LDS Übungsblatt 3, Aufgabe 29, Lösungshinweise zum Üben des Klassenkalküls. Aufgabe 1 (Logik: Syllogismen). Welche der folgenden sogenannten syllogistischen Schlüsse sind gültige Schlüsse? Im Nein-Fall begründen Sie bitte jeweils kurz. (1) Alle Diamanten sind hart Einige Diamanten sind Edelsteine —————————————————Einige Edelsteine sind hart Lösungshinweis: Wir können die einzelnen Aussagen wie folgt formalisieren: (a) Diamanten ⊆ Harte_Dinge (b) NICHT (Diamanten ∩ Edelsteine = ∅) —————————————————(c) NICHT (Edelsteine ∩ Harte_Dinge = ∅) (a) Diamant → hart (b) ¬ (Diamant ∧ Edelstein ↔ 0) —————————————————(c) ¬ (Edelstein ∧ hart ↔ 0) oder logisch Diese logische Umsetzung der mengenalgebraischen Aussagen funktioniert aber so unmittelbar nur, wenn die Voraussetzung gegeben ist, dass die 1-Gültigkeit des mengenalgebraischen Ausdrucks auch seine allgemeine Gültigkeit nachweisen würde. Das müssen wir aber noch untersuchen! Doch zunächst fragen wir uns, was wir eigentlich wissen wollen, wenn wir nach der Gültigkeit der zugrunde liegenden Schlussfigur fragen. Wie wollen wissen, ob es aus rein logischen Gründen unter der Voraussetzung, dass die beiden Prämiseen, also (a) und (b) wahr sind, immer auch stimmt, dass die Konklusion (c) wahr ist. Das ist die gleiche Frage, ob eine Formel G Folgerung einer Formelmenge F ist. Wir können also entweder untersuchen, ob ((a) ∧ (b)) → (c) gültig ist, oder ob die Negation davon unerfüllbar ist. Die Negation ergibt (a) ∧ (b) ∧ ¬ (c). Schauen wir uns zunächst einmal an, ob der Gesamtausdruck der Mengenalgebra 1-gültig ist (das ist er genau dann, wenn seine direkte Umsetzung in Aussagenlogik gültig ist – deshalb untersuchen wir diese und ersparen uns so die etwas mühsamen Beweise der Mengenalgebra): 1 4 3 1 2 5 3 2 1 D H E ((D → H) ∧ ¬ ((D ∧ E) ↔ 0)) → ¬ ((E ∧ ↔ 0) 0 0 0 1 0 0 0 1 0 1 0 0 1 0 0 0 1 1 0 0 0 1 0 1 0 0 1 0 0 1 0 1 0 0 0 1 0 1 0 0 1 0 0 1 1 1 0 0 0 1 1 0 0 0 0 0 0 1 0 1 1 1 0 0 0 1 0 0 1 0 1 0 1 0 0 1 1 0 0 1 0 0 1 0 1 1 0 1 0 0 0 1 0 1 0 0 1 0 1 1 1 1 1 1 1 0 0 1 1 1 0 0 H) Wie man an der Spalte unter der 5 sehen kann, ist die Umsetzung in Aussagenlogik gültig, der Gesamtausdruck der Mengenalgebra bzw. des Klassenkalküls ist also 1-gültig. Ist er aber auch generell gültig? Um diese Frage beantworten zu können, müssen wir ihn in eine spezielle KNF bringen und untersuchen, ob diese horn ist oder 1 nicht. Hierzu wird zunächst jeder einfache positive Ausdruck der Mengenlehre als einzelnes Symbol dargestellt und die logischen Operatoren dazwischen bleiben erhalten. Bei dieser Aufgabe muss man beachten, dass die zweite Prämisse und die Konklusion NEGIERTE einfache Ausdrücke sind (in einfachen positiven Ausdrücken sind nur ⊆ und = erlaubt, in (b) und (c) wird aber jeweils das = negiert verwendet). Wir haben folgendes: A steht für Diamanten ⊆ Harte_Dinge oder, kurz, D ⊆ H B steht für (Diamanten ∩ Edelsteine = ∅), oder kurz, (D ∩ E = ∅), also lässt sich (b) ausdrücken als ¬B Analog lässt sich (c) mit C = E ∩ H = ∅ ausdrücken als ¬C. Der Syllogismus, der sich insgesamt wie folgt ausdrücken lässt: Wenn (a) und (b), dann (c), lässt sich im sogenannten Klassenkalkül wie folgt formalisieren: (A ∧ ¬B) → ¬C. Jetzt bringen wir das in KNF, indem wir zunächst → durch seine Definition ersetzen und dann das ¬ nach innen ziehen: (A ∧ ¬B) → ¬C ≡ ¬ (A ∧ ¬B ) ∨ ¬C ≡ ¬ A ∨ ¬¬B ∨ ¬C ≡ ¬ A ∨ B ∨ ¬C Das ist nun in KNF. Wir nennen diese KNF die spezielle oder auch aggregierte KNF. Und offensichtlich ist diese KNF auch horn (dabei ist höchstens ein positives Literal pro Disjunktion erlaubt – wir haben nur eine Disjunktion in dieser KNF und diese enthält nur ein positives Literal, nämlich B). Jetzt wissen wir, dass wir tatsächlich die Gültigkeit des Gesamtausdrucks mit einer Umsetzung in Aussagenlogik direkt untersuchen konnten (s. Vorlesung). Die Antwort ist also JA, der Schluss ist gültig. (2) Alle Katzen haben Flügel Alle Hunde sind Katzen —————————————————Alle Hunde haben Flügel Jetzt machen wir das ein wenig knapper. K stehe für Katzen, F für Flügel, H für Hunde. Dann steht A für K ⊆ F, B für H ⊆ K, C für H ⊆ F. Nun bilden wir die aggegrierte KNF: Der Syllogismus lässt sich zunächst als (A ∧ B) → C schreiben. Daraus ergibt sich (¬ A ∨ ¬ B ∨ C). Das ist wieder horn – und übrigens der klassische transitive Schluss. Wenn sie den wie oben untersuchen, also ihn in Aussagenlogik transformieren (dabei ist es völlig egal, ob sie die erzeugte KNF transformieren oder den Ausgangsausdruck, diese sind ja semantisch äquivalent) und dann die Wahrheitstafel betrachten (machen Sie das zur Übung!!), dann werden sie erkennen, dass auch dieser Schluss gültig ist. Die Untersuchung des nächsten Schlusses ist übrigens vollkommen analog durchzuführen. (3) Alle Flageolets sind Flipple-Flutes Alle Monauli sind Flageolets —————————————————Alle Monauli sind Flipple-Flutes (4) Alle Säugetiere sind sterblich Alle Hunde sind sterblich —————————————————Alle Hunde sind Säugetiere Analysieren wir nun diesen Schluss. ST stehe für sterbliche Dinge, S für Säugetiere, H für Hunde. Dann ist die aggregierte KNF horn (erstellen sie sie zur Übung selbst!), wir können also unmittelbar den Gesamtausdruck in Aussagenlogik transformieren: 2 1 1 2 3 1 S ST H ((S → ST) ∧ 0 0 0 1 1 1 1 1 0 0 1 1 0 0 1 0 0 1 0 1 1 1 1 1 0 1 1 1 1 1 0 0 1 0 0 0 0 1 1 1 1 0 1 0 0 0 1 1 1 1 0 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 (H → ST)) → (H → S) Die aussagenlogische Formulierung des Schlusses ist nicht gültig, also ist der Schluss nicht 1-gültig, also ist der Schluss (weil seine aggregierte KNF horn war) ebenfalls nicht gültig – die Zeile S=0, ST=1, H=1 führt zu einer 0 insgesamt. (5) Wenn es heute nacht einen Sturm geben wird, dann fällt das Barometer Das Barometer fällt nicht —————————————————Es wird heute nacht keinen Sturm geben Analysieren wir auch noch diesen Schluss. Zunächst formalisieren wir ihn als Mischung aus Mengenalgebra und Logik (das ist, was wir Klassenkalkül nennen): ((ST ⊆ B) ∧ ¬ B) → ¬ ST. Diesen Klassenkalkülausdruck gilt es zu untersuchen. Erzeugen wir zunächst die aggregierte KNF. Hierzu bezeichnen wir (ST ⊆ B) mit A, B mit B und ST mit C. Insgesamt ergibt sich also als aggregierte Form A ∧ ¬B → ¬ C und damit die KNF (¬A ∨ B ∨ ¬ C). Diese ist horn. Nun untersuchen wir die Logiktransformation: 1 ((ST → B) 2 1 ∧ ¬ B) 3 1 → ¬ ST B 0 0 1 1 1 1 1 0 1 1 0 0 1 1 1 0 0 0 1 1 0 1 1 1 0 0 1 0 ST Wie sie sehen, ist auch dieser Schluss gültig. Untersuchen sie zur Übung auch die übrigen Schlüsse! Die Endergebnisse habe ich angegeben. 3 (6) Wenn Roman bereit ist auszusagen, dann ist er unschuldig Roman ist nicht bereit auszusagen —————————————————Roman ist nicht unschuldig Nicht gültig. (7) Einige Neurotiker sind nicht angepasst Einige nicht angepasste Personen sind nicht ehrgeizig —————————————————Einige Neurotiker sind nicht ehrgeizig Nicht gültig. (8) Alle Logiker sind Mathematiker Einige Philosophen sind keine Mathematiker —————————————————Einige Philosophen sind keine Logiker Dieser Schluss ist gültig. Auch hier nochmal eine Formalisierung: ((L ⊆ M ) ∧ ¬(P ∩ M = ∅)) → ¬(P ∩ L = ∅) Die spezielle KNF ist wieder horn (sie entspricht der speziellen KNF für (1)), wir können also den Gesamtausdruck auf 1-Gültigkeit untersuchen: 1 5 4 2 1 3 6 4 2 1 3 L M P ((L → M) ∧ ¬ ((P ∧ ¬ M) ↔ 0)) → ¬ ((P ∧ ¬ L) ↔ 0) 0 0 0 1 0 0 0 1 1 0 1 0 0 1 1 0 0 0 1 1 1 1 1 1 0 0 1 1 1 1 0 0 0 1 0 1 0 0 0 0 1 0 1 0 0 1 1 0 0 1 1 1 0 0 0 0 1 0 1 1 1 1 0 0 1 0 0 0 0 0 0 1 1 0 1 0 0 0 1 0 1 0 1 0 0 1 1 1 0 0 1 0 0 0 1 0 1 1 0 1 0 0 0 0 1 0 1 0 0 0 1 0 1 1 1 1 0 0 0 0 1 0 1 0 0 0 1 0 Die Spalte, die mit der 6 beschriftet ist (also die Spalte mit dem Top-level-Operator) enthält nur Einsen, die Formel ist also für jede Belegung erfüllt und damit gültig. 4