelegte und
geführte Gesundheitsakte im Internet. Hier
kann der Patient Daten lesen und eingeben; Ärzte können das ebenfalls, aber nur,
wenn der Patient sie dazu autorisiert.
Schlusslicht Deutschland
Mit wachsender Geschwindigkeit wandelt
sich das Internet vom reinen Informationsmedium zu einer weltweiten Kommunika-
KLINIKREPORT
KOMMENTAR
Ganz bequem
von zu Hause aus
kann der Patient
seine Gesundheitsakte im
Internet selbst
verwalten.
tionsplattform, und die am GesundArzneimitteldokumentation dienen und als
heitsprozess Beteiligten, also Patienten, Ärzte,
Kommunikationsschnittstelle BehandlungsApotheker, Therapeuten und Krankenhausund Verwaltungsabläufe unterstützen, beimanager, tun gut daran, im wechselseitigen
spielsweise durch den elektronischen Arztbrief
Interesse politische, technische, rechtliche und
oder das elektronische Rezept.
sozial-ethische Lösungen einzufordern und in
einer konzertierten Aktion voranzutreiben.
Daten weltweit verfügbar
Und dies nicht nur, weil die Zeit drängt, denn
nach dem Beschluss der EU-Regierungschefs
Hauptvorteil einer gemeinsam von Arzt und
vom Juni 2000 haben sich die Mitgliedstaaten
Patienten geführten elektronischen Gesunddazu verpflichtet, bis Ende dieses Jahres eine
heitsakte hingegen ist, dass ihre Daten weltflächendeckende Teleweit verfügbar sind, wo
matik-Infrastruktur für
immer ein Arzt oder ein
den ambulanten und
mündiger und internetBei dem Begriff Telematik
den stationären Sektor
fähiger Bürger und
handelt es sich um eine
zur Verfügung zu stelPatient über einen
Wortschöpfung der 70er
len. Doch Fehlanzeige
Internet-Rechner verfüJahre. Sie setzt sich zusamderzeit in Deutschland:
gen. Als Herr seiner
men aus den Worten
Im Unterschied zu
Daten kann der Patient,
Telekommunikation und
anderen europäischen
der seine GesundheitsInformatik.
und außereuropäischen
akte im Internet im
Staaten gibt es immer
Wesentlichen selbst
noch kein nationales Strategiepapier zur
einrichtet und pflegt, entscheiden, wem er
Umsetzung dieses Beschlusses.
Zugriff auf seine Daten gewährt. Ausgewählte Teilbereiche seiner GesundheitsDer guten Vorsätze gibt es indes viele: So
biograf ie kann er an seine Gesundheitssoll die zweite Generation der Krankenbetreuer weitergeben und somit ermöglichen,
versicherten-Karte auf Basis einer multifunkdass auch eine Kommunikation unter Ärztionalen Smart-Card als Datenspeicher mediten, Apothekern, Therapeuten und Krankenzinische Angaben über die Erkrankung und
kassen unter seiner Kontrolle aufgebaut werMedikation des Patienten enthalten, zur
den kann.
Elektronischer Gesundheits-, Notfall- und
Mutterpass sowie die
Gesundheitsakte im Internet sind
sowohl unverzichtbare Bausteine eines modernen, patientenorientierten Gesundheitssystems
als auch schlüssige Konsequenz touristischer
und medizinischer Globalisierung. Da sich die
verschiedenen Dokumentationssysteme auf
unterschiedliche Ländersprachen umstellen lassen, könnte sich selbst ein chinesischer Arzt in
Mandarin einen Überblick über den
Gesundheitszustand seines deutschen Patienten
verschaffen. Solcher Möglichkeiten wollen wir
uns doch angesichts einer immer enger zusammenwachsenden Weltbevölkerung nicht begeben. Jedoch ist die persönlich geführte und von
Ärzten sowie Therapeuten kontrollierte
Gesundheitsakte im Web nicht für jeden
Patienten geeignet. Vergessen dürfen wir vor
allem nicht jene älteren und weniger mit informationstechnologischen Raffinessen vertrauten
Generationen, die in unserem Solidarsystem
ebenso berechtigte Ansprüche auf dessen ITbasierte Vorzüge haben. Um einen weiteren, vertiefenden Schritt in das Zwei-Klassen-System
abzumildern, muss hier der Hausarzt als
Datentreuhänder fungieren, trotz komplizierten
Datenschutzes bei wechselseitig wachsendem
Informationsbedürfnis.
Zunächst jedoch gilt es, unsere Hausaufgaben
zu machen. Und da kommen uns die Bundestagswahlen zur Erinnerung daran gerade recht.
Denn die nordrhein-westfälische Gesundheitsministerin verwies erst kürzlich auf einen
vom niederländischen Gesundheitsministerium
durchgeführten internationalen Vergleich von
acht hoch entwickelten Industriestaaten zum
Einsatz von Informationstechnologien und
Telematik im Bereich Gesundheit. Dabei lag
Deutschland nur im Mittelfeld und in einigen
Anwendungsfeldern sogar zurück.
Was wir also schnellstens brauchen, sind klare
Entscheidungen der Gesundheitsministerkonferenz, um die Ergebnisse laufender
Pilotprojekte in den Bundesländern synergetisch
zu koordinieren und bei Würdigung aller berechtigten Interessen der Kostenträger und
Leistungserbringer die Rolle des Patienten in
der Telematik nicht zu vernachlässigen.
RA Erhard Hackler
Geschäftsführender Vorstand
der Deutschen Seniorenliga e.V.
KLINIKREPORT
SCHLUCKTHERAPIE • SCHLUCKTHERAPIE
INTERVIEW
Wieder schlucken lernen
Schlucktherapie in der Fachklinik Lenggries
Bei Patienten mit neurologischen Erkrankungen treten neben Sprach- und
Sprechstörungen in vielen Fällen auch Schluckbeschwerden auf, die unbehandelt zu schwer
wiegenden Komplikationen führen können. Mit Hilfe von hoch spezialisierten
Diagnoseverfahren erstellt die Fachklinik Lenggries in interdisziplinärer Zusammenarbeit
einen individuell auf den Patienten ausgerichteten Therapieplan. Mehr über den
Behandlungsablauf und die Betreuung von Patienten mit Schluckstörungen und deren
Angehörigen erfahren wir in einem Interview mit Doris Klintwort und Barbara Lueb,
Sprach-, Sprech- und Schlucktherapeutinnen in der Fachklinik Lenggries.
Wieder richtig schlucken zu
können, bedeutet vor allem
einen Zugewinn an Lebensqualität.
Was passiert, wenn sich der Verdacht
auf eine bestehende Schluckstörung in
der ärztlichen Erstuntersuchung ergibt oder
erhärtet?
Bei Verdacht auf eine bestehende
Schluckstörung gibt es grundsätzlich zwei
parallele diagnostische Wege: zum einen die
klinische Untersuchung durch die Schlucktherapeutin und zum anderen die Schlucklaryngoskopie durch den behandelnden Arzt.
In der klinischen Diagnostik untersucht die
Therapeutin die am Schlucken beteiligten
Muskeln und Nerven. Dazu gehören unter
anderem Lippen, Zunge und Kehlkopf. Daran
schließt sich, möglichst schnell, die laryngoskopische Schluckuntersuchung an. Hierbei
beobachtet der Arzt über ein Endoskop den
Kehlkopf des Patienten beim Schlucken verschiedener Nahrungskonsistenzen. Die
zuständige Schlucktherapeutin ist bei dieser
Untersuchung in der Regel anwesend.
Gemeinsam mit dem Arzt wird festgelegt, ob
der Patient normal essen und trinken kann
oder eine angepasste Kostform (z. B. passierte Kost oder angedicktes Trinken) benötigt.
Stellt sich im schlimmsten Fall heraus, dass
Essen und Trinken für den Patienten eine
Lebensbedrohung darstellt, muss jegliche
orale Nahrungsaufnahme vorläufig untersagt
werden. Bei diesen Patienten kann es sinnvoll sein, eine direkte Magensonde (PEG)
anzulegen, damit die Ernährung gesichert ist.
Patienten mit schweren Schluckstörungen dürfen in der Akutphase häufig zunächst nichts essen oder trinken. Wie
kommen sie wieder zur normalen Nahrungsaufnahme?
Im ersten Schritt der Therapie wird der
Patient dazu gebracht, „Einzelschlucke“ nach
vorangegangener Stimulation auszuführen.
Kann der Patient dies sicher bewältigen, wird
die Nahrungsmenge langsam erhöht bis sie
eine ganze Mahlzeit umfasst. Die angebotenen
Speisen sind anfangs püriert und die
Flüssigkeiten mit einem Pulver angedickt.
Schließlich werden die Nahrungskonsistenzen
in mehreren Stufen zur Normalkost gesteigert. Die einzelnen Therapieschritte werden
durch erneute laryngoskopische Untersuchungen abgesichert.
Um einen sicheren Kostaufbau zu ermöglichen, begleitet die Therapeutin den Patienten
beim Essen. Hier achtet sie insbesondere auf
eine gute Körperhaltung und die Einhaltung
bestimmter Essregeln (z. B. kleine Bissen/
Schlucke, Räuspern, Nachschlucken u. ä.).
Bessern sich die muskulären Funktionen des
Patienten, so dass er in der Lage ist, die Essregeln gut umzusetzen, kann ein weiterer
Kostaufbau mit Ausweitung auf drei volle
Mahlzeiten täglich erfolgen.
Schwerstbetroffene Patienten müssen in
der Phase der Frührehabilitation oft noch
intensivmedizinisch betreut werden. Wie sind
die therapeutischen Schritte, zum Beispiel bei
Patienten mit Trachealkanülen?
Schwerstbetroffene Patienten, die sich am
eigenen Speichel verschlucken oder denen
der Speichel vielleicht sogar ungehindert in
die Lunge laufen würde und sie damit lebensgefährlich bedrohen könnte (z. B. durch
Verursachung von Lungenentzündungen), sind
in der Regel mit einer geblockten Trachealkanüle versorgt (geblockte Trachealkanüle =
in einen Luftröhrenschnitt eingepasste Kanüle,
die in geblocktem Zustand die unteren
Luftwege schützt). Bei diesen Patienten bestehen die Ziele der Schlucktherapie zunächst
darin, die eigene Körperwahrnehmung und
KLINIKREPORT
SCHLUCKTHERAPIE • SCHLUCKTHERAPIE
die Schutzreflexe zu verbessern. Der Patient
muss ebenfalls wieder lernen, durch Mund
und Nase zu atmen.
Mit welchen grundsätzlichen Methoden
werden Schluckstörungen in der
Fachklinik Lenggries behandelt?
Neben den schon erwähnten aktiven Übungen wendet die Therapeutin zahlreiche passive Methoden an. Die Entwöhnung von der
Trachealkanüle ist ein langwieriger Prozess
und dauert häufig Monate. Der therapeutische Weg geht über die Ausweitung der
Entblockungszeiten bis hin zur dauerhaften
Entblockung. Erst dann kann die Kanüle gezogen werden.
In Bezug auf Schluckstörungen haben sich
in den letzten Jahren verschiedene
Behandlungsansätze etabliert, so zum Beispiel
die funktionelle Dysphagie-Therapie (FDT)
nach Bartolome sowie die facio-orale-TraktTherapie (FOTT) nach Kay Coombes. Man
unterscheidet grundsätzlich kausale Therapiemethoden (z. B. Bewegungsübungen, Stimulation des Schluckreflexes mit Kältereizen) von
Physiologie des
Schluckens
Bevor man sich die Frage nach einer
Störung des Schluckens stellt, muss man
sich vergegenwärtigen, wie normalerweise geschluckt wird. Was passiert also
beim physiologischen, d. h. unbeeinträchtigten, Schlucken?
Am Kauen und Schlucken sind über 50
Muskelgruppen beteiligt, die von 5 Hirnnerven gesteuert werden. Grundsätzlich
kann man das Schlucken in verschiedene
Phasen einteilen. In der präoralen Phase
nimmt die Person mit den Augen Kontakt
zum Essen auf, Hand- und Armbewegungen werden mit den Bewegungen
des Oberkörpers, des Kopfes und des
Unterkiefers abgestimmt, damit die Speise
zum Mund geführt werden kann. Sobald
die Nahrung im Mund ist, spricht man von
der oralen Phase, in der die Nahrung
kompensatorischen (z. B. Kostformanpassung,
Erlernen von Schlucktechniken). Nach dem
individuellen Störungsprofil des Patienten finden entsprechende Methoden in Einzelund/oder Gruppentherapie ihre Anwendung.
Hat ein Patient beispielsweise eine Halbseitenlähmung, die sich auf das Gesicht, die Zunge
(vor allem Störung der oralen Phase) und die
Kehlkopfmuskulatur (vor allem Störung der
pharyngealen Phase) erstreckt, so wird mit
thermalen Reizen (Kälte/Wärme) und durch
gezielte Bewegungsübungen die betroffene
Muskulatur wieder aufgebaut.
durch Kaubewegungen zerkleinert und eingespeichelt wird, so dass sich ein homogener Speisebrei ergibt. Dieser wird mit der
Zunge zu einem Bolus geformt und dann
entlang der zentralen Zungenrinne nach
hinten Richtung Rachen befördert
(Bolustransport). Mit dem Auslösen des
Schluckreflexes beginnt die pharyngeale
Phase (Pharynx = Rachen), in der der
Bolus vom weichen Gaumen am Kehlkopf
entlang in die Speiseröhre gleitet. Normalerweise sind dabei die unteren Atemwege
(Lunge) in dreifacher Weise vor eindringender Nahrung geschützt: So senkt sich
während des Schluckens der Deckel des
Kehlkopfes schützend über diesen, und die
Stimmlippen sowie die Taschenfalten
schließen sich und schützen damit die unter
dem Kehlkopf beginnende Luftröhre.
Gleichzeitig hebt sich der Kehlkopf und
dehnt den Speiseröhreneingang auf, so dass
die Nahrung hineingleiten kann. Sobald
sich der Nahrungsbrei in der Speiseröhre
befindet, spricht man von der ösophagealen Phase (Ösophagus = Speiseröhre), in
der die Nahrung in den Magen transportiert
wird.
Grundsätzlich kann jede der 4 unterschiedenen Schluckphasen durch neurologische Erkrankungen beeinträchtigt werden, woraus sich spezielle Probleme ergeben, die einer individuell ausgerichteten
Schlucktherapie bedürfen.
Doris Klintwort und Barbara Lueb
KLINIKREPORT
SCHLUCKTHERAPIE • SCHLUCKTHERAPIE
Welche Ziele verfolgen Sie mit einer
schlucktherapeutischen Behandlung?
ihm die normalerweise unbewussten
Teilprozesse des Schluckens bewusst zu
machen. Nur dann ist es möglich, auch kompensatorisch darauf einzuwirken.
Oberstes Ziel der Schlucktherapie ist es,
den Patienten vor einer Aspiration (= Eindringen von Fremdkörpern in die Luftwege)
Stichwort Interdisziplinarität. Mit welzu schützen. Die weiteren Ziele richten sich
chen Fachbereichen arbeiten Sie bei der
nach dem individuelTherapie von Schlucklen Störungsbild. Bei
störungen zusammen?
schwerstbetroffenen
Liegt eine Schluckstörung
Schluckpatienten,
Gerade bei den
deren Schutzreflexe
schwerstbetroffenen
vor, erleben es Patienten
(z. B. Husten) stark
Patienten ist eine enge
und/oder Angehörige als sehr
eingeschränkt sind,
Zusammenarbeit mit
kann das nahe Ziel
dem gesamten Stationspeinlich, nicht „richtig“ oder
nicht die orale
team erforderlich. Um
Nahrungsaufnahme
eine effektive Schlucknicht „anständig“ essen zu
sein. Vielmehr geht es
therapie durchführen zu
können und für eine Mahlzeit
erst einmal darum,
können, benötigt die
dass der Patient sich
Therapeutin zunächst
extrem lange zu brauchen.
nicht am eigenen
die
medizinischen
Speichel verschluckt.
Informationen (z. B.
UntersuchungsergebFür andere Patienten wird das Essen und
nisse, Medikamentenumstellung, KomplikaTrinken wieder möglich. Es müssen jedoch
tionen wie Fieber). Besonders wichtig sind
mäßig besprochen.
Auch bei den Patienten, bei denen das vorrangige Ziel der Schlucktherapie im
Kostaufbau besteht, ist interdisziplinäres
Arbeiten äußerst wichtig (z. B. Rückmeldungen von der Pflege darüber, ob sich
ein Patient beim Essen verschluckt). Die
Schlucktherapie wird in unserem Hause zum
Teil auch von der Ergotherapie übernommen.
So wird beispielsweise die täglich stattfindende Schluckgruppe gemeinsam mit der
Ergotherapie durchgeführt.
Inwieweit binden Sie Angehörige in die
Therapie ein?
Gleich zu Beginn der Therapie wird dem
Angehörigen die spezif ische Schluckproblematik erklärt. Ein gutes Verständnis für
die speziellen Probleme ist unerlässlich, damit
der Angehörige den Patienten motivieren und
unterstützen kann. Auf der anderen Seite kann
ein Angehöriger durch Schilderung von
Verhaltensbeobachtungen
wichtige
Informationen in die Schlucktherapie einbringen. In einigen Fällen wird er als CoTherapeut angeleitet, um mit dem Patienten
therapieergänzend zu üben oder auch die
Essensbegleitung zu übernehmen.
Schwerstbetroffene
Patienten werden in der
Regel über eine Sonde
ernährt.
Welchen Stellenwert hat die
Schlucktherapie in Hinblick auf die
Lebensqualität der Betroffenen?
bestimmte Vorsichtsmaßnahmen konsequent
angewendet werden (z. B. Schlucktechniken,
Vermeiden von bestimmten Speisen). Ein
Großteil der Patienten kann sich nach erfolgreicher Schlucktherapie wieder normal ernähren.
Immer ist es wichtig, den Patienten für
seine Störung zu sensibilisieren, das heißt,
hier die pflegerischen Beobachtungen und die
für die Schlucktherapie vorbereitenden
Maßnahmen. In Zusammenarbeit mit der
Krankengymnastik und/oder Ergotherapie
wird der Patient mobilisiert und in eine
Haltung gebracht, in der Schlucktherapie
möglich und sinnvoll ist. Im Team werden die
einzelnen Therapien zeitlich aufeinander abgestimmt und das Schluckmanagement regel-
Essen und Trinken haben neben dem
Ernährungszweck auch eine wichtige soziokulturelle Bedeutung. Man isst in Gesellschaft
von Familie oder Freunden und genießt seine
Lieblingsspeisen. Liegt eine Schluckstörung
vor, erleben es Patienten und/oder Angehörige
als sehr peinlich, nicht „richtig“ oder nicht
„anständig“ essen zu können und für eine
Mahlzeit extrem lange zu brauchen.
Dementsprechend hoch ist die Motivation der
Patienten für die Schlucktherapie, deren Ziel
es selbstverständlich auch ist, dass der Patient
Essen wieder genießen kann.
Wir bedanken uns bei Frau Klintwort und
Frau Lueb ganz herzlich für das Interview.
KLINIKREPORT
SCHLUCKTHERAPIE • SCHLUCKTHERAPIE
PORTRÄT
Doris Klintwort
Barbara Lueb
Sprach-, Sprech- und
Schlucktherapeutin in der
Fachklinik Lenggries
Sprach-, Sprech- und
Schlucktherapeutin in der
Fachklinik Lenggries
Geboren: 1960 in Hamburg, zwei Töchter (12 und 18 Jahre)
Geboren: 1971 in Viersen (NRW)
Beruflicher Werdegang:
1992–1997 Studium der Sprachheilpädagogik,
Neuropsychologie und Soziologie an der LudwigMaximilian-Universität in München mit dem Abschluss
Magister Artium; im Rahmen der Magisterarbeit:
Zusammenarbeit mit der neuropsychologischen
Abteilung des städt. Krankenhauses Bogenhausen;
Beruflicher Werdegang:
1990–1998 Studium der Fächer Linguistik, Publizistik
und Psychologie an der WWU in Münster mit Abschluss
Magister Artium;
seit September 1997 als Sprach-, Sprech- und
Schlucktherapeutin in der Fachklinik Lenggries tätig;
seit März 2002 Leitung der Abteilung für Sprach-,
Sprech- und Schlucktherapie;
u. a. Fortbildungen zum Thema „Schluckstörungen“,
im Mai 2002 einwöchiges Hospitationspraktikum in der
schlucktherapeutischen Abteilung des Neuropsychologischen Krankenhauses Tristanstraße in München;
Juli 1998–Juni 1999 einjähriges Postgraduiertenpraktikum in der Fachklinik Bad Heilbrunn mit
Zusatzqualifikation „Klinische Linguistin (BKL)“;
seit Juli 1999 in der Fachklinik Lenggries als
Sprach-, Sprech- und Schlucktherapeutin tätig;
zahlreiche Fortbildungen zum Thema „Schluckstörungen“ (u. a. bei Frau Bartolome sowie FOTT-Kurs),
im Dezember 2001 einwöchiges Hospitationspraktikum
in der schlucktherapeutischen Abteilung des Neurologischen Krankenhauses Tristanstraße in München.
im August 2002 Veröffentlichung der Bogenhausener
Semantik-Untersuchung – BOSU – mit den Co-Autoren
Glindemann, Ziegler, Goldenberg; Verlag Urban & Fischer.
Essen und Trinken gehören zu den existenziellen menschlichen Bedürfnissen. Umso gravierender für die Betroffenen
sind Behinderungen bei der Befriedigung dieser Bedürfnisse. Durch die komplexen Zusammenhänge von muskulären,
sensiblen und auch kognitiven Leistungen, die ein physiologisches Schlucken ermöglichen, ist die Störanfälligkeit entsprechend hoch. Wir Schlucktherapeutinnen erfüllen daher durch unsere Arbeit in diesem Bereich eine besonders
anspruchs- und verantwortungsvolle Aufgabe. Ein reger Fachaustausch und die Zusammenarbeit im interdisziplinären
Team ermöglichen erst einen optimalen Verlauf. Zudem kann man sich als Schlucktherapeutin im klinischen Alltag –
sowohl inhaltlich als auch in Bezug auf seine Therapeutenpersönlichkeit – beständig weiterentwickeln.
Daher schätzen wir den hohen Stellenwert, den die Behandlung von Schluckstörungen in unserer Klinik hat, und dass
dies auch mit Möglichkeiten zur externen und internen Fachweiterbildung und -vertiefung unterstützt wird. In der
Schlucktherapie kann man den Patienten professionell dabei unterstützen, sich nach einer schweren Erkrankung ein
Stück Lebensqualität zurückzuerobern. Wenn dies immer wieder gelingt, sorgt es nicht nur für eine große Zufriedenheit
und Motivation bei dem Patienten, sondern auch bei uns Therapeutinnen.
KLINIKREPORT
EXPERTENINTERVIEW
Neurogene Dysphagien
Interview mit Dr. med. Mario Prosiegel, Chefarzt des
Neurologischen Krankenhauses München/Tristanstraße
Herr Dr. Prosiegel, wie entstehen
Schluckstörungen?
Neurologisch bedingte Schluckstörungen,
so genannte neurogene Dysphagien, kurz ND,
werden durch Schädigungen verschiedenster
Bereiche des Zentralnervensystems (schluckrelevante Bereiche des Großhirns, Schluckzentren des Hirnstamms, für Schlucken verantwortliche Hirnnerven) verursacht. Man
weiß erst seit wenigen Jahren, dass im
Großhirn eine Schluckdominanz besteht; das
heißt, bei einigen Menschen sind rechtsseitige, bei anderen linksseitige Großhirnabschnitte für das Schlucken verantwortlich.
Deshalb wird bei gleichem Schädigungsort
zum Beispiel ein Mensch mit rechtshirniger
Schluckdominanz und rechtsseitigem
Schlaganfall eine ND entwickeln, ein Mensch
mit linkshirniger Schluckdominanz und
rechtshirniger Schädigung hingegen nicht
oder in viel geringerem Ausmaß.
Schließlich kommen ND bei Erkrankungen
der neuromuskulären Übergangsregion
(Synapse zwischen Hirnnervenfaser und
Muskelfaser) und der Schluckmuskulatur vor.
Bei ND liegt typischerweise eine oropharyngeale Schluckstörung vor, das heißt, die
Dysphagie ist die Folge von Funktionsstörungen im Bereich der Muskulatur der
Mundhöhle (insbesondere Zunge) und des
Rachens.
Bei welchen Störungsbildern treten
Schluckstörungen vermehrt auf ?
Die häufigste Ursache von ND ist der
Schlaganfall. In der Akutphase nach
Schlaganfall leiden ca. 50 Prozent der
Betroffenen an einer ND, in der chronischen
Phase etwa 25 Prozent. Ca. 10 Prozent aller
Schlaganfallpatienten entwickeln innerhalb
eines Jahres eine (auch heute noch lebensbedrohliche) Aspirationspneumonie (Lungenentzündung durch Speichel/Nahrungsteile,
In diagnostischer Hinsicht sind neben einer
eingehenden Anamnese und neurologischen
Untersuchung besonders wichtig:
die röntgenologische Untersuchung des
Schluckvorgangs: Hierzu werden wegen
der kurzen Dauer des Schluckens (Sekundenbereich) ganz spezielle, zeitlich hochauflösende Verfahren wie z. B. die sog.
Videofluoroskopie eingesetzt;
Mario Prosiegel
Dr. med. Mario Prosiegel ist seit 1990
Chefarzt des Neurologischen
Krankenhauses München/Tristanstraße
die auf Grund der ND in die Atemwege
gelangten). Die Häufigkeit von ND bei verschiedenen anderen neurologischen
Krankheiten stellt sich wie folgt dar: Morbus
Parkinson ca. 50 Prozent, Multiple Sklerose
ca. 40 Prozent, schweres Schädelhirntrauma
über 70 Prozent, Myasthenie über 20 Prozent,
Myositis (Muskelentzündung) je nach Art der
Muskelentzündung bis zu 80 Prozent.
Welche Anzeichen deuten auf Schluckstörungen hin?
Häuf igste Anzeichen, die auf eine
Schluckstörung hindeuten, sind: erhöhter
Zeitbedarf beim Essen oder Trinken, Husten-/
Erstickungsanfälle beim Essen/Trinken, das
Gefühl des „Steckenbleibens von Nahrung in
der Kehle“, der Eintritt von Flüssigkeit/Nahrung in den Nasenraum beim
Trinken/Essen, Gewichtsabnahme, Fieberschübe, bedingt durch (evtl. unbemerkte)
Aspirationen, und eine durch Aspiration verursachte Lungenentzündung (Aspirationspneumonie).
Welche diagnostischen Verfahren werden zur genauen Abklärung der
Schluckstörungen heutzutage eingesetzt?
die Endoskopie: dabei wird über die Nase
ein dünnes Endoskop eingeführt, wobei
alle relevanten Strukturen wie z. B.
Zungengrund, Rachenhinterwand, Stimmbänder etc. visuell genau analysiert werden
können (sog. fiberendoskopische Untersuchung des Schluckens).
Die beiden Methoden konkurrieren nicht,
sondern ergänzen sich in ihrer Aussagekraft;
sie sind für den Patienten nicht oder allenfalls wenig belastend.
Welche Komplikationen können durch
eine nicht behandelte Dysphagie auftreten?
Im Falle einer nicht behandelten Dysphagie
können besonders folgende Komplikationen
auftreten: ständiges Aspirieren mit der Gefahr
von Aspirationspneumonien, Gewichtsverlust
und Mangelernährung, Dehydratation
(Austrocknung durch Flüssigkeitsverlust), im
schlimmsten Fall auch der Tod durch Ersticken
oder durch eine Aspirationspneumonie.
Nach welchen Kriterien entscheiden Sie,
ob ein Patient über eine PEG-Sonde
ernährt wird oder nicht?
Die Indikation zur Sondenernährung
besteht in der Regel dann, wenn der Patient
nicht in der Lage ist, außer seinem Speichel
genügend Nahrung bzw. Trinkmenge ohne
KLINIKREPORT
Die Indikation zur
Sondenernährung besteht in
der Regel dann, wenn der
Patient nicht in der Lage ist,
genügend Nahrung bzw.
Trinkmenge ohne Gefahr
Die Aspirationspneumonie, die mit hohem
Fieber einhergeht, ist
häufig Folge einer nicht
behandelten Dysphagie.
des Verschluckens zu
sich zu nehmen.
Gefahr des Verschluckens zu sich zu nehmen.
Eine PEG-Sonde (perkutane endoskopische
Gastroskopie), d. h. eine Sonde, die direkt
von der Bauchhaut in den Magen verläuft, ist
dann vorzuziehen, wenn zu erwarten ist, dass
die Schluckstörung länger als 4–6 Wochen
andauern wird. Ansonsten kann (für eine kürzere Zeitdauer) eine nasogastrale Sonde
(Sonde, die über die Nase in den Magen vorgeführt wird) verwendet werden. Eine PEGSonde ist für den Patienten und den
Therapeuten aus vielen Gründen vorteilhafter.
Inwieweit arbeiten Sie mit der
Fachklinik Lenggries zusammen?
Im Dysphagiebereich arbeiten wir mit der
Fachklinik Lenggries zusammen. Zum einen
werden einige Patienten nach der Akutphase
nach Lenggries weiterverlegt, wobei die
Schlucktherapie nach denselben Therapieprinzipien weitergeführt wird. Zum anderen
bieten wir jährlich Schluckseminare für Mitglieder verschiedenster Berufsgruppen (z. B.
Therapeuten, Ärzte etc.) an, die auch von
Mitarbeitern der Fachklinik Lenggries zahlreich besucht werden.
Die Dysphagie ist ein weit verbreitetes
Phänomen. Wie sieht die Versorgungslage von Patienten mit Schluckstörungen in
Deutschland aus?
Die Versorgungslage von Patienten mit
Schluckstörungen in Deutschland ist derzeit
noch nicht so gut wie etwa die in den USA.
Allerdings besteht in den meisten
Bundesländern ein eindeutiger Trend in
Richtung einer zunehmend besseren Versorgung mit Schlucktherapieeinrichtungen an
Akut- und Rehakliniken.
Sie sind Mitglied im Vorstand der
Deutschen Gesellschaft für Neurologische Rehabilitation (DGNR). Inwieweit setzen Sie sich hier für die Weiterentwicklung
auf dem Gebiet der Schlucktherapie ein?
Anzeichen einer
Schluckstörung:
erhöhter Zeitbedarf beim Essen
oder Trinken
Husten-/Erstickungsanfälle beim
Essen/Trinken
das Gefühl des „Steckenbleibens
von Nahrung in der Kehle“
der Eintritt von
Flüssigkeit/Nahrung in den
Nasenraum beim Trinken/ Essen
Gewichtsabnahme
eine durch Aspiration verursachte
Lungenentzündung (Aspirationspneumonie), dadurch bedingte
Fieberschübe
Als 1. Vorsitzender der Deutschen
Gesellschaft für Neurotraumatologie und
Klinische Neuropsychologie (DGNKN) verfolge ich als eines der gesteckten Ziele, in
verschiedenen Reha-Bereichen bis Anfang
2003 die Formulierung von Leitlinien voranzubringen. Im Dysphagiebereich leite ich die
Kommission „Leitlinien Dysphagie“. Wir setzen uns auch für eine Weiterentwicklung auf
dem Gebiet der Schlucktherapie ein, indem
wir
jährliche
Grundlagen-/Praxis-/
Endoskopie-Seminare sowie Seminare für
Pflegekräfte an unserer Klinik anbieten.
Außerdem haben wir im Jahr 2000 die
„Akademie für Schlucktherapie und
Schlucktherapieforschung bei Patienten mit
neurologischen Erkrankungen (AST)“
gegründet; die Ziele der AST können einem
bei mir erhältlichen Info-Flyer entnommen
werden. Zwei Schlucktherapeutinnen meiner
Klinik (Fr. Michaela Heintze und Fr. Felicitas
Koch) haben die erste Selbsthilfegruppe in
Deutschland auf dem Dysphagiesektor
gegründet, die „Münchner Selbsthilfegruppe
und Beratungsstelle für Menschen mit
Schluckstörungen und deren Angehörige
(MÜSS)“ (Telefon: 0 89-3 60 87-187). Ganz
aktuell haben wir in der Zeitschrift „Nervenarzt“ (Prosiegel et al., 2002) eine Studie publiziert, die die Effizienz von Schlucktherapie
bei Patienten mit ND belegt.
Wir bedanken uns bei Herrn Dr. Prosiegel
ganz herzlich für das Interview.
KLINIKREPORT
HILFE ZUR SELBSTHILFE • HILFE ZUR SELBSTHILFE
HILFE ZUR SELBSTHILFE
BUCHTIPP
Fachübergreifende
Förderung
Deutsche Gesellschaft für
Neurologische Rehabilitation
Die Rehabilitation
nimmt einen bedeutenden Stellenwert
bei der Behandlung
neurologischer
Erkrankungen ein.
Die Rehabilitation von neurologischen
Patienten nimmt fortlaufend an Bedeutung
zu. Dies ist einerseits auf den steigenden
Bedarf an rehabilitativen Maßnahmen und
andererseits auf neue therapeutische
Möglichkeiten im Bereich der neurologischen Rehabilitation zurückzuführen. Um
dieser wachsenden Bedeutung Rechnung
zu tragen, wurde im August 1989 in Berlin
die Deutsche Gesellschaft für Neurologische
Rehabilitation (DGNR) gegründet.
Die grundlegenden Ziele der Gesellschaft
umfassen neben der Weiterentwicklung von
Methoden und Verfahren in der neurologischen Rehabilitation, die wissenschaftliche Effizienzkontrolle neurorehabilitativer
Verfahren einschließlich der Koordination
multizentrischer Studien sowie die
Erarbeitung und Empfehlung personeller, struktureller und organisatorischer Standards. Ebenfalls
unterstützt die DGNR die
Förderung der ärztlichen Weiterbildung im Bereich der Rehabilitation und wirkt intensiv bei der
Erarbeitung von Ausbildungsrichtlinien anderer an der Rehabilitation beteiligter Berufsgruppen
mit. Eine Zusammenarbeit besteht sowohl mit
den Leistungsträgern und weiteren für die
Rehabilitation verantwortlichen Organen und
Organisationen als auch mit Behindertenverbänden und Selbsthilfegruppen.
Schluckstörungen
Diagnostik und
Rehabilitation
S c h l u c k s t ö r u n ge n
sind mehr und mehr zu
einem ernst zunehmenden Phänomen geworden. Während früher
die Versorgung schluckgestörter Patienten sowohl im Akut- als
auch im Rehabereich eher vernachlässigt wurde, ist heute die Notwendigkeit
einer umfassenden Diagnostik und
gezielten Therapie erkannt.
Die Autoren des Buches beschäftigen
sich in erster Linie mit der Diagnostik und
Rehabilitation von oropharyngealen
Dysphagien. Dabei geben sie eine praxisorientierte Einführung in die hier relevanten Krankheitsbilder und stellen die
Methoden der klinischen, endoskopischen,
radiologischen und manometrischen
Diagnostik dar. Gleichzeitig findet der
Leser eine ausführliche Beschreibung der
funktionellen Therapie, sinnvoll ergänzt
durch zahlreiche praktische Beispiele.
Die zweite Auflage des weit verbreiteten
Standardwerkes behandelt neben neurologischen Schluckstörungen auch
Beeinträchtigungen des Schluckvorganges
nach morphologischen Organveränderungen, zum Beispiel infolge von Tumorresektion und Bestrahlung.
Öffentlichkeitsarbeit und Interdisziplinarität
werden beim DGNR groß geschrieben. Die
Gesellschaft veranstaltet nicht nur Tagungen,
Vorträge und Lehrgänge, sondern fördert auch
die interdisziplinäre Zusammenarbeit aller an
Problemen der neurologischen Rehabilitation
beschäftigten Arzte und Therapeuten.
Obwohl sich das Wissen um das
Störungsbild Dysphagie beträchtlich
erweitert hat, bleiben noch immer viele
Fragen offen und manche Erklärungsversuche unbefriedigend. Ziel der Autoren
war es deshalb auch, die Methoden sachlich und gleichzeitig kritisch darzustellen.
Informationen erhalten Interessierte bei der
Deutschen Gesellschaft für Neurologische
Rehabilitation e.V. (DGNR), Waldstraße 2–10,
53177 Bonn
Gudrun Bartolome, Schluckstörungen
– Diagnostik und Rehabilitation,
München, Jena: Urban & Fischer Verlag,
49,95 Euro
KLINIKREPORT
GESUNDHEITS- UND SOZIALPOLITIK
Zukunft Gesundheit
Reformvorschläge der Parteien zur Gesundheitspolitik
Die Bundestagswahl steht vor der Tür, der Wahlkampf läuft auf Hochtouren. Dauerbrenner in der Wahlkampfdebatte ist die kontrovers
geführte Diskussion über die Zukunft der Gesundheitspolitik. Die Vorschläge für das vielleicht schwierigste Reformprojekt der neuen
Bundesregierung gehen weiter auseinander als bisher angenommen. Unionspolitiker und Sozialdemokraten werfen sich gegenseitig vor, eine
unsoziale „Zweiklassen-Medizin“ anzusteuern. Trotz unterschiedlicher Reformpläne sind sich dennoch alle Parteien einig, dass niemand
von der Gesundheitspolitik ausgeschlossen werden darf. Ein Überblick.
Die steigenden Kosten für die medizinische Versorgung sind nun schon seit 25 Jahren
im Blickpunkt der politischen Diskussion in
Deutschland. Doch keine Regierung hat es
bisher geschafft, das Problem zu lösen. Die
angestrebten Sparmodelle blieben allesamt
ohne Erfolg. Mit der Bundestagswahl im
September dieses Jahres steht, wie die
Wahlprogramme der Parteien zeigen, eine
Richtungsänderung an.
Versicherungsschutz für alle
Die SPD betont den sozialen Ausgleich:
„Das Prinzip der solidarischen Ausrichtung
bleibt richtig“, heißt es im Regierungsprogramm. Das bedeutet umfassenden
Versicherungsschutz für alle, unabhängig vom
Einkommen. Außerdem setzen die
Sozialdemokraten auf Qualitätsverbesserungen und höhere Anforderungen an
die Ärzteschaft. Behandlungs-Leitlinien, die
von unabhängigen Sachverständigen festgelegt werden, sollen zukünftig die Qualität der
Versorgung verbessern und zusätzlich Kosten
einsparen.
„Kosten sparen“ lautet auch die Forderung
von Ulla Schmidt. Durch verschiedene
Sparregelungen wie Aut idem-Regelung oder
den Preisabschlag auf Arzneimittel ohne
Festbetrag versucht die Bundesgesundheitsministerin derzeit, die Arzneimittelausgaben
drastisch einzudämmen. Ob ihr das gelingen
wird, bezweifeln allerdings viele Kritiker.
Mehr Wahlfreiheit
Sparen hin oder her – Sparmaßnahmen,
wie die Verabschiedung des Sparpakets seien
nur „Peanuts“, meinen Unionspolitiker. „Wir
müssen den Menschen klipp und klar sagen,
dass das heutige Angebot an Leistungen im
bisherigen System nicht mehr zu finanzieren
ist.“ „Der Versicherte soll künftig eine größe-
re Wahlfreiheit über den
Umfang seines Versicherungsschutzes bekommen“,
heißt es deshalb in dem
Wahlprogramm der Union.
Jeder Versicherte soll demnach selbst entscheiden können, ob er den bisherigen
Versorgungsumfang beibehalten, zusätzliche Leistungen beantragen oder bei gleichzeitiger
Beitragsermäßigung Leistungen abwählen
oder einen Selbsterhalt übernehmen will.
CDU und CSU wollen dadurch den
Wettbewerb fördern und so mehr Dynamik in
die starren Vertragsstrukturen zwischen Arzt
und Kasse bringen. Gefordert wird in ihrem
Wahlprogramm ebenfalls ein Mehr an
Transparenz. Behandlungsmaßnahmen und
deren Kosten sollen künftig klar aufgeschlüsselt vorliegen. Die Kassen sollen ihren
Mitgliedern – wie heute schon in Frankreich
möglich – die Abrechnung nach dem Prinzip
der Kostenerstattung anbieten. Im Klartext:
Patienten müssen Arztrechnungen zunächst
selbst bezahlen, ehe sie dann das Geld von
der Kasse zurückverlangen.
Die Grünen versus FDP
Auf Solidarität bauen auch die Reformvorschläge der Grünen. Sie legen in ihrem
Wahlprogramm den Schwerpunkt darauf, dass
sich künftig die Beitragssätze der Kassen am
jeweiligen Gesamteinkommen orientieren sollen. Dazu zählen auch nebenberufliche
Einnahmen wie Mieteinnahmen oder Spekulationsgewinne. Dies sei, so die führenden
Politiker der grünen Partei, nicht nur ein
Schritt in Richtung mehr Beitragsgerechtigkeit, sondern auch eine wirkungsvolle Maßnahme zur Senkung der Lohnnebenkosten. Die Liberalen sehen diesen Weg
jedoch eher als Sackgasse. Umgekehrt fordern sie deshalb, die „Zwangsbeiträge“ auf
Wird unser soziales
Gesundheitssystem
uns auch noch in
Zukunft gut versorgen können?
Kernleistungen zu beschränken und
grundsätzlich Kostenerstattung einzuführen.
Eine Selbstbeteiligung der Patienten soll als
Anreiz für kostenbewusstes Verhalten dienen.
Wie unterschiedlich sich die Positionen der
großen Parteien auch darstellen, es gibt dennoch Gemeinsamkeiten: Stärkung der
Prävention, Verbesserung der Versorgungsqualität und der Patientenrechte gehören zu
den Forderungen aller Parteien und natürlich
die Kernaussage: Niemand soll von den medizinisch notwendigen Leistungen ausgeschlossen werden.
IMPRESSUM
KLINIKREPORT
Herausgeber:
MedCom Verlags GmbH
Godesberger Allee 154, 53175 Bonn,
Tel.: 02 28/30 82 1-0, Fax: 02 28/30 82 1-33
in Zusammenarbeit mit
Fachklinik Lenggries
für Neurologie und Physikalischrehabilitative Medizin GmbH
Bergweg 21
83661 Lenggries
Tel.: 0 80 42/50 40
Fax: 0 80 42/50 47 77
Internet: www.fachklinik-lenggries.de
E-Mail: [email protected]
Chefredaktion (V. i. S. d. P.):
Dipl. Biol. Andrea Hertlein
Medizinisch-wissenschaftliche Mitarbeit:
Prof. Dr. med. Gerd Paal
Dr. med. Bernd Schönberger
Aktuelles
Kompetenzen bündeln
Internetportal der Kompetenznetze
in der Medizin
Fachleute sowie weitere themenspezifische
Service- und Informationsleistungen bieten die Netze auf ihren Internetseiten an.
www.kompetenznetze-medizin.de – unter
dieser Internetadresse haben Ärzte und
Patienten einen schnellen Zugang zu aktuellen Informationen über verschiedene
Krankheiten und ihre Behandlung. Ob
Rheuma oder Schlaganfall, Blutkrebs oder
Depression, Lungenentzündung oder
Parkinson: Das Portal führt die Internetpräsenzen der Kompetenznetze in der
Medizin zusammen. Patienteninformationen, der aktuelle Stand des medizinischen Wissens zu definierten Krankheitsbildern, Studienregister, Veranstaltungstermine für Betroffene, Ärzte und andere
In den Kompetenznetzen haben sich bundesweit Zentren der Spitzenforschung, führende Versorgungseinrichtungen, engagierte niedergelassene Ärzte sowie Selbsthilfeorganisationen zusammengeschlossen. Die
Kooperation hat zum Ziel, den Austausch zwischen Grundlagenforschung und klinischen
Forschern zu fördern, den Transfer von
Forschungsergebnissen in die Patientenversorgung zu beschleunigen sowie den Dialog mit
Betroffenen und mit der Öffentlichkeit zu
führen. Initiator der Netzwerke ist das
Bundesministerium für Bildung und
Forschung (BMBF), das die Kompetenznetze
fünf Jahre lang mit bis zu 2,5 Millionen Euro
pro Jahr fördert. Bisher sind zwölf Netzwerke
aktiv, die sich jeweils um ein spezifisches
Krankheitsbild kümmern.
Besserer Durchblick
PC-Training hilft Patienten mit Sehfeld-Defekt
Für Patienten mit kortikaler Blindheit
gibt es jetzt ein neues Sehtraining: Am heimischen Computer führen die Betroffenen
verschiedene Übungen zur Verbesserung
ihrer Sehleistung durch. Dabei müssen
zunächst Hell-Dunkel-Reize und später
geometrische Figuren, Farben, Muster oder
Buchstaben auf dem Bildschirm erkannt
und mit Tastendruck bestätigt werden.
Gleichzeitig wird das Training von einem
Klinikarzt via Internet kontrolliert und an
die individuellen Leistungen angepasst.
Bei Patienten mit kortikaler Blindheit ist
die Sehrinde geschädigt, etwa durch einen
Schlaganfall oder ein Schädel-Hirn-Trauma.
Durch das Sehtraining werden überlebende
Neurone stimuliert, was zu einer Verbesserung
der Sehleistung führen kann. Voraussetzung
für die Teilnahme an einem solchen Training
ist jedoch, dass Auge und Sehnerv noch intakt
sind.
Interessierte erhalten Informationen unter
unter: 02 34/3 02 65 17
Bewegungstraining
nach Schlaganfall
Die verbesserte Beweglichkeit auf Grund
des Taubschen Bewegungstrainings bei
Patienten mit Hemiparesen nach einem
Schlaganfall verändert auch die Hirnaktivität.
Wie die Arbeitsgruppe um Professor
Wolfgang Miltner vom Institut für
Psychologie an der Universität in Jena herausgefunden hat, erstreckt sich die neuronale
Aktivität im motorischen Kortex nach dem
Training über ein größeres Areal als vor
Beginn des Trainings. Die Repräsentation von
Arm und Hand im Kortex ist deutlich vergrößert. Während des Trainings von etwa zwei
Wochen wird die Bewegung des gesunden
Armes stark eingeschränkt. Der Patient muss
etwa sechs Stunden täglich versuchen, den
gelähmten Arm zu bewegen.
Bayern setzt auf
Telemedizin
Mit dem telemedizinischen Pilotprojekt
„Tempis“ soll künftig die Schlaganfallversorgung in Bayern verbessert werden.
Geplant ist eine telemedizinische Vernetzung
von spezialisierten Schlaganfallstationen
(Stroke Units) und regionalen Krankenhäusern. Vorgesehen sind außerdem spezifische Qualitätssicherungsmaßnahmen.
„Das Projekt kann voraussichtlich noch in
diesem Jahr in Südostbayern beginnen und
soll nach erfolgreicher Evaluierung schrittweise auf die übrigen Landesteile ausgedehnt
werden“, kündigt der Staatssekretär im
Bayerischen Sozialministerium, Georg
Schmid, an. In Bayern erleiden jedes Jahr
etwa 30 000 Personen einen Schlaganfall,
etwa 80 000 Menschen leiden an den Folgen
eines Schlaganfalls. Wegen der demographischen Entwicklung müsse künftig mit einer
weiteren Zunahme von Schlaganfällen gerechnet werden, erklärt Schmid. Die Verbesserung
der Schlaganfallversorgung gehöre deshalb
zu den vordringlichsten gesundheitspolitischen Aufgaben.
Zugehörige Unterlagen
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