75. Jahrestag der Invasion auf Kreta 1945 erhielt der Schriftsteller Nikos Kazantzakis den Auftrag der griechischen Regierung, auf seiner Heimatinsel Kreta deutsche Kriegsverbrechen zu dokumentieren. Vom 29. Juni bis zum 6. August reiste er gemeinsam mit dem Nationalökonomen Kalitsounakis, dem Philologen Kakridis und dem Fotografen Koutoulakis auf die Insel, um Zeugenaussagen und Beweise zu sammeln. Im Außenministerium verschwand der Bericht – offensichtlich im Interesse der guten Beziehungen zur Bundesrepublik Deutschland. Nach dem Fund einer Kopie in Iraklion wurde er 1983 publiziert unter dem Titel »Bericht der Zentralen Kommission zur Feststellung der Gräueltaten auf Kreta«. Nikos Kazantzakis im Gespräch mit zwei Dorfbewohnerinnen Eine aktuelle Ausstellung auf Kreta mit den historischen Fotos von Koutoulakis widmet sich den Gräueltaten und Zerstörungen durch die deutsche Wehrmacht. Wir wollen einen kleinen Einblick in die Ausstellung geben, ergänzt durch weitere Dokumente und Fotos. Sie zeigen die Täter, ihre verbrecherischen Befehle und die völkische Tradition, die auch heute noch in Deutschland gepflegt wird. Gedenken heißt für uns, sich einzumischen – gegen stattfindende und geplante Kriege und für die Rechte der Opfer. Wir danken Karina Raeck, Eberhard Rondholz und Dr. Martin Seckendorf für ihre Mitarbeit. Initiative Deutschlands unbeglichene Schuld(en) Berliner Gesellschaft für Faschismus- und Weltkriegsforschung e.V. Werketage e.V. Zeit des Schreckens Kriegsverbrechen der Wehrmacht auf Kreta Im April 1941 überfiel die Wehrmacht Griechenland. Nachdem das Festland unterworfen war, begann ab 20. Mai 1941 unter der Deckbezeichnung »Merkur« die Invasion Kretas. Die »Festung Kreta« sollte als Militärstützpunkt die deutsche Herrschaft im östlichen Mittelmeer sichern und Aggressionen gegen die Anrainerstaaten unterstützen. Für die Bevölkerung begann eine über vier Jahre andauernde Zeit des Schreckens. Aus Rache für die unerwartet hohen Verluste bei der Landung und um die Bevölkerung zur Duldung der Besetzung, der ungeheuren wirtschaftlichen Ausplünderung sowie zur Arbeit für die Deutschen zu zwingen, errichtete die Wehrmacht ein grausames Okkupationsregime. Am 9. Mai 1945 kapitulierten die deutschen Truppen auf der Insel gegenüber den britischen Streitkräften. Die deutschen Soldaten behielten jedoch ihre Waffen und traten in Westkreta im Auftrage der Briten als »Ordnungsmacht« vor allem gegen die linksgerichtete Widerstandsbewegung EAM auf. Die Wehrmacht führte ihre »Säuberungsaktionen« fort. Auch nach der Kapitulation wurden Todesurteile gefällt und vollstreckt. Erst im Juli 1945 wurden die Wehrmachtsangehörigen entwaffnet und als Kriegsgefangene nach Ägypten verbracht. Die Wehrmacht hatte etwa 8.000 kretische Zivilisten ermordet und flächendeckende Verwüstungen, darunter mehr als 30 komplett zerstörte Dörfer, hinterlassen. Das vergossene Blut und die Tränen der Mütter auf Kreta bildeten einen stetig anschwellenden Strom. »Jede griechische Landschaft ist so sehr von Glück und Unglück getränkt, so sehr von menschlichem Kampf erfüllt, dass sie sich zu einer strengen Lehre erhebt, der man sich nicht entziehen kann, sie wird zum Schrei, den man verpflichtet ist zu hören.« Nikos Kazantzakis Orte des Schreckens ● Kastélli Kissámou Potamída ● ● Drapaniás Plataniás, Galatás ● ● ● ● Chaniá, Mourniés ● Kondomari ● Kyrtomádos ● ● Mesklá, Aptera Maláthyros ● Vatólakkos ● ● Fournés ● ● Lóulos, Gerólakkos ● ● Aletrouvári, Samonás ● Kakópetros Sirikár, Tsourounianá ● ● ● Alikianós ● Katochóri ● Kaláthaines ● Karés ● Flória Límni ● Livadás ● Über 100 Städte und Dörfer werden benannt im »Bericht der Zentralen Kommission zur Feststellung der Gräueltaten auf Kreta«. Die Karte zeigt 80 Orte schlimmster Kriegsverbrechen der Wehrmacht. ● Kándanos ● Skinés ● Chamalévri Misíria ● ● Astéri ● Damásta ● Kamariótis ● Koustogérako ● Anógia Kallikrátis ● Moní ● ● Kalí Sykiá ● Koxaré ● Christós ● Drygiés Krýa Vrýsi ● ● Sitía ● Amári ● Agios Geórgios ● Gérgeri Lochriá ● ● Kamáres Magarikári ● ● Vorízia ● Skoúrvoula Phaistós ● ● Apesokári ● Plóra Wer heute die Dörfer von Amári besucht, dem bietet sich ein herzzereißender Anblick. Die einst blühenden Dörfer sind zu Ruinen geworden, 500 Familien sind obdachlos, ohne Kleidung, ohne Möbel, ohne Geräte, ohne alles. Und dann wird der Besucher vor ein zusammengestürztes Haus geführt, unter dessen Trümmern sich noch die bei der Massenhinrichtung Getöteten befinden. Auf den zusammengestürzten und halbverbrannten Wänden jedes Hauses und den Steinen ringsum sind noch reichlich die Spuren des Blutes der Märtyrer zu erkennen. Und unten, in der Mitte des Hauses, unter den durch die Sprengung aufgehäuften Steinen, ihre bloßen Knochen. Gourgoúthoi Vier wurden hingerichtet.. Alle 17 Häuser wurden zerstört; die Kirche blieb durch Zufall erhalten. ● Knossós ● Kastélli Pediádos Monastiráki ● Die Dörfer von Amari ● Iráklion Krevvatás ● ● Ríza ● Viánnos ● ● Vachós, Péfkos ● Amirás Kefalovrýsi ● ● ● Gdóchia, Mýthoi ● Ierápetra ● ● Arvi, Mýrtos Keratókambos ● Kardáki Diese Siedlung, aus 13 Häusern bestehend, zählt nur neun Männer, von denen es drei schafften zu fliehen. Die Deutschen hatten aber bestimmt, dass 20 in diesem Dorf hinzurichten seien; deshalb wurden zu den sechs verhafteten Kardakianern 14 aus den umliegenden Dörfern hinzugenommen. Alle Häuser wurden zerstört. der Zivilbevölkerung abziehen konnten, darunter Erginoúsa Mathioudáki, 103 Jahre, G. Lemonáki, 86 Jahre, seine Frau Evangelía, 80 Jahre, Amalía Papoutsáki, 75 Jahre, und Emm. Katsantónis, 75 Jahre, dessen zwei Söhne Geórgios und Stylianós und der Ehemann seiner Tochter Dion. Chandrákis wurden auch hingerichtet. Vollständige Zerstörung aller 172 Häuser. Vrýses Von den jüngeren Männern wurden 30 hingerichtet. Die übrigen wurden in Réthymnon eingesperrt. Die Frauen und Kinder und die Alten wurden unter Schlägen und Beschimpfungen in das Dorf Méronas geführt. Die Plünderung von Vrýses dauerte acht Tage. Danach wurden seine 77 Häuser zerstört. Smilés Die Siedlung mit elf Wohnhäusern wurde zerstört. Drei Männer wurden hingerichtet, von denen der eine, Io. Varoúchos, Vater von sieben Kindern war. Ano Méros Unterwegs erschossen die Deutschen alle Tiere – Kühe, Hunde, Schweine usw. 30 Männer brachten sie bei einer Massenhinrichtung um. Greise und Greisinnen aber, die nicht mit Drygiés 30 zerstörte Häuser. Kein Hingerichteter, weil die Einwohner rechtzeitig über die Ereignisse in den anderen Dörfern informiert wurden und das Dorf voll-ständig geräumt hatten. Bericht des zentralen Ausschusses zur Feststellung von Kriegsverbrechen auf Kreta Fallschirmjäger werden über Kreta abgesetzt. Die Verteidiger der Insel – britische und griechische Soldaten, unterstützt von Zivilisten – fügten ihnen hohe Verluste zu. Die 5. Gebirgsdivision stellt sich zum Überfall auf Kreta bereit Bruchlandung von Truppentransportern (JU 52) der Wehrmacht „Auf Grund der mir vom Fuehrer und Obersten Befehlshaber der Wehrmacht gegebenen Ermaechtigung verordne ich ueber die Einfuehrung der Arbeitspflicht Folgendes Abschrift aus dem Befehl vom 26. Juni 1941 Verteiler: Gruppe West Gruppe Mitte Gruppe Ost Feldkmdt.606 Gen.Kdo.XI Fl.Korps Generalkommandant des XI. Fliegerkorps war Kurt Student 1.) Alle Gemeindebuerger sind ohne Ansehen ihrer Berufes, ihres Alters und ihres Geschlechtes verpflichtet, auf Anforderung des Buergermeisters jede Arbeit zu leisten. 3.) Alle Zugkraefte (Pferde, Esel usw.) sowie Fahrzeuge sind dem Buergermeister auf Anfordern zur Abeitsleistung zu gestellen. 4.) Jede Gemeinde hat sofort eine Bereitschaftskolonne fuer die Durchfuehrung dringender Arbeiten so aufzustellen, dass sie binnen 3 Stunden eingesetzt werden kann. Die Staerke richtet sich nach der Einwohnerzahl, auf je 100 Einwohner entfallen 10 Mann sowie 5 Mann Reserve. 5.) Wer den sich aus dieser Verordnung ergebenen Verpflichtungen nicht oder nicht puenktlich nachkommt, wird wegen Arbeitsverweigerung oder Sabotage mit Gefaengnis oder Zuchthaus in besonders schweren Faellen mit dem Tode bestraft.“ Zwangsarbeit auf Kreta Nach der Besetzung Griechenlands im April 1941 zwang die deutsche Besatzungsbehörde rund 20.000 Griechinnen und Griechen auf Kreta, für die Deutschen zu arbeiten. Zwangsarbeiter bei der Erweiterung eines Lutfwaffenstützpunktes auf Kreta im Januar 1943 Eine Passstraße auf Kreta. An Ort und Stelle wird der Kleinschlag hergestellt. Ganze Familien sind beim Straßenbau beschäftigt. Bereits wenige Tage nach Beginn der Invasion, am 31. Mai 1941, erließ Kurt Student, Kommandierender General des XI. Fliegerkorps und Befehlshaber der deutschen Truppen in der Luftlandeschlacht, den Befehl über Vergeltungsmaßnahmen. Die Karriere von Kurt Student begann bereits im Ersten Weltkrieg bei den Feld- und Kampffliegern. Im Juni 1918 wurde er zum Hauptmann befördert; am 1. Januar 1941 zum Kommandierenden General d. XI. Fliegerkorps. Verbrecherische Befehle: »Als Vergeltungsmaßnahmen kommen in Frage: Erschiessungen, Kontributionen, Niederbrennen von Ortschaften, Ausrottung der männlichen Bevölkerung ganzer Gebiete.« Insgesamt gab es nach Angaben des griechischen Kriegsverbrecherbüros 42 Orte, in denen Massenhinrichtungen und Erschießungen durch die Wehrmacht stattfanden. Fallschirmjäger treiben die Dorfbevölkerung zusammen. Die Geiseln werden hingerichtet. Fotograf: Weixler, Franz Peter © Bundesarchiv Kondomari Der verbrecherische Befehl wurde befolgt: Am 2. Juni 1941 rückten Fallschirmjäger in den Ort Kondomari ein, trieben die Bevölkerung zusammen, nahmen Dutzende von Geiseln und richteten sie hin. Vater und Sohn vor der Hinrichtung Die Dorfbewohner von Skoúrvoula vor dem Massengrab ihrer exekutierten Frauen Im August 1944 wollten die Deutschen im Dorf Skoúrvoula als Vergeltung 35 Menschen hinrichten; weil sie aber keine Männer vorfanden, stellten sie 25 Frauen in die Linie. Ein deutscher Soldat des Exekutionskommandos warf seine Waffe weg und sagte: »Ich töte keine Frauen, ich bin Soldat und kein Mörder.« Der kommandierende Offizier zog seine Pistole und erschoss ihn auf der Stelle. Zacharias Konst. Bandouvas aus Skouvola Griechenland, Kreta: Soldat vor dem Schild über die Zerstörung von Kandanos: »Zur Vergeltung der bestialischen Ermordung eines Fallschirmjägerzuges u. eines Pionierhalbzuges durch bewaffnete Männer u. Frauen aus dem Hinterhalt wurde Kandanos zerstört.« Datierung: 1943/1944 Fotograf: Segers, Hermann © Bundesarchiv Kandanos Als Vergeltungsmaßnahme für die Tötung deutscher Soldaten bei einem Hinterhalt kretischer Freiheitskämpfer wurde Kandanos auf Befehl von Generaloberst Kurt Student am 3. Juni 1941 dem Erdboden gleichgemacht. Im verwüsteten Damasta Aus den Trümmern der Ölmühle bergen sie die zerstörten Maschinen. Kinder am Grab des ermordeten Vaters Mitgieder der Kommision befragen die Überlebenden des Dorfes Vrisses. Der Brunnen mit den Leichen: Die Ermordeten wurden von der Wehrmacht in einen Brunnen geworfen, der danach zugeschüttet wurde. Nur die Kreuze deuten auf ein Grab hin. Das Dorf Viannos nach der Zerstörung im September 1943 Aus der Tagesmeldung der Heeresgruppe E vom 22. September 1943 Viannos »Am 14.9. sollte eine der größten Katastrophen hereinbrechen, die Kreta während der ganzen Besatzungszeit erlebt hat. Die Deutschen überfielen die Dörfer von Viannos. Nachdem sie schon vorher auf dem Hinweg jeden getötet hatten, der ihnen begegnete – Männer, Frauen, Kinder – trieben sie in den Dörfern selbst alle Männer zusammen und exekutierten sie in Gruppen.« Bericht des zentralen Ausschusses zur Feststellung von Kriegsverbrechen auf Kreta Das zerstörte Anógia Anógia »Am 13.8.1944 vollendeten die Deutschen die Umzingelung, kamen nach Anógia und befahlen den übrig gebliebenen Bewohnern (es mögen rund 1500 Frauen und Kinder gewesen sein), innerhalb einer halben Stunde abzuziehen. Danach schritten sie zur allgemeinen Plünderung des Dorfes. Nach der Verwüstung jeden Hauses wurde es zuerst angezündet und dann mit Dynamit in die Luft gesprengt. Das Ausmaß der Plünderung kann man begreifen, wenn man berücksichtigt, dass diese vom 13. August bis zum 5. September dauerte. Die Deutschen raubten die Herden der Bewohner. Heute ist von den 940 Häusern der Anógianer nicht ein einziges übrig geblieben. Die offizielle Aufstellung der Nomarchie Réthymnon führt 117 Anogianer auf, die hingerichtet wurden. « Bericht des zentralen Ausschusses zur Feststellung von Kriegsverbrechen auf Kreta Das zerstörte Anógia Andartiko Der Widerstand auf Kreta Die Okkupation Kretas stieß auf den Widerstand der dort stationierten britischen Truppen. Von Anfang an beteiligte sich die Zivilbevölkerung an der Verteidigung ihrer Insel. Unter hohen Verlusten wurden die britischen Verbände bis zum 1. Juni 1941 nach Ägypten evakuiert. Unmittelbar danach formierten sich erste Widerstandsorganisationen. Die ideologischen und politischen Überzeugungen der verschiedenen Widerstandsgruppen spielten zunächst eine untergeordnete Rolle. Das sollte sich im Verlauf, insbesondere zum Ende der Wehrmachtsbesatzung, ändern. Wie auch auf dem griechischen Festland entstanden zwei Lager. Die Nationale Befreieungsfront EAM und ihr bewaffneter Arm, die ELAS, strebten ein auch von Großbritannien unabhängiges, republikanisches und antifaschistisches Griechenland an, das sozial gerechter gestaltet werden sollte. Sie bildeten die weitaus stärkste Widerstandsorganisation und beherrschten beim Abzug der Wehrmacht etwa 75 Prozent des griechischen Territoriums. Die liberalen, konserativen und royalistischen Widerstandsgruppen hatten sich im Herbst 1942 mit Unterstützung der Briten zur EOK zusammengeschlossen. Abmachungen der Wehrmacht mit Mitgliedern der EOK leiteten den fast störungsfreien Rückzug der Wehrmacht ab 1944 ein. Noch unter deutscher Besatzung wurde der Keim zum Bürgerkrieg gelegt, der bis 1949 andauerte. Nur durch die Unterstützung aus Großbritannien und den USA gelang es den nationalistischen Kräften, die EAM zu besiegen. Die kapitalistische Gesellschaftsordnung blieb gesichert wie auch Griechenlands Zugehörigkeit zum Westblock. Gedenkmünzen zum Überfall der Wehrmacht auf Kreta Fliegt ein Vogel von der Ebene zur Höhe auf, bringt traurige und bitt‘re Botschaft: »Die Deutschen sind mit tausend Fliegern eingefallen, und an Schirmen werfen sie Kanonen, Munition, Soldaten ab, sie wollen Kreta nehmen und versklaven.« »Flieg zu deiner Ebene, Vogel, sag es den Deinen, dass sie widerstehen im Kampfe, bis wir niedersteigen; dass die Deutschen, die Korsaren, sehen, wie Kreta kämpft, wie es ficht und wie es sich schlägt um seiner Freiheit Willen.« Aus einem kretischen Volkslied Die Andartengruppe von Giorgis Petrakogiorgis Frauen bringen den Andarten Verpflegung in ihre Verstecke in den Bergen. Evangelió Kladou Frauen waren nicht nur bei der Unterstützung der Andarten aktiv. Einige schlossen sich auch dem bewaffneten Widerstand an, wie die beiden Lehrerinnen Evangelió Kladou und Maria Lioudaki. Beide zahlten für den Widerstand im anschließenden Bürgerkrieg mit ihrem Leben. Maria Lioudaki wurde 1947 wegen ihrer prokommunistischen Aktivitäten gefangengenommen und ermordet. Evangelió Kladou, geboren 1919, wuchs in Anógia auf. Zu Beginn der Besatzung war sie als Lehrerin tätig und engagierte sich zunächst in der EAM. Später ging sie in die Berge und wurde als »Kapetanissa« anerkannt. Während des Bürgerkrieges wurden sie und ihre gesamte Familie verfolgt. Sie führte ein Leben im Untergrund. Am 6.12.1949 wurde sie gefangengenommen und anschließend exekutiert. Andarten aus Anogia ehren die Gefallenen aus dem Ort Korfes der Präfektur Malevizi, August 1944. Andarten aus Anógia Anógia wurde unmittelbar nach der »Schlacht auf Kreta«, im Mai 1941, einer der Stützpunkte des kretischen Widerstandes. Er operierte aus den Schlupfwinkeln des unwegsamen Ida-Gebirges und seinen Ausläufern. Die Zerstörung von Anógia wurde unter anderem damit begründet, dass die Bevölkerung den Entführern des Wehrmachtsgenerals Kreipe Unterschlupf gewährt habe. Im April 1944 beteiligten sich Andarten aus Anógia an einem Angriff auf einen Lastwagenkonvoi der Wehrmacht in der Nähe von Damasta. Manolis Spithouris wurde dabei schwer verwundet; eine Kugel riss seinen Leib auf. Er wurde in einer Höhle des Ida-Gebirges versteckt – acht Tage lang. Ohne ausreichend Essen und Wasser überlebte er dank der Pflege durch vier Frauen des Dorfes. Manolis Spithouris mit seiner Schwester, die ihn mit drei weiteren Frauen aus Anógia gepflegt und das Leben gerettet hat. Der Widerstandskämpfer Manolis Spithouris mit Karina Raeck 1990 Das Schicksal von Manolis Spithouris inspirierte die Berliner Künstlerin Karina Raeck. Sie schuf mit Hilfe der Schäfer auf der Nida-Hochebene ein Monument für den Widerstand auf Kreta: Andartis – der Partisan des Friedens Völkische Tradionspflege Freispruch für Kriegsverbrecher – Karrieren der Täter in der Bundesrepublik Kein Angehöriger der Wehrmacht wurde jemals vor einem bundesdeutschen Gericht für seine Kriegsverbrechen auf Kreta verurteilt. Nur in einem einzigen Fall kam es zu einer Anklage. Der Bataillonskommandeur S., der im November 1944 sechs Zivilisten erschießen ließ, wurde im Juli 1951 vom Landgericht Augsburg freigesprochen: Es sei »aus dem Gesichtspunkt völkerrechtlicher Notwehr gerechtfertigt«, befand das Gericht, wenn »verdächtige Personen, die sich im Vorfeld der deutschen Hauptkampflinie aufhielten und nicht sofort als harmlos zu erkennen waren, ohne Standgerichtsurteil auf Befehl von Offizieren erschossen wurden.« Die Richter hatten sich die Argumente der Täter in Wehrmachtsuniform zu eigen gemacht. Viele Täter des Zweiten Weltkrieges wurden gebraucht bei der Wiederaufrüstung der Bundesrepublik. 1959 hatten ca. 12.000 von 14.000 Bundeswehroffizieren bereits in der Wehrmacht Führungsämter bekleidet. In den zahlreichen Kameradschaften der Fallschirmund Gebirgsjäger wurde die völkische Tradition fortgesetzt und die Geschichte umgeschrieben. Aus den Kriegsverbrechern wurden Helden. Jährlich, am 20. Mai, gedenken die Kameradschaften ihrer gefallenen Mittäter, so beispielsweise in Bad Reichenhall und in Mittenwald. Selbst auf Kreta feiern die Kameradschaften die »Heldentaten« ihrer Vorbilder aus der Wehrmacht. Generalmajor BernhardHermann Ramcke (links) und General der Fallschirmjäger Kurt Student (rechts) vor einem Eisenbahnwaggon (Befehlszug von Hermann Göring?) © Bundesarchiv Nachkriegskarrieren Am 10. Mai 1946 wurde Student vor einem britischen Militärgericht in Lüneburg wegen Kriegsverbrechen zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt, doch weigerte sich der zuständige Gerichtsherr, General Galloway, das Urteil zu bestätigen, weil Student für seine untadelige Haltung bekannt war. (Munzinger-Archiv) Kurt Student zählte durch den Aufbau des Traditionsverbandes »Bund Deutscher Fallschirmjäger« zu den führenden Köpfen in den Traditionsverbänden der Wehrmacht. Zur Beerdigung des verurteilten Kriegsverbrechers Hermann-Bernhard Ramcke, der ebenfalls an der Invasion auf Kreta beteiligt war, hielt Student 1968 eine Würdigung. Die Angehörigen der Waffen-SS könnten stolz darauf sein, auf »schwarzen Listen« gestanden zu haben. Es sei nicht ausgeschlossen, dass diese »schwarzen Listen« wieder Ehrenlisten würden, hatte Ramcke bereits 1952 erklärt. »Auch nach 53 Jahren: Ihr bleibt unvergessen! Ausländer raus!« Eintrag im Gästebuch des deutschen Soldatenfriedhofs in Maleme auf Kreta Kriegerdenkmäler der Wehrmacht in Floria (links) und bei Chania (rechts), das von der Bevölkerung auf Kreta »der böse Vogel« genannt wird. »Gefallen für Großdeutschland« Bis heute gedenken die Traditionsvereine ihrer gefallenen Mittäter auch auf Kreta selbst, so auf dem Soldatenfriedhof in Maleme oder am Denkmal für die gefallenen Wehrmachtssoldaten in Floria. Im Jahre 1990 wurde es im Auftrag der Gebirgsjägerkameradschaft Oberfranken restauriert. Am 22. September 2016 wurde das Wehrmachtsdenkmal in Floria von Antifaschst_Innen verpackt und symbolisch an die Gebirgsjägerkameradschaft zurückgeschickt. Veteranentreffen in Mittenwald, Bayern Die »Brendtenfeier« in Mittenwald Im bayerischen Mittenwald findet seit 1957 jedes Jahr an Pfingsten die »Brendtenfeier« des Kameradenkreises der Gebirgstruppen statt. Dessen Ehrenpräsident war von 1952 bis 1983 General Hubert Lanz. 1947 wurde er im internationalen Nürnberger Geiselmord-Prozess wegen des Massakers auf Kefalonia an 5.000 wehrlosen italienischen Soldaten und wegen Geiselmorden auf dem Balkan zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Bereits 1951 aus dem Kriegsverbrechergefängnis entlassen, trat er in die FDP ein und war dort als Berater für militär- und sicherheitspolitische Fragen tätig. Das »Ehrenmal« am Hohen Brendten: »Errichtet von den heimgekehrten Kameraden der Gebirgstruppe, 1957«. Pfingsten 2003 wurde die Inschrift ergänzt. Fotos: Umbruch Bildarchiv Erst im Sommer 2012 wurde die GeneralKonrad-Kaserne umbenannt; die Wehrmachtssymbolik schmückt auch heute noch die Hohenstaufen-Kaserne. 1952 hatte General Rudolf Konrad den Kameradenkreis der Gebirgstruppe ins Leben gerufen. Bereits zwei Jahre vor Gründung der Bundeswehr, am »Tag der Treue« im Mai 1953, erwarteten die Kameraden zukunftsfroh die Wiederbewaffnung und sprachen von einer »neuen Wehrmacht«. Vor 10.000 Kameraden in München hoffte Konrad, »daß in der neuen Schale die gleichen Männer, die alten Soldaten stecken, die einst Kraft und Ruhm des deutschen Heeres und Stolz des deutschen Volkes waren.« Im Juni 1966 wurde die Kaserne der Bundeswehr in Bad Reichenhall nach General Rudolf Konrad benannt. Die Verherrlichung der Wehrmachtsgeneräle durch den Autor Rudolf Kaltenegger, vertrieben durch das Verlagshaus Würzburg: »Inmitten seiner aufopferungsvollen Tätigkeit als Vorsitzender des Kameradenkreises der ehemaligen Gebirgstruppe verstarb General Rudolf Konrad am 10. Juni 1964.« Julius Ringel wurde mit der Aufstellung der 5. Gebirgsdivision beauftragt. Mit dieser Division nahm er am Krieg gegen Griechenland teil. Im Mai 1941 waren Teile seiner Division an der Luftlandeschlacht um Kreta beteiligt. © Bundesarchiv Despina Altinoglou, Nikolaos Marinakis und Aristomenis Syngelakis »Kreta-Gedenken« in Bad Reichenhall Jährlich im 20. Mai ehrt die Gebirgsjägerkameradschaft Bad Reichenhall ihre gefallenen Wehrmachtssoldaten. Auf einem antifaschistischen Hearing am 14. Mai 2016 sprach Nikolaos Marinakis. Der heute 92-Jährige hat die Massenerschießungen im kretischen Skinés überlebt. Soldaten des Reichenhaller Gebirgsjägerregiments 100 der 5. Gebirgsdivision (Divisionskommandeur Generalmajor Julius Ringel) hatten am 1. August 1941 die Dörfer Skines und Kydonia angezündet. 114 Menschen wurden dabei ermordet. Nach den Zerstörungen der Wehrmacht auf Kreta und in Griechenland und angesichts der aktuell aus Berlin verordneten Austeritätspolitik stellte er unter großem Beifall die Frage: Wer schuldet hier eigentlich wem? Demonstration gegen den Kreta-Gedenktag Fotos: Robert Andreasch Unbeglichene Schuld(en) Bis heute warten die Opfer der Wehrmacht auf eine angemessene Entschädigung und die griechische Bevölkerung auf die Zahlung von Reparationen für die Zerstörung der Wirtschaft und Infrastruktur, für die Ausplünderung ihre Landes durch die deutschen Besatzer. Das Foto zeigt Manolis Glezos im September 2015 in Athen. Zusammen mit Apostolos Sandas erklomm er am 30. Mai 1941 die Akropolis und entfernte die dort seit der deutschen Einnahme von Athen gehisste Hakenkreuzfahne. Foto: Giovanni Lo Curto ■ Griechische und italienische Gerichte haben den Opfern der Kriegsverbrechen Recht gegeben. Ihnen steht eine angemessene Entschädigung zu. Doch die Vollstreckung dieser Urteile wird von der Bundesregierung blockiert. ■ Jahrzehntelang lehnten die Bundesregierungen Reparationszahlungen mit Hinweis auf das Londoner Schuldenabkommen von 1953 ab. Dort wurde die Prüfung von Reparationsansprüchen auf die Zeit nach Abschluss eines Friedensvertrages vertagt. Doch bei den Verhandlungen zur Wiedervereinigung, im 2+4-Vertrag, bestand die Bundesregierung darauf, entsprechende Ansprüche auszuschließen, obwohl Griechenland an den Verhandlungen nicht beteiligt war. Ein Vertrag zu Lasten Dritter ist im internationalen Recht nicht zulässig. ■ Selbst die im Dezember 1942 von der griechischen Kollaborationsregierung erpresste Zwangsanleihe will die Bundesregierung nicht zurückzahlen.