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Entwicklung operationeller Dienste zur Nutzung der
Sentinel- und weiterer Erdbeobachtungsdaten in
einer cloudbasierten Infrastruktur
Gernot RÜCKER1, Florian APPEL2, Jurry DE LA MAR3, Heike BACH2,
Florian SIEGERT4, Thomas HEEGE5 und Joachim TIEMANN1
1
ZEBRIS GbR, München · [email protected]
2
VISTA GmbH, Weßling
3
EOMAP GmbH & Co KG, Seefeld
4
Remote Sensing Solutions (RSS) GmbH, Baierbrunn
5
T-Systems GmbH, München
Zusammenfassung
Durch den exponentiellen Zuwachs und die zunehmende offene Verfügbarkeit hochqualitativer Erdbeobachtungsdaten und -produkte verändert sich der Markt für Erdbeobachtung
rapide. Zum einen wird die Entwicklung innovativer Dienste mit hoher Aktualität möglich,
zum anderen steigen die Anforderungen an die Prozessierung und die technische Infrastruktur; hier geht der Trend zu vollständig automatisierten Verfahren. Idealerweise würden in
einer leistungsfähigen Erdbeobachtungsplattform Datenzentrum, Rechenleistung und Werkzeuge in einer Umgebung zusammenwirken. Im Projekt APPS4GMES werden wesentliche
Elemente einer solchen Plattform prototypisch entwickelt und durch Pilotdienste genutzt.
APPS4GMES steht für Applications for GMES (GMES ist das Erdbeobachtungsprogramm
der EU und firmiert seit 2013 unter dem Namen Copernicus). Das Konsortium für
APPS4GMES besteht aus vier im Erdbeobachtungsbereich tätigen bayerischen KMUs und
einem internationalen Anbieter technischer Infrastruktur. Im Rahmen von APPS4GMES
werden operationelle Erdbeobachtungsdienste in verschiedenen Anwendungsbereichen erstellt. Diese sind: Monitoring von Wasserquantität, Qualität von Oberflächengewässern,
landwirtschaftliche Dienste, Umweltbeobachtungsdienste (Moore und Grünflächen), Dienste zur Unterstützung von REDD-Projekten (Reducing Emissions from Deforestation and
Degradation) und zum Monitoring von Wald- und Vegetationsbränden. Alle Dienste nutzen
eine gemeinsame, cloudbasierte Infrastruktur, die später direkten Zugang zu den SentinelDaten haben soll. Die Vorbereitung zur Nutzung der neuen europäischen Erdbeobachtungssatelliten der Sentinel-Serie ist ein wesentliches Ziel des Verbundprojektes.
Strobl, J., Blaschke, T., Griesebner, G. & Zagel, B. (Hrsg.) (2014): Angewandte Geoinformatik 2014.
© Herbert Wichmann Verlag, VDE VERLAG GMBH, Berlin/Offenbach. ISBN 978-3-87907-543-0.
Dieser Beitrag ist ein Open-Access-Beitrag, der unter den Bedingungen und unter den Auflagen der
Creative Commons Attribution Lizenz verteilt wird (http://creativecommons.org/licenses/by/3.0/).
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1
G. Rücker, F. Appel, J. De la Mar et al.
Einleitung
Durch den exponentiellen Zuwachs und die zunehmende offene Verfügbarkeit hochqualitativer Erdbeobachtungsdaten und -produkte verändert sich der Markt für Erdbeobachtung
rapide. Zum einen wird die Entwicklung innovativer Dienste mit hoher Aktualität möglich,
zum anderen steigen die Anforderungen an die Prozessierung und die technische Infrastruktur; hier geht der Trend zu vollständig automatisierten Verfahren. Kleinen und mittleren
Unternehmen als Anbieter innovativer Erdbeobachtungsdienste eröffnen sich mit den Methoden des Cloud-Computings neue Möglichkeiten zur Nutzung von IT Infrastrukturen und
Plattformen. Durch die großen Datenmengen sind allerdings auch bei hohen Bandbreiten,
wie sie in Rechenzentren zur Verfügung stehen, der effizienten Prozessierung von Daten
Grenzen gesetzt. Idealerweise würden in einer leistungsfähigen Erdbeobachtungsplattform
Datenzentrum, Rechenleistung und Werkzeuge in einer Umgebung zusammenwirken.
Im Projekt APPS4GMES werden wesentliche Elemente einer solchen Plattform prototypisch entwickelt und durch Pilotdienste genutzt. APPS4GMES steht für Applications for
GMES (GMES ist das Erdbeobachtungsprogramm der EU und firmiert seit 2013 unter dem
Namen Copernicus). Das Konsortium für APPS4GMES besteht aus vier im Erdbeobachtungsbereich international tätigen bayerischen KMUs und einem internationalen Anbieter
technischer Infrastruktur. Die Partner und ihr Kerngeschäft sowie ihre Projektbeiträge sind
in Tabelle 1 zusammengefasst. Das Projekt mit einer Laufzeit von 2012 – 2015 wird durch
das bayerische Wirtschaftsministerium unterstützt und soll später in eine operationelle
Nutzung überführt werden.
Im Rahmen von APPS4GMES werden operationelle Erdbeobachtungsdienste in verschiedenen Anwendungsbereichen erstellt. Diese sind: Monitoring von Wasserquantität, Qualität
von Oberflächengewässern, landwirtschaftliche Dienste, Umweltbeobachtungsdienste
(Moore und Grünflächen), Dienste zur Unterstützung von REDD-Projekten (Reducing
Emissions from Deforestation and Degradation) und zum Monitoring von Wald- und Vegetationsbränden.
2
Architektur
Alle Dienste nutzen eine gemeinsame, cloudbasierte Infrastruktur, die später direkten Zugang zu den Sentinel-Daten haben soll. Die Vorbereitung zur Nutzung der neuen europäischen Erdbeobachtungssatelliten der Sentinel-Serie, die seit April 2014 kontinuierlich installiert werden, ist ein wesentliches Ziel des Verbundprojektes.
Die einzelnen Dienste (oder Apps) bzw. bestimmte Teilprozessoren daraus können zu Serviceketten miteinander verknüpft werden, so kann z. B. ein Prozess einen atmosphärenkorrigierten Datensatz erstellen, der dann von anderen nachfolgenden Diensten genutzt wird.
Diese im Rahmen des Projektes prototypisch entwickelten Serviceketten arbeiten mit standardisierten, vorprozessierten Multi-Missions-Eingangsdaten. Die automatisierte Berechnung höherwertiger Produkte wird durch eine skalierbare Cloud-Infrastruktur unterstützt.
Die gemeinsame Plattform besteht aus folgenden Hauptkomponenten:
Dienste zur Nutzung von Erdbeobachtungsdaten in einer Cloud-Infrastruktur
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 Input Data Portal: Das Eingangsdatenportal dient der Suche und Bereitstellung der
Daten an die Dienste.
 APPS4GMES Data Portal: Dieses Portal stellt die Endprodukte den Anwendern bereit.
 Service Chain Manager: Dieser Dienst ermöglicht die einfache Verknüpfung der Dienste untereinander.
 Billing Manager: Dieser Dienst unterstützt die Abrechnung von Leistungen der Dienste
untereinander und die Abrechnung gegenüber den Endkunden.
Das Input Data Portal besteht aus einem Datenkatalog, einem Metadatenharvester zur Befüllung des Kataloges, einem Bestell- und Downloadmodul sowie einem Konsolidierungsmodul zur Vorprozessierung der Daten. Der Aufbau des Portals folgt den Regeln einer
dienstebasierten Architektur und unterstützt folgende Standards des Open Geospatial Consortium (OGC): Metadaten für Erdbeobachtungsprodukte (GASPERI et al. 2012), Katalogdienste mit Erweiterungen für Erdbeobachtungsprodukte (HOUBIE & BIGAGLI 2010), Bestell-Framework für Erdbeobachtunsgprodukte (MARCHIONI & PAPAGALLO 2012). Im Folgenden wird auf die Architektur des Eingangsdatenportals näher eingegangen.
Ziel der Entwicklung des Input Data Portals ist zum einen eine automatisierte Bereitstellung der Eingangsdaten für die Dienste – hierfür ist eine Maschine-zu-Maschine-Kommunikation erforderlich, die von den meisten Portalen für Erdbeobachtungsdaten nicht
unterstützt wird. Zum anderen soll über das Harvesting von Metadaten mit dem Input Data
Portal Katalog ein zentraler Abfragepunkt für die Dienste geschaffen werden. Der Metadatenharvester überführt die oftmals in proprietären Formaten vorliegenden Metadaten in
das OGC-konforme und erweiterbare Earth Observation Products-Schema (EOP). Dabei
werden Metadaten von verschiedenen Anbietern über die von diesen Anbietern bereitgestellten Schnittstellen abgefragt (derzeit verschiedene Produkte des NASA MODIS Sensors
an Bord der Terra und Aqua Satelliten, Der Landsat-Satellitenreihe und der RapidEyeSatelliten). Diese Daten werden z. B. über eine FTP-, http- oder REST-Schnittstelle bereitgestellt und im XML- oder CSV-Format dargeboten. Der Metadatenharvester konvertiert
diese Daten über eine Mapping-Tabelle in das EOP 2.0 Schema und sie in den OGCkonformen Katalog. Die Metadatenschemata der Sentinel-Satelliten liegen bereits vor –
diese sind EOP 2.0 konform − und werden bei Verfügbarkeit der Satellitendaten ebenfalls
in den Katalog geladen. Ein kontinuierliches Metadatenharvesting wird über geplante Aufgaben (scheduled tasks) am Input-Data-Portal konfiguriert.
Durch die Standardkonformität ist eine Föderation (Federation) von Katalogen von Erdbeobachtungsdaten über Organisationsgrenzen hinweg bereits vorbereitet. Das Input Data
Portal ermöglicht den anfragenden Diensten eine Datenrecherche über eine einheitliche
Schnittstelle, ohne die Notwendigkeit, sich bei vielen verschiedenen Katalogen anzumelden
und mit unterschiedlichen Tools zu operieren, die meist Nutzerinput über eine Benutzeroberfläche erfordern.
Nach der Bestellung der Daten über das Bestellmodul werden die Daten vom Datenprovider heruntergeladen, durch das Konsolidierungsmodul prozessiert und dem bestellenden
Dienst bereitgestellt. Auch dieser Prozess ist vollständig automatisiert und kann durch die
dienstbasierte Architektur über eine reine Maschine-zu-Maschine-Kommunikation abgewickelt werden. Dies ist derzeit allerdings nur für eine eingeschränkte Anzahl von Erdbeobachtungsprodukten möglich, da die meisten Anbieter keinen automatisierten Download
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ermöglichen, bzw. keine Schnittstelle zur Automatisierung von Bestellprozessen bereitstellen.
In ähnlicher Weise werden die weiteren gemeinsam genutzten Module – basierend auf
offenen Standards – den Diensten eine leistungsfähige und erweiterbare Infrastruktur bereitstellen.
Tabelle 1:
Partner und Dienste
Partner
Tätigkeitsfeld
Beitrag zu APPS4GMES
VISTA
Remote sensing and modelling in
agriculture and hydrology
Project coordinator
Agriculture, Water Quantity
EOMAP
Coastal and inland waters monitoring
Water Quality, water depth
RSS
Environmental monitoring, agriculture
and forestry, cartography, natural
hazards and damage analysis
Environment and REDD
ZEBRIS
GIS and Remote Sensing for natural
resource management (forestry, water
protection, fire management)
Fire Emission Monitoring and
REDD
T-Systems
Global ICT and cloud computing
services
Portals, Mobile, Billing and
Cloud Computing
Abb. 1:
Überblick zum APPS4GMES-Konzept
Dienste zur Nutzung von Erdbeobachtungsdaten in einer Cloud-Infrastruktur
3
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Bereitgestellte Dienste
VISTA wird neben Produkten für den Endanwender auch atmosphärenkorrigierte Erdbeobachtungsdaten zur Verwendung in weiteren Serviceketten anbieten. Im Bereich Landwirtschaft wird VISTA Eigenschaften von Feldfrüchten wie Blattoberfläche, Pflanzenwasserzustand, Biomasse und schließlich Ertrag (BACH et al. 2010a, BACH et al. 2012). VISTA
außerdem bestehende Dienste im Schneeflächenmonitoring, Wasserbilanzsimulationen,
Abfluss- und Wasserkraftmonitoring und − vorhersage in die neue Infrastruktur migrieren
(APPEL et al. 2010, BACH et al. 2010b). Beide Dienste nutzen Datenassimilationstechniken,
die sowohl sehr viel parallele Rechenzeit als auch große räumlich Abdeckungen und somit
hohe Speicherkapazitäten und raschen Datenzugriff benötigen.
EOMAP implementiert Wasserqualitätsprozessoren in verschiedenen räumlichen Auflösungen (HEEGE et al. 2010) in der APPS4GMES-infrastruktur und vertreibt die so erstellten
Produkte auch über mobile Geräte. Der EOMAP Bathymetrie Prozessor (OHLENDORF et al.
2011) wird derzeit überarbeitet, um die Ableitung der Wassertiefen auf große Gebiete ausdehnen zu können.
Die von RSS entwickelten Dienste bieten eine breite Palette an Umweltbeobachtungsanwendungen zur Unterstützung von nationalen und internationalen Naturschutzabkommen
wie NATURA 2000 (FRANKE et al. 2012a). Darüber hinaus entwickelt RSS Erdbobachtungsdienste für Monitoring, Berichterstattung und Verifizierung (Monitoring, Reporting
and Verification, MRV) zur Unterstützung von Klimaschutzprojekten im Rahmen von
REDD (Reducing Emissions from Deforestation and Degradation) (FRANKE et al. 2012b).
RSS wird zudem in Zusammenarbeit mit ZEBRIS an dem Dienst zum Feuermonitoring
mitarbeiten.
ZEBRIS entwickelt einen Dienst zum Monitoring von Treibhausgasemissionen durch
Wald- und Vegetationsbrände (RUECKER et al. 2013). Dieser Dienst basiert auf mehrmals
täglichen Beobachtungen von Feuern durch verschiedene Erdbeobachtungssatelliten sowie
einem statistischen Modell unter Einbeziehung von Wetterdaten und Landnutzungsinformation. Die großen anfallenden Datenmengen und der hohe Rechenaufwand könnten durch
eine skalierbare, cloudbasierte Lösung hervorragend unterstützt werden.
Danksagung
Das Projekt wird durch das Raumfahrtprogramm des Bayerischen Staatsministeriums für
Bayerische Ministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie unterstützt.
Literatur
APPEL, F., BACH, H., HEEGE, T., DE LA MAR, J., SIEGERT , F. & RÜCKER, G. (2013),
APPS4GMES – Development of operational products and services for GMES a bavarian initiative. Proc. of the ESA Living Planet Symposium, Edinburgh, 09.-13. September
2013.
718
G. Rücker, F. Appel, J. De la Mar et al.
APPEL, F., BACH, H., HALL, R. & METSAMAKI, S. (2010), Snow Services from GSE Polar
View – Five Winters of Operational Service and the Extension Towards a Pan-European
Service, Proceedings of the ESA Living Planet Symposium. ESA Special Publication
SP-686, CD-Rom.
BACH, H., MIGDALL, S., MAUSER, W., ANGERMAIR, W. & SEPHTON, A. J., MARTIN-DEMERCADO, G. (2010a), An integrative approach of using satellite-based information for
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SP-686, CD-Rom.
BACH, H., MIGDALL, S., SPANNRAFT, K., HANK, T. & MAUSER, W. (2012), Potential and
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RUECKER, G., HOFFMANN, A. A., LEIMBACH, D., TIEMANN, J. & NG'ATIGWA, C. (2013),
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