Grundlagen und Therapiemöglichkeiten bei malignen Lymphomen C.Achernig LKH Villach Interne Abteilung C.Achernig ÄK Klagenfurt März 2007 1 Was ist ein Lymphom? • „ Lymphdrüsenkrebs“ • Unkontrollierte Vermehrung entarteter Lymphozyten in Lymphknoten, Milz, Knochenmark oder anderen Organen • Schwellung der betroffenen Organe (auch extranodal = außerhalb der Lymphknoten) C.Achernig ÄK Klagenfurt März 2007 2 1 Das Lymphsystem • Die Lymphe ist eine Flüssigkeit, die durch das Lymphsystem fließt und weiße Blutzellen, die Lymphozyten, transportiert. • Die Lymphe wird in den Lymphknoten, die Bakterien und Viren abfangen und deren Ausbreitung verhindern, gefiltert. • Einige Organe wie z.B. die Milz sind Teil des Lymphsystems. C.Achernig ÄK Klagenfurt März 2007 3 Das Lymphsystem • Spezif. Abwehrsystem (Immunität, Impfungen!) des Körpers gegen Krankheitserreger (v.a. Viren) aber auch Tumorzellen • 2 Haupttypen: B- und TLymphozyten C.Achernig ÄK Klagenfurt März 2007 4 2 C.Achernig ÄK Klagenfurt März 2007 5 NHL als häufige Erkrankung des höheren Lebensalters 400 200 0 75 50 25 0–4 5–9 10–14 15–19 20–24 25–29 30–34 35–39 40–44 45–49 50–54 55–59 60–64 65–69 70–74 75–79 80–84 85+ Number of cases 600 100 Male cases Male rates Female cases Female rates 0 Rate per 100,000 population 800 Age at diagnosis C.Achernig ÄK Klagenfurt März 2007 6 3 Inzidenzzunahme in den letzten 30 Jahren Jährliche Zunahme von ca. 1,2% Age standardised (European) incidence rates, NHL, by sex, UK, 1975–2002 Zunahme von 10,3% 1993-2002 C.Achernig ÄK Klagenfurt März 2007 7 Warum bekommt man ein Lymphom? • Ursache meist unbekannt • Gehäuft nach Organtransplantation/Immunsuppression • Gehäuft nach bestimmten Infektionen (EBV, HIV, HCV, Helicobacter pylori) C.Achernig ÄK Klagenfurt März 2007 8 4 Welche Lymphome gibt es? • Morbus Hodgkin • NHL (Non Hodgkin Lymphom bzw. Nicht Hodgkin Lymphom) C.Achernig ÄK Klagenfurt März 2007 9 NHL-Klassifikation • B-Zell-Lymphome am häufigsten (CD 20) • T-Zell-Lymphome wesentlich seltener C.Achernig ÄK Klagenfurt März 2007 10 5 NHL-Klassifikation • Indolentes NHL (low grade oder langsam wachsend) • Aggressives NHL (high grade oder schnell wachsend) C.Achernig ÄK Klagenfurt März 2007 11 Indolentes Lymphom C.Achernig ÄK Klagenfurt März 2007 12 6 Aggressives Lymphom C.Achernig ÄK Klagenfurt März 2007 13 NHL-Klassifikation C.Achernig ÄK Klagenfurt März 2007 14 7 NHL-Klassifikation Indolentes NHL Aggressives NHL Wachstum langsam schnell Beschreibung oft asymptomatisch häufig symptomatisch Therapie (Chemotherapie) nicht immer sofort erforderlich sofort erforderlich Ergebnis gutes Ansprechen Wiederauftreten wahrscheinlich sehr gutes Ansprechen Heilung eher möglich C.Achernig ÄK Klagenfurt März 2007 15 Indolentes NHL Aggressives NHL Follikuläres Lymphom (Gr I/II) Chron. lymphatische Leukämie Follikuläres Lymphom (Gr III) Diffus-großzelliges B-ZellLymphom Plasmozytom Mantelzell-Lymphom Haarzellleukämie Burkitt-Lymphom Nodales und extranodales B-Zell Vorläufer Marginalzonen B-Zelllymphoblastisches Lymphom C.Achernig ÄK Klagenfurt März 16 Lymphom (MALT) 2007 8 Morbus Hodgkin • Klassischer Typ -lymphozytenreich -noduläre Sklerose -Mischtyp -lymphozytenarm • Lymphozytenprädo minanter Typ = noduläres Paragranulom C.Achernig ÄK Klagenfurt März 2007 17 C.Achernig ÄK Klagenfurt März 2007 18 9 Was ist für die Therapieplanung erforderlich? • Lymphomtyp (Histologie) • Ausdehnung der Erkrankung (Staging) • Aggressivität und Auswirkung auf den Körper (Risikobeurteilung – Risikoscore) C.Achernig ÄK Klagenfurt März 2007 19 Lymphomtyp-Histologie Lymphknotenentnahme Organbiopsie Knochenmarksstanze, -aspirat Punktionszytologie (Zellbild) C.Achernig ÄK Klagenfurt März 2007 20 10 Stadienbestimmung (Staging) • Lage und Anzahl der betroffenen Lymphknotenregionen oder Extranodalbefall (E) • Das Ann Arbor-System unterscheidet vier Stadien (I–IV) – Stadium I und II werden häufig als Krankheit im frühen Stadium bezeichnet, während Stadium III und IV als Krankheit im fortgeschrittenen Stadium gelten. • Fieber, Nachtschweiß oder ungewollter Gewichtsverlust (A oder B) März C.Achernig ÄK Klagenfurt 21 2007 Ann ArborStadienbestimmung • Stadium I – eine Lymphknotenregion • Stadium II – zwei oder mehrere Lymphknotenregionen auf der gleichen Seite des Zwerchfells • Stadium III – zwei oder mehrere Lymphknotenregionen sowohl in der Brust als auch im Bauchraum. • Stadium IV – zusätzlich diffuser Organbefall (z.B. Knochenmark, Leber oder Lunge) C.Achernig ÄK Klagenfurt März 2007 22 11 Staginguntersuchungen • Computertomographie • Knochenmarksbiopsie • Evtl. PET (Positronenemissionstomographie) • Evtl. Lumbalpunktion (Liquorbefall?) C.Achernig ÄK Klagenfurt März 2007 23 Risikobeurteilung C.Achernig ÄK Klagenfurt März 2007 24 12 Risikobeurteilung C.Achernig ÄK Klagenfurt März 2007 25 Symptome • Zufallsbefund (keine Symptome) • Lymphknotenvergrößerung • Allgemeinsymptome (Müdigkeit, Unwohlsein, Leistungsknick...) • Verdrängungserscheinungen • Infektanfälligkeit • Symptomatik des betroffenen Organs C.Achernig ÄK Klagenfurt März 2007 26 13 Symptome • • • • Wiederholtes, unerklärbares Fieber Nachtschweiß Ungewollter Gewichtsverlust Schwere anhaltende Erschöpfung oder Müdigkeit • Appetitlosigkeit C.Achernig ÄK Klagenfurt März 2007 27 Indolentes NHL Krankheitsverlauf • Indolente NHL wachsen langsam und verursachen erst Symptome, wenn sie weiter fortgeschritten sind. • Frühe indolente NHL werden gewöhnlich nur diagnostiziert, wenn sie „durch Zufall“ bei der Klärung anderer Probleme entdeckt werden. • Durch die langsame Entwicklung der Krankheit müssen die Patienten nicht immer sofort behandeltC.Achernig werden. ÄK Klagenfurt März 28 2007 14 Indolentes NHL Krankheitsverlauf • Obwohl durch Therapie generell eine Remission (Rückbildung) erreicht werden kann, treten viele indolente NHL nach einiger Zeit, normalerweise zwischen 1,5 und 4 Jahren, erneut auf. • Manche indolenten NHL treten in anderer Form wieder auf, z.B. als aggressives Lymphom. C.Achernig ÄK Klagenfurt März 2007 29 Indolentes NHL C.Achernig ÄK Klagenfurt März 2007 30 15 Aggressives NHL Krankheitsverlauf • Patienten mit aggressivem NHL leiden häufig schon im frühen Stadium an Krankheitssymptomen. • Das aggressive NHL wächst schnell, spricht aber gut auf eine Behandlung an – in 40 – 75 % der Fälle kann eine vollständige Heilung erreicht werden. C.Achernig ÄK Klagenfurt März 2007 31 Aggressives NHL C.Achernig ÄK Klagenfurt März 2007 32 16 Grundlagen der Behandlungsmöglichkeiten Behandlungsziele hängen ab von: -Patientenbedürfnisse und –wunsch -Neudiagnose oder Rückfall -Krankheitsstadium -Lymphomtyp -allgemeiner Gesundheitszustand und Alter C.Achernig ÄK Klagenfurt März 2007 33 C.Achernig ÄK Klagenfurt März 2007 34 17 • Patienten mit aggressivem NHL werden normalerweise mit einer Immunochemotherapie behandelt (Chemotherapie z. B. CHOP + monoklonale Antikörper). Stadium Behandlung früh (Stadium I/II) CT ± MAK normalerweise mit ST fortgeschritten (Stadium III/IV) Ergebnis Remission mit möglicher Heilung wahrscheinlich CT plus Steroide ± MAK, evt. mit ST C.Achernig ÄK Klagenfurt März 2007 35 Behandlung bei Rückfällen von NHL • Die meisten Patienten mit indolentem NHL werden bei einem Rückfall mit Chemotherapie, oft in Kombination mit monoklonaler Antikörpertherapie behandelt. – Bei Patienten, die eine Chemotherapie nicht vertragen oder sich dagegen entscheiden, kann die monoklonale Antikörper-therapie auch allein zur Anwendung kommen. C.Achernig ÄK Klagenfurt März 2007 36 18 Behandlung bei Rückfällen von NHL • Indolentes NHL tritt bei einem Rückfall manchmal in veränderter oder ‚transformierter‘ aggressiver Form auf. • Bei Patienten mit wiederauftretendem aggressivem NHL bekommen meist eine hochdosierte Chemotherapie und eine Stammzelltransplantation. C.Achernig ÄK Klagenfurt März 2007 37 Behandlungsmöglichkeiten C.Achernig ÄK Klagenfurt März 2007 38 19 Behandlungsmöglichkeiten C.Achernig ÄK Klagenfurt März 2007 39 Chemotherapeutika • Kombinationen chemotherapeutischer Medikamente werden oft mit den Anfangsbuchstaben der einzelnen Präparate beschrieben, z.B. ‚CHOP‘ – C = Cyclophosphamid – H = Hydroxydaunorubicin – O = Oncovin (Markenname für Vincristin) – P = Prednisolon • Patienten mit schwerer Symptomatik können auch mit Steroiden (Kortison) behandelt werden, um die Symptome schnell unter Kontrolle zu bringen. C.Achernig ÄK Klagenfurt März 2007 40 20 Chemotherapeutika Wirkungsweise • Die große Mehrheit der Körperzellen verbringt die meiste Zeit im Ruhezustand, während sich Krebszellen ständig teilen. • Chemotherapeutika setzen bei genau diesem Unterschied an und attackieren die Krebszellen während der Teilung. C.Achernig ÄK Klagenfurt März 2007 41 Monoklonale Antikörpertherapie • Monoklonale Antikörper sind eine relativ neue Medikamentenklasse und ihre Entwicklung stellt einen der größten Fortschritte bei der Behandlung des NHL in jüngerer Zeit dar. • Rituximab (Mabthera) ist bei der Behandlung einiger der häufigsten NHL-Typen wirksam. – Es wird gewöhnlich in Kombination mit Chemotherapie gegeben, kann unter bestimmten Umständen jedoch auch allein verabreicht werden. C.Achernig ÄK Klagenfurt März 2007 42 21 Wirkungsweise • Rituximab zerstört gezielt NHL-Zellen • Rituximab erkennt den Proteinmarker CD20 auf der Oberfläche der entarteten B-Zellen, der bei den häufigsten NHL-Typen vorhanden ist. • Rituximab bindet an CD20 und die Zelle wird direkt zerstört. • Rituximab markiert außerdem wirksam Lymphomzellen, so dass sie von der körpereigenen Immunabwehr zerstört werden können. C.Achernig ÄK Klagenfurt März 2007 43 Rituximab: a mouse/human chimeric monoclonal antibody Murine variable regions bind specifically to CD20 on B-cells Human kappa constant regions Human IgG1 Fc domain works in synergy with human effector mechanisms Chimeric IgG1 C.Achernig ÄK Klagenfurt März 44 Adapted from Rybak SM, et al. Proc Natl Acad Sci USA 1992;89:3165 2007 22 Rituximab: multiple potential anti-tumour activities ADCC Complement fixation CR3 FcγR Active signalling CD20 on malignant cell surface Rationale der Radioimmuntherapie – NHL sind von Natur aus sehr strahlensensibel – Die Radiotherapie kann bei NHL in frühen Stadien kurativ sein – Radioaktiv markierte Antikörper bringen die Strahlung zielgerichtet zum Tumor – Die Radioimmuntherapie kann sowohl Ziel- als auch Nachbarzellen vernichten (“Kreuzfeuer-Effekt”) und so auch große oder gering vaskularisierte Tumoren erreichen C.Achernig ÄK Klagenfurt März 2007 46 23 Radioimmuntherapie “Kreuzfeuer-Effekt” Radioaktiv markierter Antikörper “Kalter” Antikörper C.Achernig ÄK Klagenfurt März 2007 47 Externe Strahlentherapie vs. Radioimmuntherapie Radioimmuntherapie Externe Strahlentherapie C.Achernig ÄK Klagenfurt März 2007 48 24 Strahlentherapie • Bei der Strahlentherapie werden Strahlen wie z. B. Röntgenstrahlen verwendet, um Lymphomzellen abzutöten oder deren Wachstum zu verlangsamen. • Um die Nebenwirkungen möglichst gering zu halten werden die Strahlen gezielt auf das Lymphom gerichtet. • Die bestrahlte Region wird sorgfältig begrenzt, so dass nur die Lymphomzellen der vollen Strahlendosis ausgesetzt sind. • Die einzelnen Behandlungen dauern gewöhnlich nur einige Minuten, verursachen keine Beschwerden und werden ambulant durchgeführt, wobei der Patient bis zu fünf Mal pro Woche ins Krankenhaus muss. • Ein Strahlentherapieverlauf dauert C.Achernig ÄK Klagenfurt März normalerweise zwischen 2 und 6 Wochen.49 2007 Strahlentherapie: mögliche Nebenwirkungen • Brennen auf der Haut durch die Bestrahlung; kann zu Rötungen und Entzündungen führen. • Müdigkeit und Antriebslosigkeit • Verringerung der weißen Blutzellen, die zu einer erhöhten Infektionsanfälligkeit führt. • Zusätzliche Nebenwirkungen je nach behandelter Körperregion beinhalten: – Übelkeit und Durchfall (Bauchraum) – Schleimhautentzündungen in Mund, Rachen und Speiseröhre (Hals und/oder oberer Brustraum) – Haarausfall (Kopf und behaarte Körperstellen) • Gelegentlich auftretende langfristige Nebenwirkungen beinhalten: – Verringerung der Fruchtbarkeit nach Bestrahlung des Lendenbereichs ÄK Klagenfurt März betroffenen Gewebe 50 – Erhöhtes KrebsrisikoC.Achernig im von der Bestrahlung 2007 25 Stammzellentransplantation • Stammzellen sind unreife Blutzellen, die sich im Knochenmark bilden und später zu reifen Blutzellen entwickeln. • Bei der SZT werden sehr hochdosierte Chemotherapeutika (manchmal kombiniert mit Strahlentherapie) zur Zerstörung der Stammzellen im Knochenmark verabreicht. Danach wird eine Transfusion vorher entnommener Zellen gegeben, um das Knochenmark wieder zu besiedeln. • Die Stammzellentransplantation ist entweder – allogen – die Stammzellen sind von einer anderen Person (ein Verwandter, im Idealfall ein Zwilling, oder von einer anderen nicht verwandten, aber passenden Person) – autolog – körpereigene Stammzellen, die vor der hochdosierten Chemotherapie entnommen wurden. • Es gibt zwei Hauptquellen für Stammzellen bei der SZT: – Peripheres Blut C.Achernig ÄK Klagenfurt März – Knochenmark 2007 51 Indolente NHL Behandlungsprinzipien C.Achernig ÄK Klagenfurt März 2007 52 26 Aggressive NHL Behandlungsprinzipien • Therapie in kurativer Absicht in jedem Stadium • (Immuno-)Chemotherapie • Evtl. Strahlentherapie • Evtl. intrathekale Chemotherapie (Rückenmarkspunktion) C.Achernig ÄK Klagenfurt März 2007 53 C.Achernig ÄK Klagenfurt März 2007 54 27 C.Achernig ÄK Klagenfurt März 2007 55 C.Achernig ÄK Klagenfurt März 2007 56 28 C.Achernig ÄK Klagenfurt März 2007 57 C.Achernig ÄK Klagenfurt März 2007 58 29 C.Achernig ÄK Klagenfurt März 2007 59 C.Achernig ÄK Klagenfurt März 2007 60 30 C.Achernig ÄK Klagenfurt März 2007 61 C.Achernig ÄK Klagenfurt März 2007 62 31 C.Achernig ÄK Klagenfurt März 2007 63 C.Achernig ÄK Klagenfurt März 2007 64 32 Zusammenfassung • Zunahme von Lymphomerkrankungen in den letzten Jahren • Bedeutung der typ- und stadiengerechten Therapie • Bessere Verträglichkeit und Wirksamkeit durch moderne Therapiekonzepte C.Achernig ÄK Klagenfurt März 2007 65 33