Analysis einer Variablen

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Analysis einer Variablen
WS 2011/2012
Ludwig-Maximilians-Universität München
Prof. Dr. Kai Cieliebak
Alexander Dittrich
Inhaltsverzeichnis
1 Vollständige Induktion
1.1 Aussagenlogik . . . . . . . . . . . .
1.1.1 Quantoren . . . . . . . . . .
1.2 Prinzip der vollständigen Induktion
1.2.1 Binomialkoeffizienten . . . .
1.2.2 Bemerkung . . . . . . . . .
2 Die
2.1
2.2
2.3
Körperaxiome
Konstruktion von Q
Anordnung . . . . .
Absolutbetrag . . . .
2.3.1 Definition . .
2.3.2 Eigenschaften
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3
3
3
4
4
6
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7
8
10
12
12
12
3 Konvergenz von Folgen
14
3.1 Eigenschaften konvergenter Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
4 Vollständigkeit
19
5 Reelle Zahlen
23
5.1 Quadratwurzeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
5.2 Teilfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
6 Mächtigkeit von Mengen
27
6.1 Hilberts Hotel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
7 Reihen
7.1 Alternierende Reihen . .
7.2 Absolute Konvergenz . .
7.3 Umordnung von Reihen
7.4 Doppelreihen . . . . . .
7.5 Exponentialreihen . . .
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30
30
31
33
35
37
8 Komplexe Zahlen
40
8.1 Die Exponentialreihe in C . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43
8.2 Potenzreihen für sin und cos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
1
9 Stetigkeit von Funktionen
47
9.1 Eigenschaften stetiger Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50
10 Elementare Funktionen
10.1 exp und log . . . . . . . . . . . . .
10.2 sin und cos . . . . . . . . . . . . .
10.3 tan und cot . . . . . . . . . . . . .
10.4 Polardarstellung komplexer Zahlen
10.5 sinh, cosh, tanh . . . . . . . . . . .
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55
55
58
61
62
63
11 Differentiation
64
11.1 Rechenregeln für Ableitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66
11.2 Höhere Ableitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68
12 Anwendung der Differentiation
12.1 Lokale Extrema . . . . . . . .
12.2 Mittelwertsatz . . . . . . . . .
12.3 Monotonie . . . . . . . . . . .
12.4 Konvexität . . . . . . . . . .
12.5 Newton-Verfahren . . . . . .
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70
70
70
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72
73
13 Das Riemann-Integral
76
13.1 Riemannsche Summen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80
14 Integration und Differentiation
82
14.1 Integrale elementarer Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83
14.2 Integrationsmethoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84
14.3 Uneigentliche Integrale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86
15 Konvergenz von Funktionsfolgen
89
15.1 Potenzreihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91
2
Kapitel 1
Vollständige Induktion
N = {1; 2; 3; . . . }
Z = {. . . ; −2; −1; 0; 1; 2; . . . }
Q = { pq |p; q ∈ Z; q 6= 0}
R
1.1
Aussagenlogik
A, B
Aussagen (wahr, falsch)
A∧B
A∨B
¬A
„A und B“
B\A w f
w
w f
f
f f
„A oder B“
B\A w f
w
w w
f
w f
„nicht A“
A ⇒ B „aus A folgt B“
A ⇔ B „A äquivalent B“
1.1.1
natürliche Zahlen
ganze Zahlen
rationale Zahlen
reelle Zahlen
B\A w f
w
w w
f
f w
:= (A ⇒ B) ∧ (B ⇒ A)
Quantoren
Sei M eine Menge
∀m ∈ M
∃m ∈ M
„für alle m in M “
„es gibt ein m in M “
Achtung: Reihenfolge von Quantoren ist wichtig!
3
∀n ∈ N ∃m ∈ N : m > n wahr
∃n ∈ N ∀m ∈ N : m > n falsch
1.2
Prinzip der vollständigen Induktion
Sei An eine Aussage über eine natürliche Zahl n. Die folgenden Aussagen seien wahr:
- A1
- AN ⇒ An+1
Dann ist An wahr für alle natürlichen Zahlen.
Beispiel 1.1:
An : 1 + 2 + ... + n =
Beweis. A1 : 1 =
n(n + 1)
2
1(1 + 1)
wahr
2
A
An ⇒ An+1 : 1 + 2 + ... + n + (n + 1) =n
(n + 1)([n + 1] + 1)
An+1 wahr
2
1.2.1
n(n + 1)
+ (n + 1)
2
Binomialkoeffizienten
n! = 1 · 2 · 3 · · · · · n
0!
= 1 ( n!
0≤k≤n
n
:= k!(n−k)!
k
0
sonst.
Lemma 1.1:
Für 1 ≤ k ≤ n gilt:
n
n
n+1
+
=
k
k−1
k
Beweis.
n!
n!
n
n
+
=
+
k
k−1
k!(n − k)! (k − 1)!(n − (k − 1))!
n!
(n + 1)!
n+1
=
(n − k + 1 + k) =
=
k
k!(n − k + 1)!
k!(n − k + 1)!
Beispiel 1.2:
n
Die Anzahl der k–elementigen Teilmenge einer n-elementigen Menge (k ≤ n) ist
k
4
Beweis. (mit Induktion über n)
1
n = 1(A1 ) k = 0 :
=1
0
1
k=1:
=1
1
n ⇒ n + 1 Tk;n := Anzahl der k-elementigen Teilmengen einer n-elementigen Menge
Sei Mn+1 = {x1; . . . ; xn+1 } eine (n + 1)-elementige Menge
Sei A ⊂ Mn+1 eine k-elementige Teilmenge
1. Fall: Ak ⊂ Mn := {x1; . . . ; xn }
2. Fall: Ak =Ak−1
eine (k− 1)-elementige Teilmenge Ak−1 ⊂ Mn
∪{xn+1 }für n
n
n+1
IV
⇒ Tk;n+1 =
+
=
k
k−1
k
1. Fall
2. Fall
2. Beweis. (direkt, ohne Induktion)
Die Anzahl der Anordnungen einer n-elementigen Menge ist n!. Wähle k-elementige Teilmenge
in n-elementiger Menge wie folgt:
n
Möglichkeiten zur Auswahl des 1. Elements
n-1
Möglichkeiten zur Auswahl des 2. Elements
n-k+1 Möglichkeiten zur Auswahl des k. Elements
n!
Möglichkeiten
(n − k)!
n!
n
=
⇒ Anzahl der Teilmengen ist
k
(n − k)!k!
n · (n − 1) · · · (n − k + 1) =
Notation:
n
X
ak := am + am+1 + · · · + an
k=m
n
Y
ak := am · am+1 ·
···
· an
k=m
Beispiel 1.3:
(Binomische Formeln)
Für a, b ∈ R, n ∈ N
n
(a + b) =
n X
n
k=0
k
ak bn−k
Beweis. siehe Übung.
Beispiel 1.4:
(endliche geometrische Reihe)
Für 1 6= x ∈ R, n ∈ N
1 + x + x2 + · · · + xn =
5
1 − xn+1
1−x
Beweis.
(1 + x + x2 + · · · + xn )(1 − x)
= 1 − x + x − x2 + x2 − x3 · · · + xn−1 − xn + xn − xn+1
= 1 − xn+1
Dann durch 1 − x 6= 0 teilen
1.2.2
Bemerkung
Natürliche Zahlen
sind eindeutig durch die Peano-Axiome charakterisiert:
(P1) 1 ∈ N
(P2) Für jede n ∈ N gibt es eine Nachfolgerin n + 1 ∈ N
(P3) n 6= m ⇒ n + 1 6= m + 1
(P4) @n ∈ N : n + 1 = 1
(P5) Induktionsprinzip
Sei M ⊂ N eine Teilmenge, für die gilt:
1∈M
n∈M ⇒n+1∈M
Ziel: N
Z
Q
R
Ganze Zahlen
lassen sich wie folgt aus N konstruieren:
Z := N ∪ {0} ∪ −N
Definiere Addition und Multiplikation auf Z wie folgt:
n + m n, m ∈ N
(−n) + (−m) 
:= −(n + m)
n − m
m<n

n + (−m) := 0
m=n


−(n − m) m > n
n + 0 := n
(−n) + 0 := (−n)
0 + 0 := 0
Definiere Multiplikation analog
Dann Z die ganzen Zahlen mit der üblichen Addition und Multiplikation
6
Kapitel 2
Die Körperaxiome
Rationale Zahlen
lassen sich
aus Z konstruieren:
p
Idee
| p, q ∈ Z, q 6= 0
q
p
nicht def. → ersetze durch geordnetes Paar (p; q)
q
p
p0
Problem: = 0
q
q
Definition 2.1:
Seien M, N Mengen
Das kartesische Produkt von M und N ist die Menge der geordneten Paare
M × N := {(m, n) | m ∈ M, n ∈ N }
Eine Relation R auf einer Menge M ist eine Teilmenge R ⊂ M × M
Wir schreiben a ∼ b ⇔ (a, b) ∈ R
R heißt Äquivalenzrelation falls gilt:
(reflexiv)
a ∼ a =⇒ a ∈ [a] ((a, a) ∈ R)
(symmetrisch) a ∼ b ⇒ b ∼ a =⇒ a ∈ [b] ⇒ b ∈ [a] ((a, b) ∈ R ⇒ (b, a) ∈ R)
(transitiv)
a ∼ b ∧ b ∼ c ⇒ a ∼ c =⇒ [a] ∩ [b] 6= 0 ⇒ [a] = [b] ((a, b) ∈ R ∧ (b, c) ∈ R ⇒ (a, c) ∈ R)
Beispiel 2.1:
M = {Personen in C123}
a ∼1 b :⇔ a = b
a ∼2 b :⇔ a und b haben die selbe Augenfarbe
Lemma 2.1:
R ⊂ M × M ist eine Äquivalenzrelation ⇔ ∃ disjunkte Zerlegung M = ∪ Mi (I-Menge
i∈I
(Indexmenge)), so dass a ∼ b ⇔ a, b ∈ Mi für ein i ∈ I
z.B. M =
Mblau
∪ Mbraun ∪ Mgrün
Äquivalenzklasse von a
7
Beweis.
(⇐) Eine Zerlegung M = ∪ Mi , definiert Äquivalenzrelation durch
i∈I
a ∼ b ⇔ a, b ∈ M ; für ein i ∈ I (Axiome nachrechnen)
(⇒) Sei R Äquivalenzrelation. Jedes a ∈ M definiert eine Teilmenge
[a] = {b ∈ M |a ∼ b} ⊂ M
Also bilden die [a] eine disjunkte Zerlegung von M .
2.1
Konstruktion von Q
Definition 2.2:
eine Äquivalenzrelation auf Z × Z \ {0} 3 (p, q):
(p, q) ∼ (p0 , q 0 ) ⇔ pq 0= p0 q
p
p0
= 0 ⇔ pq 0 = pq 0
q
q
Q := die Menge der Äquivalentklassen =: Z × Z \ {0}/ ∼
Definition 2.3:
Addition und Multiplikation auf Q durch
pq 0 + p0 q
p p0
+ 0 :=
q q
qq 0
Wir müssen zeigen, dass dies wohldefiniert ist, d.h. unabhängig von der Wahl von Elementen
in einer Äquivalenzklasse:
00
0
Sei pq0 = pq00 . Dann ist zu zeigen:
pq 0 + qp0 ! pq 00 + qp00
=
qq 0
qq 00
⇔
| · qq 0 q 00
!
pq 0 q 00 + qp0 q 00 = pq 00 q 0 + qp00 q 0
⇔ p0 q 00 = p00 q 0
Dies gilt nach Definition von ∼, da
p0
q0
=
p00
q 00
p p0
pp0
· 0 := 0
q q
qq
wohldefiniert:
p0
p00
Sei 0 = 00 . Zu zeigen:
q
q
pp00 ! pp0
= 0
qq 00
qq
!
⇔ pqq 0 p00 = pqp0 q 00
!
⇐ q 0 p00 = q 00 p0
Satz 2.2:
(Q; +; ·) ist ein Körper
8
| : pq
| : q 6= 0
Definition 2.4:
Eine Menge K mit zwei Operationen +; · : K × K heißt Körper, wenn sie folgende Axiome
erfüllt: ∀a, b, c ∈ K
Axiome der Addition
⇔ (Q; +) Abelsche Gruppe
(assoziativ)
a + (b + c) = (a + b) + c
(kommutativ) a + b = b + a
(N ull)
∃0 ∈ K : a + 0 = a ∀ ∈ K
(Inverses)
∀a ∈ K ∃ − a ∈ K : a + (−a) = 0
Axiome der Multiplikation
⇔ (Q \ {0}; ·) Abelsche Gruppe
(assoziativ)
a · (b · c) = (a · b) · c
(kommutativ) a · b = b · a
(Eins)
∃1 ∈ K : a · 1 = a ∀ ∈ K
(Inverses)
∀0 6= a ∈ K ∃a−1 ∈ K : a · a−1 = 1
Distributivgesetz: a · (b + c) = a · b + a · c
Beweis. (teilweise)
Addition:
• 0 :=
• −
0
1
p 0
p·1+q·0
p
+ =
=
q 1
q·1
q
p
−p
:=
q
q
p −p
pq − pq
0
+
=
=
q
q
qq
q
Multiplikation:
• 1 :=
1
1
p 1
p·1
p
· =
=
q 1
q·1
q
−1
q
p
•
:= für p, q 6= 0
q
p
p q
pq
1
· =
=
q p
pq
1
In einem Körper schreiben wir:
a − b := a + (−b)
ab := a · b
a
= ab−1 , falls b 6= 0
b
9
n · a := a
· · + a}, n ∈ N
| + ·{z
n mal
(−n) · a := n(−a)
an := a
· · · a}
| · ·{z
n mal
n
a−n := a−1 , falls a 6= 0
a0 := 1, auch 00 := 1
Übung
Aus den Körperaxiomen folgt:
(1) a · 0 = 0 ∀a ∈ K
(2) Die Inversen der Addition und Multiplikation sind eindeutig bestimmt.
(3) a · (−b) = −(ab)
(4) (−1)2 = 1
z.B. (1): a · 0 = a(0 + 0) = a · 0 + a · 0
Addiere −(a · 0) zu beiden Seiten
0=a·0
etc. . .
Beispiel 2.2:
Der kleinste Körper ist K = {0; 1} Addition und Multiplikation sind durch Axiome festgelegt
zu:
0+0=0 0·0=0
1 + 0 = 1 1 · 0 = 0 z.B. −1 = 1
0+1=1 0·1=0
1+1=0 1·1=1 1+1+1=1
2.2
Anordnung
Definition 2.5:
Ein Körper K heißt angeordnet, falls es eine Teilmenge von positiven Elementen a > 0 gibt,
so dass gilt
(A1) Für jedes a ∈ K gilt genau eine der folgenden Aussagen: a > 0, a = 0, (−a) > 0
(A2) a > 0, b > 0 ⇒ a + b > 0, a · b > 0
Ein angeordneter Körper heißt archimedisch, falls: (A3) a > 0, b > 0 ⇒ ∃n ∈ N : n · a − b > 0
Wir schreiben:
a > b :⇔ a − b > 0
a < b :⇔ b − a > 0
a ≥ b :⇔ a > b ∨ a = b
a ≤ b :⇔ a < b ∨ a = b
Satz 2.3:
Q ist ein archimedisch angeordneter Körper
p
Beweis. Def.: > 0 :⇔ p · q > 0
q
p
p0
wohldefiniert: Sei = 0 und pq > 0
q
q
qp0 = pq 0
10
| · pq 0
⇒ pqq 0 p0 = (pq 0 )2 > 0, da p, q 0 6= 0
⇒ p0 q 0 > 0
(A1)X
(A2) folgt direkt aus:
p
p0
p
> 0 ⇔ = 0 mit p0 , q 0 > 0
q
q
q
p
p0
> 0, 0 > 0, oBdA: p, q, p0 q 0 > 0
q
q
p
p0
zu zeigen: n · > 0 für hinreichend großes n ∈ N ⇔ n · pq 0 > p0 q
q
q
>0
Dies gilt, da Z diese Eigenschaften hat.
(A3) Sei
Übung In jedem angeordneten Körper gilt:
1. a > 0 ⇔ −a < 0
2. a 6= 0 ⇒ a2 > 0
3. 1 > 0
4. a > 0 ⇒ a−1 > 0
5. (1 + a)n ≥ 1 + n · a für a ≥ −1, n ∈ N (Bernoulli-Ungleichung)
Der Körper K = {0; 1} besitzt keine Anordnung, denn: 1 > 0 ⇒ 1 + 1 > 0
Definition 2.6:
A, B Mengen; Eine Abbildung f : A → B heißt
• surjektiv, falls: ∀b ∈ B ∃a ∈ A : f (a) = b
• injektiv, falls: ∀a, a0 ∈ A : f (a) = f (a0 ) ⇒ a = a0
• bijektiv, falls f surjektiv und injektiv
Satz 2.4:
Sei K ein angeordneter Körper. Dann existiert eine eindeutig bestimmte injektive Abbildung
ϕ : Q → K mit ∀x, y ∈ Q:
1. ϕ(x + y) = ϕ(x) + ϕ(y)
2. ϕ(x · y) = ϕ(x) · ϕ(y)
3. x > 0 ⇒ ϕ(x) > 0
Wir sagen: K enthält den Körper Q (genauer: ϕ(Q))
Bemerkung: Es folgt, dass jeder angeordnete Körper unendlich ist!
Beweis.
Eindeutigkeit: Sei ϕ : Q → K gegeben mit (1, 2, 3)
(3)
1 > 0 = ϕ(1) > 0 ⇒ ∃ϕ(1)−1
(2)
ϕ(1) = ϕ(1) · ϕ(1) ⇒ ϕ(1) = 1 analog: ϕ(0) = 0
11
Für n ∈ N gilt:
(1)
ϕ(n) = ϕ(1 + · · · + 1) = ϕ(1) + · · · + ϕ(1) = n · 1
ϕ(1) + ϕ(−1) = ϕ(1 − 1) = ϕ(0) = 0 ⇒ ϕ(−1) = −1
⇒ ϕ(−n) = −n · 1(
> 0 falls k > 0
⇒ ϕ(k) = k · 1 =
∀k ∈ Z
< 0 falls k < 0
⇒ ϕ(k)
0 für k 6= 0
6=
p (2) ϕ(p)
p·1
p
=
⇒ϕ
=
∀p, q ∈ Z, q 6= 0, ∀ ∈ Q
q
ϕ(q)
q·1
q
p
p·1
Existenz: Definiere ϕ : Q → K durch ϕ
:=
∈K
q
q·1
p · 1 ! p0 · 1
p
p0
!
= 0
wohledfiniert: Sei = 0 , zu zeigen
⇔ (pq 0 − p0 q) · 1 = 0 in K
q
q
q·1
q ·1
⇔ pq 0 − p0 q = 0 in Z
Die selbe Rechnung zeigt auch, dass ϕ injektiv ist.
Verifikation von (1)-(3):
0
p p0
pq + p0 q Def. (pq 0 + p0 q) · 1
pq 0 · 1
p0 q · 1
p·1
p0 · 1
1. ϕ
+ 0 = ϕ
=
=
+
=
+
=
qq 0
qq 0 · 1
qq 0 · 1
qq 0 · 1
q·1
q0 · 1
q q 0
p
p
ϕ
+ϕ
q
q0
2. analog
p
3. Sei > 0 ⇒ oBdA p, q > 0 ⇒ ϕ
q
p
p·
=
= (p · 1) (q · 1) > 0
q
q · 1 | {z } | {z }
>0
ϕ : Q → K injektiv
p·1
p
p
→
=: ∈ K [Schreibweise]
q
q·1
q
p, q ∈ Z, q 6= 0 Sagen: Q ⊂ K
Übung: Wo geht der beweis schief für K = {0; 1}?
2.3
2.3.1
Absolutbetrag
Definition
In einem angeordneten Körper K definieren wir |a| ∈ K:
(
a
falls a ≥ 0
|a| =
−a falls a < 0
2.3.2
Eigenschaften
∀a, b ∈ K
12
>0
1. |a| ≥ 0, und |a| = 0 ⇔ a = 0
2. |a · b| = |a| · |b|
3. |a + b| ≤ |a| + |b| (Dreiecksungleichung)
Beweis.
Es gilt a ≤ |a|, b ≤ |b|
⇒ a + b ≤ |a| + |b|
Es gilt: −a ≤ |a|, −b ≤ |b|
⇒ −a − b ≤ |a| + |b|
⇒ |a + b| ≤ |a| + |b|
Bisher haben wir das archimedische Axiom noch nicht verwendet.
Folgerung aus dem archimedischen Axiom
In jedem archimedisch angeordneten Körper K gilt:
1. ∀a ∈ K
∃!k
| {z∈ Z}
: k ≤ a < k + 1 Definition: [a] := k ganzzahliger Anteil
es gibt ein eindeutiges Element
von a (Gaußklammer)
Beweis.
Existenz: Falls a ≥ 0:
Nach (A3) ∃k ∈ Z : k + 1 > a ⇒ k ≥ 0. Wähle das kleinste k ∈ Z mit k + 1 > a.
Annahme: k > a ⇒ k − 1 erfüllt (k − 1) + 1 > a dazu, dass k die kleinste ist. Also ist
k ≤ a.
Falls a < 0: Nach (A3) existiert n ∈ N mit n ≥ −a
Wähle das kleinste n ∈ N ⇒ n − 1 < −a
k := n ⇒ k ≤ a und a < k + 1
Eindeutigkeit: Falls k, l ∈ Z mit
k ≤ a < k + 1; l ≤ a < l + 1
k ≤a<l+1 ⇒ k ≤l
⇒
⇒k=l
l ≤a<k+1 ⇒ l ≤k
2. ∀ε > 0 ∃n ∈ N :
1
1
<ε⇔n>
n
ε
3. ∀a > 1 ∀k > 0 ∃n ∈ N : an > k
Beweis.
Nach (A3)∃n ∈ N : n (a − 1) > k − 1
| {z }
>0
⇒ an = (a + (a − 1))n ≥ 1 + n(a − 1) > k
4. ∀a ∈ K mit 0 < a < 1 und ∀ε > 0 ∃n ∈ N:
1
1
an < ε(⇔ n > ) nach (3)
a
ε
13
Kapitel 3
Konvergenz von Folgen
In diesem Kapitel gilt: K: archimedisch angeordneter Körper (K = Q oder R)
Definition 3.1:
Eine Folge in K ist eine Abbildung: N → K, n → an ∈ K
Wir schreiben Folgen als (a1 , a2 , . . . ) = (an )n∈N
Allgemeiner sind (an0 , an0+1 , . . . ) = (an )n≥n0 für n0 ∈ Z auch Folgen
Eine Folge (an )n ∈ N heißt konvergent gegen a ∈ K, falls
∀ε > 0 ∃N ∈ N : ∀n ≥ N : |an − a| < ε
d.h. ∀ε > 0 liegen fast alle an (alle bis auf endlich viele) in (an − ε, an + ε)
Beispiel 3.1:
1. Die Folge an =
1
konvergiert gegen 0
n
1
<ε
Beweis. Sei ε > 0 gegeben. Nach Folgerung aus (A3) ∃N ∈ N :
N
1
1
Damit gilt ∀n ≥ N : ≤
<ε
n
N
2. an = (−1)n divergent
Beweis durch Widerspruch (indirekter Beweis).
Annahme: an → a ∈ K
Wähle ε = 1 ⇒ Nach Definition der Konvergenz: ∃N ∈ N :|an − a| < 1 ∀n ≥ N
Für n ≥ N gerade:
|1 − a| < 1 ⇒ a > 1 − 1 = 0
Für n ≥ N ungerade: | − 1 − a| < 1 ⇒ a < −1 + 1 = 0
Also konvergiert (an ) nicht.
3. an =
n
−→ 1
n + 1 n→∞
n
1
Beweis. 1 −
=
n
+
1
n
+
1
n
1
⇒ − 1 =
−→ 0
n+1
n + 1 n→∞
n
−→ 1
⇒
n + 1 n→∞
14
3.1
Eigenschaften konvergenter Folgen
Satz 3.1:
Der Grenzwert (Limes) einer konvergenten Folge ist eindeutig bestimmt.
Beweis durch Widerspruch.
Annahme: an → a, an → b, a 6= b oBdA a < b
b−a
>0
Sei ε :=
2
b−a
a+b
⇒ ∃N ∈ N : ∀n ≥ N : |an − a| < b−a
2 ⇒ an < a + 2 = 2
b−a
a+b
|b − an | = |an − b| < b−a
2 ⇒ an > b − 2 = 2
Definition 3.2:
Eine Folge (an ) heißt beschränkt, falls es ein K ∈ K gibt, mit |an | ≤ K ∀n ∈ N
Satz 3.2:
Jede konvergente Folge ist beschränkt.
Beweis. Übung
Bemerkung: Die Umkehrung gilt nicht, wie an = (−1)n zeigt.
Satz 3.3:
Seien (an ), (bn ) zwei konvergente Folgen. Dann gilt:
1. (an + bn )n∈N ist konvergent mit lim (an + bn ) = lim an + lim bn
n→∞
n→∞
n→∞
2. (an · bn )n∈N ist konvergent mit lim (an · bn ) = lim an · lim bn
n→∞
n→∞
n→∞
3. (an − bn )n∈N ist konvergent mit lim (an − bn ) = lim an − lim bn
n→∞
n→∞
n→∞
4. Sei lim bn 6= 0. Dann ∃n0 ∈ N : bn 6= 0 ∀n ≥ n0 und die Folge
n→∞
an
bn
ist konvergent
n≥n0
lim an
an
= n→∞ .
n→∞ bn
lim bn
mit lim
n→∞
Beweis. Sei lim an = 0, lim bn = b, Geg. : ε > 0
ε ε
1. |an + bn − (a + b)| ≤ |an − a| + |bn − b| < + = ε ∀n ∈ N
| {z } | {z }
2 2
< 2ε ∀n≥N
< 2ε ∀n≥N
2. |an bn −ab| = |an bn −an b+an b−ab| ≤ |an bn −an b|+|an b−ab| = |an | · |bn − b| +
|{z} | {z }
≤K
ε
2
+
ε
2
=ε
3. folgt aus 1. und 2.
15
ε
< 2K
∀n≥N
|a − a|
| n{z }
ε
< 2(|b|+1)
∀n≥N
·|b| <
4.
an
1
= an ·
bn
bn
Nach 2. reicht es, an = 1 zu betrachten
bn → b 6= 0
|b|
Sei ε :=
2
|b|
⇒ ∃n0 ∈ N ∀n ≥ n0 : |bn − b| <
2
|b|
|b|
⇒ |bn | = |bn − b + b| ≥ |b| − |bn − b| ≥ |b| −
=
> 0 ∀n ≥ n0
2
2
⇒ bn 6= 0 ∀n ≥ n0
1
⇒
definiert für n ≥ n0
bn 1
− 1 = |b − bn | ≤ |b − bn | = 2|b − bn | −→ 0
bn
n→∞
b
|bbn |
|b|2
|b| · |b|
2
Satz 3.4:
Seien (an ) und (bn ) konvergente Folgen mit an ≤ bn ∀n ∈ N. Dann gilt lim an ≤ lim bn
Beweis durch Widerspruch.
Annahme: a = lim an > lim bn = b
a−b
Wähle ε :=
. Dann ∃N : ∀n ≥ N :
2
a−b
a−b
a+b
|an − a| <
⇒ an > a −
=
2
2
2
a−b
a−b
a+b
|bn − b| <
⇒ bn < b +
=
2
2
2



⇒ bn <


a+b
< an
2
zu an ≤ bn
Bemerkung: Insbesondere gilt: Falls A ≤ an ≤ B ∀n, so ist A ≤ lim an ≤ B. Dies gilt nicht
bei strikten Ungleichungen (<; >): z.B. an = n1 > 0 ∀n, aber lim n1 = 0 6> 0
Definition 3.3:
Eine Folge (an ) heißt divergent gegen +∞ (bzw. −∞), falls ∀K ∈ K ∃N ∈ N : an ≥ K ∀n ≥ N
(bzw. an ≤ K∀n ≥ N)
Beispiel 3.2:
4. an = n divergiert gegen +∞ (Archimedes)
5. an = (−1)n · n divergiert nicht gegen +∞ oder −∞
Satz 3.5:
1. Die Folge (an )sei divergent
gegen +∞ oder −∞. Dann ∃n0 ∈ N, so dass an 6= 0 ∀n ≥ n0 ,
1
und die Folge
konvergiert gegen 0.
an n≥n0
2. Sei (an ) eine
Folge
positiver (bzw. negativer) Zahlen in K mit lim an = 0, dann divergiert
1
die Folge
gegen +∞ (bzw. −∞)
an
16
Beweis.
1. Sei (an ) divergent gegen +∞ (−∞ analog)
zu K := 1 ∃n0 ∈ N : an ≥ 1 ∀n ≥ n0 . Geg. ε > 0
zu K := 1ε ∃N ∈ N : an > 1ε ∀n ≥ N
⇒ a1n − 0 = a1n < ∀n ≥ N
2. Sei an > 0 ∀n (< 0 analog); lim an = 0
Sei K > 0 gegeben
zu ε = K1 ∃N : ∀n ≥ N : 0 < an < K1
⇒ a1n > K ∀n ≥ N
Definition 3.4:
Sei (an )n≥0 eine Folge in K
1. Die unendliche Reihe (Summe) der an ist
∞
X
:= lim
k=0
n
X
n→∞
n
X
!
ak , falls die Folge der Parti-
k=0
alsummen Sn :=
ak ; n > 0 konvergiert (oder gegen ±∞ divergiert).
k=0
P∞
P
Bermerkung: ∞
n=0 an etc.
k=0 ak =
!
∞
n
Y
Y
2. Das unendliche Produkt der an ist
:= lim
ak , falls die Folge der Partialprodukte Pn :=
n
Y
k=0
n→∞
k=0
ak ; n > 0 konvergiert (oder gegen ±∞ divergiert).
k=0
Entsprechend:
P∞
k=k0
ak , k0 ∈ Z und
Q∞
k=k0
ak , k0 ∈ Z
Beispiel 3.3:
6. Für |x| < 1 gilt
∞
X
xk =
k=0
Beweis.
∞
X
k=0
Satz 3.3
=
7.
= lim
n→∞
n
X
k=0
1
(geometrische Reihe)
1−x
!
xk
1 − xn+1
(endlich geometrische Reihe)
n→∞ 1 − x
= lim
1 − lim xn+1
1
=
, da lim xn+1 = 0
n→∞
1−x
1−x
∞
X
1 1 1
1
= 1 + + + + · · · = ∞ (harmonische Reihe)
k
2 3 4
k=1
Beweis. 1 +
1 1 1 1
1 1
1
1 1 1
+ + + + ··· + + + ··· +
+··· ≥ 1+ + + +··· = ∞
2 |3 {z 4} |5 {z 8} |9
2 2 2
{z 16}
≥2· 41 = 12
≥4· 18 = 21
1
≥8· 16
= 12
17
8. Periodische Dezimalzahlen
0, 35 = 0, 353535 . . .
5
35
35
1
3
5
3
35
1
+
+ · · · = 35
+ ··· =
:=
+
+ 3 + 4 + ··· =
+
+
10 100 10
10
100 1002
1003
100 1002
!
1
100
35
35
−1 =
∈Q⊂K
1 − 1 = 35
99
99
1 − 100
Satz 3.6:
∞
∞
X
X
Seien
ak und
bk konvergente Reiihen und λ ∈ K. Dann gilt:
k=0
k=0
1. Die Reihe
∞
∞
∞
∞
X
X
X
X
(ak ± bk ) konvergiert mit Grenzwert
(ak ± bk ) =
ak ±
bk
k=0
2. Die Reihe
∞
X
k=0
λak konvergiert mit Grenzwert
k=0
k=0
Beweis folgt aus Satz 3.3 wegen.
n
n
n
X
X
X
(ak ± bk ) =
ak ±
bk
k=0
n
X
k=0
λak = λ
k=0
Achtung:
n
X
k=0
ak
k=0
X
k=0
∞=
6
∞
X
∞
X
k=0
!
ak
∞
X
!
bk
k=0
18
λak = λ
k=0
∞
X
k=0
ak
k=0
Kapitel 4
Vollständigkeit
Alle bisherigen Axiome (Körper, Anordnung, Archimedes) werden von Q und R erfüllt. Was
unterscheidet Q von R?
√
√
In Q fehlen die reellen Zahlen. ( 2, π, prim, e)
Beispiel 4.1:
2
√
p
2 6∈ Q, d.h. @p, q ∈ Z 6= 0 mit
=2
q
Beweis.
2
p
=2
Annahme: ∃p, q :
q
oBdA : p, q teilerfremd
p2 = 2q 2 ⇒ 2|p2 ⇒ 2|p ⇒ 4|p2 = 2q 2 ⇒ 2|q 2 ⇒ 2|q ⇒
zu p, q teilerfremd
Wie sehen wir Q an, dass Zahlen√“fehlen”?
∃ Folge von an ∈ Q mit an −→ 2 ∈ R (später)
n→∞
d.h. die Folge (an ) “will konvergieren”, hat aber keinen Grenzwert in Q. Wie sehen wir, dass
(an ) “konvergieren will”?
Definition 4.1:
Eine Folge (an )heißt Cauchy-Folge, wenn ∀ε > 0 ∃N ∈ N : |an − am | < ε ∀n, m ≥ N
Lemma 4.1:
Jede konvergente Folge ist eine Cauchy-Folge.
Beweis. Geg. ε > 0
ε
an → a ⇒ ∃N ∈ N : |an − a| <
∀n ≥ N
2
⇒ ∀n, m ≥ N : |an − am | ≤ |an − a| + |am − a| < ε
| {z } | {z }
< 2ε
< 2ε
D.h. in Q gibt es Cauchy-Folgen, die keinen Grenzwert in Q haben.
“Q ist nicht vollständig.”
Definition 4.2:
Ein angeordneter Körper K heißt vollständig wenn jede Cauchy-Folge in K konvergiert.
19
Also Q ist nicht vollständig.
Die Grundlage der ganzen Analysis ist das Folgende:
Theorem 4.2:
Es gibt genau einen vollständigen archimedische angeordneten Körper. Wir bezeichnen diesen
Körper als die reellen Zahlen R.
Beweis. später
Die Existenz besagt, dass all unsere Axiome simultan erfüllbar sind.
Die Eindeutigkeit besagt, dass R durch die Axiome eindeutig festgelegt ist, d.h. jede beweisbare
Aussage über R lässt sich aus den Axiomen ableiten!
Satz 4.3:
(äquivalente Formulierungen der Vollständigkeit)
In einem archimedisch angeordneten Körper K sind die folgenden Aussagen äquivalent:
1. K ist vollständig
2. Jede nicht leere, nach oben (unten) beschränkte Teilmenge A ⊂ K hat ein Supremum
(Infimum)
3. Jede beschränkte monotone Folge in K konvergiert
4. Sei I1 > I2 > I3 . . . eine geschachtelte Folge abgeschlossener Intervalle Ik = [ak ; bk ] mit
Länge |Ik | := bk − ak −→ 0
k→∞
∞
Dann gibts es ein a ∈ ∩ Ik (Intervallschachtelungsrinzip).
k=1
Definition 4.3:
Sei A ⊂ K eine nicht leere Teilmenge. Ein b ∈ K heißt
• obere (untere) Schranke für A, falls a ≤ b (a ≥ b) ∀a ∈ A
• Supremum (Infimum) von A, falls b obere (untere) Schranke und für jede obere (untere)
Schranke b0 gilt b0 ≥ b (b0 ≤ b)
(d.h. ist die kleinste (größte) obere (untere) Schranke; Schreibweise: b = supA (b = inf A))
• Maximum (Minimum) von A, falls b Supremum (Infimum) von A und b ∈ A
• A heißt nach oben (unten) beschränkt, wenn A eine obere (untere) Schranke hat.
A beschränkt: von oben und unten beschränkt
Eine Folge (an ) heißt monoton wachsend (fallend), falls a1 ≤ a2 ≤ a3 ≤ . . . (a1 ≥ a2 ≥
a3 ≥ . . . )
monoton: monoton wachsend oder monoton fallend
Beweis Satz 4.3.
Zeigen:
1. ⇒ 2.
⇑
⇓
4. ⇐ 3.
20
1. ⇒ 2.:
Sei ∅ 6= A ⊂ K von oben beschränkt. Wähle eine obere Schranke b0 und ein a0 ∈ A
Konstruiere induktiv zwei Folgen (an ), (bn ) n ≥ 0 mit:
• an ∈ A monoton wachsend
• bn obere Schranke, monoton fallend
• 0 ≤ bn − an ≤
b0 − a0
.
2n
Seien a0 . . . an , b0 · · ·n bereits konstruiert.
an + bn
c :=
2
Falls c obere Schranke ist:
bn+1 := c, an+1 := an
Falls nicht: Wähle ein an+1 > c
bn+1 := bn In beiden Fällen folgt:
n Ind b0 −a0
0 ≤ bn+1 − an+1 ≤ bn −a
= 2n+1
2
vor.
Behauptung: (bn ) ist Cauchy-Folge
denn, Gege. ε > 0 ⇒ ∃N ∈ N : b20Na0 < ε (Archimedes)
K vollst.
−a0
< ε =⇒ bn → b ∈ K
⇒ ∀ m ≥ n ≥ N : bn ≤ bN , bm ≥ aN ⇒ 0 ≤ bn −bm ≥ bN −aN ≤ b02N
Behauptung: b obere Schranke für A
denn: sonst ∃a ∈ A, a > b
⇒ a > bn für großes n zu bn obere Schranke Behauptung: b ist Supremum
denn: sonst ∃b0 < b, b0 obere Schranke
⇒ b0 < an für großes n b0 obere Schranke
2. ⇒ 3.:
Sei (an ) monoton wachsende beschränkte Folge
2.
⇒ A := {an |n ∈ N} von oben beschränkt ⇒ A hat ein Supremum a ∈ K
Behauptung: an → a
denn sonst ∃ε > 0 : an ≤ a − ε ∀n ∈ N
⇒ a − ε ist obere Schranke für A; a − ε < a a kleinste Schranke
Falls (an ) monoton fallend: Betrachte (−an )
3. ⇒ 4.:
I1 > I2 > · · · ; |In | → 0
In = [an , bn ]
⇒ (an ) ist monoton wachsend und von oben beschränkt durch b1
3.
⇒ an → a ∈ K
∞
Behauptung: a ∈ ∩ In
n=1
Sei n ∈ N geg. ∀m ≥ n gilt:
an ≤ am
bn ≥ bm ≥ am
Satz 3.3
⇒
⇒
an ≤ a
bn ≥ a
4. ⇒ 1.:
Sei (an ) Cauchy-Folge in K ε :=
)
⇒ a ∈ In
1
2k+1
21
1
⇒ ∀k ∈ N ∃N (k) ∈ N : |an − am | < 2k+1
oBdA (nach Vergrößerrn der N (k)):
N (1) < N (2) < · · ·
Definition 4.4:
abg. Intervalle
Ik := [aN (k) − 21k , aN (k) +
1
]
2k
Behauptung: Ik+1 < Ik ∀k ∈ N
1
denn |aN (k+1) − aN (k) | < 2k+1
nach ~
1
1
−
aN (k+1) − 2k+1 > aN (k) − 2k+1
⇒
1
1
+
aN (k+1) + 2k+1 < aN (k) + 2k+1
⇒ Ik+1 < Ik
1
Weiterhin: |Ik | = 2k−1
−→ 0
4.
∀n, m ≥ N (k) ~
1
2k+1
1
2k+1
= aN (k) −
= aN (k) +
1
2k
1
2k
k→∞
∞
⇒ ∃a ∈ ∩ Ik
k=1
Behaptung: an → a
denn: Geg.: ε > 0
1
< ε (Archimedes)
⇒ ∃k ∈ N : 2k+1
⇒ Für alle n ≥ N (k) :
|an − a| ≤ |an − aN (k) | + |aN (k) − a| ≤
|
{z
}
| {z }
~≤
1
2k+1
≤
1
,
2k+1
1
2k−1
<ε
da a∈Ik
R := der eindeutige, vollständige, archimedisch angeordnete Körper.
22
Kapitel 5
Reelle Zahlen
5.1
Quadratwurzeln
R+ := {x ∈ R|x > 0} = R+
R− := {x ∈ R|x < 0} = R−
Satz 5.1:
Zu jedem a ∈ R+ @b ∈ R+ mit b2 = a
√
Wir schreiben a := b; Wurzel aus a
Beweis. mit Satz 4.3 2.
Sei a ∈ R+
Existenz:
A von oben beschränkt, denn x2 ≤ y 2 , x, y ∈ R+
⇔ 0 ≤ y 2 − x2 = (y + x) (y − x) ⇔ x ≤ y
| {z } | {z }
>0
>0
Falls a ≤ 1 : ∀x ∈ A : x2 ≤ a ≤ 1 ⇒ x ≤ 1
Falls a > 1 : ∀x ∈ A : x2 ≤ a ≤ a2 ⇒ x ≤ a
Satz 4.3 2.
⇒
∃b = supA
Behauptung: b2 = a, denn
Annahme: b2 < a
⇒ (b + ε)2 = b2 + 2bε + ε2 < a für hinreichend kleines ε > 0
⇒ b + ε ∈ A, b + ε > b zu b obere Schranke von A
Annahme: b2 > a
⇒ (b − ε)2 = b2 − 2bε + ε2 > a ≥ x2 ∀x ∈ A für hinreichend kleines ε > 0
⇒ b − ε ≥ x ∀x ∈ A
⇒ b − ε ist obere Schranke für A; b − ε < b zu b = supA
Eindeutigkeit:
Annahme: b, c ∈ R+ mit b2 = c2 = a
⇒ 0 = b2 − c2 = (b + c)(b − c)
| {z }
>0
⇒b−c=0⇒b=c
23
Bemerkung:
√
√
Die Gleichung x2 = a > 0, x ∈ R hat genau zwei Lösungen: x = a oder x = − a
√
√
Beweis. 0 = x2 − a = (x + a)(x − a)
Satz 5.2:
Sei a ∈ R+
Def. eine Folge (a1 )n≥0 mit x0 = 0 und xn+1 = 12 xn +
√
Dann gilt xn −→ a
n→∞
Bemerkung:
Falls a ∈ Q+ und x0 ∈ Q+ so ist xn ∈ Q ∀n ∈ N
a
xn
,n ≥ 0
Beweis.
1. xn > 0 ∀n > 0 (per Induktion)
2. xn 2 ≥ a ∀n ≥ 1 2
a
denn: xn 2 − a = 12 xn−1 + xn−1
− a = 14 xn−1 2 + 2a +
2
a2
1
a
=
x
−
= 14 xn−1 2 − 2a + xn−1
≥0
n−1
2
4
xn−1
√
Also: xn ≥ a ∀n ≥ 1
3. xn+1 ≤ xn ∀n ∈ N
denn: xn − xn+1 = xn − 21 xn +
a
xn
=
1
2
xn −
a
xn
√
xn−1
2
−a
1
2
2xn xn − a
≥0 ≥0 nach 2
=
Also (xn )n≥1 monoton fallend und von unten durch
√
a>0
a2
a beschränkt
Satz 4.3 3.
⇒
4. Nach Satz 3.3 gilt:
x = lim xn+1 =
n→∞
⇒ 2x = x +
⇒ x2 = a
lim 1
n→∞ 2
xn +
a
xn
=
1
2
lim xn +
n→∞
a
x
a
lim xn
n→∞
=
1
2
x+
a
x
Übung:
Sei a ∈ R+ k ∈ N
Def. (xn )n≥0 mit x0 > 0 und
xn+1
1
:=
k
(k − 1)xn +
a
xn k−1
Dann konvergiert xn gegen die eindeutig bestimmte Lösung x ∈ R+ von xk = a
√
Wir schreiben k a := x
Für a ∈ R+ und pq ∈ Q, q > 0
p
√
1
Def.: a q := ( q a)p z.B. a− 2 = √1a
24
xn → x ≥
Übung:
Für a, b ∈ R+ ; r, s ∈ Q gilt
(ab)r = ar br
s
ar = (ar )s
ar+s = ar as
Satz 5.3:
(p-adische Darstellung)
Für p ≥ 2, p ∈ N gilt
1. Jede reelle Zahl a ∈ R besitzt eine p-adische Darstellung
a=±
∞
X
ak
pk
k=k0
mit k0 ∈ Z und ak ∈ Z, 0 ≤ ak ≤ p − 1
Wir schreiben: a = ak0 ak0 +1 . . . a0 , a1 a2 a3 zur Basis p
3
3
z.B. p = 10 : 1, 3333 · · · = a0 , a1 a2 = 1 + 10
+ 100
+ ...
=1 =3=3
Achtung: 0, 9999 · · · = 1, 00000 zur Basis 10
∞
∞
X
X
ak
bk
und
±
repräsentieren genau
k
p
pk
k=k0
k=k0

ak = bk ∀k < l



al = bl+1
reelle Zahl, wenn entweder ak = bk ∀k oder ∃l ∈ Z:
ak = 0 ∀k > l



bk = p − 1 ∀k > l
von ak und bk vertauscht)
2. Zwei p-adische Darstellung ±
dann dieselbe




(oder Rolle



Folgerung:
Für jedes a ∈ R ∃ Folge (an ) rationaler Zahlen mit an → a. (an = Partialsummen in p-adischer
Darstellung) d.h. Q ist “dicht” in R
5.2
Teilfolgen
Definition 5.1:
Sei (an )n∈N eine Folge in R und n1 < n2 < n3 < . . . eine Folge natürlicher Zahlen. Dann heißt
(ank )k∈N = (an1 , an2 , an3 , . . . ) eine Teilfolge von (an )n∈N
z.B.: (a2k )k∈N = (a2 , a4 , a6 , . . . )
Klar: an −→ a ⇒ ank −→ a
n→∞
n→∞
Satz 5.4:
(Bolzano-Weierstraß)
Die Vollständigkeit von R ist äquivalent zu:
5. Jede beschränkte Folge in R hat eine konvergente Teilfolge.
Bsp.:
an = (−1)n
a2k = (−1)2k = 1 → 1
25
Beweis.
“⇐”: Wir zeigen: 5. ⇒ Jede beschränkte Folge konvergiert
Sei (an )n∈N beschränkt, oBdA monoton wachsend.
5.
⇒ ∃ Teilfolge ank −→ a
k→∞
Behauptung: an −→ a, denn:
n→∞
Geg.: ε > 0 ⇒ ∃k ∈ N : |ank − a| < ε
Dann gilt ∀n ≥ nk
ank ≤ an ≤ a ⇒ |an − a| < ε
∃k 0 ∈ N : nk0 > n ⇒ an ≤ ank0 ≤ a → a
“⇒”: Wir zeigen: Intervallschachtelungsprinzip ⇒ 5.
Sei (an ) beschränkte Folge. d.h. b < an < c ∀n ∈ N
Wir konstruieren induktiv abgeschlossene Intervalle I1 > I2 > I3 > . . . mit
• |Ik | =
c−b
2k−1
• Ik enthält unendlich viele Folgenglieder an
k = 1 : I1 := [b, c]
k → k + 1 : Sei Ik = [bk , ck ] bereits konstruiert
bk +ck
k
J0 = [bk , bk +c
2 ]; J1 = [ 2 , ck ]
⇒ J0 ∪ J1 = Ik |J0 | = |J1 | = c−b
2k
Ik enthält unendlich viele der (an )
⇒ J0 oder
( J1 enthalten unendlich viele der (an )
J0 falls J0 unendlich viele an enthält
Ik+1 :=
J1 falls J0 nur endlich viele an enthält
Interv.
⇒
∞
∃a ∈ ∩ Ik
k=1
Wir konstruieren induktiv eine Teilfolge (ank ) mit ank ∈ Ik :
k = 1 : n1 := 1 an1 = a1 ∈ I1
k → k + 1 : Sei n1 < n2 < · · · < nk konstruiert.
Ik+1 enthält unendlich viele der an
⇒ ∃nk+1 > nk mit ank+1 ∈ Ik+1
Behauptung: ank −→ a
n→∞
denn Geg.: ε > 0 ⇒ ∃K ∈ N : 2c−b
K−1 < ε
Für alle k ≥ K gilt:

ank ∈ Ik ⊂ IK 
a ∈ IK
⇒ |anK − a| < ε

c−b
|IK | = 2K−1 < ε
Definition 5.2:
Sei (an ) eine Folge. Ein a ∈ R heißt Häufungspunkt der Folge (an ) wenn es eine Teilfolge (ank )
gibt mit ank −→ a
k→∞
Die Aussage 5. im Bolzano-Weierstraß ist äquivalent zu:
Jede beschränkte Folge in R hat mindestens einen Häufungspunkt.
Beispiel 5.1:
(an ) = (−1)n +
1
n
hat die zwei Häufungspunkte +1; −1
26
Kapitel 6
Mächtigkeit von Mengen
Definition 6.1:
(Cantor ca. 1870)
Zwei Mengen M, N haben die selbe Mächtigkeit, wenn es eine bijektive Abbildung ϕ : M → N
gibt.
Bemerkung: Zwei endliche Mengen heben genau dann dieselbe Mächtigkeit, wenn sie dieselbe
Anzahl von Elementen haben.
• M hat größere Mächtigkeit als N , wenn es eine surjektive Abbildung ϕ : M → N gibt,
aber keine injektive
• M heißt abzählbar, wenn es eine surjektive Abbildung N → M gibt, abzählbar unendlich,
wenn es eine bijektive Abbildung N → M gibt. (d.h. M hat dieselbe Mächtigkeit wie N).
6.1
Hilberts Hotel
unendlich viele Zimmer 1, 2, 3, . . . ; alle belegt
1. Ein neuer Gast kommt an
Idee: Gäste ziehen um, von Zimmer 1 → 2; 2 → 3; 3 → 4
neuer Gast im Zimmer 1
2. Ein Bus mit unendlichen vielen neuen Gästen 1, 2, 3, . . . kommt an
Gäste ziehen um, von Zimmer 1 → 2; 2 → 4; 3 → 6
neue Gäste in Zimmer 1, 3, 5, 7, . . .
3. Unendlich viele Busse (1, 2, 3, . . . ) mit je unendlich vielen Passagieren kommen an
Passagiere Bus 1 → 2; 2 → 3
alle Gäste in Bus 1
Verteile Passagiere auf Zimmer so:
27
P assagiere\Bus
1
2
3
4
5
1
1
3
↓
4
→
.
2
2
3
6
%
5
%
→
.
8
.
9
4
7
5
15
%
14
%
13
.
%
10
12
↓ %
11
4. Bus mit einem Passagier pro reeller Zahl kommt an.
Hotel schließt!
In 3. haben wir bewiesen:
Satz 6.1:
Die Vereinigung abzählbar vieler abzählbaren Mengen ist abzählbar.
Korollar 6.2:
Q ist abzählbar.
Beweis. Für q ∈ N ist Mq :=
⇒ Q = ∪ Mq ist abzählbar
n
p
q |p
o
∈ Z abzählbar, da Z abzählbar ist.
q∈N
Satz 6.3:
(Cantor 1873)
R ist nicht abzählbar! (“überabzählbar”)
Beweis. Cantorsches Diagonalverfahren
Annahme: (0, 1) ist abzählbar
d.h. (0, 1) = {a1 , a2 , a3... }
Wir schreiben die Dezimalentwicklung dieser Zahl untereinander:
a1 = 0, a11 a12 a13 a14 . . .
a2 = 0, a21 a22 a23 a24 . . .
a3 = 0, a31 a32 a33 a34 . . .
(
anm + 2 falls anm < 5
Def.: b ∈ (0, 1) mit Dezimalentwicklung b = 0, b1 b2 b3 . . . mit bn :=
⇒
anm − 2 falls anm ≥ 5
Die Dezimalentwicklungen von b und an unterscheiden sich um 2 an der n-ten Stelle
⇒ b 6= an ∀n
Bemerkung:
Eine Zahl n ∈ R heißt berechenbar, wenn es ein C-Programm gibt, das zu jeder Eingabe n ∈ N
1
eine Approximation von a mit Fehler < 2n
ausgibt.
Die Menge aller C-Programme ist abzählbar.
⇒ Die Menge aller berechenbarer Zahlen ist abzählbar.
⇒ Die Menge aller nicht berechenbarer Zahlen
√ ist überabzählbar, d.h. insbesondere nicht leer.
Aber alle uns bekannten reellen Zahlen wie 2, e, π, . . . sind berechenbar.
28
Bemerkung:
Ein berühmtes Problem der Mengenlehre war die Gültigkeit der Kontinuumshypothese.
Es gibt keine Mächtigkeit zwischen der von N und der von R . Dies wurde gelöst durch Kurt
Gödel und Paul Cohen:
Die Kontinuumshypothese ist aus den Axiomen der Mengenlehre weder beweisbar noch widerlegbar.
↑
Cohen 1963
↑
Gödel 1938
Satz 6.4:
Jede unendliche (d.h. nicht endliche Teilmenge) A ⊂ N ist abzählbar unendlich.
Beweis. Aus den Peano Axiomen folgt, dass jede Teilmenge von N ein Minimum hat.
Wir konstruieren induktiv eine Folge (an )n∈N , an ∈ A :
a1 := min A
an+1 := min (A \ {a1 , . . . , an })
⇒ a1 < a2 < a3 < . . .
⇒ Die Abbildung ϕ : N → A ist injektiv
n → an
Behauptung: ϕ ist surjektiv
Annahme: ∃a ∈ A mit a 6= an ∀n
⇒ ∀n : a ∈ A \ {a1 , . . . , an }
⇒ ∀n : a ≥ min(A \ {a1 , . . . , an }) = an+1 > an
n:=a
⇒ a>a
Also ist ϕ : N → A bijektiv
Satz 6.5:
(Cantor 1873)
Für jede Menge M hat die Potenzmenge P(M ) := {Teilmengen von M } größere Mächtigkeit
als M .
Daraus folgt: Es gibt beliebig große Mächtigkeiten.
Beweis.
Def.: Abbildung ϕ : M → P(M ) ist injuktiv
Def.: eine surjektive Abbildung ψ : P(M ) → M durch
ψ({m}) := m
ψ(A) := m0 ∈ M für alle anderen A ⊂ M
↑
fest gewählt
⇒ P(M ) hat mindestens die Mächtigkeit von M
Annahme: ∃ surjektive Abbildung ϕ : M → P(M )
Def.: A := {m ∈ M |m ∈ ϕ(m)} ⊂ M
ϕ surjektiv ⇒ ∃a ∈ M : ϕ(a) = A
Falls a ∈ A : a ∈
/ ϕ(a) = A
Falls a ∈
/ A : a ∈ ϕ(a) = A
⇒ ∃ bijektive Abbildung M → P(M )
Bemerkung: (Russel ∼1900)
M := Menge aller Mengen die sich nicht selbst als Element enthalten.
⇒
Übung: P(N) hat dieselbe Mächtigkeit wie R (Dualentwicklung).
29
Kapitel 7
Reihen
Ziel: Kriterien für Konvergenz von
∞
X
an
a=0
Lemma 7.1:
1. (Cauchy-Kriterium)
∞
∞
X
X
an konvergiert genau dann, wenn ∀ε > 0 ∃N ∈ N : ak < ε ∀n ≥ m ≥ N
n=0
2.
∞
X
k=m
an konvergiert ⇒ lim an = 0
n=0
n→∞
Beweis.
1. besagt nur, dass die Folge der Partialsummen eine Cauchy-Folge ist.
2. Geg.: ε > 0
P
1.
⇒ ∃N ∈ N : | nk=m ak | < ε ∀n ≥ m ≥ N
Setz m = n |an | < ε ∀n ≥ N
Beispiel 7.1:
1 − 1 + 1 − 1 + 1 ± . . . konvergiert nicht wegen 2., obwohl ∀|x| < 1 :
1
−→ 12
1 − x + x2 − x3 ± · · · = 1+x
x→1
Leibniz, Euler: “1 − 1 + 1 − 1 + 1 ± · · · = 12 ”
7.1
Alternierende Reihen
Bsp: (Übung 4 Aufgabe 3)
Die alternierende harmonische Reihe 1 −
1
2
+
1
3
−
30
1
4
± . . . konvergiert.
Satz 7.2:
(Leibnizsches Konvergenzkriterium)
Sei (an )n≥0 eine monoton fallende Folge nicht negativer reeller Zahlenmit lim an = 0.
Dann konvergiert die alternierende Reihe
∞
X
n→∞
(−1)n an
n=0
Beweis.P
k
Sn := 2n+1
k=0 (−1) ak
P2n
P artialsummen
Tn := k=0 (−1)k ak
Sn − Sn−1 = (−1)2n a2n + (−1)2n+1 a2n+1 = a2n − a2n+1 ≥ 0
⇒ (Sn ) ist monoton wachsend
Analog: (Tn ) ist monoton fallend
Sn − Tn = (−1)2n+1 a2n+1 ≤ 0
⇒ Sn < Tn ∀n
⇒ (SN ), (Tn ) monoton wachsend und beschränkt
⇒ Sn → S ∈ R Tn → T ∈ R
S − T = lim (Sn − Tn ) = lim (−1)2n+1 a2n+1 = 0
n→∞
n→∞
⇒S=T
Behauptung:
P∞
n
n=0 (−1) an konvergiert gegen S, denn:
Geg.: ε > 0
⇒ ∃N1 ∈ N : |Sn − S| < ε ∀n ≥ N1
∃N2 ∈ N : |Tn − T | < ε ∀n ≥ N2
P
n
⇒ k=0 (−1)k ak − S < ε ∀n ≥ N := max(2N1 + 1, 2N2 )
Sm falls n=2m+1
Tm falls n=2m
7.2
Absolute Konvergenz
Definition 7.1:
∞
∞
X
X
Eine Reihe
an heißt absolut konvergent, wenn die Reihe
|an | konvergiert.
n=0
beschränkt monoton
⇐⇒
Folge konvergiert
∃C > 0 :
∞
X
n=0
|ak | ≤ C
∀n ∈ N
k=0
Lemma 7.3:
Jede absolut konvergente Reihe ist konvergent.
P
Beweis. Sei ∞
n=0 an absolut konvergent
⇒
Cauchy-Kriterium:
∀ε > 0 ∃N :
Pnach
Pn
n
| P
a
|
≤
|a
|
<
ε
∀n ≥ m ≥ N
k
k
k=m
k=m
⇒ ∞
a
konvergiert
nach
Cauchy-Kriterium
n=0 n
Beispiel 7.2:
1 − 12 + 13 − 14 ± . . . ist konvergent, aber nicht absolut konvergent
31
Satz 7.4:
(Majorantenkriterium)
∞
X
Sei
bn eine konvergente Reihe mit bn ≥ 0 ∀n. Ist |an | ≤ bn ∀n, so konvergiert die Reihe
∞
X
n=0
an absolut.
n=0
Beweis.
P∞
Pn
Pn
k=0
P |ak | ≤ k=0 bk ≤ k=0 bk =: C < ∞ ∀n ∈ N
⇒
an konvergiert absolut.
Beispiel
P∞ 1 7.3:
1
1
n=1 nk konvergiert für k ∈ N, k ≥ 2, denn nk ≤ n2 ≤
P∞ 1
⇒ n=1 nk konvergiert nach Majorantenkriterium.
1
n(n−1)
∀n ≥ 2 und
P∞
1
n=2 n(n−1)
=1
Satz 7.5:
(Quotientenkriterium)
Sei an 6= 0 für alle n ≥ n0 und es gebe ein θ ∈ R, 0 < θ < 1, so dass an+1
an ≤ θ ∀n ≥ n0
∞
X
Dann konvergiert die Reihe
an absolut.
n=0
Beweis.
Konvergenzverhalten ändert sich nicht, wenn wir die ersten n0 Terme weglassen ⇒ oBdA :
n0 = 0
an+1 ≤θ
d.h. ∀n ≥ 0 : an6=0 und an |an ≤ θ|an−1 | ≤ θ2 |an−2 | ≤ · · · ≤ θn |a0 |
∞
X
X
|a0 |
ist Majorante für
an
⇒
θ|a0 | =
1−θ
n=0
X
⇒
an konvergiert absolut nach Majorantenkriterium
Beispiel 7.4:
P
xn
1. ∞
n=0 n!
konvergiert für jedes x ∈ R. Sei n0 ∈ N mit n0 ≥ |x|, denn:
xn+1 (n+1)! n = |x| ≥ n0 =: θ < 1
x (n + 1)
n0 + 1
n! ∀n≤n0
⇒ Konvergenz nach Quotientenkriterium
P∞ 1
divergent für k = 1
2.
n=1 nk
konvergent für k ≤ 2 k ∈ N
k
1
n
(n+1)k
=
< 1 ∀n ≥ 1
1
n+1
nk
k
n
aber: @θ mit 0 < θ < 1, so dass n+1
≤θ
32
∀n ≥ 1!
k
n
da n+1
−→ 1
n→∞
⇒ Quotientenkriterium nicht anwendbar
7.3
Umordnung von Reihen
Definition 7.2:
∞
X
Sei
an eine Reihe und σ : N0 → N0 = {0, 1, 2, . . . } eine bijektive Abbildung. Dann heißt
∞
X
n=0
aσ(n) eine Umordnung von
n=0
∞
X
an .
n=0
Beispiel 7.5:
σ(0) = 1 σ(1) = 0
σ(2k) = 2k + 1 σ(2k + 1) = 2k
an = a1 + a0 + a3 + a2 + a5 + a4 . . .
Kann sich durch Umordnung das Konvergenzverhalten ändern? Ja!
Beispiel 7.6:
P∞ (−1)n+1
konvergiert.
n=1
n
Ordne wie
folgt um:
1 1
1
1
1
1
1
1
1 1 1
+
− +
+
+
+
− + ...
1− + − +
2 3 4
5 7
6
9 11 13 15
8
1
≥2· 81 − 16 = 12
+
1
1
≥4· 16
− 18 ≥ 12
1
1
1
1
+ n
+ · · · + n+1
−+
+1 2 +3
2
−1
2(n + 1)
|
{z
}
1
1
1 1
1
n−1
≥2
· n+1 −
≥ − ≥
+ ··· = ∞
2
2(n + 1)
4 6
12
2n
Übung:
P∞ (Riemannscher Umordnungssatz)
nicht absolut konvergent. Dann gibt es für jedes A ∈ R
Sei n=0 eine konvergente Reihe, aber P
eine Umordnung σ : N0 → N0 , so dass ∞
n=0 aσ(n) gegen A konvergiert.
Beweisidee
Summiere die ersten an ≥ 0, bis die Summe > A ist.
Addiere dazu die ersten an < 0, bis die Summe < A ist.
Addiere dazu die nächsten an ≥ 0, bis die Summe > A ist.
etc. an → 0 ⇒ konvergiert gegen A
Bei absoluter Konvergenz passiert dies nicht:
Satz 7.6:
(Kleiner Umordnungssatz)
∞
∞
X
X
Sei
an eine absolut konvergente Reihe, dann konvergiert jede Umordnung
aσ(n) gegen
n=0
n=0
den selben Grenzwert.
Beweis. A :=
⇒ ∃n0 ∈ N :
P∞
Geg.:σ : N0 → N bijektiv
ε
|ak | <
2
k=0 ak
∞
X
k=n0 +1
33
ε>0
n0
∞
X
X
ε
⇒ A −
ak ≤
|ak | <
2
k=0
k=n0 +1
Wähle N ∈ N so groß , dass {0, . . . , n0 } ⊂ {σ(0), σ(1), . . . , σ(N )}
(N := max{σ −1 (0), . . . , σ −1 (n0 )})
Dann
gilt für alle n ≥ N :
n0
n0
n
n
X
X
X
X
aσ(k) −
ak < ε
aσ(k) ≤ A −
ak + A −
k=0
k=0
|
{z
} |k=0
{z k=0 }
∞
ε
X
ε
<
≤
<
2
2
k=n0 +1
Definition 7.3:
Sei M eine
X abzählbar unendliche Menge, und zu jedem m ∈ M sei ein am ∈ R gegeben. Die
Reihe
am heißt absolut konvergent, wenn es eine bijektive Abbildung σ : N0 → M gibt,
m∈M
∞
X
so dass
aσ(n) absolut konvergiert.
n=0
Nach dem kleinen Umordnungssatz hängt die absolute Konvergenz nicht von der bijektiven
Abbildung N0 → M ab.
Satz 7.7:
(großer Umordnungssatz)
X
Sei M eine abzählbar unendliche Menge und
am eine absolut konvergente Reihe.
∞
m∈M
Dann gilt für jede Zerlegung M = ∪ Ik von M i < m paarweise disjunkte Mengen I0 , I1 , . . . :
k=0
X
m∈M
am =
∞ X
X
ai
k=0 i∈Ik
Bemerkung: Ik endlich oder abzählbar unendlich und Satz 6.5
Bemerkung: Ik einelementig ∀k
⇒ kleiner Umordnungssatz
Beispiel
7.7:
P∞
n
n=0 (n + 1)x konvergiert absolut für |x| < 1
Ordne nach großem Umordnungssatz um:
1 + 2x + 3x2 + 4x3 + . . .
x + 2x2 + 3x3 + . . .
x2 + 2x3 + . . .
x3 + . . .
1
1
1
1
= 1−x
+ x · 1−x
+ x2 1−x
+ · · · = 1−x
(1 + x + x2 + . . . ) =
Beweis.
P
Für I ⊂ M def.: S(I) := i∈I ai
1. Für jedes I ⊂ M ist S(I) absolut konvergent, denn:
Falls I endlich: X
34
1
(1−x)2
Falls I unendlich: Nach Satz 6.5 ∃ Bijektion ϕ : N0 → I
Sei σ : N → M Bijektion
∀n P
∃N : {ϕ(1),
ϕ(n)} ⊂ {σ(1),
. . . , σ(N
)} P
. . . ,P
∞ N n
→ k=0 aϕ(k) ≤ k=0 aσ(k) ≤ k=0 aσ(k) =: A < ∞ ∀n
2. ∀I ⊂ M : S(I) + S(M \ I) = S(M ), denn:
Falls I endlich:
. . . , N −P
1} → I {N, N + 1, . . . } → M \ I
P∞∃ BijektionPσ{0,
N −1
⇒ S(M ) = n=0 aσ(n) = n=0 aσ(n) + ∞
n=N aσ(n) = S(I) + S(M \ I)
Falls I unendlich, M \ I endlich: analog
Falls I und M \ I unendlich:
∃ Bijektion σ{0, 2, 4, . . . } → I {1, 3, 5, . . . } → M \ I
Für alle n ∈ N gilt:
Pn
Pn
P2k+1
k=0 aσ(2k) +
k=0 aσ(2k+1) =
k=0 aσ(k)
↓
↓ n→∞
↓ n→∞
S(I)
+
S(M \ I)
=
S(M )
Satz 3.3
3. Für jede endliche disjunkte Zerlegung M = I0 ∪ · · · ∪ In gilt:
S(M ) = S(I0 ) + · · · + S(In )
denn: Induktion über n:
n=0:X
n → n + 1 : S(M ) = S(I0 ∪ · · · ∪ In )
nach 2.
+
IV
S(In+1 ) = S(I0 ) + · · · + S(In ) + S(In+1 )
∞
4. Sei M = ∪ Ik disjunkte Zerlegung
k=0
P
Zu zeigen: S(M ) = ∞
k=0 S(Ik )
∞
Nach 3. gilt ∀ ∈ N: S(I0 ) + · · · + S(In ) + S(M \ ∪ Ik )=S(M)
k=0
!
Zu zeigen: |S(I0 ) + · · · + S(In ) + S(M )| −→ 0
n→∞
||
∞
S(M \ ∪ Ik )
k=0
Geg.: ε >
P0 Sei σ : N0 → M Bijektion
⇒ ∃N : ∞
k=N +1 aσ(k) < ε
∀n ∃k(n) : σ(n) ∈ Ik(n)
⇑
M
k := max{k(0), . . . , k(N )}
∞
n
⇒ {σ(0), . . . , σ(N )} ⊂ ∪ Ik ) ⊂ ∪ Ik ) ∀n ≥ k
k=0
k=0
P
n
P
aσ(k) < ε
n
⇒ ∀n ≤ k : S(M \ ∪ Ik ) ≤
|am | ≤ ∞
k=N +1
m∈M \ ∪ Ik
k=0
k=0
7.4
Doppelreihen
Erinnerung: M, N Mengen
M × N = {(m, n)|m ∈ M, n ∈ N } “kartesisches Produkt”
35
∞
N0 × N0 = ∪ {i} × N0
i=0
abzählbare Vereinigung abzähl̈barer Mengen ⇒ N0 × N0 abzählbar unendlich
Definition 7.4:
Jedem (i, j) ∈ N0 × N0 sei eine Zahl aij ∈ R zugeordnet. Def. die Doppelreihe:
∞
X
X
aij :=
ij=0
aij
(i,j)∈N0 ×N0
falls sie absolut konvergiert.
Aus dem großen Umordnungssatz folgt:
Korollar 7.8:
(Doppelreihensatz)
∞
X
Sei
aij absolut konvergent. Dann gilt:
i,j=0
∞
X
aij =
i,j=0
∞
X

∞
X

i=0

aij  =
j=0
∞
∞
X
X
j=0
!
aij
=
i=0
∞
k
X
X
k=0
!
ai,k−i
i=0
Beweis.
a00
a10
a20
a30
..
.
∞
X
a02
a12
a22
a32
..
.
a03
a13
a23
a33
..
.
···
···
···
···
..
.


∞
X

aij  entspricht den aufsummierten Zeilen
i=0
∞
X
j=0
∞
X
j=0
i=0
∞
k
X
X
k=0
a01
a11
a21
a31
..
.
i=0
!
aij
entspricht den aufsummierten Spalten
!
ai,k−i
entspricht den aufsummierten Diagonalen von rechts oben nach links unten
∞
∞
∞
N0 × N0 ∪ {i} × N0 = ∪ N0 × {i} = ∪ Ik
j=0 | {z }
j=0 | {z }
k=0
Ii
Ii
Ik = {(0, k), (1, k − 1), . . . , (k, 0)}
Korollar 7.9:
(Cauchy-Produkt von Reihen)
∞
∞
∞
X
X
X
Seien
ai und
bj absolut konvergente Reihen. Dann ist die Doppelreihe
ai bj absolut
i=0
j=0
i,j=0
konvergent und es gilt:
∞
X
i,j=0
=
∞
X
i=0
!
ai
∞
X


bj  =
j=0
∞
k
X
X
k=0
36
i=0
!
ai bk−i
Beweis.
P
Nur zu zeigen, dass ∞
i,j=0 ai bj absolut konvergent. Dann folgt die Behauptung aus Korollar
7.8.
Sei σ : N0 → N0 × N0 Bijektion
∀N ∃k, l : {σ(0), . . . , σ(N )} ⊂ {0, . . . , k} × {0, . . . , l}
Schreiben σ(n) = (in , jn )
P
P
P
P∞
Pn Pl
P
∞
l
k
|b
|
=
|a
|)
|b
|
≤
(
|a
|
|a
b
|
=
|a
b
|
≤
⇒ N
j=0 j
i=0 i
j=0 j
i=0 i
j=0 i j
i=0
n=0 in jn
A<
∀N
P∞
∞
⇒ i,j=0 ai bj also konvergent
7.5
Exponentialreihen
Definition 7.5:
exp(x) :=
∞
X
xn
n=0
n!
konvergiert absolut ∀x ∈ R (Blatt 4 Aufgabe 3)
Satz 7.10:
(Funktionalgleichung der Exponentialreihe)
exp(x + y) = exp(x) · exp(y) x, y ∈ R
Beweis. Nach Korollar 7.9!gilt:
!
!
∞
∞
n
∞
X
X
X
X
ym
xk y n−k
xn
=
exp(x) · exp(y) =
n!
m!
k! (n − k)!
m=0
n=0 k=0
n=0
∞
n X
X
1
n k n−k
=
x y
= exp(x + y)
n!
k
n=0
k=0
|
{z
}
=(x+y)n nach binom. F ormel
Definition 7.6:
Die Eulersche Zahl ist
e := exp(1) = 1 +
1
1
1
+ + + · · · ≈ 2, 71828
1! 2! 3!
Korollar 7.11:
Die Exponentialreihe hat folgende Eigenschaften:
1. exp(x) > 0 ∀x ∈ R
2. exp(−x) =
3. exp(x) = ex
1
exp(x)
∀x ∈ R
∀x ∈ R
37
Beweis.
2. Nach Funktionalgleichung:
exp(x) · exp(−x) = exp(x − x) = exp(0) = 1
1
⇒ exp(−x) = exp(x)
≥0
1. Falls x ≥ 0: exp(x) = 1 + z}|{
... ≥ 1 > 0
Falls x < 0: exp(−x) > 0 exp(−x) = exp(x)−1 ⇒ exp(x) > 0
3. Falls x = 0: exp(0) = 1 = e0
Falls x > 0: x = pq mit p, q ∈ N
7.10
7.10
exp( pq )q = exp( pq · q) = exp(p) = exp(1)p = ep
p
⇒ exp( pq ) ist die eindeutig bestimmte positive q-te Qurzel aus ep , d.h. exp( pq ) = e q
Falls x < 0: −x > 0
2.
1
exp(−x) = e−x = e1x exp(−x) = exp(x)
⇒ exp(x) = ex
Definition 7.7:
Wegen 3. definieren wir:
ex := exp(x) ∀x ∈ R
Berechnung von e
Lemma 7.12:
(Abschätzung des Restgliedes)
exp(x) =
N
X
xn
n=0
n!
+ RN +1 (x)
2|x|N +1
N
für |x| ≤ 1 + .
(N + 1)!
2
(d.h. der Fehler ist zweimal so groß wie das erste nicht berücksichtigte Glied)
wobei |RN +1 ()x| ≤
Beweis.
∞
X
xn
xN +1
x
x2
RN +1 (x) =
=
1+
+
n!
(N + 1)!
N + 2 (N + 2)(N + 3)
n=N +1
|x|N +1
|x|
|x|2
|x|N +1
1
2|x|N +1
≤
1+
+
+
.
.
.
=
·
≤
(N + 1)!
N + 2 (N + 2)2
(N + 1)! 1 − |x|
(N + 1)!
N +2
|
{z
}
geom. Reihe, konv. für
|x|
≤ 12 ,
N +2
d.h. |x|≤1+ N
2
Folgerung
e = exp(1) =
N
X
1
1
1
+ RN +1 (1) mit RN +1 (1) ≤
≤
für N ≥ 1
n!
(N + 1)!
N!
n=0
z.B. N = 10 :
10! = 3, 6 · 106
38
10
X
1
⇒e≈
bis auf 6 Stellen hinter dem Komma genau!
n!
n=0
Insbesondere ist e berechenbar.
Korollar 7.13:
Die Eulersche Zahl e ist irrational.
Beweis. (nach Fourier, gefunden in Königsberger)
Annahme:
e= m
n mit m, n ∈ N, n ≥ 2 (da e ∈ N)
1
m
=
e = 1 + 1!1 + 2!1 + · · · + n!
+ Rn+1 (1) | ·n!
n
1
m
⇒ 0 < n!Rn+1 (1) = n! n − 1 − 1!1 − · · · − n!
∈N
Andererseits gilt nach Lemma 7.12
n!·2
2
n!Rn+1 (1) ≤ (n+1)!
= n+1
<1
39
Kapitel 8
Komplexe Zahlen
Definition 8.1:
Die Komplexen Zahlen sind die Menge C := R × R = {(x, y)|x, y ∈ R} mit folgender Addition
und Multiplikation:
(x, y) + (x0 , y 0 ) := (x + x0 , y + y 0 ) (Vektoraddition)
(x, y) · (x0 , y 0 ) := (xx0 − yy 0 , xy 0 + x0 y) (Verknüpfung von Dreh-Streckungen)
Satz 8.1:
Die Komplexen Zahlen bilden einen Körper.
Beweis. Null in C: (0, 0)
Inverses der Addition: −(x, y) = (−x, −y)
Eins in C: (1, 0)
Inverses der Multiplikation: (x, y)
−1
=
x
−y
,
x2 + y 2 x2 + y 2
für (x, y) 6= (0, 0)
Nachprüfen der übrigen Axiome: Übung
Einbettung von R in C
Definiere eine injektive Abbildung
ϕ : R → C x → (x, 0)
Dann gilt:
ϕ(x + x0 ) = (x + x0 , 0) = (x, 0) + (x0 , 0) = ϕ(x) + ϕ(x0 )
ϕ(xx0 ) = (xx0 , 0) = (x, 0) · (x0 , 0) = ϕ(x) · ϕ(x0 )
d.h.: Addition in R entspricht unter ϕ der Addition in C, Multiplikation analog
Wir betrachten im Folgenden R (via ϕ) als Teilmenge (“Unterkörper”) von C
Wir schreiben (x, 0) ∈ C als x ∈ R ⊂ C
Definition 8.2:
Die imaginäre Einheit ist i := (0, 1) ∈ C. Damit lässt sich jedes z = (x, y) eindeutig schreiben
als z = x · (1, 0) + y · (0, 1) = x · 1 + y · i = x + iy x, y ∈ R
Beachte: i2 = (0, 1) · (0, 1) = (−1, 0) = −1
d.h. i ist eine Quadratwurzel aus −1
Addition und Multiplikation in Schreibweise x + iy: (i2 = −1)
(x + iy) + (x0 + iy 0 ) = (x + x0 ) + i(y + y 0 )
40
(x + iy)(x0 + iy 0 ) = (xx0 − yy 0 ) + i(xy 0 + x0 y)
Definition 8.3:
Der Realteil von z = x + iy ist Re z := x
Der Imaginärteil von z = x + iy ist Im z := y
Die Konjugierte von z = x + iy ist z := x − iy
Übung:
z = Re z + iIm z
Re z = 21 (z + z)
Im z = 2i1 (z − z)
z=z
zw = z · w
z+w =z+w
zz = x2 + y 2 ∈ R+
0
Definition 8.4:
p
√
Der Betrag von z = x + iy ist |x| := zz = x2 + y 2 ∈ R+
0 , die Länge des Vektors z.
Lemma 8.2:
Für z, w ∈ C gilt:
1. |z| ≥ 0, und |z| = 0 ⇔ z = 0
2. |zw| = |z| · |w|
3. |z + w| ≤ |z| + |w| (Dreiecksungleichung)
Beweis. 1. & 2.: X
3. Für z = x + iy p
gilt:
|Re z| = |x| ≤ px2 + y 2 = |z|
|Im z| = |y| ≤ x2 + y 2 = |z|
⇒ |z + w|2 = |z + w| · |z + w| = |z|2 + |w|2 +
zw
+ zw}
| {z
≤ |z|2 + |w|2 +
=zw+zw=2·Re(zw)≤2|zw|=2|z|·|w|
2|z| · |w| = (|z| + |w|)2
Bemerkung
1. Ein Körper mit Betrag, der 1.,2.,3. erfüllt, heißt bewerteter Körper. (z.B. Q ,R ,C )
2. C besitzt keine Anordnung, denn:
Sonst i > 0 oder −i > 0
⇒ 1 = i2 > 0 oder −1 = (−i)2 > 0
− 1 > 0, 1 > 0 ⇒ 0 > 0
Damit machen z < w, supA, . . . in C keinen Sinn, aber Konvergenz von Folgen in C macht
Sinn:
41
Definition 8.5:
Eine Folge (zn )n∈N komplexer Zahlen konvergiert gegen z ∈ C, wenn ∀ε > 0 ∃N ∈ N :
|zn − z| < ε ∀n ≥ N ⇔ |zn − z| −→ 0 als Folge reeller Zahlen.
n→∞
Wir schreiben zn −→ z oder lim zn = z
n→∞
n→∞
Lemma 8.3:
lim zn ⇔
n→∞

 lim Re zn = Re z
n→∞
 lim Im zn = Im z
n→∞
Beweis. |Re z|, |Im z| ≤ |z| ≤ |Re z| + |Im z| ~
(⇒)|zn − z| −→ 0
n→∞
~
⇒ |Re zn − Re z| → 0, |Im zn − Im z| → 0
(⇐)|Re zn − Re z| → 0, |Im zn − Im z| → 0
~
⇒ |zn − z| → 0
Folgerung: lim zn = z ⇔ lim zn = z
Definition 8.6:
Eine Folge (zn ) komplexer Zahlen heißt Cauchy-Folge, falls ∀ε > 0 ∃N ∈ N
|zn − zm | < ε ∀n, m ≥ N Wie im Beweis von Lemma 8.3:
(zn ) ist Cauchy-Folge in C
~
⇒ (Re zn ) und (Im zn ) sind Cauchy-Folgen in R
R
⇒ Re zn → x ∈ R Im zn → y ∈ R
V ollst.
Lemma
⇒
8.3
zn −→ z := x + iy
n→∞
Also haben wir gezeigt:
Satz 8.4:
In C konvergiert jede Cauchy-Folge, d.h. C ist ein vollständiger bewerteter Körper.
Wie in R beweist man:
Satz 8.5:
Seien (zn ), (wn ) konvergente Folgen in C . Dann konvergieren auch (zn ± wn ) und (zn · wn )
und es gilt:
lim (zn ± wn ) = lim zn ± lim wn
n→∞
n→∞
n→∞
lim (zn wn ) = ( lim zn )( lim wn )
n→∞
n→∞
n→∞
Ist außerdem lim wn 6= 0, so ∃n0 ∈ N : wn 6= 0 ∀n ≥ n0 und es gilt:
zn
lim zn
lim
=
wn
lim wn
Definition 8.7:
∞
X
Eine Reihe
zn komplexer Zahlen heißt konvergent, wenn die Folge der PArtialsummen
n=0
42
konvergiert. Sie heißt absolut konvergent, wenn die Reihe
∞
X
|zn | in R konvergiert.
n=0
Es gilt:
(P
P
Re zn konvergiert (absolut) und
zn konvergiert (absolut) ⇔ P
Im zn konvergiert (absolut)
denn: ohne “absolut”: Lemma 8.3; mit “absolut” folgt dies aus ~
Damit übertragen sich die Sätze über Reihen auf Reihen komplexer Zahlen:
• Majorantenkriterium
∞
X
Sei
an eine konvergente Reihe nicht negativer reeller Zahlen. Sei (zn ) eine Folge komn=0
P
plexer Zahlen mit |zn | ≤ an ∀n ∈ N0 . Dann konvergiert ∞
n=0 zn absolut.
• Quotientenkriterium
P
Sei ∞
Reihe komplexer Zahlen. Es gebe ein θ ∈ R, 0 < θ < 1, und ein n0 ∈ N,
n=0
zN eine
zn+1 P
≤ θ ∀n ≥ n0 . Dann konvergiert die Reihe ∞ zn absolut.
so dass n=0
zn
• Ebenso gelten der kleine und der große Umordnungssatz für absolut konvergente Reihen
komplexer Zahlen.
• Leibniz-Kriterium überträgt sich nicht!
P
• Riemannscher Umordnungssatz überträgt sich nicht! Z.B.: zn , zn ∈ R konvergent, aber
nicht absolut. ⇒ ∀z ∈ R ∃ Umordnung → z, aber für z ∈ C \ R @ Umordnung → z
8.1
Die Exponentialreihe in C
Definition 8.8:
ez := exp(z) :=
∞
X
zn
n=0
n!
z∈C
Wie in R folgt aus Quotientenkriterium, dass exp(z) für jedes z ∈ C absolut konvergiert.
Ebenso folgt:
Satz 8.6:
(Funktionalgleichung in C )
exp(z + w) = exp(z) · exp(w) z, w ∈ C
Daraus folgt:
exp(z) 6= 0 ∀z ∈ C, dann exp(z) · exp(−z) = 1
Lemma 8.7:
exp(z) = exp(z) ∀z ∈ C
Beweis.
Pn
exp(z) = lim
k=0
n→∞
zk
k!
= lim
n→∞
P
n
zk
k=0 k!
= exp(z), da lim a = lim an
43
Wichtige Folgerung
Für x ∈ R gilt:
Lemma
Satz
| exp(ix)|2 = exp(ix) · exp(ix) = exp(ix) · exp(ix) = exp(ix) · exp(−ix) = exp(ix − ix) =
8.7
8.6
exp(0) = 1
⇒ eix = exp(ix) liegt auf dem Einheitskreis in C
Abbildung 8.1: sin x un cos x am Einheitskreis
Definition 8.9:
cos x := Re(eix )
sin x := Im(eix )
x∈R
⇒ eix = cos x + i sin x Eulersche Formel
Eigenschaften von sin und cos:
Satz 8.8:
Für x, y ∈ R gilt:
1
1. cos x = (eix + e−ix )
2
1
sin x = (eix − e−ix )
2i
2. cos(−x) = cos x
sin(−x) = − sin x
3. cos2 x + sin2 x = 1
4. −1 ≤ cos x, s sin x ≤ 1
5. Additionstheoreme
cos(x + y) = cos x cos y − sin x sin y
sin(x + y) = sin x cos y + cos x sin y
44
Beweis. 1. - 4.: X
5.: cos(x + y) + i sin(x + y) = ei(x+y) = eix eiy = (cos x + i sin x)(cos y + i sin y) =
(cos x cos y − sin x sin y) + i(cos x sin y + sin x cos y)
8.2
2n+1
X
k=0
Potenzreihen für sin und cos
n
n
n
n
X
X
X
(ix)k
(ix)2k X (ix)2k+1
(−1)k x2k+1
(−1)k x2k
=
+i
+
=
k!
(2k)!
(2k + 1)!
(2k)!
(2k + 1)!
k=0
k=0
k=0
n ↓→ ∞ k=0
n ↓→ ∞
n ↓→ ∞
eix
Re(eix ) = cos x
Im(eix ) = sin x
Satz 8.9:
Für x ∈ R gilt:
∞
X
(−1)k x2k
x2 x4
cos x =
=1−
+
− ...
(2k)!
2!
4!
k=0
∞
X
x3 x5
(−1)k x2k+1
=1−
+
− ...
sin x =
(2k + 1)!
3!
5!
k=0
und die Reihen für sin x und cos x konvergieren absolut.
Lemma 8.10:
(Abschätzung des Restglieds)
n
X
(−1)k x2k
cos x =
+ r2n+2 (x)
|r2n+2 (x)| ≤
(2k)!
k=0
mit
n
X
(−1)k x2k+1
|r2n+3 (x)| ≤
sin x =
+ r2n+3 (x)
(2k + 1)!
k=0
Beweis.
n
P
(−1)k x2k
(−1)n+1 x2n+2
r2n+2 (x) = ∞
=
1−
k=n+1
(2k)!
(2n+2)!
n+1 x2n+2
= (−1)(2n+2)!
1 − a1 + a2 − a3 + . . .
|x|2n+2
(2n + 2)!
|x|2n+3
(2n + 3)!
x2
(2n+3)(2n+4)
+
für |x| ≤ 2n + 3
für |x| ≤ 2n + 4
x4
(2n+3)...(2n+6)
=a0
x2k
mit ak = (2n+3)...(2n+2k+2)
x2
⇒ 0 ≤ ak = ak−1 (2n+2k+1)(2n+2k+2)
2
|x|
ak
⇒ ak−1
≤ 2n+2k+1
2
|x|
für k ≥ 1
≤ 2n+3
≤ 1 für |x| ≤ 2n + 3
⇒ a0 = 1 ≥ a1 ≥ a2 ≥ · · · ≥ 0
⇒ 0 ≤ 1 − a1 + a2 − a3 + a4 − · · · ≤ 1
x2n+2
⇒ |r2n+2 (x)| ≤ (2n+2)!
für |x| ≤ 2n + 3
Abschätzung für r2n+3 (x) analog
Korollar 8.11:
sin xn
= 1 für jede Folge xn → 0, xn 6= 0 ∀n
n→∞ xn
lim
45
− ...
o
Beweis.
3
sin x = x + r3 (x) mit |r3 (x)| ≤ x3! für |x| ≤ 4
3
⇒ | sin x − x| ≤ x3!
sin x
2
⇒ x − 1 ≤ − x3! für 0 < |x| ≤ 4
Für x = xn folgt die Behauptung
Satz 8.12:
Für jede reelle Zahl x > 0 ist die Länge des Kreisbogens von 1 nach eix gleich x.
Beweis.
ix
2ix
Ln := Länge des Polygonzuges
1, e n , e n , . . . , , eix
ix ix ix
i(k−1)x P
P
−ix ikx
i(k−1) ix
Ln := nk=1 e n − e n = nk=1 e n e n − 1 = n · e n = n · e 2n e 2n − e 2n =
| {z } |
{z
}
x
=1
=|2·sin 2n
|
x sin Kor.8.11
x 2n sin
= x x2n −→ x
2n
2n
n→∞
Aber für n → ∞ approximiert der Polygonzug immer besser den Kreisbogen von 1 nach eix
Also:
x ist der Winkel (im Bogenmaß) zwischen 1 und eix
Bemerkung
ix
1. Im Beweis haben wir implizit verwendet, dass 1, e n , e
liegen wie im Bild. → später
2ix
n
, . . . , , eix so auf dem Einheitskreis
2. Für großes x kann der Einheitskreis mehrfach durchlaufen werden!
Nächstes Ziel:
Definition von π ∈ R
Berechnung von π, e2πi = 1
46
Kapitel 9
Stetigkeit von Funktionen
Definition 9.1:
Sei D eine Teilmenge von R
Eine (reellwertige) Funktion auf D ist eine Abbildung f : D → R
D heißt Definitionsbereich von f
Der Graph der Funktion f ist graph(f ) := {(x, y)|x ∈ D, y = f (x)}
⊂R×R
Beispiel 9.1:
(D = R wenn nicht anders angegeben)
1. f (x) = x2
√
2. f (x) = x x ≥ 0
3. f (x) = ex
4. f (x) = |x|
(
0 :x<0
5. f (x) =
1 :x≥0
(
0 :x∈Q
6. f (x) =
1 :x∈R\Q
7. p(x) = a0 + a1 x + a2 x2 + · · · + an xn
Polynom vom Grad n ai ∈ R, an 6= 0
8. r(x) =
p(x)
q(x)
mit p(x), q(x) Polynome mit D = {x ∈ R|q(x) 6= 0}
Definition 9.2:
f, g : D → R λ ∈ R
f +g :D →R
(f + g)(x) := f (x) + g(x)
Funktionen D → R bilden R-Vektorraum
λf : D → R
(λf )(x) := λf (x)
f g : D → R (f
g)(x)
:= f (x)g(x)
f
f
f (x)
: D0 → R
(x) :=
mit D0 := {x ∈ D|g(x) 6= 0}
g
g
g(x)
47
1.
2.
3.
4.
5.
Abbildung 9.1: Graphen der Funktionen Beispiel 9.1 1.-5.
48
Definition 9.3:
Seien f : D → R g : E → R
Funktionen mit g(E) ⊂ D
Die Komposition (Verkettung) von f und g ist die Funktion f ◦ g : E → R (f ◦ g)(x) :=
f (g(x))
Definition 9.4:
n
o
Der Abschluss einer Menge D ∈ R ist die Menge D := x ∈ R|∃xn ∈ D mit xn −→ x
n→∞
z.B. D = (0, 1) ⇒ D[0, 1]
D=Q⇒D=R
Definition 9.5:
Sei f : D → R eine Funktion und u ∈ D.
Wir schreiben:
lim x→a f (x) = c falls für jede Folge (xn ) ⊂ D mit lim xn = a gilt: lim f (xn ) = c
n→∞
(x∈D)
Analog: limx→a = ∞
limx→∞ = c
Wir schreiben:
limx&a f (x) = c (bzw. limx%a f (x) = c), falls für jede Folge (xn ) ⊂ D mit xn → a und
xn > a ∀n (bzw xn < a ∀n) gilt: f (xn ) −→ c
n→∞
Beispiel 5:
limx%0 f (x) = 0
limx&0 f (x) = 1
limx→0 f (x) existiert nicht!
Definition 9.6:
Sei f : D → R eine Funktion und a ∈ D
f heißt stetig in a, falls limx→a f (x) = f (a)
f heißt stetig (auf D), falls f stetig in jedem a ∈ D ist.
Beispiele 9.1 1.-4. sind stetig (Übung)
Beispiel 9.1 5.: f√ ist stetig auf R \ {0}, aber nicht stetig in 0
Beispiel 9.1 6.: 2 + Q ⊂ R dicht, R \ Q ist in keinem Punkt stetig!
Beispiel 9.1 3.: f (x) = ex ist stetig in jedem a ∈ R, denn:
Beweis. Für a, δ ∈ R gilt:
ea+δ = ea + eδ (Funktionalgleichung)
eδ = 1 + R1 (δ)
R1 (δ) ≤ 2|δ| für |δ| ≤ 1 (Abschätzung des Restglieds)
⇒ |ea+δ − ea | = ea |eδ − 1| = ea |R1 (δ)| ≤ 2ea |δ|
Also mit x := a + δ:
|ex − ea | ≤ 2ea |x − a| für |x − a| ≤ 1
Sei nun xn → a
⇒ |exn − ea | ≤ 2ea |xn − a| −→ 0, also exn −→ ea
n→∞
n→∞
Übung: sin x und cos x sind stetig
Satz 9.1:
Seien f, g : D → R in a ∈ D stetig und λ ∈ R Dann sind f + g, f g, λf in a stetig.
49
Ist g(a) 6= 0 so ist auch
f
in a stetig.
q
Beweis.
Für jede Folge (xn ) ⊂ D mit xn → a gilt:
lim (f + g)(xn ) = lim (f (xn ) + g(xn )) = lim f (xn ) + lim g(xn )
n→∞
n→∞
n→∞
n→∞
Satz 3.3
=
f (a) + g(a) =
(f + g)(a)
Für f g, λf, fg analog.
Beispiel 9.1 8.:
Jede rationale Funktion ist stetig auf ihrem Definitionsbereich (insbesondere jedes Polynom)
f (x) = 1
sind stetig (Übung)
denn:
f (x) = x
Jede rationale Funktion lässt sich aus diesen beiden Funktionen durch wiederholtes Anwenden
der Operationen in Satz 9.1 gewinnen ⇒ stetig
Satz 9.2:
Sei f : D → R und g : E → R Funktionen mit g(E) ⊂ d. Ist g in a ∈ E stetig und f in g(a)
stetig, so ist f ◦ g in a stetig.
Beweis.
Sei (xn ) ⊂ E, xn→a
⇒ g(xn ) → g(a)
g stetig
⇒
f stetig
9.1
f (g(xn )) → f (g(a))
Eigenschaften stetiger Funktionen
Satz 9.3:
(Zwischenwertsatz) Sei f : [a, b] → R eine stetige Funktion mit f (a) < 0 und f (b) > 0 (bzw.
f (a) > 0 und f (b) < 0).
Dann gibt es ein p ∈ (a, b) mit f (p) = 0.
Beweis.
Wir konstruieren eine Intervallschatelung. oBdA : f (a) < 0 f (b) > 0, sonst betrachte −f
I0 > I1 > I2 > . . . mit:
• In = [an , bn ] mit f (an ) ≤ 0, f (bn ) ≥ 0
• |In | =
b−a
2n
n = 0: I0 := [a, b]
n → n + 1:
Sei In = [an , bn ] bereits konstruiert
n
c := an +b
2
Falls f (c) < 0 : an+1 := c, bn+1 := bn
Falls f (c) ≥ 0 : an+1 := an , bn+1 := c
50
∞
Intervallschachtelungsprinzip ⇒ ∃p ∈ ∩ In
⇒ an → p
⇒
f stetig
n=0


f (p) = lim f (an ) ≤ 0 

n→∞ |{z}

≤0
bn → p ⇒ f (p) = lim f (bn ) ≥ 0
n→∞ |{z}
≥0
f (p) = 0




Korollar 9.4:
Eine stetige Funktion f : [a, b] → R nimmt jeden Wert zwischen f (a) und f (b) an.
Beweis. Sei c gegeben mit f (a) < c < f (b) (bzw. f (b) < c < f (a)). Wende den Zwischenwertsatz auf die Funktion f − c an.
Definition 9.7:
Eine Funktion f : D → R heißt beschränkt, falls ∃M > 0 mit |f (x)| ≤ M
Menge f (D) ⊂ R ist beschränkt).
Definiere:
∀x ∈ D (d.h. die
• sup f := sup(f (D))
D
• inf f := inf (f (D))
D
• max f := max(f (D)), falls existent
D
• min f := min(f (D)), falls existent
D
Korollar 9.5:
Eine stetige Funktion f [a, b] → R auf einem abgeschlossenem Intervall ist beschränkt und
nimmt ihr Maximum und Minimum an.
Beweis.
Sei s := sup f (s = ∞ ist möglich)
D
Nach Definition des Supremums existiert eine Folge (xn ) ⊂ [a, b], f (xn ) → s
Satz von Bolzano-Weierstraß
⇒ ∃ konvergente Teilfolge xnk −→ p ∈ [a, b]
k→∞
f stetig ⇒ f (p) = limk→∞ f (xnk ) = s
⇒ s < ∞ und s = max f
[a,b]
Für Minimum analog.
Beispiel 9.2:
f (x) = x1 ; x ∈ (0, 1)
1 = inf f
(0,1)
@ min f
(0,1)
Definition 9.8:
Ein Intervall I ⊂ R heißt
• eigentlich, wenn es beschränkt ist: [a, b) etc.
51
• uneigentlich, wenn es unbeschränkt ist: [a, ∞)
• kompakt, wenn es abgeschlossen ist: [a, b]
Korollar 9.6:
Sei I ein (eigentliches oder uneigentliches) Intervall und f : I → R eine stetige Funktion. Dann
ist f (I) ein Intervall. Ist I kompakt, so ist f (I) kompakt.
Beweis.
A := inf f, B := sup f (A, B = ∞ möglich)
I
I
Behauptung: ∀c mit A < c < B ∃p ∈ I mit f (p) = c
(⇒ f (I) ist Intervall von A nach B)
denn: Nach Definition des Infimum und Supremum ∃a, b ∈ I : f (a) < c, f (b) > c
Nach Zwischenwertsatz ∃p ∈ (a, b) mit f (p) = c
Ist I kompakt, so nimmt f nach Korollar 9.5 ihr max(B) und min(A) an
⇒ f (I) = [A, B] kompakt
Satz 9.7:
(ε-δ-Definition der Stetigkeit)
Eine Funktion f : D → R ist in a ∈ D genau
dann stetig, wenn gilt
∀ε > 0 ∃δ > 0 :
~
|x − a| < δ(x ∈ D) ⇒ |f (x) − f (a)| < ε
Beweis.
(⇐):
Es gelte ~
Sei (xn ) ⊂ D gegeben mit xn → a
Sei ε > 0 gegeben.
~
⇒ ∃δ > 0 : |x − a| < δ ⇒ |f (x) − f (a)| < ε
Wegen xn → a ∃N ∈ N : |xn − a| < δ ∀n ≥ N
⇒ |f (xn ) − f (a)| < ε ∀n ≥ N
Also f (xn ) → f (a)
(⇒):
Sei f stetig.
Annahme: ~ gilt nicht, d.h.
∃ε > 0 für das es kein δ > 0 gibt mit
|x − a| < δ ⇒ |f (x) − f (a)| < ε
⇒ ∀n ∈ N ∃xn ∈ D : |xn − a| < n1 und |f (xn ) − f (a)| ≥ ε
1
(δ= n
)
|xn − a| ≤
f stetig
⇒
in a
1
n
⇒ xn −→ a
n→∞
f (xn ) → f (a)
zu |f (xn ) − f (a)| ≥ ε ∀n
Korollar 9.8:
Sei f : D → R stetig in a ∈ D und f (a) > 0.
Dann ∃δ > 0 : |x − a| < δ ⇒ f (x) > 0
Beweis. Übung
52
Definition 9.9:
Eine Funktion f : D → R heißt gleichmäßig stetig, wenn
∀x > 0 ∃δ > 0 : |x − y| < δ (x, y ∈ D) ⇒ |f (x) − f (y)| < ε
D.h. dasselbe δ in der ε-δ-Definition funktioniert für alle Punkte x, y


vgl. : Satz 9.7 :
∀a ∀ε > 0 ∃ δ > 0 stetig
=δ(a,ε)


Def inition 9.9 : ∀ε > 0 ∃ δ > 0 ∀a
gleichmäßig stetig
=δ(ε)
Es gilt: gleichmäßig stetig ⇒ stetig, aber nicht umgekehrt!
Beispiel 9.3:
f (x) = x1 ; x ∈ R+
Annahme: f gleichmäßig stetig
⇒ zu ε := 1 ∃δ > 0 : |x − y| < δ ⇒ x1 − y1 < 1
1
Betrachte xn = 2n
, yn = n1
1
|x
n − yn | = 2n < δ für n groß
1
xn − y1n = n ≥ 1 ∀n groß
Satz 9.9:
Eine stetige Funktion auf einem kompakten Intervall f : [a, b] → R ist gleichmäßig stetig.
Beweis.
Annahme: f nicht gleichmäßig stetig.
⇒ ∃ ∈> 0 : ∀n ∈ N ∃xn , yn ∈ [a, b] mit |xn − yn | <
1
(δ= n
)
1
n
und |f (xn ) − f (yn )| ≥ ε
Bolzano-Weierstraß
⇒ ∃ konvergente Teilfolge xnk −→ p ∈ [a, b]
k→∞
|xnk − ynk | < n1k −→ 0
k→∞
⇒ ynk −→ p.
k→∞
f stetig ⇒ limk→∞ (f (xnk ) − f (ynk )) = f (p) − f (p) = 0
zu |f (xnk ) − f (ynk )| ≥ ε ∀k
Anwendung: Approximation stetiger Funktionen durch Treppenfunktionen
Definition 9.10:
Funktion ϕ : [a, b] → R heißt Treppenfunktion, wenn es eine Unterteilung a = t0 < t1 < · · · <
tn = b und c1 , . . . , cn ∈ R gibt, so dass ϕ(x) = ck für alle x ∈ (tk−1 , tk ), 1 ≤ k ≤ n.
Korollar 9.10:
Sei f : [a, b] → R stetig. Dann gibt es zu jedem ε > 0 Treppenfunktionen ϕ, ψ : [a, b] → R, so
dass
1. ϕ(x) ≤ f (x) ≤ ψ(x) ∀x ∈ [a, b]
2. |ϕ(x) − ψ(x)| < ε ∀x ∈ [a, b]
Beweis.
Geg.: ε > 0 Nach Satz 9.9 ist f gleichmäßig stetig, d.h.
53
∃δ > 0 : |x − y| < δ ⇒ |f (x) − f (y)| < ε
Wähle n ∈ N mit b−a
n <δ
k(b−a)
Sei tk := a + n , k = 0, 1, . . . , n
Sei ck := min f, dk := max f
[tk−1 ,tk ]
[tk−1 ,tk ]
Definiere:
ϕ(x) := c1 für x ∈ [t0 , t1 ]
ψ(x) := d1 für x ∈ [t0 , t1 ]
ϕ(x) := ck für x ∈ (tk−1 , tk ], k ≥ 2
ψ(x) := dk für x ∈ (tk−1 , tk ], k ≥ 2
⇒ 1.
2.: Nach Korollar 9.5:
∃xk ∈ [tk−1 , tk ] : f (xk ) = ck
∃yk ∈ [tk−1 , tk ] : f (yk ) = dk
|xk − yk | < δ
⇒ |ck − dk | = |f (xk ) − f (yk )| < ε
⇒ |ϕ(x) − ψ(x)| < ε ∀x ∈ [tk−1 , tk ], ∀k
54
Kapitel 10
Elementare Funktionen
Beispiele: exp, log, sin, cos, sinh, cosh
10.1
exp und log
Definition 10.1:
Eine Funktion f : D → R heißt (∀x, y ∈ D)
• monoton wachsend, falls x < y ⇒ f (x) ≤ f (y)
• streng monoton wachsend, falls x < y ⇒ f (x) < f (y)
• monoton fallend, falls x < y ⇒ f (x) ≥ f (y)
• streng monoton, falls x < y ⇒ f (x) > f (y)
Beispiel 10.1:
exp : R → R ist streng monoton steigend, denn:
>0
z }| {
y
x < y ⇒ eex = ey − x = 1 + (y − x) + positiv > 1
⇒ ey > ex
Es gilt: Falls f : D → R streng monton wachsend (oder fallend)
⇒ f ist injektiv
⇒ f : D → f (D) bijektiv
⇒ ∃! Umkehrfunktion f −1 : f (D) → D f (x) → x
1
Achtung: f −1 ist nicht die Funktion !
f
Satz 10.1:
Sei I ⊂ R ein Intervall und f : I → R stetig und streng monoton wachsend (bzw. fallend),
Dann ist die Umkehrfunktion f −1 : f (I) → I ebenfalls stetig und streng monoton wachsend
(bzw. fallend). Bemerkung: Nach Korollar 9.6 ist f (I) ein Intervall.
Beweis.
oBdA : f streng monoton wachsend (sonst betrachte −f )
55
• f −1 streng monoton wachsend, denn:
sonst ∃y < y 0 mit x := f −1 (y) ≥ f −1 (y 0 ) =: x0
f streng
=
monot. wachs.
f (x0 ) ≤ f (x)
=y 0
=y
• f −1 stetig, denn:
Sei b ∈ f (I), b = f (a), geg.: ε > 0
Sei zunächst a kein Randpunkt von I:
⇒ [a − ε, a + ε] ⊂ I für ε hinreichend klein
a−ε<a<a+ε
⇒ f (a − ε) < b < f (a + ε)
⇒ ∃δ > 0 : (b − δ, b + δ) ⊂ (f (a − ε), f (a + ε))
f −1 ((b − δ, b + δ)) ⊂ (a − ε, a + ε)
d.h. ∀y mit |y − b| < δ ⇒ |f −1 (x) − a | < ε
f −1 (b)
Falls a linke Randpunkt von I:
Betrachte [a, a + ε] statt [a − ε, a + ε] . . .
Für rechten Randpunkt: Betrachte [a − ε, a]
Beispiel 10.2:
exp : R → R streng monoton wachsend
lim ex = ∞
x→∞
1
lim ex = lim e−y = lim y = 0
y→∞
y→∞ e
x→−∞
⇒ exp : R → R+ = {x ∈ R| > 0} bijektiv
Definition 10.2:
Die Umkehrfunktion von exp : R → R+ heißt der natürliche Logarithmus log : R+ → R.
(Logarithmus zur Basis e)
→ log stetig, streng monoton wachsend
Korollar 10.2:
(Funktionalgleichung für log)
log(xy) = log(x) + log(y) ∀x, y ∈ R+
Beweis.
exp(log x + log y) =
exp(log x) · exp(log y) = xy
| log ⇒ log x + log y = log(xy)
Definition 10.3:
Die Exponentialfunktion zur Basis a > 0 ist
expa : R → R
expa (x) := exp(x log a)
Korollar 10.3:
expa ist stetig und es gilt:
1. expa (x + y) = expa (x) expa (y) x, y ∈ /R, a > 0
56
2. expa (x) = ax
∀a > 0, x ∈ Q
Beweis.
expa ist die Verkettung der stetigen Funktion exp und x → x log a ⇒ stetig
1. expa (x + y) = exp(x log a + y log a) = exp(x log a) exp(y log a) = expa (x) expa y
2. folgt aus 1. wie für exp (Korollar 7.11)
Definition 10.4:
Wegen 2. definieren wir ax := expa (a) ∀a > 0, x ∈ R. Aus Korollar 10.2 und 10.3 folgen die
Rechenregeln für Potenzen (Übung)
Für alle a, b > 0 und x, y ∈ R gilt:
1. ax ay = ax+y
2. (ax )y = axy
3. ax bc = (ab)x
4. log(ax ) = x log a
Satz 10.4:
Sei f : R → R stetig mit
f (x + y) = f (x)f (y) x, y ∈ R
Dann ist entweder f (x) = 0 ∀x ∈ R, oder a := f (1) > 0 und f (x) = ax ∀x ∈ R
d.h. die allgemeine Potenzfunktion x → ax ist durch die Funktionalgleichung und den Wert
für x = 1 schon eindeutig bestimmt.
Beweis. ∀x ∈ R gilt:
f (x) = f ( x2 + x2 ) = f ( x2 )2 ≥ 0
Sei nun a := f (1) > 0
a = f (1 + 0) = f (1)f (0) = af (0) → f (0) = 1
Für alle n ∈ N gilt:
f (n) = f (1 + · · · + 1) = f (1)n = an
f (−n)f (n) = f (f − n + n) = f (0) = 1
1
⇒ f (−n) = f (n)
= a1n = a−n
⇒ f (p) = ap ∀p ∈ Z
Für p ∈ Z q ∈ N gilt:
f ( pq )p = f (p pq ) = f (p) = ap
p
⇒ f ( pq ) = a q
d.h. f (x) = ax ∀x ∈ Q
Sei nun x ∈ R und (xn ) eine Folge in Q mit xn → x.
f
⇒ f (x) =
exp
lim f (xn ) = lim axn =a ax
stetig n→∞
n→∞
stetig
Es gilt:
lim ex = ∞ ⇒ lim log(x) = ∞
x→∞
x→∞
x→−∞
x→0
lim ex = 0 ⇒ lim log(x) = −∞
57
Lemma 10.5:
Für jedes α ∈ R+ gilt:
ex
= ∞ und lim xα e−x = 0
x→∞
x→∞ xα
1. lim
2. lim
x→∞
log(x)
=0
xα
3. lim xα log(x) = 0
x→0
D.h.
ex strebt für x → ∞ schneller gegen ∞ als jede Potenz xα von x
log x strebt für x → ∞ langsamer gegen ∞ als jede Potenz xα von x.
Man spricht von
• exponentiellem Wachstum (∼ ex )
• polynomialem Wachstum (∼ xa )
• logarithmischem Wachstum (∼ log x)
Beweis.
1. Wähle n ∈ N mit n > α
Für x > 0 gilt:
x
n−α
ex ≥ xn!n , also gilt xeα ≥ x n! −→ ∞
x→∞
2. Sei (xn ) Folge mit xn → ∞.
yn := log(xαn ) = α log(xn ) −→ ∞
log xn
xα
n
=
>0
yn
−→
αeyn n→∞ 0
n→∞
nach 1.
3. Sei (xn ) Folge mit xn > 0 ∀n und xn → 0
yn := log(xαn ) = α log(xn ) −→ −∞
xαn log xn =
10.2
>0
yn eyn
−→
α
n→∞
n→∞
0 nach 1.
sin und cos
Ziel:
• eix durchläuft Einheitskreis gegen den Uhrzeigersinn
• Definition von π
Lemma 10.6:
1. sin x > 0 für 0 < x < 2
2. cos x ist in [0, 2] streng monoton fallend
58
3. cos 0 = 1, cos 2 < 0
Nach Zwischenwertsatz folgt:
Korollar 10.7:
cos x hat im Intervall (0, 2) genau eine Nullstelle
Definition 10.5:
Diese Nullstelle bezeichnen wir als π2 → π ∈ R
Numerische Berechnung:
π ≈ 3, 1415926 . . . “How I need a drink, alcoholic of course”
Zunächst:
Lemma 10.8:
∀x, y ∈ R
x+y
y−x
sin
2
2
x+y
y−x
2. sin y − sin x = 2 cos
sin
2
2
1. cos y − cos x = −2 sin
Beweis.
u := x+y
y =u+v
2
⇔
x=u−v
v := y−x
2
Nach Additionstheoremen folgt:
1. cos y − cos x = cos u cos v − sin u sin v − (cos u cos(−v) − sin u sin(−v)) = −2 sin u sin v =
−2 sin x+y
sin y−x
2
2
2. analog (Übung)
Beweis von Lemma 10.6.
1. Für 0 < x < 2 gilt:
sin x = x + r3 (x) mit |r3 (x)| ≤
|x|3
6
<
|x|2 <4
|x|
⇒ sin x ≥ x − |x| > 0
2. Für 0 ≤ x < y ≤ 2 giltnach Lemma
10.8 1.:
x+y
y−x
cos y − cos x = −2 sin
sin
< 0 nach 1.
2
2
| {z }
| {z }
∈(0,2)
∈(0,2)
2
3. cos 0 = 1Xcos 2 = 1 − 22 + r4 (2) mit |r4 (2)| ≤
⇒ cos 2 ≤ 1 − 2 + 23 = − 31 < 0
Folgerung
59
24
4!
=
16
24
=
2
3
π
1. ei 2 = cos
π + i sin
2
π =0 1 = ei 2 = |i| sin
=1
π 2
π , sin π2 > 0 nach 10.6 1.
2
π
⇒ sin π2 = 1 ⇒ ei 2 = i
π 2
⇒ eiπ = ei 2
= i2 = −1 ⇒ eiπ = −1 , e2πi = 1
2. eix = ei(x+2π) = e−ix
⇒ cos(x + 2π) = cos x = cos(−x)
sin(x + 2π) = sin x = − sin(−x)
cos(π ± x) + ß sin(π ± x) = ei(π±x) = −e+ix = −(cos x ± i sin x)
⇒ cos(π ± x) = − cos x
sin(π ± x) = ∓ sin x
π
π
π
cos x ±
+ i sin x +
= ei(x± 2 ) = ±ieix = ±i(cos x + i sin x)
2
2 π
⇒ cos x ±
= ∓ sin x
2
π
sin x ±
= ± cos x
2
Abbildung 10.1: sin x und cos x für x > 0
3. sin x = 0 ⇔ x = kπ, k ∈ Z
cos x = 0 ⇔ x = π2 + kπ, k ∈ Z
eix = 1 ⇔ x = 2πk, k ∈ Z
4. cos : h[0, π] →i[−1, 1] streng monoton fallend und bijektiv
π π
sin : − ,
→ [−1, 1] streng monoton wachsend und bijektiv
2 2
Definition 10.6:
Die Umkehrfunktion von sin, cos sind Arcus-Sinus und Arcus-Cosinus
h π πi
arcsin : [−1, 1] → − ,
2 2
arccos : [−1, 1] → [0, π]
60
Abbildung 10.2: arcsin x und arccos x
10.3
tan und cot
Definition 10.7:
Tangens und Cotangens sind die Funktionen
nπ
o
tan : R \
+ kπ|k ∈ Z → R
2
sin x
tan x :=
cos x
cot : R \ {kπ|k ∈ Z} → R
cos x
cot x :=
sin x
Abbildung 10.3: links: tan x, rechts: arctan x
Lemma
π10.9:
π
tan : − ,
→ R ist streng monoton wachsend und bijektiv
2 2
Definition 10.8:
Die Umkehrfunktion des Tangens ist der Arcus-Tangens
π π
arctan : R → − ,
2 2
61
Beweis.
Für 0 ≤ x < y < π2 :
sin x < sin y, cos x > cos
y
⇒ tan x < tan y
⇒ tan streng monoton wachsend
tan(−x) = − tan(x)
Sei (xn ) Folge mit 0 < xn < π2 und lim xn = π2
cos xn
n→∞ sin xn
>0 ∀n
lim
=
cos π2
sin π2
=
0
1
=0
⇒ lim tan xn = ∞
n→∞
⇒ tan(−x) = − tan x
lim tan x = −∞
x&− π2
⇒ tan : − π2 , π2 → R bijektiv
10.4
Polardarstellung komplexer Zahlen
Satz 10.10:
Jedes z ∈ C hat eine Polardarstellung
z = reiϕ , r ∈ R≥0 , ϕ ∈ R
Dabei ist r = |z|, und ϕ ist durch z bis auf Vielfach von 2π eindeutig bestimmt.
Beweis.
Existenz:
z = 0 : r := 0, ϕ beliebig
z
z 6= 0 : r := |z|, w := |z|
= u + iv
2
2
2
|w| = u + v = i ⇒ u ∈ [−1, 1]
Def.: α = arccos(u) ∈ [0, π]
r2 = 1 − u2 = 1 − cos2 α = sin2 α ⇒ v = ± sin α
Falls v = sin α : ϕ := α
⇒ eiϕ = cos α + i sin α = u + iv = w
Falls v = − sin α : ϕ := −α
⇒ eiϕ = cos α − i sin α = u + iv = w
Eindeutigkeit:
0
z = reiϕ = r0 eiϕ
0
⇒ r = r0 und ei(ϕ−ϕ ) = 1 ϕ − ϕ0 = 2πk, k ∈ Z
Komplexe Multiplikation in Polardarstellung
z = reiϕ
r = |z|
0
z 0 = r0 eiϕ
0
zz 0 = r · r0 ei(ϕ+ϕ )
D.h. komplexe Multiplikation mit z = reiϕ bedeutet Drehung um Winkel ϕ und Streckung
um den Faktor r.
Beispiel 10.3:
n-te Einheitswurzel
Die Gleichung z n = 1 n ∈ N
62
z = reiϕ : z n = rn einϕ = 1
⇔ r = 1 und nϕ = 2πk k ∈ Z
⇔ r = 1 und ϕ = 2πk
k∈Z
n
n verschiedene lösungen
k = 0; 1; 2; . . . ; n − 1
Skalarprodukt in C
Definition 10.9:
Das Skalarprodukt von z = x + iy = reiϕ und w = u + iv = seiψ ist
Re(zw) = Re((x + iy)(u − iv)) = xu + yv = Re(rsei(ϕ−ψ) )
⇔ Re(zw) = |z||w| cos(ϕ − ψ)
z.B. gilt: Re(zw) = 0 z, w 6= 0
⇔ cos(ϕ − ψ) = 0
⇔ z ⊥ w z steht senkrecht auf w
Beispiel 10.4:
Satz des Pythagoras
z ⊥ w ⇔ |z − w|2 = |z|2 + |w|2 − 2Re(zw) = |z|2 + |w|2
Dies ist kein Beweis des Satzes
des Pythagoras, da dieser bereits in der Definition der Länge
p
2
eines Vektors z als |z| = x + y 2 verwendet wurde.
10.5
sinh, cosh, tanh
Der Sinus (Cosinus, Tangens) Hyperbolicus sind die folgende Funktion:
ex + e−x
= cos(ix) wobei cos(z), z ∈ C durch die Potenzreihe definiert ist.
2
ex − e−x
sin(ix)
sinh(x) :=
=
wobei sin(z), z ∈ C durch die Potenzreihe definiert ist.
2
i
cosh(x) :=
tanh(x) :=
sinh(x)
ex − eix
= x
cosh(x)
e + eix
Die Umkehrfunktionen heißen Area-Sinus Hyperbolicus arsinh, arcosh, artanh
Es gilt:
sinh2 x + 1 = cosh2 x
63
Kapitel 11
Differentiation
Newton 1687, Leibniz
Definition 11.1:
Eine Funktion f : D → R heißt in x ∈ D differenzierbar, wenn der Grenzwert
f 0 (x) := lim
ξ→x
ξ6=x
f (ξ) − f (x)
ξ−x
exisitert.
Geometrisch:
f 0 (x) = Steigung der Tangente an graph(f ) in (x, f (x)) = lim Steigung der Sekanten durch
ξ→x
(x, f (x)) und (ξ, f (ξ))
f heißt differenzierbar (auf D) wenn f in jedem x ∈ D differenzierbar ist.
Bemerkung:
Für Definition der Differenzierbarkeit in x muss es mindestens eine Folge (ξn ) ⊂ D geben mit
ξn 6= x ∀n und ξn → x
Schreibweise:
df
df (ξ) f (x + h) − f (x)
0
= lim
f (x) =
(x) =
dx
d(ξ) ξ=x h→0
h
h6=0
Beispiel 11.1:
1. f (x) = c konstante Funktion
(x)
c−c
f 0 (x) = lim f (ξ)−f
= lim ξ−x
= lim 0 = 0
ξ−x
ξ→x
ξ→x
ξ→x
2. f (x) = xn
n −xn
f 0 (x) = lim ξ ξ−x
= lim (ξ n−1 + xξ n−2 + · · · + ξxn−2 + xn−1 ) = xn−1 + xn−1 + · · · + xn−1 =
ξ→x
n·
ξ→x
xn−1
3. f (x) =
1
xn
f 0 (x) = lim
ξ→x
x 6= 0
1
− x1n
ξn
ξ−x
n
n
= lim ξnxxn−ξ
(ξ−x) =
ξ→x
−nxn−1
xn xn
64
n
= − xn+1
4. f (x) = ex
sin(h)−sin(x)
f 0 (x) = lim sin(x+h)−sin(x)
= lim sin(x) cos(h)+cos(x)
=
h
h
h→x
h→x
cos(h) − 1
sin(x) lim
+ cos(x)
h→x
h
|
{z
}
= lim
h→x
1+r2 (h)−1
=0
h
sin(h)
lim
| {z h }
h→x
=1, nach Korollar 8.11
⇒ sin0 (x) = cos(x)
5. Analog (Übung): cos0 (x) = − sin(x)
6. f (x) = |x| ist in x = 0 nicht differenzierbar, denn:
n
Betrachte die Folge ξn = (−1)
−→ 0
n
n→∞
f (ξn )−f (0)
ξn −0
=
1
−0
n
(−1)n
−0
n
=
(−1)n
konvergiert nicht.
Satz 11.1:
Sei a ∈ D und es gebe mindestens eine Folge (xn ) ∈ D mit xn 6= 0 und xn → a. eine Funktion
f : D → R ist genau dann differenzierbar,
wenn es ein c ∈ R gibt, so dass

f (x) = f (a) + c(x − a) + R(x) 

R(x)
mit lim
= 0 ~
x→a x − a

x6=a
Dann ist c = f 0 (x)
L(x):=f(a)+c(x-a)
D.h. f (x) kann in 1. Ordnung durch die lineare Funktion L(x) approximiert werden.
Bemerkung:
Bedingung ~ wird später zur Definition der Differenzierbarkeit von Funktionen mehrerer Variablen dienen.
Beweis.
(⇒)
f sei in a differenzierbar.
Setze c := f 0 (x). Definiere R(x) := f (x) − f (a) − c(x − a)
f (x)−f (a)
⇒ R(x)
− c −→ f 0 (x) − c = 0
x−a =
x−a
x→a
(⇐)
f erfülle ~
(a) ~
⇒ lim f (x)−f
=
lim
c+
x−a
x→a
x→a
R(x)
x−a
⇒ f ist in a differenzierbar mit
=c
f 0 (a)
=c
Korollar 11.2:
f differenzierbar in a ⇒ f stetig in a
(aber nicht umgekehrt, siehe Beispiel 7)
Beweis.
~ ⇒ f (x) = f (a) + c(x − a) + R(x) −→ f (a) mit R(x) −→ 0
x→a
x→a
Landau-Symbole
(z.B. g(x) = xn , a = 0) Für Funktionen f, g schreiben wir:
65
(x)
• f (x) = og(x) für x → a, falls lim fg(x)
= 0 ist, d.h. f (x) geht für x → a schneller gegen Null
x→a
als g(x)
(x) • f (x) = Og(x) für x → a, falls ∃δ, c > 0 fg(x)
≤ c ∀x mit |x − a| < δ, d.h. f (x) geht
mindestens so schnell gegen Null wie g(x); “von der selben Ordnung”
Satz 11.1 schreibt sich:
f (x) = f (a) + c(x − a) + o(x − a) für x → a
Restgliedabschätzung
von exp:
P
k
ex = nk=0 xk! + O(xn+1 ) für x → 0
11.1
Rechenregeln für Ableitungen
Satz 11.3:
(Produkt- und Quotientenregel)
Seien f, g : D → R in x ∈ D differenzierbar und λ ∈ R. Dann sind auch f + g, λf, f g
differenzierbar in x und es gilt:
(f + g)0 (x) = f 0 (x) + g 0 (x)
(λf )0 (x) = λf 0 (x)
(f g)0 (x) = f 0 (x)g(x) + f (x)g 0 (x) (P roduktregel)
Ist g(ξ) 6= 0 ∀ξ ∈ D, so ist auch
f
g
in x differenzierbar und es gilt:
0
f
f 0 (x)g(x) − f (x)g 0 (x)
(x) =
g
g(x)2
Beweis.
f + g, λf X
(f g)0 (x) = limξ→x
f (ξ)g(ξ)−f (x)g(x)
ξ−x
(Quotientenregel)
(f (ξ)−f (x))g(ξ)+f (x)(g(ξ)−g(x))
ξ−x
f (x) limξ→x g(ξ)−g(x)
=
f 0 (x)g(x) + f (x)g 0 (x)
ξ−x
= limξ→x
(x)
· limξ→x g(ξ) +
= limξ→x f (ξ)−f
ξ−x
da g in x stetig ist
0
f (ξ)
f (x)
− g(x)
(x)g(ξ)
(x)((g(ξ)−g(x))
f
g(ξ)
= limξ→x f (ξ)g(x)−f
= limξ→x (f (ξ)−f (x))g(x)−f
(x)
=
lim
ξ→x
g
g(x)g(ξ)(ξ−x)
g(x)g(ξ)(ξ−x)
ξ−x
(x)
1
limξ→x f (ξ)−f
g(x) − f (x) limξ−→x g(ξ)−g(x)
= g(x1 2 ) (f 0 (x)g(x)−f (x)g 0 (x))
= limξ→x g(x)g(ξ)
ξ−x
ξ−x
Beispiel 11.2:
7. Jede rationale Funktion ist auf ihrem Definitionsbereich differenzierbar.
2 (x)
0
2
cos0 (x)
sin 0
8. tan0 (x) = cos
(x) = sin (x) cos(x)−sin(x)
= cos (x)+sin
= cos12 (x) = 1 + tan2 (x)
cos2 (x)
cos2 (x)
Satz 11.4:
(Ableitung der Umkehrfunktion)
66
Sei I ein Intervall und f : I → R streng monoton und stetig. Ist f in x ∈ I differenzierbar mit
f 0 (x) 6= 0, so ist die Umkehrfunktion f −1 : f (I) → I in y = f (x) differenzierbar und es gilt:
(f −1 )0 (y) =
1
f 0 (x)
=
1
f 0 (f −1 (y))
Beweis.
Sei (ηn ) ⊂ f (I) eine Folge mit ηn 6= y ∀n und ηn → y. Da f −1 stetig ist (Satz 10.1) konvergiert
ξn := f −1 (ηn ) → f −1 (y) = x
−1
−1 (y)
ξ−x
1
⇒ lim f (ηηnn)−f
= lim f (ξ)−f
−y
(x) = f 0 (x)
n→∞
n→∞
Beispiel 11.3:
9. Für x ∈ R+ :
log0 (x) = (exp−1 )0 (x) =
1
exp0 (exp−1 (x))
10. Für x ∈ (−1, 1) :
1
arcsin0 (x) = sin0 (arcsin(x))
=
=
1
exp(exp−1 (x))
1
cos(arcsin(x))
| {z }
∈(− π2 , π2 )
|
{z
}
=√
=
1
x
1
1−sin2 (arcsin(x))
=
√ 1
1−x2
>0
11. Analog: Für x ∈ (−1, 1) gilt:
1
arccos0 (x) = − √1−x
2
12. Für x ∈ R:
arctan0 (x) =
1
tan0 (arctan(x))
=
1
1+tan2 (arctan(x))
=
1
1+x2
Satz 11.5:
(Kettenregel)
Sei ein f : D → R und g : E → R
Funktion mit g(E) ⊂ D ist g ind x ∈ E differenzierbar und f in g(x) differenzierbar, so ist
f ◦ g in x differenzierbar und es gilt:
(f ◦ g)0 (x) = f 0 (g(x)) · g 0 (x)
Beweis.
Sei y := g(x). Nach Satz 11.1 gilt:
g(x + h) = g(x) + g 0 (x)h + R(h)
f (y + k) = f (y) + f 0 (x)k + S(k)
S(k)
mit limh→0 R(h)
h = 0 = limk→0 k
⇒ f ◦g(x+h) = f (g(x)+g 0 (x)h + R(h)) = f (y)+f 0 (y)k(h)+S(k(h)) =
=y
f 0 (y)R(h) + S(k(h))
=:T (h)
T (h)
= 0, denn:
n→∞ h
lim f 0 (y) R(h)
h = 0 nach Voraussetzung
n→∞
0
|k(h)| = |g (x)h + R(h)| ≤ c|h| für eine
f (y) +f 0 (y)g 0 (x)h+
=(f ◦g)(x)
=:k(h)
Behauptung: lim
Konstante c ∈ R
67
cS(k(h)) ⇒ S(k(h))
≤
h
k(h) −→ 0 nach Voraussetzung
n→0
k(h)→∞
nach Satz 11.1 folgt aus Behauptung:
f ◦ g ist differenzierbar in x mit (f ◦ g)0 (x) = f 0 (y)g 0 (x)
Beispiel 11.4:
13. f (x) = xα = exp(α log(x)), x > 0, α ∈ R
f 0 (x) = exp0 (α log(x)) · α log0 (x) = xα · α ·
⇒ (xα )0 = α · xα−1
1
x
14. Die Ableitung der Umkehrfunktion
folgt aus Kettenregel:
d
f 0 (f (x)) = x ∀x dx
⇒ 1 = (f −1 )0 (f (x)) · f 0 (x)
⇒ (f −1 )0 (y) = f 01(x)
15. Anwendung (nicht rigoros):
Flächeninhalt eines Kreises vom Radius r ≥ 0
=A(r)
A(r + h) − A(r) =Flächeninhalt des Kreisringes von Radius r und Breite h
= 2π · r · h + o(h) (Beweis: später)
⇒ A0 (r) = 2π · r
⇒ A(r) = πr2 + c
A(0) = 0 = c ⇒ A(r) = πr2
11.2
Höhere Ableitung
Definition 11.2:
Sei f : D → R eine Funktion und setzte f (0) (x) := f (x)
Für k ∈ N definieren wir induktiv.
• f heißt in x ∈ D k-mal differenzierbar, falls es ein δ > 0, gibt, so dass f in D ∩ (x − δ, x + δ)
(k − 1)-mal differenzierbar ist, und die (k − 1)te Ableitung f (k−1) : D ∩ (x − δ, x + δ) → R
ist in x differenzierbar.
Wir schreiben:
k
d k−1
f (k) (x) = ddxfk (x) := dx
f
(x)
für die k-te Ableitung in x.
• f heißt in x ∈ D k-mal stetig differenzierbar, falls f in D∩(x−δ, x+δ) k-mal differenzierbar
ist, und die k-te Ableitung f (k) : D ∩ (x − δ, x + δ) → R ist in x stetig.
Beispiel 11.5:
16. sin0 (x) = sin(1) (x) = cos(x)
sin(2) (x) = − sin(x)
sin(3) (x) = − cos(x)
sin(4) (x) = sin(x) = sin(0) (x)
68
17. Übung(
x2 sin x1
x 6= 0
f (x) =
0
x=0
ist auf ganz R differenzierbar, aber die Ableitung f 0 (x) ist bei x = 0 nicht stetig.
Also: differenzierbar 6⇒ stetig differenzierbar
69
Kapitel 12
Anwendung der Differentiation
12.1
Lokale Extrema
Definition 12.1:
Eine Funktion f : D → R hat in p ∈ D ein lokales Maximum (bzw. Minimum), falls ein
δ > 0 existiert, so dass f (x) ≤ f (p) (bzw. f (x) ≥ f (p)) für alle x ∈ D mit |x − p| < δ. Gilt
f (x) = f (p) nur für x = p, so heißt das lokale Maximum (bzw. Minimum) strikt.
Ein lokales Maximum oder Minimum heißt lokales Extremum.
Satz 12.1:
(notwendige Bedingung für lokale Extrema)
Die Funktion f : (a, b) → R sei in p ∈ (a, b) differenzierbar und habe in p ein lokales Extremum.
Dann ist f 0 (p) = 0.
Beweis.
f habe in p lokales Minimum (sonst betrachte −f )
Dann gilt für |x − p| < δ : f (x) ≥ f (p)
(p)
(p)
x > p : f (x)−f
≥ 0 ⇒ limx&p f (x)−f
≥0
x−p
x−p
Falls
f (x)−f (p)
f (x)−f (p)
≤ 0 ⇒ limx%p x−p ≤ 0
x<p:
x−p
f in p differenzierbar ⇒ beide Limites = f 0 (p)
Bemerkung:
1. f 0 (p) ist notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung für lokales Extremum z.B. f (x) =
x3 hat f 0 (0) = 0, aber kein lokales Extremum in 0
2. Hat f ein (lokales) Extremum an einem Randpunkt p von [a, b] so ist nicht notwendig
f 0 (p) = 0
12.2
Mittelwertsatz
Lemma 12.2:
(Satz von Rolle)
Sei f : [a, b] → R stetig und f differenzierbar in (a, b). Ist f (a) = f (b), so gibt es ein ξ ∈ (a, b)
mit f (ξ) = 0
70
Beweis.
Falls f konstant:X
Falls f nicht konstant:
minf < maxf
[a,b]
[a,b]
⇒ f nimmt das Maximum oder Minimum an einen inneren Punkt ξ ∈ (a, b) an
⇒ f 0 (ξ) = 0
Satz 12.3:
(Mittelwertsatz)
Sei f : [a, b] → R stetig und f differenzierbar in (a, b). Dann gibt es ein ξ ∈ (a, b) mit
(a)
f 0 (ξ) = f (b)−f
b−a
Beweis.
Betrachte g(x) := f (x) −
f (b)−f (a)
x
b−a
f (b)−f (a)
⇒ g(b) − g(a) = f (b) − f (a) − b−a (b − a)
Satz v.
(a)
⇒ ∃ξ ∈ (a, b) : 0 = g 0 (ξ) = f 0 (ξ) − f (b)−f
b−a
Rolle
12.3
=0
Monotonie
Korollar 12.4:
Sei f : [a, b] → R stetig und f in (a, b) differenzierbar
1. Gilt f 0 (x) ≥ 0 (bzw. > 0, ≤ 0, < 0) ∀x ∈ (a, b), so ist f in [a, b] monoton wachsend (bzw.
streng monoton wachsend, monoton fallend, streng monoton fallend)
2. Ist f in [a, b] monoton wachsend (bzw. fallend), so ist f 0 (x) ≥ 0 (bzw. ≤ 0) ∀x ∈ (a, b)
Beweis.
1. Sei f 0 (x) ≥ 0 ∀x ∈ (a, b) (andere Fälle analog)
Annahme:
f ist nicht monoton fallend, d.h. ∃a ≤ x ≤ y ≤ b mit f (x) > f (y)
M ittelwert
⇒
satz
∃ξ ∈ (x, y) : f 0 (ξ) =
f (y)−f (x)
y−x
<0
zu f 0 (x) ≥ 0 ∀x ∈ (a, b)
2. Sei f monoton wachsend (monoton fallend analog).
Dann gilt ∀x ∈ (a, b)
f (y) − f (x)
f 0 (x) = limy&x
≥0
y−x
|
{z
}
≥0 ∀x<y
Bemerkung:
1. Insbesondere gilt:
f 0 (x) = 0 ∀x ∈ (a, b) ⇒ f ist konstant auf [a, b]
2. f streng monoton wachsend 6⇒ f (x) > 0 ∀x ∈ (a, b)
z.B. f (x) = x3
71
Satz 12.5:
(hinreichende Bedingung für lokale Extrema)
Sei f : (a, b) → R stetig und f zweimal differenzierbar in p ∈ (a, b). Gilt f 0 (p) = 0 und
f 00 (p) > 0 (bzw. < 0), so hat f in p ein striktes lokales Minimum (bzw. Maximum)
Beispiel 12.1:
Die Bedingung in Satz 12.5 ist hinreichend aber nicht notwendig
z.B. f (x) = x4 hat striktes lokales Minimum an 0, aber f 00 (0) = 0
Beweis. Sei
f 00 (p) > 0
(< 0 analog)
f 0 (x)−f 0 (p)
x−p
=0
0
f (x)−f 0 (p)
=limx→p
⇒ ∃δ > 0, so dass
> 0 ∀x 6= p mit |x − p| < δ
x−p
0
⇒ f (x) > 0 x ∈ (p, p + δ)
⇒ f 0 (x) < 0 x ∈ (p − δ, p)
Kor.
⇒ f ist streng monoton wachsend in [p, p + δ]
12.4
f ist streng monoton fallend in [p − δ, p]
⇒ f hat striktes lokales Minimum an p.
Beispiel 12.2:
Fassbau (Kepler ∼1615)
Für welche r, h wird die Oberfläche A bei gegebenen Volumen V minimal?
V
V = πr2 h = const. ⇒ h = πr
2
2V
2
A = 2πr2 + 2πrh = 2πr2 + 2πrV
πr = 2πr + r = A(r)
2V
A0 (r) = 4πr − r2 = 0
2
2
V
= πr2πh = r 2h
⇒ r3 = 2π
⇒ h = 2r
A00 (r) = 4π + 4V
> 0 ∀r > 0
r3
⇒ h = 2r minimiert A
12.4
Konvexität
Definition 12.2:
Sei I ∈ R ein Intervall.
Eine Funktion f : I → R heißt konvex (konkav), wenn für alle x1 , x2 ∈ I und 0 < λ < 1 gilt:
f (λx1 + (1 − λ)x2 ) ≤ λf (x1 ) + (1 − λ)f (x2 )
{z
} (≥)
|
x
Satz 12.6:
Sei I ein offenes Intervall und f : I → R zweimal differenzierbar. f ist genau dann konvex,
wenn f 00 (x) ≥ 0 ∀x ∈ I
Beweis.
(⇐)
Sei f 0 (x) ≥ 0 ∀x ∈ I
Nach Satz 12.4 ist f 0 monoton wachsend in I. Seien x1 < x2 ∈ I und 0 < x < 1 gegeben.
x := λx1 + (1 − λ)x2 ⇒ x1 < x < x2
Nach Mittelwertsatz ∃ξ1 ∈ (x1 , x) ξ2 ∈ (x, x2 ), so dass:
72
(x)
= f 0 (ξ1 ) ≤ f 0 (ξ2 ) = f (xx22)−f
−x
x − x1 = (1 − λ)(x2 − x1 )
(x1 )
≤
Mit
folgt: f (x)−f
1−x
x2 − x = λ(x2 − x1 )
⇒ λf (x) − λf (x1 ) ≤ (1 − λ)f (x2 ) − (1 − λ)f (x)
⇒ f (x) ≤ λf (x1 ) + (1 − λ)f (x2 )
(⇒)
Sei f konvex
Annahme: ∃p ∈ I mit f 00 (p) < 0
Betrachte g(x) := f (x) − f 0 (p)(x − p)
⇒ g 0 (p) = f 0 (p) − f 0 (p) = 0
g 00 (p) = f 00 (p) < 0
f (x)−f (x1 )
x−x1
f (x2 )−f (x)
x
Satz
⇒ g hat ein striktes lokales Maximum in p
12.5
⇒ ∃h > 0 : g(p − h) < g(p) und g(p + h) < g(p)
⇒ f (p) = g(p) > 12 (g(p − h) + g(p + h)) = 12 (f (p − h) + f (p + h))
Mit x1 := p − h, x2 := p + h und λ := 21 gilt also λx2 + (1 − λ)x2 = 21 (p − h + p + h) = p
f (λx2 + (1 − λ)x2 ) > λf (x1 ) + (1 − λ)f (x2 )
zur Konvexität von f
Beispiel 12.3:
f (x) = log x x > 0
f 0 (x) = x1
f 00 (x) = − x12 < 0
⇒ log ist konkav
⇒ log(λx1 + (1 − x)x2 ) ≥ λ log x1 + (1 − x) log x2
Da exp monoton wachsend
⇒ λx1 + (1 − λ)x2 ≥ xλ1 x1−λ
√ 2
2
z.B.: λ = 21 : x1 +x
≥
x1 x2
2
12.5
∀0 < x1 < x2 , 0 < λ < 1
Newton-Verfahren
Ziel:
Numerisches Verfahren zur Berechnung einer Nullstelle p von f : [a, b] → R mit Fehlerabschätzung, d.h. Folge (xn ) mit xn → p und |xn − p| ≤ . . .
Idee:
(hier kommen eigentlich 2-3 Graphen mit Beschriftung, nur leider habe ich keine Zeit dafür,
wer welche zeichnet darf sich gerne bei mit melden :)
f (xn ) − 0
f (xn )
= f 0 (xn ) ⇔ xn+1 = xn − 0
xn+1 − xn
f (xn )
Satz 12.7:
(Newton-Verfahren) Sei f : [a, b] → R zweimal differenzierbar mit f (a) < 0 und f (b) > 0 und
f 00 (x) > 0 ∀x ∈ [a, b]. Sei x0 ∈ [a, b] mit f (x0 ) > 0.
f (xn )
Dann konvergiert die Folge xn+1 := xn − 0
streng monoton fallend gegen die eindeutig
f (xn )
bestimmte Nullstelle p ∈ (a, b). Ist f 0 (p) ≥ c > 0 und f 00 (x) ≤ K ∀x ∈ [a, b], so gilt die
K
Fehlerabschätzung |xn+1 − p| ≤ |xn − p|2 ∀n ∈ N0 (quadratische Konvergenz)
c
73
Bemerkung: Quadratische Komvergenz
bedeutet: Ist xn auf k Dezimalstellen genau, so ist xn+1
K
Dezimalstellen
auf 2k − log
c
genau!
Beweis. 1. f hat genau eine Nullstelle p ∈ (a, b) und f 0 (p) > 0
denn: Nach Zwischenwertsatz ∃ Nullstelle p
Annahme:
f 0 (p) ≤ 0
⇒ f 0 (x) ≤ 0 ∀x ∈ [a, p]
⇒ f ist monoton fallend in [a, p]
f (a) ≥ f (p) = 0
zu f (a) < 0
Annahme:
∃ zwei Nullstellen p < q
⇒ Nach Mittelwertsatz ∃ξ ∈ [p, q] : F 0 (ξ) = 0
f
⇒
konvex
f 0 (ξ) ≥ f 0 (p) > 0
2. xn > p ∀n ≥ 0
(und damit f (xn ) > 0 und f 0 (xn ) > 0)
denn: f (x0 ) > 0 ⇒ x0 > p
Sei induktiv xn > p
⇒ Nach Mittelwertsatz ∃ξ ∈ (p, xn ) :
f (xn −0)
0
0
xn −p = f (ξ) < f (xn )
⇒ p < xn −
f (xn )
f 0 (xn )
= xn+1
n)
3. xn+1 = xn − ff0(x
(xn ) < xn
⇒ (xn ) streng monoton fallend und xn > p ∀n
⇒ xn −→ x ≥ p
n→∞
f (x)
n)
0
x = lim xn+1 = lim xn − ff0(x
(xn ) = x − f 0 (x) (wegen Stetigkeit nach f )
n→∞
n→∞
⇒ f (x) = 0 ⇒ x = p
D.h. xn −→ p
n→∞
4. Fehlerabschätzung
Nach Mittelwertsatz
∃α ∈ (p, xn ) : f (xn ) − 0 = f 0 (α)(xn − p) (1)
∃γ ∈ (α, xn ) : f 0 (xn ) − f 0 (α) = f 00 (γ)(xn − α) (2)
⇒ xn+1 − p = xn − p =
≤K
f (xn ) (1)
f 0 (xn ) =
xn − p −
f 0 (α)(xn −p) (2)
=
f 0 (xn )
≤x −p
n
z }| {
z }| {
00
f (γ)(xn − p) (xn − α)
K
=
≤ (xn − p)2
0
c
f (x )
| {zn}
≥f 0 (p)≥c>0
74
(xn − p) 1 −
f 0 (xn )−f 00 (γ)(xn −α)
f 0 (xn )
Beispiel 12.4:
f (x) = xk − a a > 0, k > 1, x ≥ 0
f 0 (x) = kxk−1
f 00 (x) = k(k − 1)xk−2 > 0 für x > 0
f (0) < 0, f (a) > 0
⇒ Newton-Verfahren ist anwendbar
Wähle x0 > 0 mit f (x0 ) > 0
xn+1 =
n)
xn / ff0(x
(xn )
√
k
= xn −
xkn −a
kxk−1
1
= xn 1 −
1
k
+
a
kxk−1
n
=
1
k
(k − 1)xn +
xn −→ a
n→∞
Dies ist das Verfahren von früher zur Berechnung der k-ten Wurzel.
75
a
x1k−1
Kapitel 13
Das Riemann-Integral
f : [a, b] → R
Idee:
Zb
f (x)dx =Fläche unter dem Graphen von f
a
1. Definition: Integral für Treppenfunktionen
2. Approximation von f durch Treppenfunktionen
Definition 13.1:
ϕ : [a, b] → R heißt Treppenfunktion, falls ∃ Unterteilung a = x0 < x1 < · · · < xn = b und
c1 , . . . , cn ∈ R, so dass ϕ(x) = ck ∀x ∈ (xk−1 , xk ), k = 1 . . . n
τ [a, b] := Menge der Treppenfunktionen [a, b] → R
Definiere das Integral von ϕ ∈ τ [a, b] durch
Zb
ϕ(x)dx :=
a
n
X
ck (xn − xn+1 )
k=1
Lemma 13.1:
Rb
ϕ(x)dx ist unabhängig von der Unterteilung.
a
Beweis.
Sei a = y0 < y1 < · · · < ym = b eine andere Unterteilung mit ϕ(x) = dl
1, . . . , m
Fall 1:
{x0 , . . . , xn } ⊂
{y0 , . . . , ym }
∀x(yl−1 , yl ), l =
Verfeinerung von {x0 ,...,xn }
d.h. ∀k : xk−1 = ylk−1 < ylk−1 +1 < · · · < ylk = xk und dlk−1 +1 = · · · = dlk = ck
Pk
⇒ lj=l
d (y − yj−1 ) = ck (xk − kk−1 )
P k−1 +1 j j
Pn
⇒ m
d
(y
j=1 j j − yj−1 ) =
k=1 ck (xk − xk−1 )
Fall 2:
{x0 , . . . , xn }, {y0 , . . . , ym } beliebig
76
{x0 , . . . , xn , y0 , . . . , ym } = {z0 , . . . , zr }
Pr
Pn
F all 1 Pm
⇒
l=1 dl (yl − yl−1 ) =
j=1 dj (zj − zj−1 ) =
k=1 ck (xk − xk−1 )
Definition 13.2:
f, g : [a, b] → R
f ≤ g :⇔ f (x) ≤ g(x) ∀x ∈ [a, b]
Lemma 13.2:
Seien ϕ, ψ ∈ τ [a, b] und λ ∈ R. Dann sind ϕ + ψ, λϕ ∈ τ [a, b] und es gilt:
Zb
Zb
(ϕ + ψ)(x)dx =
1.
a
ϕ(x)dx +
a
Zb
a
a
ϕ(x)dx (Linearität)
a
Zb
3. ϕ ≤ ψ ⇒
Zb
ϕ(x)dx ≤
a
Zc
ψ(x)dx (Monotonie)
a
Zb
ϕ(x)dx +
4.
ψ(x)dx (Linearität)
Zb
(λψ)(x)dx = λ
2.
Zb
a
Zb
ϕ(x)dx ∀c ∈ (a, b) (Additivität)
ϕ(x)dx =
c
a
Beweis.
1. oBdA (nach
Verfeinerungen): ϕ, ψ haben dieselbe Unterteilung a = x0 < · · · < xn = b
ϕ = ck
auf (xk−1 , xk )
ψ = dk
Rb
P
⇒ ϕ + ψ = ck + dk auf (xk−1 , kk ), d.h. ϕ + ψ ∈ τ [a, b] und (ϕ + ψ)(x)dx = nk=1 (ck +
a
dk )(xk − xk−1 ) =
Rb
ϕ(x)dx
a
2. ähnlich wie 1., aber eifnacher
3. oBdA : ϕ = ck , ϕ = dk auf (xk−1 , xk )
ϕ ≤ ψ ⇒ ck ≤ dk ∀k
Rb
Rb
P
P
⇒ ϕ(x)dx = nk=1 ck (xk − xk−1 ) ≤ nk=1 dk (xk − xk−1 ) = ψ(x)dx
a
a
4. Wähle Unterteilung die c enthält
Bemerkung:
1. f (b) ⇔ τ [a, b] ist ein R-Vektorraum und
Rb
: τ [a, b] → R ist eine lineare Abbildung
a
Übung: Die Dimension von τ [a, b] ist überabzählbar unendlich
d.h. @
Pendliche oder abzählbare Basis e1 , e2 , e3 , . . . , so dass jedes ϕ ∈ τ [a, b] sich eindeutig als
ϕ = endlich λi ei λi ∈ R schreiben lässt
77
Definition 13.3:
Sei f : a, b] → R eine beschränkte Funktion
Das Ober- und Unterintegral von f sind
 b

Z
ψ ∈ τ [a, b] 
• I+ (f ) := inf
ψ(x)dx ∈R
mit ψ ≥ f 

a
• I− (f ) := sup
 b
Z

a

ϕ ∈ τ [a, b] 
ϕ(x)dx ∈R
mit ϕ ≤ f 
Zb
f heißt Riemann-integrierbar, wenn I+ (f ) = I− (f ) =:
Zb
f (x)dx =:
a
f
a
Zb
Also f Riemann-integrierbar ⇔ ∀ε > 0 ∃ϕ, ψ ∈ τ [a, b] mit ϕ ≤ f ≤ ψ und
ψ(x)dx −
a
Zb
ϕ(x)dx < ε
a
Beispiel 13.1:
1. Jede Treppenfunktion ist Riemann-integrierbar
(
0 x ∈ [a, b] ∩ Q
2. f (x) :=
ist nicht Riemann-integrierbar,
1 x ∈ [a, b] \ Q
denn I+ (f ) = b − a und I− (f ) = 0
Satz 13.3:
1. Jede stetige Funktion f : [a, b] → R ist Riemann-integrierbar
2. Jede monotone Funktion f : [a, b] → R ist Riemann-integrierbar
Beweis.
1. f : [a, b] → R stetig
Nach . . . gilt: ∀ε > 0 ∃ϕ, ψ ∈ τ [a, b] mit ϕ ≤ f ≤ ψ und ψ(x) − ϕ(x) <
Lemma Rb
Rb
Rb
ε
ψ(x)dx − ϕ(x)dx ≤
b−a = ε
a
a
13.2
a
2. Sei f : [a, b] → R monoton wachsend (fallend analog)
Wähle äquidistante Unterteilung
a = x0 < x1 < · · · < xn = b, d.h. xk := a + nk (b − a)
ϕ(x) := f (xk−1 ) für x ∈ [xk−1 , xk ), k = 1, . . . , n
ψ(x) := f (xk ) für x ∈ [xk−1 , xk )
ϕ(b) = ψ(b) := f (b)
78
ε
b−a
∀x ∈ [a, b]
f monoton wachsend ⇒ ϕ ≤ f ≤ ψ
Rb
Rb
P
ψ(x)dx − ϕ(x)dx = nk=1 (f (xk ) − f (xk−1 )) (xk − xk−1 ) =
|
{z
}
a
a
b−a
n (f (x1 ) − f (x0 ) + f (x2 ) −
= b−a
n
f (x1 ) + · · · + f (xn ) − f (xn−1 )) =
Also ist f Riemann-integrierbar
b−a
n (f (b)
− f (a)) −→ 0
n→∞
Satz 13.4:
Seien f, g : [a, b) → R integrierbar und λ ∈ R.
Dann sind f + g und λf integrierbar und es gilt:
Zb
Zb
(f + g) =
1.
a
f+
a
Zb
(λf ) = λ
a
f (Linearität)
a
Zb
3. f ≤ g ⇒
Zb
f≤
a
Zc
Zb
f+
4.
g (Linearität)
a
Zb
2.
Zb
a
g (Monotonie)
a
Zb
f=
c
f
∀c ∈ (a, b) (Additivität)
a
Beweis.
1. Geg.: ε > 0
∃ϕ1 , ϕ2 , ψ1 , ψ2 ∈ τ [a, b) :
Rb
Rb
ϕ1 ≤ f ≤ ψ1 und ψ1 − ϕ1 <
ϕ2 ≤ g ≤ ψ2 und
a
Rb
a
ψ2 −
a
Rb
ϕ2 <
a
ε
2
ε
2
Rb
Rb
⇒ ϕ1 + ϕ2 ≤ f + g ≤ ψ1 + ψ2 und (ψ1 + ψ2 ) − (ϕ1 + ϕ2 ) < ε
13.2
a
a
(
)
ϕ1 ϕ2 ∈ τ [a, b]
Rb
Rb
Rb
Rb
Übg.
⇒ f + g integrierbar und (f + g) = sup
ϕ1 + ϕ2 = f+ g
ϕ1 ≤ f, ϕ2 ≤ g
a
a
2. ähnlich wie 1.
3. ähnlich wie 1.
)
(
)
(
Rb
Rb
Rb Rb 4. f = sup
ϕ ϕ ∈ τ [a, b], ϕ ≤ f ≤ sup
ϕ ϕ ∈ τ [a, b], ϕ ≤ g = g
a
a a a
79
a
a
13.1
Riemannsche Summen
f : [a, b] → R
a = x0 < x1 < · · · < xn = b Zerlegung
ξk ∈ [xk−1 , xk ] k = 1, . . . , n Stützstellen
Definition 13.4:
Die Riemannsche Summe
n
X
f (ξk )(xk − xk−1 )
k=1
max(xk − xk−1 ) 1 ≤ k ≤ n “Maschenweite” der Unterteilung
Satz 13.5:
Für jede Riemann-integrierbare Funktion f : [a, b] → R gilt:
Zb
f (x) dx =
n
X
lim
max(xk −xk−1 )→0
k
a
f (ξk )(xk − xk−1 )
k=1
Bemerkung: Dies bedeutet explizit:
Für jedes ε > 0∃δ > 0, so dass für jede Zerlegung a = x0 < · · · < xn = b mit max(xk −xk−1 ) <
k
δ und beliebige ξk ∈ [xk−1 , xk ] gilt:
b
Z
n
X
f (x) dx −
f (ξk )(xk − xk−1 ) < ε
k=1
a
Beweis.
Geg.: ε > 0
Rb
ψ(x)dx − ϕ(x)dx < 3ε
a a
ϕ = cl
⇒ ∃a = t0 < · · · < tm = b :
auf (tl−1 , tl )
ψ = dl
Sei nun a = x0 < x1 < · · · < xn = b beliebige Zerlegung mit max(xk − xk−1 ) < δ und
⇒ ∃ϕ, ψ ∈ τ [a, b] : ϕ ≤ f ≤ ψ und
Rb
k
ξk ∈ [xk−1 , xk ] beliebige Stützstellen
K := {k ∈ {1, . . . , n}|[xk−1 , xk ] entählt ein tl }
⇒ |K| ≤ 2m
Für k ∈
/ K gilt: [xk−1 , xk ] ∈ (tl−1 , tl ) für ein l
⇒ ϕ(ξk ) ≤ f (ξk ) ≤ ψ(ξk )
Daraus folgt mit M := max(|f | + |ϕ|):
[a,b]
Pn
R
f
(ξ
)(x
−
x
)
−
ϕ(x)dx
k
k
k−1
k=1
Rxk
P
P
= k∈K
f
(ξ
)
−
ϕ(ξ
)(x
−
x
)
+
f
(ξ
)(x
−
x
)
−
ϕ(x)dx
k
k
k
k−1
k
k
k−1
/
k∈K
xk−1
P
≤ k∈K (ψ(ξk ) − ϕ(ξk ))(xk − xk−1 ) + 2mδM
Zb
< 2ε
≤ (ψ(x) − ϕ(x))dx + |2mδM
3
{z }
|a
ε
< 3ε für δ< 6mM
{z
< 3ε
}
80
Rb
Rb Mit f − ϕ <
a
a ε
3
folgt die Behauptung
Beispiel 13.2:
3. f (x) = ex auf [a, b] stetig → integrierbar
Berechnung durch Riemannsche-Summen:
xk := a + b−a
n k k = 0, . . . , n
ξk := xk−1 Nach Satz 13.5 gilt:
n−1
Zb
n
n
X
b − a a X b−a k
b − a X a+ b−a (k−1)
x
xk−1
n
= lim
e dx = lim
e
xk − xk−1 = lim
e
e
e n
n→∞
n→∞
| {z } n→∞ n
n
k=1
k=1
b−a
a
|k=0 {z ! }
n
b−a
1− e n
=
= (b − a)ea (1 − eb−a ) lim
n→∞
1
1
= (b − a)(ea − eb )
n 1 − e b−a
n
1
!
lim n
n→∞ b−a
b−a
n
1 − |{z}
e
(b − a)
=x
=
limx→0
ea − eb
1
(1 − ex )
x
| {z }
ea − eb
=
= eb − ea
−1
=1−1−x+O(x2 )
Satz 13.6:
(verallgemeinerter Mittelwertsatz der Integralrechnung)
Sei f : [a, b] stetig und g[a, b] integrierbar mit g(x) ≥ 0∀x. Dann ∃ξ ∈ [a, b], so dass
Zb
Zb
f (x)g(x)dx = f (ξ)
a
g(x)dx
a
Spezialfall g = 1
Mittelwertsatz der Integralrechnung
Zb
f (x) dx = f (ξ)(b − a)
a
Beweis.
m := minf
M := maxf
[a,b]
[a,b]
g≥0
⇒ mg ≤ f g ≤ M g
Rb
Rb
Rb
⇒
m g ≤ fg ≤ M g
M onotonie
a
⇒ ∃c ∈ [m, M ] :
a
Rb
a
a
Rb
fg = c g
a
Nach Zwischenwertsatz ∃ξ ∈ [a, b] : f (ξ) = c
81
b−a
1−e n
n
Kapitel 14
Integration und Differentiation
I Intervall (eigentlich oder uneigentlich)
Definition 14.1:
Eine differenzierbare Funktion F : I → R heißt Stammfunktion von f : I → R, falls
F0 = f
Theorem 14.1:
Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung
Sei f : I → R stetig und a, b ∈ I
1. F (x) :=
Rx
f (x) dt ist eine Stammfunktion von f
a
2. Sind F, G Stammfunktionen von f , so ist F − G konstant
3. Für jede Stammfunktion F von f gilt:
Zb
f (x) dx = F (b) − F (a)
a
D.h.:
d
dx
{stetig differenzierbare Funktion} {stetige Funktion}
Rx
a
sind Inverse von einander (bis auf Konstante)
Beweis.
1. F (x + h) − F (x) =
x+h
R
f (x) dt
x
Nach Mittelwertsatz der Integralrechnung ∃ξh ∈ [x, x + h] :
x+h
R
f (x) dt = f (ξh )h
x
⇒ limh→0
F (x+h)−F (x)
h
= limh→0 f ( ξh ) = f (x), da f stetig in x
−→x
h→0
82
2. F, G Stammfunktion von f ⇒ (F − G)0 (x) = f (x) − f (x) = 0 ∀x ∈ I
Kor12.4
⇒
F − G ist konst
3. Sei F Stammfunktion von f
Rx
1. 2.
⇒ F (x) = f (x) dt + c für ein c ∈ R
a
⇒ F (b) − F (a) =
Rb
f (x) dt + c −
a
Ra
f (x) dt − c =
a
|
{z
}
Rb
f (x) dt
a
0
Notation
• Für a > b def.:
Rb
Ra
f (x) dx := − f (x) dx
a
b
• F (b) − F (a) =: [F (x)]ba =: F (x)|ba
R
• F (x) = f (x)dx heißt: F ist eine Stammfunktion von f (eindeutig bis auf Konstanten)
14.1
Zb
1.
a
Zb
2.
Integrale elementarer Funktionen
b
xs+1 für s ∈ R : s 6= 1 a, b > 0
x dx =
s + 1 a für s ∈ N : a, b beliebig
s
1
dx = log x|ba
x
a, b > 0
a
Für a, b < 0 :
Zb
⇒
Za
⇒
d
1
1
log(−x) = −
=
dx
−x
x
1
dx = log(−x)|ba
x
a, b < 0
1
dx = log |x| x 6= 0
x
Z
sin(x)dx = − cos(x)
3.
Z
cos(x)dx = sin(x)
Z
4.
Z
5.
ex dx = ex
1
dx = arcsin(x) |x| < 1
1 − x2
Z
1
dx = arctan(x)
1 + x2
√
83
Z
6.
1
dx = arsinh(x)
1 + x2
Z
1
√
dx = arcosh(x) |x| > 1
2
x −1
Z
1
dx = artanh(x)
1 − x2
√
P (x)
7. Jede rationale Funktion Q(x)
kann durch Polynomdivision und Partialbruchzerlegung als
Linearkombination von Termen folgender Art geschrieben werden:
1
Polynom, x+c
, x2x+c , x21+c
⇒ Finden Stammfunktion:
1
1
1
2
2
z.B. 1−x
|x| =
6 1
2 = 1−x + 1+x
R 1
6.
1+x 1
1
⇒ 1−x2 = 2 (log |1 + x| − log |x − 1|) = 2 log x−1 = artanh(x)
|x|<1
14.2
Integrationsmethoden
Satz 14.2:
Substitution
Sei f : I → R stetig und ϕ : [a, b] → R stetig differenzierbar mit ϕ([a, b]) ⊂ I. Dann gilt:
Zb
ϕ(b)
Z
f (ϕ(t))ϕ (t)dt =
f (x) dx
0
a
ϕ(a)
Beweis.
Sei F : I → R Stammfunktion von f
⇒ (F ◦ ϕ)0 (t) = F 0 (ϕ(t))ϕ0 (t) = f (ϕ(t))ϕ0 (t)
ϕ(b)
R
Rb
ϕ(b)
⇒ f (ϕ(t))ϕ0 (t)dt = F ◦ ϕ(t)|ba = F (x)|ϕ(a) =
f (x) dx
a
ϕ(a)
R
Merkregel: Ersetze in f (x)dx jedes x durch ϕ(t) :
f (x) → f (ϕ(t))
0
dx → d(ϕ(t)) = d·ϕ(t)
dt · dt = ϕ (t)dt
Integrationsgrenzen ϕ(a), ϕ(b) für x → Integrationsgrenzen a, b für t
Beispiel 14.1:
8. Fläche des Einheitskreises {z ∈ C||z| ≤ 1}
π
π
− π2
R1 √
R2 p
R2
R
2
2
2
Fläche = 2 ·
1 − x dx = 2
1 − sin (t) cos(t)dt = 2
cos (t)dt = 2
sin2 (t)dt
{z
}
π |
π
π
−1
−
−
2
=π
=cos(t)
Satz 14.3:
(partielle Integration)
84
2
2
Seien f, g : [a, b] → R stetig differenzierbar. Dann gilt:
Zb
0
f (x)g (x)dx =
Zb
f (x)g(x)|ba
−
a
f 0 (x)g(x)dx
a
Beweis.
F := f · g
Nach Produktregel gilt:
F 0 (x) = f (x)g 0 (x) + f 0 (x)g(x) =
Rb
f (x)g 0 (x)dx +
Rb
a
f 0 (x)g(x)dx =
a
Rb
F 0 (x)dx = F (x)|ba =
a
f (x)g(x)|ba
Beispiel 14.2:
9.
R
log(x)dx |part.
Integration: f (x) = log(x), g(x) = x
R
= x · log(x) − x1 · x dx = x(log(x) − 1)
10. Für m ∈ No betrachte die Integrale Im :=
Rb
sinm (x) dx |f (x) = sinm−1 x, g(x) =
a
− cos x, (m ≥ 2)
Rb
2
= − sinm−1 x · cos x|ba + (m − 1) sinm−2 x · cos
| {z x} dx
a
=1−sin2 x
m−1
x · cos x|ba + (m − 1)Im−2
= − sin
m−1
⇒ Im = − sin mx cos x |ba + m−1
m Im−2
Jetzt: a = 0, b = π2 :
Im = m−1
m Im−2 m ≥ 2
π
I0 = 2
− (m − 1)Im
m≥2
π
I1 =
R2
π
sin x dx = − cos x|02 = 1
0
Ind
(2n−1)(2n−3)·...·3·1 π
·2
2n(2n−2)·...·4·2
2n(2n−2)·...·4·2
I2n+1 = (2n−1)(2n−3)·...·5·3 · 1 Betrachte Grenzwerte
Nach Definition von Im :
∀x ∈ [0, π2 ] : sin2n+2 x ≤ sin2n+1 x ≤ sin2n x
⇒ I2n+2 ≤ I2n+1 ≤ I2n
⇒ I2n =
Übung: limm→0 Im = 0
lim I2n+2
= lim
2n
2n+1
n→∞ 2n+2
n→∞
≤ lim
n→∞
für n → ∞ :
=1
I2n+1
I
≤ lim I2n =1
I2n
n→∞ 2n
=(2n)2
I2n+1
n→∞ I2n
⇒ 1 = lim
z}|{
2n·2n ··· ·2
(2n+1)(2n−1) ··· ·π
n→∞ |
{z
}
= lim
=
2
π
4n2
n=1 4n2 −1
Q∞
=4n2 −1
Korollar 14.4:
Wallissches Produkt
∞
Y
π
4n2
=
2
4n2 − 1
n=1
85
14.3
Uneigentliche Integrale
Definition 14.2:
1. Sei f : [a, b) → R inegrierbar über jedes kompaktes Teilintervall [a, β] ⊂ [a, b) (b = ∞
möglich)
Zb
Zb
Zβ
Das Integral
f (x) dx heißt konvergent, falls
f (x) dx := lim f (x) dx existiert.
β%b
a
a
a
Analog für f : (a, b] → R
Zb
Zb
f (x) dx := lim
2.
f (x) dx (falls existent)
α&a
a
α
3. Sei f : (a, b) → R integrierbar über jedes kompaktes Teilintervall [α, β] ⊂ (a, b) und sei
c ∈ (a, b) beliebig.
Zb
Zc
Zb
f (x) dx heißt konvergent, falls f (x) dx und f (x) dx konvergieren und wir setzen
a
a
Zb
Zc
f (x) dx :=
a
c
Zb
f (x) dx +
a
f (x) dx
c
Beispiel 14.3:
11.
• f (x) = xs x ∈ (0, ∞), s ∈ R
R1 s
x dx konvergent für s > −1, nicht für s ≤ −1
0
denn:
s > −1 : ε > 0 :
R1
xs dx =
ε
1
xs+1 s+1 ε
=
1
s+1
−
εs+1
1
s+1 −→
ε→0 s+1
s ≤ −1 : ∀x ∈ (0, 1] ist xs ≤ x−1
R1
R1
⇒ x3 dx ≥ x1 dx = − log ε −→ ∞
ε
•
R∞
•
R∞
ε
ε→0
xs dx konvergiert für s < −1, nicht für s ≥ −1 (analog: Übung)
1
xs dx konvergiert für kein s ∈ R
0
12. Die Gamma-Funktion
R∞
Γ(x) := tx−1 e−t dt x > 0
a
Lemma 14.5:
Γ(x) konvergiert für alle x > 0
86
Beweis.
f (t) := tx−1 · e−t t ∈ (0, ∞), x > 0
e := 1
Für 0 < ε < ε0 ≤ 1 gilt:
0
ε0
R1
1
ε
R
R R x−1 −t
e
dt ≤ tx−1 dt −→
0 für x > 0 nach Bsp 11.
f − f = t
|{z}
ε
ε,ε0 →0
ε
ε
ε0 ≤1
R1
⇒ f konvergent.
0
Es gilt: limt→∞ tx+1 e−t = 0
⇒ ∃t0 > 0 : tx−1 e−t ≤ t12 ∀t ≥ t0
Dann
R < R0 : 0 gilt für
t0 <
0
RR
RR RR x−1 −t RR0 1
f
−
f = t e dt ≤ t2 dt −→
0 nach Bsp 11.
1
R
R
R,R0 →0
1 R∞
R∞
⇒ konvergiert ⇒ konvergiert
1
0
Satz 14.6:
Γ(x + 1) = x · Γ(x) ∀x > 0
Γ(n + 1) = n! ∀n ∈ N0
Beweis.
partielle Integration:
R∞ x −t
e
dt (x > 0)
Γ(x + 1) = |{z}
t |{z}
0
g0
f
∞ R∞
= −tx e−t 0 + xtx−1 e−1 dt = xΓ(x)
| {z } 0
=0
R∞
Γ(1) =
0
Induktion
⇒
∞
e−t dt = −e−t 0 = 1
Γ(n + 1) = nΓ(n) = n · (n − 1) · · · · · 1 · Γ(1) = n!
Bemerkung:
1. Γ(x + 1) ist also eine Fortsetzung von n! auf alle x > 0
Γ(x) ist unendlich oft differenzierbar, sogar “reell analytisch” (später)
Daraus erhält man Aussagen über n!, z.B. die Stirlingsche Formel
lim √
n→∞
2. Γ
1
2
=2·
=
R∞
R∞ 1
0
n!
=1
2πnnn e− n
1
t− 2 e−t dt |t = x2 dt = 2xdx
0
−x2
xe
· x dx
87
R∞
=
2
später
e−x dx =
√
π
−∞
Satz 14.7:
(Integral-Vergleichs-Kriterium für Reihen)
Sei f : [1, ∞) → R monoton fallend, f ≥ 0. Dann gilt:
∞
X
Z∞
konvergent ⇔
n=1
f (x) dx konvergent
1
Beweis.
Def.: ϕ, ψ : [1, ∞) →
R
ψ(x) := f (n)
für x ∈ [n, n + 1)
ϕ(x) := f (n + 1)
⇒ϕ≤f ≤ψ
RN
RN
RN
P
P −1
⇒ N
=
ϕ(x)
dx
≤
f
(x)
dx
≤
ψ(x) dx = N
n=2
n=1 f (n)
(⇐)
R∞
1
1
f (x) dx konvergiert ⇒
1
(⇒)
⇒
P∞
R∞
n=1 f (n) konvergiert ⇒
1
P∞
n=2 f (n)
R∞
konvergiert
f (x) dx monoton wachsend in R und von oben beschränkt
1
f (x) dx konvergiert
1
R∞ 1
Beispiel 14.4:13.
xs dx konvergiert für s > 1 (Bsp. 11)
1
P∞ 1
⇒ n=1 ns konvergiert für alle s > 1 (früher: für alle s > 1, s ∈ Q)
Riemannsche Zeta-Funktion ζ(s)
Riemannsche-Vermutung:
Alle Nullstellen s ∈ C von ζ(s) außer −2, −4, −6, . . . haben Re(s) =
88
1
2
Kapitel 15
Konvergenz von Funktionsfolgen
(Cauchy, Cour d’Analyse 1821)
Sei fn : [a, b] → R eine Folge stetiger Funktionen und f (x) = lim fn (x) ∀x ∈ [a, b]. Dann
n→∞
ist f stetig.
Geg.: x ∈ [a, b], ε > 0
Es gilt: für y ∈ [a, b] :
|f (x) − f (y)| ≤ |f (x) − fn (x)| + |fn (x) − fn (y)| + |fn (y) − f (y)| < ε für |x − y| < δ
|
{z
} |
{z
} |
{z
}
< 3ε für n≥N
da fn (x)→f (x)
< 3ε für |x−y|<δ
da fn stetig
< 3ε für n≥N
da fn (y)→f (y)
⇒ f stetig in x
Beispiel 15.1:
1. fn (x) = xn
x ∈ [0, 1]
(
0 x ∈ [0, 1)
fn (x) −→
f (x) =
n→∞ nicht stetig
1 x=1
Erklärung (Seidel 1948)
fn (x) → f (x) = 0 für x < 1 konvergiert immer langsamer für x nahe an 1
Brauchen “gleichmäßige Konvergenz”
In diesem Kapitel alles in C statt in R!
stetig
Definition 15.1:
Sei D ⊂ C. eine Funktion f : D → C heißt stetig in z ∈ D, falls
lim f (w) = f (z)
w→z
d.h. für jede Folge (wn ) ⊂ D mit wn → z gilt:
f (wn ) → f (z)
Definition 15.2:
Sei D ∈ C; f, fn : D → C, n ∈ N
1. Die Folge (fn ) konvergiert punktweise gegen f , falls
lim fn (z) = f (z) ∀z ∈ D
n→∞
89
d.h. ∀z ∈ D ∀ε > 0 ∃N = N (z, ε) :
|fn (z) − f (z)| < ε ∀n ≥ N
2. Die Folge (fn ) konvergiert gleichmäßig gegen f , falls
∀ε > 0 ∃N = N (ε) : |fn (z) − f (z)| < ε ∀n ≥ N, ∀z ∈ D
Wichtig: N hängt nicht von z ab!
Satz 15.1:
Sei fn : D ⊂ C → C eine Folge stetiger Funktionen, die gleichmäßig gegen f : D → C
konvergiert. Dann ist f stetig.
Beweis. Geg.: z ∈ D, ε > 0
Wegen gleichmäßiger Konvergenz fn → f ∃N = N (ε) : |fn (w)−f (w)| <
fN stetig in z
⇒ ∃δ > 0 : [|z − w| < δ ⇒ |fN (z) − fN (w)| < 3ε ]
Für w ∈ D mit |z − w| < δ gilt dann:
|f (z) − f (w)| ≤ |f (z)| − fN (z) + |fN (z)| − fN (w) + |fN (w)| − f (w) < ε
|
{z
} |
{z
} |
{z
}
< 3ε
< 3ε
< 3ε
⇒ f stetig in z
Beispiel 15.2:
(
0 x ∈ [0, 1)
1. fn (x) =
−→ f (x) =
n→∞
1 x=1
fn → f punktweise, aber nicht gleichmäßig!
Für x < 1 :
|fn (x) − 0| < ε
⇔ xn < ε
⇔ n log x < log ε
ε
⇔ n > log
log ε = N (x, ε)
−→ ∞
xn
x%1
Also keine gleichmäßge Konvergenz
Definition 15.3:
f : D ⊂ C → C Definiere Supremumsnorm von f
||f ||D := sup |f (z)| ∈ R≥0 ∪ {∞}
z∈D
Es gilt:
1. f beschränkt ⇔ ||f ||D < ∞
2. fn : D → C konvergiert gleichmäßig gegen f
⇔ limn→∞ ||fn − f ||D = 0
denn: ||fn − f ||D < ε
⇔ |fn (z) − f (z)| < ε ∀z ∈ D
90
ε
3
∀n ≥ N ∀w ∈ D
Satz 15.2:
(Konvergenzkriterium von Weierstraß)
Seien fn : D → C stetige Funktionen, so dass
⊂C
∞
X
||fn ||D < ∞
n=0
Dann konvergiert die Reihe
∞
X
fn absolut und gleichmäßig auf D gegen eine stetigt Funktion
n=0
F :D→C
Beweis.
1. Für z ∈ D:
P
|fn P
(z)| ≤ ||fn ||D ∀n und ∞
n=0 ||fn ||D < ∞
f
(z)
=:
F
(z)
konvergiert
nach Majorantenkriterium
(absolut)
⇒ ∞
n=0 n
Pn
Dies definiert eine Funktion F : D → C, nd Fn := k=0 fk → F punktweise
2. Behauptung: F : n → F gleichmäßig
denn: Geg.: ε > P
0
⇒ ∃N = N (ε) : ∞
k=n+ ||fk ||D < ε ∀n ≥ N
Für alle z ∈ D; n ≥
P∞
P∞
PN :
|F (z) − fn (z)| = | ∞
k=n+1 ||fk ||D < ε
k=n+1 |fk (z)| ≤
k=n+1 fk (z)| ≤
Satz
⇒ F stetig
15.1
15.1
Potenzreihen
f (z) =
∞
X
cn (z − a)n
cn , a ∈ C
n=0
Satz 15.3:
Die Potenzreihe f (z) =
Dann konvergiert
∞
X
∞
X
cn (z − a)n konvergiere für ein z0 ∈ C, z0 6= a.
n=0
cn (z − a)n für jedes r < |z0 − a| absolut und gleichmäßg auf dem Kreis
n=0
K(a, r) := {z ∈ C||z − a| ≤ r}
Beweis.
P
fn (z) := cn (z − a)n , d.h. f (z) = P∞
n=0 fn (z)
Nach Vorraussetzung konvergiert ∞
n ∈ N0
n=0 fn (z0 ) ⇒ |fn (z0 )| ≤ M
Für jedes z ∈ K(a, r) gilt:
n
n z−a n
mit θ := |z0r−a| < 1
|fn (z)| = |cn (z − a) | = |cn (z0 − a) | {z
} z0 − a |
| {z }
≤M
≤θ
91
P∞ n
P
⇒ ∞
n=0 θ konvergiert (geom. Reihe)
n=0 |fn (z)| ≤ M
n
⇒P
||fn ||D ≤ M θ
P∞ n
⇒ ∞
n=0 ||fn ||D ≤ M
n=0 θ konvergiert
P∞
Satz
⇒ f = n=0 fn konvergiert absolut und gleichmäßig in D = K(a, r)
15.2
Korollar 15.4:
In
von Satz 15.3 konvergiert die formal differenzierte Potenzreihe g(z) :=
P∞der Situation n−1
ebenfalls absolut und gleichmäßig auf K(a, r)
n=1 n cn (z − a)
Beweis.
Wie im Beweis von Satz 15.3:
gn (z) := n cn (z − a)n−1
||gnP
|| ≤ n M θn−1 D P
= K(a, r), θ < 1
∞
n−1 konvergiert (Quotientenkriterium)
⇒ ∞
||g
||
≤
M
n
D
n=1 nθ
n=1
P
Satz
∞
⇒
n=1 gn konvergiert absolut und gleichmäßig auf K(a, r)
15.2
Bemerkung:
Insbesondere sind f und g stetig auf K(a, r)
Später: g = f 0
Definition 15.4:
P
n
Der Konvergenzradius der Potenzreihe ∞
n=0 cn (z − a) ist
( ∞
)
X
n
R = sup r cn (z − a) konvergiert in K(a, r) ∈ R≥0 ∪ {∞}
n=0
Aus Satz 15.3 folgt:
•
◦
P
n=0∞ cn (z
− a)n konvergiert absolut im offenen Kreis K(a, R) := {z ∈ C||z − a| < R}
◦
Aber die Konvergenz ist i.A. nicht gleichmäßig auf K(a, R)
• außerhal̈b von K(a, R): Divergenz
• Auf {z||z − a| = R} ist Konvergenz oder Divergenz möglich
Beispiel 15.3:
2.
P∞
− a)n = ez−a konvergiert ∀z ∈ C ⇒ R = ∞
3.
P∞
− a)n konvergiert nur für z = a ⇒ R = 0
4.
P∞
1
n=0 n! (z
n=0 n!(z
(−1)n−1 n
z =: f (z)
Pn∞ (−1)n−1
f (1) = n=1
P∞ n 1 konvergiert (Leibniz)
f (−1) = − n=1 n divergiert (harmonische
n=1
Reihe)
⇒R=1
Berechnung des Konvergenzradius
92
Definition 15.5:
(an )n∈N beschränkte Folge reeller Zahlen
⇒ (supak )n∈N monoton fallende Folge, von unten beschränkt
k≥n
⇒ lim sup an := lim (sup ak ) Limes Superior
n→∞ k≥n
n→∞
Analog: Limes Inferior lim inf an := lim ( inf an )
n→∞
z.B. an = n1 + (−1)n
lim sup an = +1 6= sup an =
lim inf an = −1 = inf an
lim an existiert nicht
n→∞ k≥n
2
3
n→∞
Satz 15.5:
(Wurzelkriterium)
∞
X
Die Reihe
cn , cn ∈ C
n=0
p
1. konvergiert, falls lim sup n |cn |[n] < 1
p
2. divergiert, falls lim sup n |cn | > 1
p
n
Beweis. 1. lim sup
|cn |[n] < 1
p
n
⇒P
∃n0 ∈ N : |cP
n |[n] ≤ θ < 1 ∀n ≥ n0
∞
n
⇒ P∞
|c
|
≤
n=n0 n
n=n0 θ konvergiert
∞
⇒ n=0 cn konvergiert (absolut) nach Majorantenkriterium
p
2. lim p
sup n |cn |[n] > 1
⇒ n |cn |[n] > 1 für unendlich viele n
⇒P
|cn | > 1 für unendlich viele n
⇒
cn konvergiert nicht (Lemma 7.1)
Korollar 15.6:
P
n
Der konvergenzradius von ∞
n=0 cn (z − a) ist
R=
1
p
lim sup n |cn |
n→∞
p
Beweis. L := lim sup n |cn |
Nach Satz 15.5 gilt:
p
Falls lim sup n |cn (z − a)n | < 1 ⇒ Konvergenz ⇒ R ≥
=
|z − a| · L
p=
Falls lim sup n |cn (z − a)n | > 1 ⇒ Divergenz
Beispiel 15.4:
93
⇒R≥
1
L




1
L



⇒R=
1
L
2.
P∞
1
n
n=0 n! (z − a)
1 q
R=
lim sup
|
3.
1
n!
}
=0
P∞
R
n
n=0 n!(z − a)
1 √
= lim sup
=
n
n!
|
4.
n
{z
= ez−a
=∞
P∞
{z
=∞
0
}
(−1)n−1 n
z
n
1 q
=
1
lim sup n n
n=1
R=
|
{z
=1
1
}
Identitätssatz
Für Polynome P (z), Q(z) vom Grad n gilt:
Falls P (zi ) = Q(zi ) für n + 1 verschiedene z1 . . . zn+1 ∈ C ⇒ P = Q
Verallgemeinerung für Potenzreihen
Satz 15.7:
(Identitätssatz für Potenzreihen)
∞
∞
X
X
n
Seien f (z) =
an z , gn (z) =
bn z n
n=0
(an , bn ∈ C) zwei Potenzreihen mit positiven Kon-
n=0
vergenzradien.
Gilt f (zn ) = g(zn ) für eine Folge von zn ∈ C, zn 6= 0 zn −→ 0, so ist an = bn
n→∞
f =g
Beweis. h0 (z) := f (z) − g(z) =
=c0
P∞
n=0 cn z
n, c
n
∀n ∈ N0 , d.h.
= an − bn
◦
definiert eine stetige Funktion auf K(0, R)
h0 (zn ) = 0 ∀n, zn → 0 ⇒ h0 (0) = lim h0 (zn ) = 0
h0 stetig
P∞
P
n =z·
c
z
cn+1 z n
⇒ h0 (z) = ∞
n=1 n
| n=0{z
}
=:h1 (z) Potenzreihen mit demselben Konvergenzradius R>0
h0 (zn ) = 0 ∀n
zn h1 (zn ), zn 6= 0 ⇒ h1 (zn ) = 0 ∀n
⇒ h1 (0) =
lim h1 (zn ) = 0
=c1
h1 stetig n→∞
Beispiel 15.5:
5. Sanskrit-Dichtung (Hemachandra ca. 1150 AD)
• kurze Silbe: 1 Schlag
− lange Silbe: 2 Schläge
Fn := Anzahl der Möglichkeiten, lange und kurze Silben auf n Schläge zu verteilen
F1 = 1: •
F2 = 2: ••, −
F3 = 3: •••, •−, −•
F4 = 5: ••••, ••−, •−•, −••, −−
94
F5 = 8:
Fibonacci: 1202 AD:
Fn = Anzahl der Kaninchenpaare im n-ten Monat
• Kaninchen sind nach 1 Monaz zeugungsfähig
• Jedes zeugungsfähige Paar zeugt jeden Monat ein neues Paar
Sanskrit-Dichtung:
Rekursionsformel:
Fn+1 = Fn + Fn−1
F0 := 1; F1 := 1
Berechnung der Fn
Betrachte
Potenzreihe
Pdie
∞
f (z) := n=0 Fn z n z ∈ C
Fn+1
Fn−1
Fn
Fn = Fn + Fn ≤ 2
Quot.
= Konvergenzradius R ≥
Krit.
1
2
Für |z| < 12 gilt: P
P∞
P∞
n+2
n+1 −
n
(1 P
− z − z 2 )f (z) P
= ∞
n=0 Fn z
n=0 Fn z −P n=0 Fn z
∞
∞
∞
Fn−1 z n − n=2 Fn−2 z n
= n=0 Fn z n − n=1
P∞
= F0 + F1 z − F0 z + n=2 (Fn − Fn−1 − Fn−z )z n = 1
| {z }
|
{z
}
=0
=0
∀n≥2
1
1
⇒ f (z) = 1−z−z
2 für |z| < 2
Partialburchzerlegung:
z2 + z − 1 =
(z + λ)(z + µ)
√
√
1+ 5
mit λ = 2 > 12 µ = 1−2 5 < − 12
1
√
√1
1
5
5
⇒ 1−z−z
2 = − z+λ + z+µ
= − √15λ · 1+1 z + √15µ · 1+1 z
P λ (−1)n n µ 1 P∞ (−1)n n
√
= − √15λ ∞
n=0 λn z + 5µ
n=0 µn z
P∞ (−1)n
1
1
= n=0 √5 (− λn+1
+ µn+1
)z n
P∞
= n=0 Fn z n für |z|< 12
n
Identitätssatz
(−1)n µn+1 −λn+1
1
1
√
√
⇒
Fn = (−1)
−
+
=
n+1
n+1
λ
µ
(λ,µ)n+1
5
5
| {z }
=−1
⇒
√ n+1 √ n+1
1+ 5
− 1−2 5
2
λn+1 − µn+1
√
Fn =
=
λ−µ
5
verblüffenderweise natürliche Zahlen!
F0 = 1
F1 = λ + µ = 1
√
√
F2 = λ2 + λµ +µ2 = 1+2 4 5+5 + 1−2 4 5+5 = 2
|{z}
=−1
Bemerkung
√
1+ 5
λ=
heißt der Goldene Schnitt
2
95
Abbildungsverzeichnis
8.1
sin x un cos x am Einheitskreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
9.1
Graphen der Funktionen Beispiel 9.1 1.-5. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48
10.1 sin x und cos x für x > 0 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60
10.2 arcsin x und arccos x . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61
10.3 links: tan x, rechts: arctan x . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61
96
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