Methodische Grenzen bisheriger Studien national • Stichprobenbias: klinische Stichproben PAGE: Ergebnisse der repräsentativen • Stichprobenbias: Erhebungsmodus Erhebung zu problematischem • Untersuchungsbias: Diagnostik Glücksspielen unter Berücksichtigung • Bevölkerungsbezogene Studien weitgehend von Genderaspekten beschränkt auf intendierte Prävalenzbestimmung Hans-Jürgen Rumpf* In Kooperation mit Christian Meyer** und Ulrich John** *Universität zu Lübeck, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie **Universität Greifswald, Institut für Epidemiologie und Sozialmedizin Institut für Epidemiologie und Sozialmedizin Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Forschungsgruppe S:TEP S : T E S:TEP P S : Forschungsverbund T Frühintervention E S:TEP P Übersicht 1. Stand der Literatur 2. PAGE-Studie 3. Ergebnisse Übersicht 1. Stand der Literatur 2. PAGE-Studie 3. Ergebnisse Übersicht • Ein Großteil der Forschung zu Pathologischem Glücksspielen basiert auf Männern. • Anteil der Frauen an Stichproben ist oft zu gering. Unterschiede in der Literatur Übersicht • Frauen bevorzugen andere Spiele. • Der Beginn ist bei Frauen später. • Schnellere Abhängigkeitsentwicklung bei Männern. • Frauen entwickeln schneller eine Problemwahrnehmung. • Frauen berichten häufiger, dass der Grund für das Spielen in Unzufriedenheit, Frustration und der Regulation negativer Emotionen liegt. Granero et al. (2009) Unterschiede in der Literatur Übersicht • Männer haben mehr Auseinandersetzungen innerhalb von Familie und Freundeskreis. • Frauen haben mehr Komorbidität. • Frauen haben eine höhere Chance auf Remission (56 vs. 36%). • Frauen nehmen häufiger Hilfe in Anspruch. Granero et al. (2009), Slutske et al. (2009) Übersicht 1. Stand der Literatur 2. PAGE-Studie 3. Ergebnisse Ziele der PAGE-Studie Verbesserung Studienlage national (und international) durch methodische Verbesserungen hinsichtlich - Repräsentativität - Methodik der Erhebung - Größe der Stichprobe Ziele der PAGE-Studie Verbesserung des Kenntnisstandes zu problematischem und pathologischem Glücksspielen: - Bedingungsfaktoren - Aufrechterhaltung - Merkmalen des Herauswachsens - Inanspruchnahme von Hilfen Ableitungen von Anforderungen an das Hilfesystem für Prävention und Therapie Handy Telefon survey Spiel orte Presse Einrich aufrufe tungen Stichprobe Festnetz • - Stufe 1 Ziehung Gemeindestichprobe: 53 Gemeinden/Samplingpoints Stratifizierte Ziehung nach Kreis * Glücksspielautomaten/Einwohner PPS Sampling • Stufe 2 Ziehung Haushaltsstichprobe: - RLD Stichprobe von Telefonnummern - Feste Quote pro Gemeinde • Stufe 3 Ziehung Personenstichprobe: - Bestimmung der 14-64-jährigen Personen im Haushalt - „Last Birthday“ Frage Stichprobe Mobile Only • RLD • Screening auf ausschließliche Erreichbarkeit per Mobiltelefon • Ziehung Personenstichprobe: - Bestimmung der 14-64-jährigen Personen im Haushalt - „Last Birthday“ Frage Telefonische Befragung Dauer: 10 – 30 Minuten Themenbereiche: Social Capital Internetnutzung Spielverhalten Spielbedingte Probleme Basis-Soziodemografie Kerninstrument: WMH CIDI 3.0 Gambling Section Klinisches Interview 2-4 Stunden + Selbstausfüller Themenbereiche: Psychopathologie Bedingungsfaktoren Inanspruchnahme Remission etc. Kerninstrumente: M-CIDI SKID-II Weitere standardisierte Verfahren Erreichte Stichprobe Telefon-Stichprobe (davon 1001 Mobile-Only) Telefonisch befragt Klinisches Interview 15.023 175 Einrichtungen, Selbsthilfe, Kliniken Suchtberatung, Schuldnerberatung, Bewährungshilfe, Schuldnerberatung etc. 227 Medien, „Snowball“-Sampling 126 Spielorte 66 Gesamt 594 Gewichtung - Designgewichte: Anpassung bedingt durch Studiendesign (z.B. Ein-/Mehrpersonenhaushalte, Ein-/Mehrfachanschlüsse) - Anpassung an Kernmerkmale der deutschen Bevölkerung (Redressment) Alter, Geschlecht, Schulbildung, Arbeitslosigkeit und Migrationshintergrund Übersicht 1. Stand der Literatur 2. PAGE-Studie 3. Ergebnisse Lifetime-Diagnosen 14-64 Telefonsurvey (N=15.023) Anzahl der DSM-IV Kriterien Prävalenz (%) Konfidenzintervall (%) 1-2 5,5 4,6-6,5 3-4 1,4 1,1-1,8 5-10 1,0 0,7-1,4 Lifetime-Diagnosen 14-64 Telefonsurvey (N=15.023) Anzahl der DSM-IV Kriterien Prävalenz (%) Konfidenzintervall (%) m f m f 1-2 8,0 2,9 7,3-8,8 2,5-3,4 3-4 2,3 0,5 1,9-2,7 0,4-0,7 5-10 1,7 0,2 1,4-2,2 0,1-0,3 12-Monats-Diagnosen 14-64 Telefonsurvey (N=15.023) Anzahl der DSM-IV Kriterien Prävalenz (%) Konfidenzintervall (%) 1-2 1,41 1,2-1,7 3-4 0,31 0,2-0,4 5-10 0,35 0,2-0,5 12-Monats-Diagnosen 14-64 Telefonsurvey (N=15.023) Anzahl der DSM-IV Kriterien Prävalenz (%) Konfidenzintervall (%) m f m f 1-2 2,0 0,8 1,6-2,4 0,6-1,1 3-4 0,5 0,2 0,3-0,7 0,1-0,3 5-10 0,6 0,1 0,4-1,0 0,0-0,1 Risikoreiches Glücksspielen (1-2 Kriterien) Problematisches Glücksspielen (3-4 Kriterien) Pathologisches Glücksspielen (5-10 Kriterien) % (SE) % (SE) % (SE) Insgesamt 1,4 (0,1) 0,3 (0,1) 0,3 (0,1) Männer 2,0 (0,2) 0,5 (0,1) 0,6 (0,1) Frauen 0,8 (0,1) 0,2 (0,1) 0,1 (0,02) 14-30 Jahre 2,1 (0,3) 0,6 (0,1) 1,0 (0,2) 31-47 Jahre 1,4 (0,2) 0,2 (0,1) 0,1 (0,1) 48-64 Jahre 0,7 (0,2) 0,2 (0,1) 0,04 (0,02) Männer 14-30 Jahre 3,3 (0,5) 0,9 (0,2) 1,8 (0,4) 31-47 Jahre 1,9 (0,3) 0,3 (0,2) 0,2 (0,1) 48-64 Jahre 0,8 (0,2) 0,2 (0,1) 0,03 (0,03) 14-30 Jahre 0,9 (0,3) 0,3 (0,2) 0,1 (0,1) 31-47 Jahre 0,9 (0,2) 0,1 (0,02) 0 (0) 48-64 Jahre 0,7 (0,1) 0,1 (0,1) 0,1 (0,04) Haupt-/Volksschul-/kein Abschluss Realschulabschluss/POS 1,0 (0,2) 0,3 (0,1) 0,6 (0,2) 1,5 (0,2) 0,4 (0,1) 0,3 (0,1) Abitur/Fachabitur 1,6 (0,2) 0,2 (0,04) 0,1 (0,1) Arbeitslos 1,2 (0,6) 0,4 (0,3) 1,1 (0,6) Migrationshintergrund/erfahrung 2,1 (0,3) 0,7 (0,2) 0,9 (0,2) 12-Monats- Prävalenz in Teilstichproben 14-64 Frauen Lifetime-Diagnosen 14-18 Telefonsurvey (N=947) Anzahl der DSM-IV Kriterien Prävalenz (%) Konfidenzintervall (%) 1-2 3,92 2,6-5,9 3-4 1,08 0,6-2,0 5-10 1,48 0,6-3,6 Lifetime-Diagnosen 14-18 Telefonsurvey (N=947) Anzahl der DSM-IV Kriterien Prävalenz (%) Konfidenzintervall (%) m f m f 1-2 5,60 2,19 3,5-8,9 1,1-4,2 3-4 1,94 0,19 1,0-3,6 0,03-1,7 5-10 2,93 0,0 1,2-6,9 - DSM-IV Kriterien 87,4 80,1 Eingenommen Sein Einsätze erhöhen 36,6 55,5 95,6 96,5 Erfolglose Kontrollversuche 37 Unruhig bei Einschränkung p=.015 68,4 81,1 83,7 Problemen/Stimmung erleichtern Verlust hinterherjagen 61,2 81,8 p=.062 89,3 93,7 Belügen anderer Illegale Handlungen 0 12,4 Gefährdung Beziehung/Beruf Sich verlassen auf das Geld anderer 17,9 0 10 p=.016 76,1 41,9 35,2 20 30 40 50 60 70 80 Männer (n=100) 90 100 Frauen (n=16) Negative Konsequenzen bei Frauen Seltener Probleme mit der Arbeit (p=.001) Seltener Probleme mit Freunden (p=.031) Seltener Probleme mit der Bank (p=.034) Hauptsächliche Spielform für die Problementstehung (subjektive Einschätzung) Spielautomaten 44,3 6,8 Großes Spiel 49,5 13,6 10,5 9,5 Kleines Spiel Priv. illeg. Glücksspiel 0,2 Andere Sportwetten 1,2 Poker 12,3 11,2 5,1 Spiel 77/Super 6 0 Oddset 0 Fernsehlotterien 0 Männer (n=100) Frauen (n=16) 15,4 3,9 7 3 1,6 0 Pferdewetten 0 10 20 30 40 50 Lebenszeitprävalenz Allgemeinbevölkerung 3 Problematisches Glücksspielen (14 Kriterien) Pathologisches Glücksspielen (5-10 Kriterien) (N=4075) (N=150) (N=437) Störungen nach DSM-IV % Störungen durch Substanzkonsum insgesamt Substanzmissbrauch 1 Substanzabhängigkeit exkl. Tabak Tabakabhängigkeit Störungen durch Alkoholkonsum Störungen durch illegale Drogen Affektive Störungen insgesamt Depressive Störungen Major Depression Dysthyme Störung Hypomanie 2 Bipolare Störungen I Bipolare Störungen II Angststörungen insgesamt Panikattacke Panikstörung ohne Agoraphobie Panikstörung mit Agoraphobie Agoraphobie ohne Panikstörung in der Vorgesch. Soziale Phobie Angststörung nicht näher bezeichnet Generalisierte Angststörung Posttraumatische Belastungsstörung Psychische Störungen insgesamt Psychische Störungen exkl. Tabakabhängigkeit Psychische Störungen exkl. Substanzstörungen 25,8 5,2 4,1 20,9 8,3 1,2 12,3 11,5 10,0 2,5 0,3 0,4 0,1 6,5 5,8 0,9 1,3 1,1 1,9 0,5 0,8 1,4 35,7 22,9 16,1 % % 63,3 20,7 31,3 47,3 45,3 11,3 89,7 26,7 44,1 78,0 54,8 22,5 44,0 41,3 36,7 11,3 0,7 1,3 2,0 63,6 58,4 49,4 22,7 0,2 6,0 1,4 24,7 18,7 10,0 2,7 1,3 6,7 2,0 3,3 5,3 37,2 23,8 6,4 7,6 5,5 13,5 2,8 5,3 15,6 78,0 72,7 53,3 95,4 87,8 71,5 Vergleich Allgemeinbevölkerung vs. Path. Glücksspielen (1-10 Kriterien) Adj. OR (95%-CI) 4 3,4 (3,1-3,9) 3,8 (3,5-4,3) 3,2 (2,9-3,7) 4,2 (3,6-4,9) Komorbidität bei Pathologischen Glücksspielern (n=71/370) Angststörungen häufiger bei Frauen (49%/35%;p=.020) Depression häufiger bei Frauen (78%/60%;p=.006) Substanzstörungen (außer Tabak) häufiger bei Männern (65%/41%;p<.001) Jemals Hilfe von Fachkraft oder Selbsthilfegruppe 100 80 60 40 20 0 Frauen Männer 25,5 22,9 Remission 100 80 63,6 60 40 20 0 63,7 Frauen Männer Remission ohne formelle Hilfe: The Elephant that no one sees (Greenfield & Clowd; 1996) Remission ohne formelle Hilfe 100 81,6 p= 0,19 80 59,9 60 40 20 0 Frauen Männer Anzahl der Personen, die von dem Spielproblem wussten bei Remittierten Vor Remission Nach Remission Frauen 2,1 3,8 Männer 3,7 5,5 p .004 .008 Barrieren 4,37 4,21 Allein damit fertig werden 3,56 3,73 Glücksspielen kein so großes Problem 3,39 2,85 Nicht eingestehen Hilfe zu brauchen Zu stolz 2,85 2,52 Zu peinlich 2,73 2,7 Probleme nicht mit anderen besprechen 2,73 2,61 Sorgen was andere denken 2,49 2,15 Behandlung hilft mir nicht 2,54 2,03 p=.069 Männer (n=141) Frauen (n=33) p=.047 2,07 1,91 Wusste nicht wohin 2,3 2 Zu viel Zeit und Energie 0 1 2 3 4 5 Zusammenfassung Frauen: Geringere Prävalenz stärker bei pathologischem als bei problematischem Glücksspielen Komorbidität höher bei Angst und Depression, geringer bei Substanzstörungen Häufiger Unruhe bei Einschränken des Spielens Seltener Gefährdung von Beziehungen oder Beruf Seltener Probleme mit Arbeit, Freunden, Bank Zusammenfassung Frauen: Gleiche Inanspruchnahme von Hilfen Geringere Bedenken hinsichtlich Hilfen Weniger Personen werden eingeweiht. Allgemeines Fazit: Die geringe Inanspruchnahme und hohe Remissionsrate ohne Hilfen zeigen auf, dass die Versorgung sich anpassen muss (Kurzinterventionen). Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit