• Da wie bei der Faltung der Proteine die Energie, die dafür benötigt wird, davon abhängt, ob die benachbarte Base gepaart oder ungepaart vorliegt, ist dieses Aufbrechen ein hoch kooperativer Prozess • Man spricht vom Schmelzen der DNA • Dieses Schmelzen wird bei der polymerase chain reaction (PCR) ausgenutzt, um DNA zu vervielfältigen • Dabei wird die zyklisch in Einzelstränge geschmolzen, die nach Abkühlung durch ein Enzym, die Polymerase, wieder komplementiert werden 45 Teil IV Biomembranen und Zellen 11 11.1 Membranen Aufbau und Struktur • Bestehen aus amphiphilen (oder: amphipatischen) Molekülen: Hauptsächlich Phospholipide, aber auch andere Lipide wie Sphingolipide • Die Fettsäurereste R1 und R2 und die Kopfgruppe weisen eine große Variabilität auf, hier Phosphatidylcholin aus Hühnerei • Im Vergleich PC aus Soja • Die Kopfgruppe X ist in beiden Fällen Cholin • Diese ordnen sich in einer flüssig kristallinen Phase an, das heisst, es gibt eine gewisse Ordnung, aber die einzelnen Lipidmoleküle können ihre Plätze tauschen 46 • Die polaren Kopfgruppen zeigen dabei in Richtung Wasser, während die apolaren Fettsäureketten sich unter der Wirkung von van-der-Waals Kräften zusammenlagern • Verschiedene Proteine sind in oder an den Membranen verankert • Je nach Konzentration bilden Lipide verschiedene Agglomerate in wässriger Umgebung: z.B. Mizellen, Vesikel oder Röhren 47 • An solchen Agglomeraten können Membraneigenschaften untersucht werden 11.2 Phasenumwandlungen und Dynamik • Die Entstehung der Agglomeratstrukturen wird durch den hydrophoben Effekt getrieben • Die Verteilung von Lipidmolekülen zwischen der Membran und in Lösung wird durch das Nernstsche Verteilungsgesetz, das die Form der Boltzmann-Verteilung hat, bestimmt: x⇤ = x0 e µ kB T • Hierbei ist x⇤ der Molenbruch des Lipids in Wasser und x0 der Molenbruch in der Lipidphase, und µ die chemische Potentialdifferenz des Lipids in den beiden Phasen – Bei 25°C gilt für Fettsäuren die empirisch gefundene Abhängigkeit der Potentialdifferenz von der Kettenlänge µ⇡ • mit ✓ µ0 kJ 3nCH2 mol ◆ µ0 ⇡ 11 kJ/mol • In Abhängigkeit von der Temperatur kann die Membran verschiedene Phasen annehmen • Die Umwandlung der Phasen ineinander kann anhand der damit verbundenen latenten Wärmen (wie beim Phasenübergang fest/flüssig) durch Kalorimetrie untersucht werden • Trägt man die spezifische Wärme gegen die Temperatur auf, so erhält man Peaks bei den Temperaturen der Phasenumwandlungen 48 • Die beiden Tieftemperaturphasen besitzen Gel-Struktur, während die Hochtemperaturphase eine fluide Phase ist • Eine biologische Membran ist ein hoch dynamisches Gebilde, das Bewegungen auf verschiedenen Längen- und Zeitskalen erfährt: – Bindungsschwingungen mit Relaxationszeiten von 1012 s – laterale Diffusion der Kettensegmente der Fettsäureketten mit Relaxationszeiten von 1010 10 8 s – laterale Diffusion der Ketten insgesamt in der Membran mit Diffusionskoeffizienten von 10 12 m2 /s – Biegefluktuationen der Membran auf einer Sekunden-Zeitskala ähnlich dem WLC-Modell für Polymere: ∗ Die dynamische Rauhigkeit hu2 i, das ist der Mittelwert des Quadrats der Auslenkung aus der Ebene, ist dabei von der Persistenzlänge der Membran abhängig: mit als Biegemodul ⌦ 2 ↵ kB T 2 u = ⇣ 16 P 49 ∗ Die Persistenzlänge ⇣P ⇡100 nm ist dabei die Längenskala, auf der die Information über die Auslenkung aus der Ebene verschwindet ∗ Man kann sich die Membran als aus quadratischen Kissen der Kantenlänge ⇣P aufgebaut denken, die gegeneinander Zufallsbewegungen ausführen 12 12.1 Zellen Grundlegender Aufbau • Eine Zelle ist generell ein von der Außenwelt durch eine Membran getrennter Raum, der vom Zytoplasma erfüllt ist, und der verschiedenene funktionale Einheiten enthält • Der Aufbau der Prokaryoten ist recht einfach, sowohl die DNA als auch die verschiedenen enzymatischen Systeme liegen frei im Zytoplasma vor • Eukaryoten sind wesentlich komplexer im Aufbau, es gibt zahlreiche abgegrenzte Unterräume, sogenannte Organellen 50 • Aus physikalischer Sicht gibt es eine ganze Reihe interessanter Prozesse von Zellen: – Transportprozesse – Reizleitung in Nervenzellen – Organisation der Zellteilung – Formveränderung (z.B. Muskelkontraktion) – Sensorfunktion • Die Biophysik der Zelle ist der Physiologie verwandt • Wir wollen nur auf einige mechanische Eigenschaften eingehen 12.2 Zellmechanik • Wir wollen hier nur einen Aspekt beleuchten, nämlich die gelartige Struktur des Zytoskeletts • Das Zytoskelett ist ein dreidimensionales Netzwerk eindimensionaler Strukturen, der Mikrotubuli und der Aktinfilamente, die über Knoten miteinander verbunden sind 51 • Allgemein bezeichnet man eine solche Struktur als Gel • Ein solches Gel wird durch charakteristische Größen beschrieben: 52 DB Lc – mittlere Maschenweite ⇠ – Dichte von Verbindungen zwischen jeweils zwei Knoten Mc : ⌫c = Mc /V – Die Konturlänge Lc zwischen den Knoten, bestehend aus Nc Monomeren – Die Dichte freier Enden (DB: dangling bonds) • Auch Gummi ist im Prinzip ein Gel • Der Schermodul G0 mit der Einheit N/m2 = J/m3 eines solchen Gels folgt einem sehr einfachen Zusammenhang: G0 = g⌫c kB T = g c kB T kB T = g 3 Nc ⇠ • Hier ist g eine Konstante, die von der Topologie des Netzwerkes abhängt • Das besondere an den Netzwerken in der Zelle ist, dass die Vernetzungsdichte dynamisch kontrolliert werden kann • Die Vernetzung geschieht unter anderem durch molekulare Motoren (ein weiteres Gebiet der Biophysik, das wir hier nicht betrachten) 53 • Der Entstehungsprozess der Gele kann mit der Perkolationstheorie beschrieben werden: Sie untersucht die Bildung zusammenhängender Strukuren bei zufälliger Befüllung von z.B. Gittern • Wenn p die Wahrscheinlichkeit darstellt, dass zwei Knoten verbunden sind, so ist die Perkolationsschwelle pc so definiert, dass für p > pc die gesamte Struktur einmal komplett durchverbunden ist • Aktin-Netzwerke können je nach Vernetzung ganz verschiedene mechanische Eigenschaften aufweisen • Dadurch können Zellen die verschiedensten mechanischen Eigenschaften haben 54