FGI-1 – Formale Grundlagen der Informatik I

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FGI-1 – Formale Grundlagen der Informatik I
Logik, Automaten und Formale Sprachen
Musterlösung 10 : — Folgerung und Deduktion
Präsenzaufgabe 10.1
1. Beweisen Sie zwei der folgenden Behauptungen.
(a) A ∧ B ∧ C ∧ D ∧ E |= A ∨ B ∨ C
(b) A ∨ B ∨ C ∨ D �|= A ∧ B ∧ C ∧ D
(c) (A ⇒ B) ⇒ C |= (A ⇒ B) ⇒ (A ⇒ C)
Hinweis: Falls Sie Wahrheitstafeln benutzen, geben Sie an, wie Sie das Ergebnis
ablesen. Nur die Wahrheitstafel reicht als Beweis nicht.
Lösung In der Musterlösung zeigen wir, wie man die Aufgabe ohne Wahrheitstafel
lösen kann.
(a) Sei A eine Belegung, die die linke Seite wahr macht. Insbesondere gilt dann
unter anderem A(A) = 1, was bereits die Formel der rechten Seite wahr macht.
(b) Die Belegung A mit A(A) = 1 und A(B) = 0 (und sonst beliebig) macht die
linke Formel wahr, die rechte hingegen falsch. Die Folgerbarkeitsbeziehung kann
also nicht gelten.
(c) Jede Belegung, die (A ⇒ B) ⇒ C wahr macht, macht (A ⇒ B) falsch oder C
wahr.
Fall 1: Eine Belegung, die (A ⇒ B) falsch macht, macht (A ⇒ B) ⇒ (A ⇒ C)
wahr.
Fall 2: Eine Belegung, die C wahr macht, macht auch (A ⇒ C) wahr und damit
auch (A ⇒ B) ⇒ (A ⇒ C) wahr.
Zusammenfassung: Insgesamt macht also jede Belegung, die (A ⇒ B) ⇒ C wahr
macht, auch (A ⇒ B) ⇒ (A ⇒ C) wahr. Lt. Def. 5.1 folgt damit (A ⇒ B) ⇒ (A ⇒ C)
aus (A ⇒ B) ⇒ C .
2. Beweisen Sie Satz 5.10: Sei M ⊆ LAL eine Formelmenge und F ∈ LAL eine Formel.
F folgt genau dann aus M, wenn M ∪ {¬F} unerfüllbar ist.
(M |= F gdw. M ∪ {¬F} unerfüllbar.)
Lösung Im folgenden kommen drei Varianten, die zeigen sollen, dass es verschiedene
Vorgehensweisen gibt, die alle gut sind.
Lösung 1 : Der folgende Beweis zeigt die Aussage der Form “A genau dann, wenn
B” als Ganzes.
Lt. Def. 5.1 folgt F genau dann aus M, wenn jede Belegung, die alle Formeln aus
M wahr macht, auch F wahr macht. Damit folgt F genau dann aus M, wenn jede
Belegung, die alle Formeln aus M wahr macht, ¬F falsch macht. Also folgt F genau
dann aus M, wenn jede Belegung eine Formel aus M ∪ {¬F} falsch macht, M ∪ {¬F}
also unerfüllbar ist.
10–1
Lösung 2 : Der folgende Beweis zeigt die Aussage der Form “A genau dann, wenn
B”, indem er “Wenn A dann, B” und “Wenn B dann, A” in zwei Teilbeweisen zeigt.
Teilbeweis 1: Wir nehmen an, dass F aus M folgt. Lt. Def. 5.1 macht jede Belegung,
die alle Formeln aus M wahr macht, auch F wahr, und damit ¬F falsch. Also macht
jede Belegung eine Formel aus M ∪ {¬F} falsch, M ∪ {¬F} ist also unerfüllbar.
Teilbeweis 2: Wir nehmen an, dass M ∪ {¬F} unerfüllbar ist. Dann macht jede Belegung eine Formel aus M ∪ {¬F} falsch, also macht jede Belegung, die alle Formeln
aus M wahr macht, ¬F falsch und damit F wahr. Also folgt lt. Def. 5.1 F aus M.
Lösung 3 : Der folgende Beweis zeigt die Aussage der Form “A genau dann, wenn
B”, indem er “Wenn A dann, B” und “Wenn nicht A dann, (auch) nicht B” in zwei
Teilbeweisen zeigt.
Teilbeweis 1: s. Teilbeweis 1 der Lösung 2.
Teilbeweis 2: Wir nehmen an, dass F nicht aus M folgt. Lt. Def. 5.1 gibt es eine
Belegung, die alle Formeln aus M wahr macht, und F falsch macht. Diese Belegung
macht dann aber auch ¬F wahr und macht damit alle Formeln aus M ∪ {¬F} wahr.
Also ist M ∪ {¬F} erfüllbar.
Präsenzaufgabe 10.2
1. Gegeben sei die Substitution sub1 , für die gilt:
sub1 (A) = (C ∧ D),
sub1 (B) = (A ⇔ B),
sub1 (C) = A,
für alle anderen Aussagensymbole Ai sei sub1 (Ai ) = Ai .
Bestimmen Sie sub1 (F) für F = (A ∨ ¬B) ⇒ (¬A ⇒ B).
Lösung sub1 (F) = ((C ∧ D) ∨ ¬(A ⇔ B)) ⇒ (¬(C ∧ D) ⇒ (A ⇔ B)).
Dass sub1 (C) = A ist hier völlig egal, da in F das C nicht vorkommt. Nicht durch
überflüssige Infos irritieren lassen !
2. Bestimmen Sie alle mit den Regeln MP und MT aus der Formelmenge M ableitbaren
Formeln.
Modus Ponens: MP =
A, A ⇒ B
B
Modus Tollens: MT =
¬B, A ⇒ B
¬A
M = {B, (B ⇒ C), ((B ⇒ C) ⇒ (E ∨ ¬D)), ¬C}
Lösung
• Jede Substitution mit sub(A) = B und sub(B) = C resultiert in sub(A ⇒ B) =
B ⇒ C. Da B, B ⇒ C ∈ M, ist sub(B) = C mit Modus Ponens aus M ableitbar.
• Jede Substitution mit sub(A) = (B ⇒ C) und sub(B) = (E ∨ ¬D) resultiert in
sub(A ⇒ B) = (B ⇒ C) ⇒ (E ∨ ¬D). Da (B ⇒ C), (B ⇒ C) ⇒ (E ∨ ¬D) ∈ M,
ist sub(B) = (E ∨ ¬D) mit Modus Ponens aus M ableitbar.
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• Jede Substitution mit sub(A) = B und sub(B) = C resultiert in sub(A ⇒ B) =
B ⇒ C und sub(¬B) = ¬C. Da ¬C, B ⇒ C ∈ M, ist sub(¬A) = ¬B mit Modus
Tollens aus M ableitbar.
• Es gibt keine weiteren Möglichkeiten. sub(A ⇒ B) ist ja auf jeden Fall eine
Formel mit Hauptjunktor ⇒ und es gibt in M nur die beiden bereits behandelten
Formeln, die diesem Muster entsprechen. Hat man die Substitution bestimmt,
welche (A ⇒ B) auf eine solche Formel abbildet, dann ist damit auch eindeutig
festgelegt, worauf A bzw. ¬B abgebildet wird. Da die Formel ¬(E ∨ ¬D) nicht
in M enthalten sind, gibt es keine weiteren Ableitungsmöglichkeiten.
3. Beweisen Sie: Sei C = (LAL , Ax, R) ein Kalkül der Aussagenlogik (Def. 6.9), M ⊆
LAL , F ∈ LAL und sub3 eine Substitution. Wenn F mit C aus M ableitbar ist, dann
ist sub3 (F) mit C aus sub3 (M) ableitbar.
Tipp: Das lässt sich dadurch zeigen, dass Sie angeben, wie aus der Ableitung von
F mit C aus M eine Ableitung von sub3 (F) mit C aus sub3 (M) konstruiert werden
kann (und zeigen, dass die konstruierte Ableitung die Anforderungen der Def. 6.10
erfüllt). (Symbolisch: Wenn M �C F, dann sub3 (M) �C sub3 (F).)
Sie dürfen hierbei Folgendes verwenden: Die Hintereinanderausführungen zweier Substitutionen ist wieder eine Substitution.
Praktischer Nutzen dieses Satzes: Man kann sich doppelte Arbeit sparen. Hat man
einmal eine Ableitung (korrekt) erstellt, dann kann man sich die Arbeit für Varianten
der Formel, die durch Substitution entstehen, sparen (insbesondere für den Fall M =
∅ ist das sehr nützlich).
Lösung Es sei C = (LAL , Ax, R) ein Kalkül der Aussagenlogik, sub3 eine Substitution, M ⊆ LAL , F ∈ LAL , so dass M �C F. Dann gibt es eine Ableitung von F aus
M, also eine endliche Sequenz F1 , . . . , Fn von Formeln aus LAL gemäß Def. 6.10.
Wir betrachten nun die durch Anwendung von sub3 daraus generierte Formelsequenz
sub3 (F1 ), . . . , sub3 (Fn ) und stellen fest:
(a) Da F = Fn ist auch sub3 (F) = sub3 (Fn ).
(b) Für jedes k ∈ {1, . . . , n} gilt: Ist Fk ∈ M, dann ist sub3 (Fk ) ∈ sub3 (M).
(c) Für jedes k ∈ {1, . . . , n} gilt: Ist Fk = sub(H), wobei sub eine Substitution
und H ∈ Ax ist, dann ist sub3 (Fk ) = sub3 (sub(H)). Die Hintereinanderausführung der beiden Substitutionen ist wieder eine Substitution, also gibt es eine
Substitution sub3∗ , so dass sub3 (Fk ) = sub3∗ (H).
(d) Für jedes k ∈ {1, . . . , n} gilt: ist R ∈ R und F1 , . . . , Fk−1 �R Fk , dann gibt
{H ,...,H }
es Formeln H1 , . . . , Hj , H ∈ LAL , so dass R = 1 H j , und eine Substitution
sub, so dass {sub(H1 ), . . . , sub(Hj )} ⊆ {F1 , . . . , Fk−1 } und sub(H) = Fk . Dann ist
aber auch {sub3 (sub(H1 )), . . . , sub3 (sub(Hj ))} ⊆ {sub3 (F1 ), . . . , sub3 (Fk−1 )} und
sub3 (sub(H)) = sub3 (Fk ). Da die Hintereinanderausführung der beiden Substitutionen sub und sub3 wieder eine Substitution ist, ist mit der Regel R dann auch
sub3 (Fk ) aus {sub3 (F1 ), . . . , sub3 (Fk−1 )} ableitbar ({sub3 (F1 ), . . . , sub3 (Fk−1 )} �R
sub3 (Fk )).
10–3
Nach Def. 6.10 ist damit die Formelsequenz sub3 (F1 ), . . . , sub3 (Fn ) eine Ableitung
bzgl. C für sub3 (F) aus M.
Version vom 16. Mai 2014
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