Sedimentationsanlagen - Sonderdruck Tiefbaustellen

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TIEFBAUSTELLE
Entwässerung
SEDIMENTATIONSANLAGEN
Absetzen und
sitzen bleiben
Wenn Regen auf Straßen, Höfe und Dächer
prasselt, reichert er sich je nach Fläche zu unterschiedlichen Schadstoffcocktails an. Diese
Drinks tun Böden, Grundwasser und Gewässern
– den naturräumlichen Zielsystemen der Niedernigen, bevor er sich dem Wasserkreislauf wieder
anschließt, sind Sedimentationsanlagen ein probates Mittel. Doch das klingt einfacher, als es ist.
Klimawandel: Systematische Regenwasserbewirtschaftung dämmt Hochwasserereignisse ein
9/2012
Foto: Deutscher Dachgärtner Verband
I
n Zeiten anthropogenen Klimawandels[1] und einschneidender demografischer Veränderungen[2] kommt dem Schutz
des Ökosystems besondere Bedeutung zu. Besonders der
natürliche Wasserkreislauf unterliegt vielfachen Stressoren
durch menschliche Nutzung und Veränderung. Für Gewässer
sowie das Boden-Grundwasser-Kompartiment gelten deshalb
zu Recht anspruchsvolle Schutzbestimmungen. Auch in die Neufassung von Gesetzen, Verordnungen und Normierungen werden auch jene Teilbereiche einbezogen, die bislang noch keiner
systematischen Regulierung unterliegen. Hierzu gehört auch die
Behandlung der Niederschlagsabflüsse von befestigten Flächen.
Erst seit seiner Novellierung, die am 1. März 2010 in Kraft getreten war, bestimmt das Wasserhaushaltsgesetzt (WHG) in
§ 55, dass Regenwasser ortsnah versickert, verrieselt oder direkt beziehungsweise über eine Kanalisation ohne Vermischung
mit Schmutzwasser in ein Gewässer eingeleitet werden soll. Für
die Direkteinleitung in ein Gewässer fordert § 57 ergänzend die
Minimierung von Menge und Schädlichkeit gemäß Stand der
Technik. Neben der Eindämmung stofflicher Belastungen gilt es
somit neuerdings, auch andere Schadeffekte wie beispielsweise
hydraulischen Stress zu berücksichtigen und folglich die Einleitmengen in verträglichen Grenzen zu halten.
 
Zulassung bisher nur für Teilbereiche
Für Anwender und Planer wirkt in der gegenwärtigen Situation erschwerend, dass die bauaufsichtliche Zulassung von Anlagen zur Regenwasserbehandlung durch das hierfür zuständige
Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt, Berlin) erst teilweise er-
Regenwolken: Wenn sich der Himmel
verfinstert, kommt Niederschlag.
Sedimentationsanlagen helfen, ihn
sachgerecht zu managen
folgt. Das DIBt hat bisher Zulassungen für Produkte erteilt, die
mineralölhaltiges Niederschlagswasser – vornehmlich von Straßen und Betriebsflächen – vor anschließender Versickerung
behandeln. Zulassungen für Behandlungsanlagen mit nachfolgender Direkteinleitung waren und sind jedoch noch nicht möglich, da hier die Vorgabe bundeseinheitlicher Anforderungen vorerst fehlt. Generell bedürfen Anlagen, die (noch) nicht über eine
DIBt-Zulassung oder alternativ eine Bauartenzulassung nach
Landesrecht verfügen, in jedem Einzelfall einer wasserrechtlichen Genehmigung für Einbau und Betrieb. Welche Anlagen
gegenwärtig bauaufsichtlich zugelassen sind, ist auf der Website
des DIBt (www.dibt.de) in den nationalen Zulassungsbereichen
unter Punkt 84 „Bauprodukte und Bauarten zur Behandlung und
Versickerung mineralölhaltiger Niederschlagsabflüsse“ gelistet.
Ein maßgeblicher Schritt in Richtung sachgerechter Zulassungskriterien für alle Anwendungsfälle dezentraler Regenwasserbehandlungssysteme ist die von der Deutschen Bundesstiftung
Umwelt (DBU, Osnabrück) geförderte DWA-Studie „Entwicklung
von Prüfverfahren für Anlagen zur dezentralen Niederschlagswasserbehandlung im Trennverfahren“ [3]. Sie differenziert die
Herkunftsflächen von Niederschlagsabflüssen nach dem jeweils
unterschiedlichen Aufkommen relevanter Schadstofffraktionen,
schlägt auf dieser Grundlage eine Klasseneinteilung vor und
benennt, je nach Herkunftsklasse und Zielkompartiment der
Abflüsse spezifiziert, Anforderungen an die Reinigungsleistung
von Behandlungssystemen. Damit liegt ein erster Bewertungsmaßstab zur Beurteilung der Effizienz von Sedimentationsanlagen und für deren bauaufsichtliche Zulassung vor.
Foto: Kionka
schlagsabflüsse – nicht gut. Um den Regen zu rei-
Sedimentationsanlagen im Kontext der
Regenwasserbewirtschaftung
Regenwasserbewirtschaftung nach aktuellem Stand von Technik und Regelwerkvorgaben verfolgt das Ziel, Niederschlagsabflüsse von befestigten Flächen getrennt vom Schmutzwasser aus Haushalten, Gewerbe und Industrie zu erfassen,
um sie entweder für eine Nutzanwendung (Bewässerung,
WC-Spülung, Reinigung, Wäschewaschen) zu bevorraten und
damit auch mengenregulierend zu managen, oder aber dem
natürlichen Wasserkreislauf durch Versickerung und Gewässereinleitung unmittelbar zurück zu geben. Der Schutz der
Umweltsysteme Boden, Grundwasser und Gewässer gebietet,
Niederschlagsabläufe in Abhängigkeit ihrer jeweils gegebenen
Schadstoffbelastung zu reinigen, bevor sie versickert oder
in ein Gewässer eingeleitet werden. Diese Aufgabe leisten
Regenwasserbehandlungsanlagen, die gegenwärtig zwar in
unterschiedlichen Funktionstypen, Baugrößen und Leistungsvarianten am Markt verfügbar sind, aber größtenteils noch
keiner systematischen Regulierung unterliegen.
Nach Expertenansicht müssen Regenwasserbehandlungsanlagen vor allem den sicheren Rückhalt der Feinfraktion
von Feststoffpartikeln (AFSfein), von Kupfer, Zink und Mineralölkohlenwasserstoffen (MKW) gewährleisten (Näheres s.
Haupttext). Dem Prinzip der Dichtetrennung folgend, können reine Sedimentationsanlagen allein die sich absetzende
Feststofffracht in einem Sammelraum zurückhalten. Um die
aufschwimmenden MKW ebenfalls abscheiden zu können,
müssen Anlagen darüber hinaus so konstruiert sein, dass
auch hierfür ein abtriebsicheres Rückhaltvolumen oder ein
anderes Abtrennverfahren zur Verfügung steht. Und erst, wenn
eine Regenwasserbehandlungsanlage als drittes auch noch
mit einem entsprechenden Substratelement für Sorption oder
Ionenaustausch ausgerüstet ist, ist sie in der Lage, zusätzlich
die gelöst vorliegenden Stofffraktionen – allen voran Kupfer und
Zink, aber auch Salze – zu eliminieren.
Das Marktsegment der Regenwasserbehandlungsanlagen
umfasst derzeit
– abwasserbehandelnde Flächenbeläge sowie Rinnen und
Mulden mit Substrat, die nicht Gegenstand der Erörterungen
dieses Beitrags sind;
– reine Filtersysteme, die lediglich den Rückhalt von Feststoffen einschließlich daran adsorbierter Substanzen gewährleisten;
– Sedimentationsanlagen als durchströmte Behälteranlagen
in den Systemvarianten mit/ohne sedimentationsbegünstigende Strömungsführung sowie mit/ohne im Anlagendesign
vorgesehener MKW-Abscheidung;
– Kompaktanlagen wie vorstehend, die jedoch allen Reinigungsanforderungen gerecht werden, indem sie neben
Sedimentation und Leichtstoffabtrennung außerdem ein
Substrat für den Rückhalt gelöster Schadstofffraktionen zur
Verfügung stellen.
Während sich Filter und kleine Behälteranlagen nur für den
dezentralen Einbau an einzelnen Flächenabläufen eignen,
können größer dimensionierte Sedimentationsanlagen die
Regenabläufe mehrerer Teilflächen in semizentraler Weise
zusammenfassen und reinigen.
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TIEFBAUSTELLE
Entwässerung
Herkunftsfläche
Belastungsklasse
Reinigungsparameter
Dach (herkömmliche Eindeckung,
Regelfall)
gering belastet,
Kategorie I
keine Reinigung
erforderlich
Dach (herkömmliche Eindeckung,
Sonderfall)
mäßig belastet,
Kategorie II
AFSfein
Metalldach
mäßig belastet,
Kategorie II
AFSfein, Cu oder Zn
Verkehrsfläche
mäßig belastet,
Kategorie II
AFSfein, Cu, Zn, MKW1)
Mischfläche
mäßig belastet,
Kategorie II
AFSfein, Cu
Sonderfläche
häufig hoch
­belastet,
Kategorie III
Einzellfallbeurteilung
1) nur bei Einleitung in Boden/Grundwasser
Tabelle 1: Zuordnung von Herkunftsflächen zu Belastungsklassen und Reinigungsparametern
Foto: Mall
Bevölkerungsstruktur: Weil sich die Schere zwischen Rentnern und
Erwerbstätigen öffnet, fallen Steuereinnahmen. Schon heute leidet
die Abwasserentsorgung unter Kostendruck. Effektiver Umgang mit
Niederschlägen entlastet Kläranlagen und entspannt die wirtschaftliche Drohkulisse
Die Autoren der DWA-Studie unterteilen die Herkunftsflächen
von Regenwasserabflüssen in
–Dächer mit herkömmlicher Eindeckung, wobei zu unterscheiden ist nach dem Regelfall und nach Sonderfällen wie beispielsweise in Gewerbe- und Industriegebieten mit erhöhter
Staubemission;
–Metalldächer mit Eindeckung aus unbeschichtetem Kupfer,
Zink oder Blei, wenn die Metallflächen mehr als 50 m2 betragen;
– Verkehrsflächen, vornehmlich Straßen und Parkplätze;
Foto: TÜV Rheinland LGA Products
Dosierstation: Um ermitteln zu
können, inwieweit eine Sedimentationsanlage die AFS-Fracht
aus dem Regenwasser abtrennt,
muss die Prüfsubstanz exakt in
den Zulauf dosiert werden
9/2012
–Mischflächen aus Dach-, Hof- und Verkehrsflächen, jedoch
ohne Metalldächer und mit maximal 70 % Verkehrsflächenanteil;
– Sonderflächen wie beispielsweise Flughäfen oder Straßen und
Betriebsflächen im Bereich von Gewerbe, Industrie und Landwirtschaft, die aufgrund spezieller Schadstoffablagerungen
einer Einzelfallbetrachtung bedürfen.
Bei der Einteilung von Abflüsse dieser Herkunftsflächen nach
Belastungsklassen greift die Studie auf bereits vorliegende
Klassifizierungen seitens der Bund-Länder-Arbeitsgruppe Regenwasser sowie im „Trenngebietserlass“ aus NRW zurück und
schlägt eine Differenzierung nach „gering belastet, Kategorie I“,
„mäßig belastet, Kategorie II“ und „hoch belastet, Kategorie III“
vor. Welcher dieser Klassen eine Herkunftsfläche zuzuordnen
ist, ergibt sich daraus, welche Schadstoffgruppen in der jeweiligen Fläche typischerweise anzutreffen sind und folglich im Zug
von Regenereignissen abgeschwemmt werden. Je nach Flächenmaterial, -nutzung und weiteren Einflüssen wie etwa Windverfrachtungen kann die Belastung der Niederschlagsabflüsse sehr
unterschiedlich ausfallen.
 
Auswahl der Schadstoffparameter
Mit Blick auf den Schutz von Boden, Grundwasser und Gewässern misst die DWA-Studie der Feinfraktion abfiltrierbarer
Stoffe (AFSfein mit Korndurchmesser bis 200 µm), Kupfer (Cu),
Zink (Zn) und den Mineralölkohlenwasserstoffen (MKW) die
höchste Wirkungsrelevanz zu. Während die Schwermetalle Kup-
fer und Zink in erster Linie bei Metalldächern, aber auch bei
Straßen, und die MKW nur bei Verkehrsflächen von Bedeutung
sind, erfolgt ein AFSfein-Austrag aus allen Herkunftsflächen. Die
Schädlichkeit der AFSfein liegt darin begründet, dass sich zahlreiche andere Schadstoffe, darunter auch Schwermetalle und
polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), an ihnen
anlagern, und dass sie darüber hinaus das Lückensystem von
Gewässersohlen verstopfen und die Sauerstoffaufnahme der
dort lebenden Organismen beeinträchtigen.
Von nachrangiger Bedeutung sind nach Ansicht der Experten
die Grobfraktion der AFS, der Chemische und der Biochemische
Sauerstoffbedarf (CSB, BSB) als Summenparameter für organische Kohlenstoffverbindungen, die Nährstoffe Stickstoff und
Phosphor, aus der Gruppe der Schwermetalle Blei und Cadmium,
die 16 Einzelsubstanzen der PAK-Fraktion sowie auch Chlorid
aus dem Einsatz von Streusalzen im Winter. Sie alle kommen in
Flächenabflüssen vor, werden aber entweder in punkto Schädlichkeit oder wegen zu geringer Konzentrationen als vernachlässigbar angesehen, oder sie adsorbieren an den AFSfein-Partikeln
und werden mit ihnen abgeschieden. Allein Chlorid müsse möglicherweise gesondert betrachtet werden, da erhöhte Salzbelastungen von Straßenabläufen in Behandlungsanlagen mit Filtration oder Ionenaustauschern zur Kolmation und damit zum
Ausfall der Anlage führen oder aber im Filtersubstrat bereits
sorbierte Schadstoffe wieder auswaschen können.
In einer Zusammenschau aller so weit skizzierten Aspekte ergibt
sich aus der DWA-Studie folgendes Bild für die Zuordnung der
Herkunftsflächen von Regenwasserabläufen zu Belastungsklassen und abzureinigenden Schadstoffparametern (Tabelle 1).
Eine gezielte Abscheidung von MKW ist nur dann erforderlich,
wenn Verkehrsflächenabläufe per Versickerung an das vergleichsweise sensiblere Boden/Grundwasser-System abgegeben wer­­den
sollen, oder wenn ein Anfall von MKW zu besorgen ist. Im letzteren Fall ist dann gemäß Anhang 49 der Abwasserverwaltungsvorschrift zu ver­­fahren. Für Regenabflüsse von hoch be­­lasteten
Sonderflächen wird die Reinigungsleistung üblicher dezentraler
Regenwasserbehandlungsanlagen als in der Regel ungenügend erachtet. Hier werden dann Reinigungsverfahren mit mechanischbiologischer Prozessführung erforderlich.
 
Vorschlagswerte für Reinigungstiefe
Differenziert nach den beiden Zielsystemen Boden/Grundwasser und Oberflächengewässer geben die Autoren der DWA-Studie
Mindestwerte für den Rückhalt je Schadstoffparameter an (Tabelle
2). Diese aus einer Auswertung verschiedener Quellen ermittelten
Werte wollen als erste Vorschläge verstanden sein – vorbehaltlich
endgültiger Normvorgaben durch Bund oder Länder.
Im Rahmen der DWA-Studie wurden drei Sedimentationsanlagen, die sich zum Zeitpunkt der Untersuchung am Markt
befanden, in ihren unterschiedlichen Baugrößen versuchsParameter
Fläche
AFSfein
Kupfer
Zink
MKW
B/G OG B/G OG B/G OG B/G OG
Dach (Kategorie II) 80% 50%
–
–
–
–
–
–
–
–
Metalldach
80% 50% 98% 99,5% 92% 99%
Verkehrsfläche
92% 80% 80% 83% 70% 87% 80%
–
Mischfläche
90% 75% 37,5% 83%
–
–
87%
–
B/G: Zielsystem Boden/Grundwasser, OG: Zielsystem Oberflächengewässer Quelle: [3], S. 101
Tabelle 2: Vorgeschlagene Rückhaltwerte bei der Behandlung von
Niederschlagsabflüssen
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TIEFBAUSTELLE
Entwässerung
weisen Vortests hinsichtlich AFSfein-Rückhalt unterzogen.
Eine weitere, auf der DWA-Studie aufbauende und in NRW
durchgeführte Untersuchung[4], hat insgesamt sechs Regenwasserbehandlungsanlagen auf den Rückhalt von AFSfein sowie teilweise von MKW und Schwermetallen überprüft. Die
Testregenspenden zur Ermittlung des AFSfein- und MKWRückhalts haben an den Originalanlagen Niederschlagsereignisse in Abstufungen von 2,5 über 6 bis 25 l/(s*ha) simuliert.
Anschließende Versuche mit einer Regenspende entsprechend 100 l/(s*ha) waren erfolgt, um zu ermitteln, inwieweit
bereits abgesetztes Material tatsächlich auch sitzen bleibt
oder möglicherweise remobilisiert wird. Als Prüfsubstanz für
AFSfein wurde in beiden Studien das Quarzmehl Millisil W4 in
unterschiedlichen Konzentrationen zudosiert. Zur Untersuchung der MKW-Abscheidung dienten Beigaben von Heizöl
EL. Die Überprüfung des Schwermetallrückhalts erfolgte an
verkleinerten Laborsäulen.
 
Zyklon: Das trichterförmige Zulaufelement des ViaPlus bewirkt
effizienten Partikelrückhalt
9/2012
Foto: Mall
Foto: Mall
Metalldach: Das Maximilianeum, Sitz des bayerischen
Landtags in München, hat ein
Kupferdach. Für unbelasteten
Dachablauf sorgen Metalldachfilter. Das Bild ist während der
Einbauphase entstanden
Ergebnisse zum Schadstoffrückhalt
Zusammenfassend lässt sich aus beiden Studien schlussfolgern,
dass die vorgeschlagenen Rückhaltwerte (s. Tabelle 2) nur teilweise erzielt werden. Eine durchgängig sichere AFSfein-Abtrennung von mindestens 80 % konnten nur solche Systeme erreichen, die entweder im Verhältnis von anschließbarer Fläche zu
Anlagenvolumen ein großes spezifisches Volumen und/oder ein
die Sedimentation begünstigendes hydrodynamisches Prinzip –
Strömungsführung durch Hydrozyklon im einen und Schräglamellen im anderen Fall – zur Verfügung stellen. Wirkungsgrade
von deutlich über 90 % haben nur die Anlagen mit Lamellenund Zyklon-Design realisiert.
In den Remobilisierungsversuchen unter hoher hydraulischer
Belastung deutet sich ein markanter Unterschied zwischen
reinen Sedimentationsanlagen und Anlagen mit zusätzlichem
Substratelement an. Letztere zeigten zu Versuchsbeginn signifikant erhöhte AFS-Konzentrationen im Ablauf, was auf ein Ausspülen von Feststoffen schließen lässt, die zuvor in den Substratfiltern zurückgehalten worden waren. Weniger deutlich, aber
dennoch erkennbar, wirkt sich bei manchen der reinen Sedimentationsanlagen die horizontale Fließgeschwindigkeit aus. Wenn
sie bei zunehmender hydraulischer Belastung steigt, erhöhen
sich die Ablaufkonzentrationen aufgrund remobilisierter AFSSedimente.
Für eine wirksame MKW-Abscheidung kommen nur solche Anlagenkonzepte in Betracht, die dieser aufschwimmenden Leichtstofffraktion einen gegen Abtrieb gesicherten Sammelraum zur
Verfügung stellen. Unter den getesteten Systemen waren das
wiederum die beiden mit Lamellen- und Zyklon-Design. Den
ausschließlich für Verkehrsflächenabflüsse bei vorgesehener
Versickerung zur Diskussion gestellten Rückhaltwert von 80 %
übertreffen im Test sowohl der Zyklon mit 90,2 % wie auch der
Lamellenklärer mit 95,0 %.
Kupfer- und Zinkbelastungen – nicht nur, aber vor allem aus dem
Abrieb von Reifen und Bremsbelägen – gehören zum Schadstoffmix der Straßenabläufe. Mit dem weitaus höchsten Konzentrationsaufkommen werden die beiden Schwermetalle jedoch von
Metalldächern abgeschwemmt. Zwar können sie mit bis zu 80 %
an die AFSfein-Fraktion adsorbieren und werden dann per Sedimentation eliminiert, aber der Rest liegt in der gelösten Phase
vor, entzieht sich folglich der Abtrennung durch Sedimentation
und kann nur mit Hilfe einer chemischen Prozesskomponente
wie Sorption oder Ionenaustausch entfernt werden.
Entsprechende Substratfilter sind im Anlagendesign üblicherweise der Sedimentation nachgeschaltet, was unter den getesteten Anlagen bei zwei Systemen der Fall war. Die aus verkleinertem Labormaßstab gewonnen Prüfergebnisse zeigen,
dass lediglich das Substratmodul einer der beiden Anlagen den
für Verkehrsflächenabläufe vorgeschlagenen Rückhaltwert bei
Kupfer und Zink (vgl. Tabelle 2) sicher realisiert. Im Fall der anderen Anlage wird der Zielwert für Kupfer nur knapp und der
für Zink bei weitem nicht erreicht. Den noch anspruchsvolleren
Zielwerten für Metalldachabflüsse kommt der Testsieger immerhin nahe, aber in summarischer Betrachtung bleibt festzustellen, dass die Entwicklungsteams der Hersteller von dezentralen
Regenwasserbehandlungsanlagen hinsichtlich der Schwermetallabtrennung noch Hausaufgaben zu erledigen haben.
Hydraulik im Blick
Das in Sedimentationsanlagen genutzte Prinzip der Dichtetrennung lässt erwarten, dass die Wirkungsgrade mit steigender
hydraulischer Belastung abnehmen. Tatsächlich zeigten alle getesteten Anlagen unter stationären Verhältnissen bei geringen
Regenspenden hohe Wirksamkeit. Zugleich war jedoch bei Anlagen, die ein großes spezifisches Volumen haben und im Dauerstau betrieben werden, eine zweiphasige Wirkungsweise zu beobachten. In der ersten Phase eines Regenereignisses wird das aus
vorherigem Niederschlag eingestaute Wasser aus der Anlage verdrängt. Diese Charge hatte in
der vorangegangenen Beschickungspause ausreichend Zeit
für eine weitgehende Schadstoffabscheidung per Dichtetrennung (Prinzip ‚Batchreaktor‘) und ist deshalb nur gering
belastet. Erst wenn die Beschickung länger andauert, stellen
sich als zweite Phase stationäre Verhältnisse ein (Prinzip ‚Durchlaufreaktor‘), und mit zunehmender Beschickungsdauer nimmt
der Wirkungsgrad ab.
Dieser Befund legt die Favorisierung solcher Anlagen nahe, die
entsprechend großvolumig ausgelegt sind und im Dauerstau betrieben werden. Systeme, die diese Kriterien erfüllen, sind überwiegend Behälteranlagen aus Stahlbeton, da allein sie die statischen Anforderungen an erforderliche Baugrößen erfüllen. Das
Marktsegment der Behälteranlagen aus Kunststoff deckt konstruktions- und einbaubedingt nur Größenvarianten bis zu einer
anschließbaren Fläche von etwa 1.000 m2 ab, während Anlagen aus
Beton für Anschlussflächen bis über 10.000 m2 hergestellt werden.
Im Gegensatz zu dezentralen Kleinanlagen, die kleinformatige Flächen mit zumeist einem Abfluss entwässern und den Regenabfluss
unmittelbar am Ort des Anfalls reinigen, können größere Systeme in semizentraler Weise auch den Zusammenschluss mehrerer
Teilflächen fassen und behandeln. Lösungen dieser Art haben den
Vorteil geringeren Bau- und Wartungsaufwands.
Wie die Tests weiterhin zeigen, erzielen insbesondere jene Anlagen eine hohe Sedimentationsleistung, die durch strömungsführende Formgebung (Zyklon) oder Einbauten (Lamellen) die
Absetzung von Feststoffen begünstigen. Dagegen wirken nachgeschaltete Substratelemente querschnittsverengend, erhöhen
folglich die Strömung und damit auch die Neigung, das dort
bereits abgelagerte Material zu remobilisieren. Alternative Einbaukonfigurationen für die Subtratmodule zur Schwermetallabscheidung könnten diesen Negativeffekt vermeiden.
 
Bewegung am Markt
Diesem Weg folgt das technische Design einer Anlage, die auf
der zurück liegenden Umwelttechnikleitmesse IFAT ENTSORGA
2012 in München erstmals dem Fachpublikum vorgestellt wurde. Das bauaufsichtlich zugelassene System ViaPlus des Herstellers Mall, Donaueschingen, platziert die Substratkomponente
im Zentrum der Anlage und gewährleistet durch eine von der
Zuflussmenge abhängige Stau- und Strömungssteuerung, dass
der Regenzulauf den Substrateinsatz unter allen Betriebsbedingungen ohne nachteilige hydraulische Effekte optimal durchströmt. Sedimentationsfördernd wirkt zudem ein trichterförmiges Einbauelement, in das der Zulauf tangential einströmt,
wodurch die hydrodynamischen Vorteile des Zyklon-Prinzips genutzt werden. Hier erfolgt der AFS-Rückhalt bis zu einer Korngröße von etwa 50 µm. Die weitere AFS-Fracht bis zur Größe
von 0,45 µm trennt eine Filterstufe aus Porenbeton ab. Sie dient
zugleich als Koaleszenzmaterial für eingetragene MKW. Durch
Adsorption im Substrateinsatz werden schließlich gelöste und
emulgierte Substanzen wie vor allem Schwermetalle, aber auch
organische Verbindungen und MKW gebunden.
Die beiden Anforderungen nach einerseits optimalem hydraulischem Durchsatz und andererseits bestmöglicher Reinigungsleistung verbinden sich im
ViaPlus nach Ansicht des Herstellers in idealer Weise. Dem
vornehmlich für Straßen- und
Betriebsflächenabflüsse konzipierten System hat das DIBt
eine Standzeit von vier Jahren
attestiert. Die Rückhaltwerte
betragen für AFS 93 %, MKW
99 %, Kupfer 90 % und Zink 89 %. Und – entsorgungstechnisch
relevant – die absorbierten Schwermetalle können aus dem Filtersubstrat zurückgewonnen werden.
Verbesserte Anlagen anderer Hersteller werden dem ViaPlus auf
den Markt folgen. Von Orientierung gebender Bedeutung für die
Produktentwicklung sind dabei verlässliche Normvorgaben und
daraus abgeleitete Prüfkriterien. Die hier vorgestellten Studien
sind erste Schritte auf diesem Weg zu klaren und einheitlichen
Rahmensetzungen. Mit fortschreitender Konkretisierung des
Regelkontexts ist zu erwarten, dass sich im Segment der deund semizentralen Regenwasserbehandlungsanlagen ein dynamischer Wettbewerb entfaltet. Neben seriösen Produkten, die
dem Schutz der Umwelt ebenso ambitioniert gerecht werden,
wie dem Betreiberinteresse nach wirtschaftlichen und betriebssicheren Lösungen, werden auch Schnäppchen verheißende
Mängelmodelle die Arena betreten. Anwender im privaten, kommunalen und gewerblich-industriellen Bereich sowie deren Planer stehen vor der Herausforderung, sich kundig zu machen.
Sonderdruck Mall GmbH, Hüfinger Straße 39-45, 78166 Donaueschingen
www.mall.info
Dem Schutz des Ökosystems
kommt besondere Bedeutung
zu
Quellennachweise:
[1] vgl. Schmitt, Theo G., Prof. Dr.-Ing.: Was nützen kleine
dezentrale Maßnahmen in Anbetracht des Klimawandels?, in:
König, Klaus W.: Ratgeber Regenwasser; Hg.: Mall GmbH (www.
mall.info), Donaueschingen 2014, 4. Auflage, S. 10
[2] vgl. Hiessl, Harald, Dr.-Ing.: Demografischer Wandel als
Herausforderung und Chance, in: ebd., S. 6
[3] Schmitt, Theo G., Prof. Dr.-Ing. et al.: Entwicklung von Prüfverfahren für Anlagen zur dezentralen Niederschlagswasserbehandlung im Trennverfahren; Hg.: Deutsche Vereinigung für
Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e.V. (DWA, www.dwa.de),
Hennef 2010
[4] Werker, Henning, Dipl.-Ing. et al.: Dezentrale Niederschlagswasserbehandlung in Trennsystemen – Umsetzung des Trennerlasses NRW, in: Korrespondenz Abwasser (www.dwa.de/ka),
Heft 5/2012, S. 426 ff
Autor
Tom Kionka
Tom Kionka, Wiesentheid, war sechs Jahre Mitarbeiter einer Marktführenden Zeitschrift für Umwelttechnik. Seit über 10 Jahren arbeitet er als
freier Fachjournalist. Er erstellt redaktionelle und PR-Dienstleistungen
für Unternehmen der Umwelttechnologie-Branche.
E-Mail: [email protected]
9/2012
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