Im Fokus : Die Hypnose-Therapie Frank Jaschke Hypnotherapie und andere psychotherapeutische Verfahren können körperliche und seelische Zustände beeinflussen. Die Hypnose-Therapie (=Hypnotherapie) greift dazu in besonderem Maße auf die innere Ressourcen - die inneren Fähigkeiten und Stärken - des Patienten zurück. GESCHICHTE Das Phänomen „Hypnose“ ist seit ältesten Zeiten in allen Kulturen der Früh- und Neuzeit bekannt. Der Begriff „Hypnose“ selbst wurde erst 1843 durch den schottischen Arzt und Chirurgen James Braid (1795 - 1860) geprägt. Schon in Keilschriften der Babylonier oder in ägyptischen Papyrusschriften wird über „Hypnose“ berichtet. Um 500 v. Chr. wurden Kranke von Priestern in Tempeln in einen „magnetischen Schlaf“ versetzt, in denen ihnen im Traum die Göttin Isis erschien und „Behandlungswege“ aufzeigte. Ab dem Mittelalter findet man die Idee eines hypnotischen „Fluidums“, welches durch Hypnose übertragen würde. Ausgeprägt findet sich dieser Gedanke in Franz Anton Mesmers Lehre vom „animalischen Magnetismus“, dem sogenannten „Mesmerismus“. Mesmer (dt. Arzt, 1743 - 1815), ab 1778 in Paris tätig, war ein begnadeter und erfolgreicher Hypnotiseur, der dort mit seinen Heilerfolgen große Berühmtheit erlangte. Mesmer war der Ansicht, eine ungünstige Verteilung der magnetischen Energie im menschlichen Körper verursache die verschiedensten Krankheiten. Der Magnetiseur, der nach Mesmers Vorstellungen über ein Übermaß an „magnetischen Kräften“ verfügen musste, sorgte durch eine gleichmäßige Neuverteilung der magnetischen Energie für eine Heilung der Krankheit. Die moderne Hypnose sieht ihren Ursprung im Mesmerismus, weil dieser anstelle der magisch-mythologischen Begründung zum ersten Mal eine wissenschaftliche Erklärung für die therapeutische Wirksamkeit von Trancephänomenen versuchte. Allerdings war diese Erklärung falsch. Die Vorstellung, auf den Patienten wirke eine äußere Kraft, wurde in der Mitte des 19. Jahrhunderts aufgegeben. Man verstand nun, dass die Ursache der Heilung im Patienten selbst liegt. HYPNOTISIERBARKEIT Wer ist hypnotisierbar? Die moderne Hypnoseforschung ermittelte etwa 10 % der Bevölkerung mit extrem hoher Hypnosefähigkeit und etwa 10 % der Bevölkerung mit extrem geringer Hypnosefähigkeit. Rund 90 % der Bevölkerung können mit Hypnose arbeiten. Und wer kann hypnotisieren? Eine Trance erzeugen kann fast jeder, der die Hypnosetechniken beherrscht. Die eigentliche hypnotherapeutische Arbeit bedarf fundierten psychotherapeutischen Wissens und ausreichender Erfahrung. In Deutschland dürfen nur Ärzte, Diplom-Psychologen und Heilpraktiker Hypnose zu therapeutischen Zwecken einsetzen. ÄNGSTE, UNERWÜNSCHTE WIRKUNGEN Viele Ängste kreisen um den Begriff „Hypnose“ So befürchten manche Menschen, sie könnten nicht mehr zurück in den Wachzustand gelangen. Diese Befürchtung ist unbegründet: der Trancezustand hebt sich nach einiger Zeit von selbst auf. Noch bedrohlicher erscheint die Vorstellung, in der Hypnose sei die Willenskraft gemindert. Die Hypnoseforschung zeigt jedoch eindeutig: der Hypnotiseur braucht die Zustimmung des Hypnotisierten für die Dinge, die er suggeriert (eingibt). Man kann in Hypnose niemanden dazu bringen, etwas zu tun, was dieser nicht auch im Wachzustand tun würde. Das heißt aber auch, dass therapeutische Ziele nur erreicht werden können, wenn der Patient diese Ziele wirklich erreichen will. Unerwünschte Wirkungen nach Hypnose können im wesentlichen nach Show-Hypnose oder Laien-Hypnose auftreten, bei Hypnotherapie in Händen von Fachleuten sehr selten. Erlebnisse von Bühnenhypnose verunsichern viele Menschen. Bühnenhypnotiseure wollen mit Show-Effekten und Tricks (z. B. Arbeit mit Eingeweihten, Laufen über glatt geschliffene Glasscherben) ein Publikum fesseln. Auch bei der Bühnenhypnose gilt: der Teilnehmer aus dem Publikum muss prinzipiell dazu bereit sein, die Dinge zu tun, die der Bühnenhypnotiseur von ihm verlangt. Mit Show-Hypnose hat die therapeutische Hypnose absolut nichts zu tun!!! HYPNOTISCHE TRANCE Hypnose ruft den Zustand der Trance hervor Die Trancefähigkeit ist dem Menschen angeboren. In einer Trance nimmt die Vorstellungsaktivität zu. So können Begebenheiten des Lebens sehr plastisch und genau erinnert werden, die dazugehörigen Gefühle können intensiv erlebt werden. Durch eine Bearbeitung solcher wichtiger Erinnerungen in Trance können häufig relativ schnell therapeutische Ergebnisse erreicht werden. Oft sind mit Hypnose jedoch übersteigerte Erwartungen verbunden: man müsse sich nur in eine tiefe Trance versetzen lassen und nach dem „Aufwachen“ sei das Problem gelöst oder die Beschwerden seien beseitigt. Viele Menschen, die erste Erfahrungen mit Hypnose sammeln, meinen, gar nicht „richtig in Hypnose“ zu sein. Denn das Wachbewusstsein funktioniert in der Trance noch gut. Zudem: es passiert überhaupt nichts Geheimnisvolles oder Spektakuläres. Trance wird häufig erlebt als dem Zustand zwischen Wachen und Schlafen ähnlich, unterscheidet sich jedoch deutlich vom Schlaf. Trance ist fokussierte Aufmerksamkeit. Die Aufmerksamkeit des Patienten wird durch bestimmte Techniken eingeengt. Dazu gehören die Fixationsmethode, bei der man einen Gegenstand genau fixiert, Zentrierungen auf den eigenen Körper durch ideomotorische (unbewusst ausgeführte) Bewegungen oder gesprochene Induktions-Texte (EinleitungsTexte). Moderne Hypnosetechniken verwenden trancefördernde Sprachmuster, die die Hypnose indirekt einleiten. Häufig werden die verschiedenen Techniken kombiniert. Während einer hypnotischen Trance gibt es einen Teil im Patienten, der die therapeutische Situation wach beobachtet. Mindestens ein weiterer Teil ist so gelöst, dass er die Dinge in der eigenen inneren Realität, die durch die Hypnose geschaffen wurde, relativ gelassen und entspannt erleben kann. Je nachdem, ob der beobachtende oder der erlebende Teil überwiegt, wird die Trance als flacher oder tiefer empfunden. ANWENDUNGSMÖGLICHKEITEN VON THERAPEUTISCHER HYPNOSE Hypnose ist zur Behandlung chronischer Schmerzen geeignet Zahnärztliche oder kleinere chirurgische Eingriffe können ohne Einsatz von Schmerz- oder Narkosemitteln schmerzfrei erlebt werden. PSYCHOSOMATISCHE ERKRANKUNGEN Hypnotherapie kann bei den sogenannten psychosomatischen Erkrankungen erfolgreich eingesetzt werden, wenn also seelische Faktoren einen größeren Anteil an der Entstehung einer eher körperlich erlebten Krankheit haben. Hier verstrickt man sie zwangsläufig in die weitreichenden Folgen, die der cartesianische Leib-Seele-Dualismus in der Krankheitstheorie der westlichen Medizin hinterlassen hat. Wenn man akzeptiert, dass Körper, Seele und Geist im Menschen eine Einheit bilden, dann kann man auch verstehen, dass bei den allermeisten Krankheiten ein kleiner oder auch ein größerer Teil auf „seelischer“ Grundlage fußt. “Psychosomatisch“ heißt nicht, dass eine Erkrankung allein auf seelischer Grundlage entstanden ist, sondern lediglich, dass die seelischen Faktoren mehr oder weniger an der Krankheitsentstehung und -aufrechterhaltung beteiligt sind. Psychosomatische Erkrankungen im engeren Sinne sind z. B. die Colitis ulcerosa, die Neurodermitis, das Asthma bronchiale. Dabei behaupte ich nicht, dass diese Erkrankungen durch psychotherapeutische Verfahren allein geheilt werden können. Solche Behauptungen wären unseriös. Wenn jedoch an einer solchen Erkrankung beim Patienten individuell ein größerer Anteil an seelisch-geistigen Mitursachen zugrunde liegt, ist durch Hypnotherapie ein deutliche Stabilisierung der Krankheitsverläufe, eine Abmilderung der Symptome und natürlich auch Symptomfreiheit möglich. Die Länge symptomfreier Intervalle kann für das Individuum so lang werden, dass dieser Zustand von einer Heilung kaum unterscheidbar ist. KÖRPERLICHE ERKRANKUNGEN Neben den klassischen psychosomatischen Erkrankungen, müssen hier auch die Krankheiten genannt werden, die nach den Kenntnissen der medizinischen Wissenschaft überwiegend auf körperlicher Grundlage entstehen. Beispiel: Herzinfarkt. Ein Patient mit einem frischen Herzinfarkt gehört auf die Intensivstation und nicht in die Praxis eines Hypnotherapeuten. Auch in der letzten Zeit vor dem Herzinfarkt standen sicherlich schon die „organischen“ Faktoren im Vordergrund: die Herzkranzgefäße wurden enger und enger. Wo kann die seelische Komponente bei einem Herzinfarkt liegen? Vitale Erschöpfung - meist Folge einer sich länger hinziehenden Überforderung - und depressive Verstimmung wurden in mehreren wissenschaftlichen Studien als Vorboten einer sich entwickelnden Verengung der Herzkranzgefäße beschrieben. Diesen Studien zufolge gibt es charakteristische Verhaltensmuster von Menschen, die ein erhöhtes Risiko für Erkrankungen der Herzkranzgefäße haben: Es sind temperamentvolle und außerordentlich ehrgeizige Personen, die unter einem intensiven und anhaltenden Erfolgsdruck arbeiten. Sie möchten anerkannt werden und vorwärts kommen, konkurrieren dabei intensiv mit anderen. Sie haben einen ungewöhnlichen Drang nach geistiger und körperlicher Aktivität. Ihr Leben steht unter einem dauernden Zeitdruck: sie stehen „immer voll unter Dampf“. Solche Persönlichkeitsmerkmale, die sich im Lauf eines Lebens herausgebildet haben, können erheblichen Einfluß auf „organische“ Erkrankungen haben. Mit Hilfe der Hypnotherapie kann man extreme Verhaltensweisen abmildern. Voraussetzung ist allerdings die Bereitschaft des Betroffenen, in seinem Leben wirklich etwas zu verändern. Beispiel: Krebs. Krebs ist durch Psychotherapie nicht heilbar. Hypnotherapie ermöglicht allerdings erheblichen Einfluß auf den Krankheitsverlauf. Die außerordentlich erfolgreichen Methoden von SIMONTON und NEWTON zielen auf eine Aktivierung des Immunsystems. Die schulmedizinische Therapie, ob Chemo- oder Strahlentherapie, wird besser vertragen, sie wirkt offensichtlich auch besser. Die Überlebenszeiten und die Lebensqualität steigen enorm an. Eine tiefergehende Krebs-Hypnotherapie kann zudem psychische Mitursachen für die Erkrankung aufdecken. Wenn die Bearbeitung zugrunde liegender Konflikte oder Traumata gelingt, steigen die Heilungschancen der Erkrankung. Von populären Vorstellungen, die dem Krebspatienten die „Schuld“ an seiner Erkrankung zuweisen, möchte ich mich distanzieren. Auch bei vielen anderen chronischen Erkrankungen kann mit Hypnotherapie durch eine bessere Krankheitsverarbeitung die Lebensqualität gesteigert werden. SEELISCHE STÖRUNGEN Die „klassischen“ durch Psychotherapie behandelten Erkrankungen - z. B. depressive Erkrankungen, Motivationsstörungen oder Angstzustände - sind ein ideales Feld für die Hypnotherapie. Wie andere tiefenpsychologische Verfahren versucht auch die Hypnotherapie die einer seelischen Erkrankung zugrunde liegenden Konflikte oder Traumata aufzudecken und zu bearbeiten. Beim hypnotherapeutischen Vorgehen kann es jedoch gelegentlich vorkommen, dass Heilungen oder Teilschritte des Heilungsweges völlig unbewusst ablaufen können, wenn dies für die Ökonomie des psychischen Systems sinnvoll ist. KLASSISCHE HYPNOSE - MODERNE HYPNOSE Bis zu Beginn der 70er Jahre des 20. Jahrhunderts wurde in Deutschland vorwiegend mit der sogenannten „klassischen Hypnose“ gearbeitet. Die klassische Hypnose nutzt die erhöhte Suggestibilität (Beeinflussbarkeit durch Suggestion, Eingebung) der Patienten in hypnotisch erzeugter Trance. Direkte Suggestionen während der Trance können einen Einfluss auf den Zustand des Patienten im Alltag haben. Diese Behandlung ist weitgehend symptomorientiert, in der Regel kommt es nach einiger Zeit zum erneuten Auftreten der Symptome. Die moderne Hypnosetherapie nutzt die Tatsache, dass die Trance den Zugang zu emotionalen Erfahrungen erleichtert. Ähnlich wie in anderen tiefenpsychologischen Verfahren werden u. a. biographische Schüsselerlebnisse therapeutisch bearbeitet, wobei der Zugang zu diesen Erlebnissen im Trancezustand deutlich erleichtert ist. Die Fähigkeiten und positiven Erfahrungen (Ressourcen) des Patienten werden für die therapeutischen Entwicklungsschritte genutzt . Die moderne Hypnosetherapie ist eng mit dem Namen des amerikanischen Arztes MILTON H. ERICKSON (1901 - 1980) verbunden. Erickson war ein außerordentlich begabter, kreativer und erfolgreicher Hypnosetherapeut. Seine Vorgehensweise und sein Erfolg waren untrennbar mit seiner Persönlichkeit verbunden. Erickson war geprägt von seinen persönlichen Erlebnissen mit Hypnose bei seiner Selbstheilung aus fast kompletter Körperlähmung durch Poliomyelitis. Erickson entwickelte ausgeklügelte Taktiken, um Menschen erfolgreich von ihren krankhaften Symptomen zu befreien. Dieses „strategische“ Arbeiten setzt voraus, dass der Therapeut interpretiert und wertet. SELBSTORGANISATORISCHE HYPNOSE Auch die Erickson’schen Ansätze wurden weiterentwickelt. Die von mir vorwiegend angewandte „selbstorganisatorische Hypnose“ wurde am Zentrum für Angewandte Hypnose in Mainz von dem Nervenarzt und Psychotherapeuten GÖTZ RENARTZ entwickelt. Schon CARL GUSTAV JUNG (1875-1961) erkannte, dass nicht nur das Bewusstsein, sondern auch das Unbewusste nach Selbstheilung und Selbstindividuation strebt. Er verwies darauf, dass das Unbewusste auch in der Lage ist, sich selbst und damit auch letztlich das Selbst des Individuums ins seelische Gleichgewicht zu bringen. Die selbstorganisatorische Hypnose nutzt das Wissen, die Kreativität und das Können des Unbewussten. In der Trance kann der Patient zu diesen unbewussten Fähigkeiten Kontakt bekommen, und er kann Lösungen für seine Probleme finden, die wirklich lösen. Nicht der Therapeut sagt, was der Patient tun muss, um gesund zu werden, sondern das Unbewusste des Patienten. Autonomie und Selbstheilung des Patienten werden damit gefördert. Der Therapeut hat in der selbstorganisatorischen Hypnose eher die Rolle eines Moderators der inneren Prozesse des Patienten. ANWENDUNGSGEBIETE SELBSTORGANISATORISCHER HYPNOSE Erkrankungen und Störungen, die erfahrungsgemäß gut durch selbstorganisatorische Hypnotherapie behandelbar sind oder bei denen eine begleitende Hypnotherapie die Heilungschancen verbessert oder auch den Medikamentenverbrauch verringern kann, sind beispielsweise folgende: Allergien, Angstzustände, Phobien und Panikattacken, Asthma, Belastungsstörungen (sexueller Missbrauch, Vergewaltigung, Gewalterlebnisse, Unfälle), Bettnässen, Blutdruckstörungen, Colitis ulcerosa und Morbus Crohn, Essstörungen (Anorexie, Bulimie, Übergewicht und Fettsucht), Erbrechen bei Schwangerschaft und Chemotherapie, Examensängste, Geburtsvorbereitung, HIV-Infektion (Aktivierung des Immunsystems), Hypnotherapie bei unheilbaren Erkrankungen, Krebs (Krebs-Hypnopsychotherapie bzw. Aktivierung des Immunsystems bei Krebs), Menstruationsbeschwerden/gynäkologische Beschwerden, Migräne und andere Kopfschmerzen, Neurotische Störungen (=klassische Indikationen für eine Psychotherapie), Operationsvorbereitung und Nachbereitung, Psychosomatische Erkrankungen, Raucherentwöhnung, Rheuma/Polyarthritis, Fibromyalgie, Schmerzkontrolle bei medizinischen oder zahnärztlichen Eingriffen, Schmerzkontrolle bei chronischen Schmerzen, Schulprobleme und Examensängste, Sexuelle Störungen, Stottern und andere Sprachstörungen, Stress-Management (Burn-out Zustände), Tics, Schreibkrampf, Schiefhals, Tinnitus, Trauerarbeit bei Verlusten und Todesfällen, Warzenbehandlung, Zähneknirschen, Zähnepressen, Würgereizkontrolle. . Korrespondenzadresse: Dr. med. Frank Jaschke, Rathausstrasse 59 in D-65203 Wiesbaden, FON: 0611-60 15 16 [email protected]