Philipps-Universität Marburg Fachbereich 03, Institut für Politikwissenschaft Wintersemester 2007 / 2008 Seminar: Europäische Sicherheitspolitik Leitung: Prof. Dr. W. von Bredow Referat: Sagbo Dogbe-Semanou, Christian Schrade Datum: 22. Oktober 2007 Das Konzept der neuen Kriege 1. Definition des Begriffs „Krieg“ - 2. keine allseits anerkannte Definition: Ab wann spricht man vom Krieg? klassische Definitionen: funktionalistischer Kriegsbegriff (von Clausewitz), völkerrechtliche Definition Klassische Kriegsformen - 3. Staatenkrieg: Territorialstaaten kämpfen mit regulären Streitkräften gegeneinander (meist symmetrische Kriegsführung, z.B. Napoleonische Kriege) Bürgerkrieg: Staat kämpft gegen Rebellen im eigenen Land (asymmetrische Kriegsführung, z.B. Sezessionskriege oder revolutionäre Kriege) Partisanenkrieg: leicht bewaffnete Kleingruppen kämpfen gegen reguläre Armee (Sabotage, Angriff auf Versorgungslinien und kleine Kampfeinheiten) Gestaltenwandel – Neue Kriege - neue Kriegsschauplätze: oftmals „Failed States“ - Privatisierung der Gewaltakteure: o agieren zunehmend unabhängig, kämpfen gegeneinander o Kriegsmonopol des Staates schwindet - Ökonomisierung der Gewaltmotive: o ideologische und identitätsbezogene Gewaltmotive dienen als „Deckmantel“ für die Selbstbereicherung der Kriegsakteure o Krieg als Selbstzweck: Grenze zwischen Erwerbsleben und Gewaltanwendung verschwindet - Brutalisierung der Gewaltstrategien: o zunehmend Verstöße gegen das Kriegsrecht o Zivilbevölkerung wird zum Angriffsziel o „Angstmanagement“ durch Massaker, Vertreibungen, „ethnische Säuberungen“ - Kriminalisierung der Gewaltökonomien: o Kriegsführung wird billiger (einfache Waffentechnik) o Ausbeutung der Bevölkerung o „Schattenglobalisierung“, illegaler Handel mit internationaler, Kriminalität organisierter 4. Kritik am Begriff des „neuen Kriegs“ - neue Kriege sind nur Teil eines Staatsbildungsprozesses, keine neue Form von Krieg o Beleg: frühere Kriege mit ähnlichem Verlauf (z.B. Dreißigjähriger Krieg) o Gegenkritik: neue Kriege weisen mehr auf Staatszerfallprozesse als auf Staatsbildungsprozesse hin - Befürworter der These der neuen Kriege beziehen sich nur auf Einzelfälle, um ihre These zu belegen (Allgemeingültigkeit der These ist zweifelhaft) 5. Diskussionsthesen - Ist zwischenstaatlicher Krieg ein Auslaufmodell? - Die Staaten der westlichen Bündnissysteme neigen dazu, Ressourcenkriege in der Dritten Welt sich selbst zu überlassen. Intervention erfolgt nur dann, wenn eigene wirtschaftliche Interessen bedroht sind. - Durch den Trend zu sogenannten „low intensity wars“ werden konventionelle Kriege zunehmend unwahrscheinlich. Auf lange Sicht werden dadurch reguläre Streitkräfte völlig verschwinden. Der Staat wird sein Gewaltmonopol abtreten. - Ist transnationaler Terrorismus eine neue Form von Krieg oder als Kriminalität einzustufen? Welche Konsequenzen hat eine solche Einstufung für seine Bekämpfung? - Nach dem Zusammenbruch des bipolaren Machtsystems im Ost-West-Konflikt, gibt es nur noch einen Staat, der dazu fähig ist, global Krieg zu führen – die USA. Dieses unipolare Machtgefüge begünstigt Kriege mit anderen Nationen. Literatur (Auswahl): Heupel, Monika und Zangl, Bernhard (2004): Von „alten“ und „neuen“ Kriegen – Zum Gestaltwandel kriegerischer Gewalt. In: Politische Vierteljahresschrift, 2004. Heft 3. S. 346-369. Kaldor, Mary (2000): Neue und alte Kriege. 1. Auflage. Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag. Münkler, Herfried (2007): Die Neuen Kriege. 3. Auflage. Reinbek: Rowohlt Taschenbuch Verlag. Münkler, Herfried (2005): Die Neuen Kriege. In: Frech, Siegfried und Trummer, Peter (2005) (Hrsg.): Neue Kriege: Akteure, Gewaltmärkte, Ökonomie. Schwalbach: Wochenschau Verlag. 13-32. Ruloff, Dieter und Cemerin, Michael (2003): Verfrühter Abgesang – Zwischenstaatliche Kriege sind kein Auslaufmodell. In: Internationale Politik, 2003. Heft 11. 29-36. van Creveld, Martin (2004): Die Zukunft des Krieges – Wie wird Krieg geführt und warum? 3. überarbeitete, deutsche Ausgabe. Hamburg: Murmann Verlag.