„Nicht in unserem Namen“ Wissenschaft für den Frieden in Kurdistan

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19.01.2016 // Antrag an den Akademischen Senat zur Unterstützung der
Friedensbemühungen türkischer Wissenschaftler*Innen
„Nicht in unserem Namen“
Wissenschaft für den Frieden in Kurdistan
Die von KurdInnen bewohnten Gebiete liegen
seit 100 Jahren im Zentrum einer Politik des Teile
und Herrsche der westlichen Welt. Aufgeteilt auf
die Türkei, Irak, Syrien und Iran ist die Region
bis heute ein Brennpunkt von Unterdrückung
und Krieg, vor allem aufgrund des Ressourcenreichtums (Öl, Gas und Wasser) und der damit
verbundenen geostrategischen Wichtigkeit der
Region für die globalen Machtblöcke. Gegen
das neoliberal und religiös autoritäre Regime in
Ankara, den faschistoiden Islamischen Staat im
Irak und Syrien und den Krieg insgesamt kämpft
die kurdische Bewegung gegenwärtig als Teil
der Partei HDP und in der Selbstverwaltung kurdischer Gebiete in Syrien (Rojava) für eine soziale, demokratische, kulturell plurale und friedliche Entwicklung der Region. Dieser Aufbruch
ist der türkischen Regierung ein Dorn im Auge.
Deswegen wird seit Monaten die Ost-Türkei auf
Befehl der türkischen Regierung mit schweren
Kriegswaffen belagert. Türkische Kampfeinheiten
greifen die kurdische Zivilbevölkerung in mehr
als 17 Ortschaften an. Eine totale Ausgangssperre ist in diesen Orten verhängt worden. Seitdem
sind hunderte ZivilistInnen ermordet und mind.
200.000 Menschen vertrieben worden.
Gegen diese Kriegspolitik haben sich mittlerweile über 2000 türkische WissenschaftlerInnen von
über 90 verschiedenen Universitäten und über
300 AkademikerInnen aus dem Rest der Welt mit
einem Aufruf unter dem Titel „Nicht in unserem
Namen“ ausgesprochen. Darin erklären sie u.a.,
dass „[sie] nicht Teil dieser Verbrechen sein werden und in den politischen Parteien, im Parlament und in der internationalen Öffentlichkeit,
Initiative ergreifen werden, bis [ihr] Anliegen
Gehör findet.“ Sie fordern die sofortige Beendigung des Krieges, die Aufhebung der Ausgangssperren und die Wiederaufnahme des politischen
Friedensprozesses, von dem sie Teil sein wollen
(siehe Rückseite) Nach der Veröffentlichung des
Aufrufs veranlasste der türkische Präsident Erdogan den landesweiten Rat der Hochschulen und
die Polizei, mit enormer Härte gegen die UnterzeichnerInnen vorzugehen, die er als „Landesverräter“ bezeichnete. Erdogan weiter: „Wer das
Brot dieses Staates isst, aber diesen Staat verrät, gehört bestraft.“ Über 24 UnterstützerInnen
des Aufrufs wurden bisher verhaftet, zahlreiche
entlassen und unzählige von öffentlicher Hetze
und mit Morddrohungen versucht einzuschüchtern. In vielen Universitäten wurden die Türen der
UnterzeichnerInnen mit roten Kreuzen markiert.
Die WissenschaftlerInnen haben mit ihrem Friedensengagement den empfindlichen Nerv des
Regimes getroffen.
In scharfer Gegnerschaft zu den Repressionen
gilt: „Es ist die Aufgabe von Wissenschaft, sich
für ein friedliches Zusammenleben einzusetzen
und Friedenslösungen aufzuzeigen. Wissenschaft
dient auch zur Völkerverständigung.“ (Petition
„Keine Repression für die Akademiker des Friedensaufrufs in der Türkei“; initiiert von Prof. Dr.
Christine Huth-Hildebrandt und Prof. Dr. Gazi
Çağlar)
Vor diesem Hintergrund stellt der AStA einen Antrag an den Akademischen Senat der Universität
Hamburg für die Sitzung am Donnerstag, den
21.1.16 um 14 Uhr im ESA W, Raum 221. Kommt
vorbei!
AStA Universität Hamburg Von-Melle-Park 5 | 20146 Hamburg |
TEL 040/ 450 204 10 | FAX 040/ 450 204 80 | WEB www.asta-uhh.de | MAIL [email protected]
news
AStA
Zusammenfassung des Antrags des AStA an den Akademischen Senat:
„In der Tradition der Freien und Hansestadt Hamburg verwirklicht die Universität Weltoffenheit und
Toleranz, internationale Zusammenarbeit und Universalität von Wissenschaft.“ (aus dem Leitbild der
Universität)
Als AStA fordern wir den Akademischen Senat dazu auf, den Aufruf „Nicht in unserem Namen“ (siehe
Rückseite) zu unterzeichnen, sich gegen das repressive Vorgehen gegen die türkischen WissenschaftlerInnen und die damit verbundene Einschränkung der Wissenschaftsfreiheit auszusprechen und eine
Veranstaltung mit türkischen und internationalen UnterstützerInnen des Aufrufs sowie WissenschaftlerInnen der Uni Hamburg zu dieser Frage zu organisieren.
Aufruf: „Nicht in unserem Namen!“ – 11. Januar 2016
„DerTürkische Staat verurteilt seine Bürger/innen in Sur, Silvan, Nusaybin, Cizre und in vielen weiteren Orten
mit wochenlangen Ausgangssperren zum Verhungern und Ausdursten. Unter kriegsartigen Zuständen werden
ganze Viertel und Stadtteile mit schweren Waffen angegriffen. Das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit, auf Freiheit und Sicherheit vor Übergriffen, insbesondere das Verbot von Folter und Misshandlung,
praktisch alle Freiheitsrechte, die durch die Verfassung und durch von derTürkei unterzeichnete internationale
Abkommen unter Schutz stehen, werden verletzt und außer Kraft gesetzt. Diese gezielt und systematisch umgesetzte gewaltsame Vorgehensweise entbehrt jeglicher rechtlicher Grundlage. Sie ist nicht nur ein schwerwiegender Eingriff in die Rechtsordnung, sondern verletzt internationale Rechtsnormen wie das Völkerrecht, an die
dieTürkei gebunden ist.
Wir fordern den Staat auf, diese Vernichtungs- und Vertreibungspolitik gegenüber der gesamten Bevölkerung
der Region, die jedoch hauptsächlich gegen die kurdische Bevölkerung gerichtet ist, sofort einzustellen. Alle
Ausgangssperren müssen sofort aufgehoben werden. DieTäter und die Verantwortlichen der Menschenrechtsverletzungen müssen zur Rechenschaft gezogen werden. Die materiellen und immateriellen Schäden, die von
der Bevölkerung zu beklagen sind, müssen dokumentiert und wiedergutgemacht werden. Zu diesem Zweck
verlangen wir, dass nationale und internationale unabhängige Beobachter freien Zugang zu den zerstörten
Gebieten erhalten, um die Situation vor Ort einzuschätzen und zu dokumentieren.
Wir fordern die Regierung auf, die Bedingungen für eine friedliche Beilegung des Konflikts zu schaffen. Hierfür
soll die Regierung eine Roadmap vorlegen, die Verhandlungen ermöglicht und die Forderungen der politischen
Vertretung der kurdischen Bewegung berücksichtigt. Um die breite Öffentlichkeit in diesen Prozess einzubinden,
müssen unabhängige Beobachter aus der Bevölkerung zu den Verhandlungen zugelassen werden. Wir bekunden hiermit unsere Bereitschaft, freiwillig an dem Friedensprozess teilzunehmen.
Wir stellen uns gegen alle repressiven Maßnahmen, die auf die Unterdrückung der gesellschaftlichen Opposition gerichtet sind. Wir fordern die sofortige Einstellung der staatlichen Repressionen gegen die Bürger/innen.
Als Akademiker/innen und Wissenschaftler/innen dieses Landes bekunden wir hiermit, dass wir nichtTeil dieser
Verbrechen sein werden und in den politischen Parteien, im Parlament und in der internationalen Öffentlichkeit,
Initiative ergreifen werden, bis unser Anliegen Gehör findet.“
UnterstützerInnen sind bisher u.a.: Noam Chomsky, David Harvey, Wulf D. Hund, Immanuel Wallerstein und
Judith Butler. Für weitere Unterstützung aus dem Wissenschaftsbereich sende eine Mail an:
[email protected] oder [email protected]
Weitere Hintergrundinformationen findet ihr unter: www.asta-uhh.de, unter anderem den Antrag des AStAs an
den Akademischen Senat. Für deine Unterstützung
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