Pharmazeutische Chemie - Siltuximab Siltuximab (Sylvant®) Die Castleman-Krankheit (CD) ist eine seltene Erkrankung die Lymphknoten betreffend. Es kommt zu einer Hypertrophie und Hyperplasie der Lymphknoten. Im Gegensatz zur lokalisierten, unizentrischen Form dieser Erkrankung - nur ein einzelner bzw. eine Gruppe von Lymphknoten in derselben Körperregion ist betroffen - sind bei der multizentrischen Castleman-Erkrankung (MCD) mehrere Lymphknoten in verschiedenen anatomischen Bereichen betroffen. Während die lokalisierte Form bei ca. der Hälfte der Erkrankten gar keine Symptome verursacht, sind systemische Komplikationen sowie in einigen Fällen Begleiterkrankungen wie z.B. maligne Lymphome, Kaposi-Sarkome bei der multizentrischen Form die Regel. Die multizentrische Form kann auch im Rahmen einer HIV-Infektion auftreten. Die Ursache der Castleman-Erkrankung ist bislang noch ungeklärt, vermutet wird ein Zusammenhang mit einer Infektion durch das humane Herpesvitus Typ 8 (HHV-8), das auch als Auslöser für die Entstehung von Kaposi-Sarkomen vermutet wird. HHV8 wurde bei 60-100% der Patienten mit HIV-assoziierter CD nachgewiesen. Das Virus befindet sich u.a. in CD20-positiven B-Lymphozyten der Lymphknoten und verursacht eine Produktion des viralen Interleukin-6-Homologs vIL-6 (Waterston und Bower 2004, Kaplan 2013). Die Diagnose CD wird nach Biopsie getroffen. Die Therapie basiert oftmals nur auf veröffentlichten Einzelfallerfahrungen, da es keine randomisierten Studien zur Therapie gibt. Die operative Entfernung des befallenen Lymphknotens spielt eigentlich nur bei der lokalisierten Form der Erkrankung eine Rolle. Für die MCD wurden systemische pharmakologische Therapien beschrieben, die eine Kombination aus Glucocorticoiden, Virustatika, Chemotherapeutika und Immunmodulatoren beinhalteten und mit denen teilweise temporäre Remissionen erreicht werden konnten. Für die CD wird ein Zusammenhang mit Interleukin-6 vermutet. Eine Überproduktion des IL-6 in betroffenen Lymphknoten wird für die systemischen Komplikationen der Erkrankung verantwortlich gemacht (Yoshizaki et al. 1989). Studien an MCDPatienten mit dem eigentlich zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis entwickelten Antikörper Tocilizumab führten zu einer Verbesserung der systemischen Komplikationen. Tocilizumab ist ein humanisierter monoklonaler IL-6-RezeptorAntikörper, der die IL-6-Signalkaskade stoppt, indem er sowohl an die lösliche als auch an die membrangebundene Form des IL-6-Rezeptors bindet und ihn somit blockiert (Nishimoto et al. 2000, Nishimoto et al. 2005). Siltuximab (Sylvant®) ist nun das erste Arzneimittel, das als Orphan Drug speziell zur Behandlung der MCD bei Erwachsenen zugelassen ist. Voraussetzung ist, dass die Patienten HIV-negativ und HHV-8-negativ sind (Fachinformation Sylvant® 2014). Siltuximab ist ein chimärer (murin-humaner) monoklonaler IgG1-kappa-Antikörper (Endung: „-ximab“) mit einer hohen Bindungsaffinität und -selektivität für das humane IL-6 (1Van Zaanen et al. 1998, 2Van Zaanen et al. 1998, Trikha et al. 2003). Der Antikörper ist als FAM Sylvant® in Form eines 100mg- und 400mg-Konzentrates pro Vial verfügbar. Siltuximab (Sylvant®) wird alle drei Wochen als intravenöse Infusion gegeben. Endpunkt der Therapie ist ein Therapieversagen, d.h. der Antikörper wird so ist der Plan - über einen möglichst langen Zeitraum gegeben. Hämatologische Parameter werden während der ersten 12 Monate vor jeder Infusion und danach bei jedem dritten Therapiezyklus bestimmt (Fachinformation Sylvant® 2014). Bedingt durch den hohen murinen Anteil des Siltuximab als chimärer Antikörper ist die vorgesehene, zeitlich nicht begrenzte Therapiedauer hinsichtlich der Verträglichkeit 1 CA 17.8.2014 Pharmazeutische Chemie - Siltuximab natürlich ein Problem. Humanisierte (5 bis 10% muriner Anteil) oder vollständig humane Antikörper sind nun mal verträglicher! Siltuximab bindet an das lösliche humane Interleukin-6 an einem Epitop an Helix D im C-Terminus des Moleküls, bildet mit diesem stabile Komplexe, fängt es also ab und verhindert somit die Bindung des IL-6 an sowohl den löslichen IL-6- als auch den membrangebundenen IL-6-Rezeptor. Siltuximab kann demnach auch als IL-6Antagonist bezeichnet werden und blockiert die systemischen Effekte des IL-6 (Fachinformation Sylvant® 2014). Literatur: Fachinformation Sylvant® 2014, Janssen-Cilag International NV Kaplan, L.D. Hematology Am Soc Hematol Educ Program 2013, 2013, 103 Nishimoto, N. et al. Blood 2000, 95, 56 Nishimoto, N. et al. Blood 2005, 106, 2627 Trikha, M. et al. Clin Cancer Res 2003, 9, 4653 1 Van Zaanen, H.C.T. et al. Br J Haematol 1998, 102, 783 2 Van Zaanen, H.C.T. et al. Leuk Lymphoma 1998, 31, 551 Waterston, A. und Bower, M. Acta Oncol 2014, 43, 698 Yoshizaki, K. et al. Blood 1989, 74, 1360 2 CA 17.8.2014