WS 2009/10 Diskrete Strukturen Prof. Dr. J. Esparza Lehrstuhl für Grundlagen der Softwarezuverlässigkeit und theoretische Informatik Fakultät für Informatik Technische Universität München http://www7.in.tum.de/um/courses/ds/ws0910 Kapitel V – Algebraische Strukturen • Algebraische Strukturen – Grundlagen – Gruppen – Endliche Körper • Zahlenkörper • Polynomkörper 2 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 09/10 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel V – Algebra; Körper • Definition: Eine Algebra A S, , mit zwei zweistelligen Operatoren und heißt Ring, falls R1. S, ist eine abelsche Gruppe mit neutralem Element 0 S. R2. S, ist ein Monoid mit neutralem Element 1 S. R3. a (b c) (a b) (a c) (b c) a (b a) (c a) 3 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 09/10 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München a, b,c S a, b,c S Kapitel V – Algebra; Körper • Definition: Eine Algebra A S , , mit zwei zweistelligen Operatoren und heißt Körper, falls K1. S , ist eine abelsche Gruppe mit neutralem Element 0 S. K2. S \ 0 , ist eine abelsche Gruppe mit neutralem Element 1 S. K3. a (b c ) (a b) (a c ) a, b,c S (Das Rechts-Distributivgesetz folgt aus den übrigen Eigenschaften.) 4 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 09/10 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel V – Algebra; Körper • Beispiele (wobei im weiteren Verlauf häufig und ⊙ durch ersetzt werden) durch + , , : kommutativer (in Bezug auf ) Ring n , n , n n ,n 1: kommutativer Ring , , , , , : Körper 2 , 2 ,2 : Körper 5 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 09/10 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel V – Algebra; Körper • Beispiel: Setzt man K = {0,1,a,b} und definiert eine Addition und Multiplikation wie folgt: 6 0 1 a b ⊙ 0 1 a b 0 0 1 a b 0 0 0 0 0 1 1 0 b a 1 0 1 a b a a b 0 1 a 0 a b 1 b b a 1 0 b 0 b 1 a so bildet K,⊕,⊙ einen Körper. Vorlesung Diskrete Strukturen WS 09/10 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel V – Algebra; Körper • Endliche Körper sind in der Kryptographie und in der Computer-Algebra sehr nutzlich. • Frage: wie findet man endliche Körper? • Wir werden eine erste Antwort durch diesen Satz geben: Satz: Bezeichnet man mit +n und n die Addition bzw. Multiplikation Modulo n, so gilt: ℤn, +n, n ist ein Körper n ist Primzahl. • Zur Vorbereitung brauchen wir einige Grundeigenschaften des größten gemeinsamen Teilers zweier Zahlen. 7 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 09/10 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel V – Algebra; Körper • Größter gemeinsamer Teiler Definition: Seien a, b ℕ. Der größte gemeinsame Teiler von a und b ist die größte natürliche Zahl, die sowohl a als auch b teilt, d.h. ggT(a, b) := max{k ℕ | k|a und k|b} wobei k|m eine Abkürzung für „k teilt m“ ist. Sind a1,…, an ℕ, n 3, dann definieren wir ggT(a1,…, an) := ggT(ggT(a1,…, an-1), an). 8 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 09/10 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel V – Algebra; Körper • Größter gemeinsamer Teiler Satz: Seien x, y 2 N mit x · y : 1. Wenn y mod x = 0 dann ggT(x,y) = x 2. Wenn y mod x > 0 dann ggT(x,y) = ggT(x,y mod x) Beweis: 1. Klar. Zu 2. : Es gilt y = (y mod x) + by/xc x. Daraus folgt für alle z 2 N: (z|x und z|y) gdw. (z|x und z|(y mod x)). Damit haben (x,y) und (x, y mod x) dieselben gemeinsamen Teiler, und so ggT(x, y) = ggT(x, y mod x). 9 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 09/10 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel V – Algebra; Körper • Größter gemeinsamer Teiler Der Satz führt zum Euklidischen Algorithmus zur Berechnung vom ggT zweier Zahlen: Procedure ggT (x, y ℕ mit x y) if y mod x = 0 then return x else return ggT(y mod x, x) (Euklid von Alexandria, ca. 325–265 v. Chr.) 10 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 09/10 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel V – Algebra; Körper • Größter gemeinsamer Teiler Satz: Seien x, y 2 N. Es gibt a, b 2 Z mit ggT(x,y) = a x + b y Beweis: Durch Induktion über max{x,y}. Basis: max{x,y}=1. Dann x=1=y und ggT(x,y) = 1 = 1 x + 0 y. Schritt: max{x,y} > 1. O.b.d.A. sei x · y. Wir betrachten zwei Fälle. Fall 1. y mod x = 0. Dann ggT(x,y) = x = 1 x + 0 y. 11 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 09/10 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel V – Algebra; Körper • Größter gemeinsamer Teiler Fall 2. y mod x > 0. In diesem Fall gelten x < y und ggT(x, y) = ggT(y mod x, x). Wir haben max{y mod x, x} = x < y · max{x,y} und so (Induktionsannahme) gibt es a´, b´ 2 Z mit ggT(x,y) = ggT(y mod x, x) = a´ (y mod x) + b´ x Mit y mod x = y - by/xc x erhalten wir ggT(x,y) = a´ (y -by/xc x) + b´ x = (b´-by/xc a´) x + a´ y. 12 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 09/10 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel V – Algebra; Körper • Größter gemeinsamer Teiler Der Beweis des Satzes führt zu einem Algorithmus für die Berechnung der Zahlen a und b, dem Erweiterten Euklidischen Algorithmus: Procedure ErwggT(Zahlen x,y ℕ mit x y) if y mod x = 0 then return (1, 0) else (a´, b´) Ã ErwggT(y mod x, x); (a , b) Ã (b´-by/xc a´ , a´); return (a, b) 13 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 09/10 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel V – Algebra; Körper • Größter gemeinsamer Teiler Beispiel mit x= 45, y = 63. ggT(45,63) = ggT(18,45) = ggT( 9,18) = 9 9 = (1 – b63/45c· (-2)) · 45 + (-2) · 63 = 3 · 45 + (-2) · 63 9 = (0 – b45/18c· 1) · 18 + 1 · 45 = -2 · 18 + 1 · 45 9 = 1 · 9 + 0 · 18 14 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 09/10 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel V – Algebra; Körper • Eigenschaften von Körpern Satz: In jedem Körper K gilt für alle a K : a 0=0 a=0 Beweis: Es sei a ein beliebiges Element aus K. Dann folgt aus den Axiomen: 0 + (a 0) = a 0 = a (0 + 0) = (a 0) + (a 0). Die Kürzungsregel ergibt 0 = a 0 □ 15 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 09/10 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel V – Algebra; Körper • Eigenschaften von Körpern Satz: In jedem Körper K gilt für alle a,b 2 K: a b = 0 a = 0 oder b = 0. (Körper sind nullteilerfremd) Beweis: Seien a,b mit a b = 0. Falls a 0, so existiert ein multiplikatives Inverses a−1 von a. Unter Verwendung des Satzes auf der letzten Seite folgt damit: b = 1 b = a−1 a b = a−1 0 = 0. 16 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 09/10 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel V – Algebra; Körper • Eigenschaften von Körpern Satz: ℤn, +n, n ist ein Körper , n ist Primzahl. Beweis: ()): Wir beweisen die Kontraposition. Sei n 2 N eine zusammengesetzte Zahl (also keine Primzahl). Dann gibt es Zahlen a,b, mit 1 < a · b < n und a b = n. Insbesondere gilt a 0 b. Aus a b = n folgt a n b = 0. Damit gilt a 0 b und a n b = 0. Aus dem Satz auf der vorigen Seite folgt, dass ℤn, +n, n kein Körper ist. 17 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 09/10 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel V – Algebra; Körper • Eigenschaften von Körpern Satz: ℤn, +n, n ist ein Körper , n ist Primzahl. Beweis: ((): Sei n 2 N beliebig. ℤn, +n ist eine abelsche Gruppe. Darüber hinaus ist n assoziativ und kommutativ mit neutralem Element 1. Die Distributivgesetze gelten. Wir zeigen: Wenn n eine Primzahl ist, dann hat jedes Element von ℤn ein inverses Element. 18 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 09/10 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel V – Algebra; Körper • Eigenschaften von Körpern Beweis (Forts.): Sei n Primzahl. Zu zeigen ist : für jedes x ℤn gibt es ein y ℤn mit (x n y) 1. Sei x ℤn beliebig. Mit n Primzahl gilt ggT(x,n) = 1. Es existieren also Zahlen a, b 2 Z mit a · x + b · n = 1 (Erweiterter Euklidischer Algorithmus). Damit gilt (a n x) +n (b n n) ´ 1. Aus (b n n) ´ 0 folgt (a n x) ´ 1. Wähle y := a. 19 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 09/10 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel V – Algebraische Strukturen • Algebraische Strukturen – Grundlagen – Gruppen – Endliche Körper: • Zahlenkörper • Polynomkörper 20 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 09/10 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel V – Algebra; Körper • Wir untersuchen eine weitere Möglichkeit, endliche Körper zu konstruieren. • Die Elemente des Körpers sind nicht mehr Zahlen, sondern Polynome. • Wir erweitern die Begriffe Summe, Produkt, Division, Rest, Modulo, und Primzahl auf Polynome. • Wir führen dann einen zweiten Satz über die Existenz endlicher Körper ein. 21 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 09/10 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel V – Algebra; Körper • Definition Sei hK, +, ¢i ein (kommutativer) Ring. Ein Polynom über K in der Variablen x ist ein Ausdruck der Gestalt. an ¢ xn + an-1 ¢ xn-1 +…+ a1 ¢ x + a0 wobei n ℕ0, ai K und an 0. n heißt der Grad des Polynoms, a0,…,an seine Koeffizienten. K[x] bezeichnet die Menge der Polynome über dem Ring K in der Variablen x. 22 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 09/10 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel V – Algebra; Körper • Definition Ein Polynom p(x) = an ¢ xn + an-1 ¢ xn-1 +…+ a1 ¢ x + a0 induziert eine Funktion fp : K ! K definiert durch fp(b) = an ¢ bn + an-1 ¢ bn-1 +…+ a1 ¢ b + a0 für alle b 2 K. Zwei Polynome sind gleich, wenn sie den gleichen Grad und die gleichen Koeffizienten haben. (Wir werden später sehen, dass verschiedene Polynome dieselbe Funktion induzieren können.) 23 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 09/10 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel V – Algebra; Körper • Bemerkungen – In praktischen Anwendungen gilt K = Z oder K = ℤn . – p(x) = 0 hat Grad 0. – Formal kann das Polynom p(x) = anxn + an-1xn-1 +…+ a1x + a0 auch mit der Folge (a0,…,an) gleichgesetzt werden. 24 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 09/10 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel V – Algebra; Körper • Beispiele: – p(x) = x2 − 2x + 1 ist ein Polynom vom Grad 2. – Ein linearer Ausdruck p(x)=ax + b mit a 0 ist ein Polynom vom Grad 1. – Ein konstante Ausdruck p(x) = c ist ein Polynom vom Grad 0. – Auf ℤ2 ist p(x) = x + x2 ein Polynom mit fp(1) = 1+12 = 0 = fp(0). 25 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 09/10 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel V – Algebra; Körper • Rechnen mit Polynomen Um den Wert eines Polynoms an einer bestimmten Stelle x0 K zu bestimmen, verwendet man am besten das sogenannte Hornerschema: p(x ) an x n an1x n1 ... a1x a0 ((...(((an x an1)x an2 )x ...)x a1)x a0 26 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 09/10 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel V – Algebra; Körper • Hat man die Koeffizienten in einem Feld a[0..n] abgespeichert, kann man den Funktionswert p(x0) daher wie folgt berechnen: begin p a[n] for i = n-1 downto 0 do p p x0 + a[i] end end 27 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 09/10 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel V – Algebra; Körper • Die Summe a(x)+b(x) zweier Polynome a(x) = anxn +…+ a1x + a0 und b(x) = bnxn +…+ b1x + b0 ist definiert durch a(x)+b(x) = cnxn +…+ c1x + c0 , wobei ci = ai + bi. Die Differenz a(x) -b(x) ist definiert durch a(x)-b(x) = dnxn +…+ d1x + d0 , wobei di = ai + (-bi), und -bi das inverse Element von bi bezüglich der Summe darstellt. Es gilt: grad(a(x) + b(x)) max{ grad(a(x)) , grad(b(x)) } 28 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 09/10 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel V – Algebra; Körper • Beispiele mit Z als Ring: – Für a(x) = x2 − 3x + 5 und b(x) = 4x + 2 ergibt sich a(x)+b(x) = x2 + x + 7 und a(x)-b(x) = x2 - 7x +3. – Für a(x) = x3 + 1 und b(x) = − x3 + 5 ergibt sich a(x)+b(x) = 6 und a(x)-b(x) = 2x3-4. • Beispiele mit ℤ6 als Ring: – Für a(x) = x2 − 3x + 5 und b(x) = 4x + 2 ergibt sich a(x)+b(x) = x2 + x + 1 und a(x)-b(x) = x2 + 5x +3 – Für a(x) = x3 + 1 und b(x) = − x3 + 5 ergibt sich a(x)+b(x) = 0 und a(x)-b(x) = 2x3 + 2. 29 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 09/10 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel V – Algebra; Körper • Anmerkungen – Die Polynomauswertung kann mit O(n = grad(p)) Multiplikationen und Additionen realisiert werden. – Die Summe (und die Differenz) zweier Polynome vom Grad n lässt sich in O(n) arithmetischen Schritten berechnen. 30 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 09/10 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel V – Algebra; Körper • Das Produkt zweier Polynome a(x) = anxn +…+ a1x + a0 b(x) = bmxm +…+ b1x + b0 erhält man durch Ausmultiplizieren und anschließendes Sortieren und Zusammenfassen der Koeffizienten, also (ab)(x ) a0b0 (a0b1 a1b0 )x (a0b2 a1b1 a2b0 )x 2 ... m n i a j bi j x k . j 0 i 0 31 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 09/10 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel V – Algebra; Körper Für den Grad des Produktpolynoms gilt grad(a · b) = grad(a) + grad(b), falls K nullteilerfrei ist, ansonsten grad(a · b) grad(a) + grad(b). 32 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 09/10 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel V – Algebra; Körper • Beispiele: Für a(x) = x2 − 3x + 5 und b(x) = 4x + 2 ergibt sich (a b)(x) = (1 4)x3 + (1 2 +(-3) 4)x2 + ((-3) 2 + 5 4)x+ 5 2 = 4x3-10x2 +14x +10. Das Produkt zweier Polynome vom Grad n lässt sich mit O(n2) arithmetischen Schritten berechnen. 33 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 09/10 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel V – Algebra; Körper • Die Polynomdivision ist analog zur Division mit Rest bei ganzen Zahlen. – Auch hier wird fortgesetzt jeweils der höchste Anteil des verbleibenden Polynoms eliminiert. Für gegebene Polynome a, b mit Koeffizienten aus einem Ring wird hierbei die Gleichung a(x) = q(x) b(x) + r(x) gelöst, wobei grad(r) < grad(b) oder grad(r) = 0. 34 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 09/10 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel V – Algebra; Körper • Beispiel 2x 4 x3 x 3 div x 2 x 1 2 x 2 x 3 (2 x 4 2 x 3 2 x 2 ) x 3 2x 2 x 3 ( x 3 x 2 x) 3x 2 3 (3x 2 3x 3) 3x 6 35 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 09/10 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel IV – Algebra; Körper • Für zwei Polynome a und b von Grad höchstens n kann man die Polynome q und r wie im Beispiel bestimmen. • Da sich der Grad des Polynoms in jeder Zeile verringert, benötigen wir also höchstens n Multiplikationen von Polynomen mit Konstanten und n Subtraktionen von Polynomen vom Grad höchstens n. • Insgesamt ergibt sich: Die Division zweier Polynome vom Grad höchstens n lässt sich mit O(n2) arithmetischen Schritten berechnen. 36 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 09/10 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel V – Algebra; Körper • Satz: Zu je zwei Polynomen a(x) und b(x), b 0, gibt es eindeutig bestimmte Polynome q(x) und r(x), so dass a(x) = q(x) b(x) + r(x) und r = 0 oder grad(r) < grad(b). Beispiel: Im vorhergehenden Schema war das 3 2 2 2 x 4 x x 3 (2 x x 3) ( x x 1) 3 x 6) ( a( x ) q( x ) 37 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 09/10 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München b( x ) r( x ) Kapitel V – Algebra; Körper • Beweis: Gilt grad(a) < grad(b), so kann man q = 0 und r = a setzen. Sei also grad(a) grad(b). Induktion über grad(a): Basis: grad(a) = 0. Dann folgt aus grad(a) grad(b), dass a und b beides konstante Funktionen sind. Also a(x) = a0 und b(x) = b0 mit b0 0. Wir können daher q(x) = a0/b0 und r(x) = 0 setzen. 38 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 09/10 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel IV – Algebra; Körper • Beweis (Fortsetzung): Schritt: grad(a) = n > 0. Sei grad(b) = m, m n, und a(x) = anxn +…+ a1x + a0, an 0 b(x) = bmxm +…+ b1x + b0, bm 0 Wir setzen c(x) = a(x) − (an/bm)xn−m b(x). Dann gilt grad(c) < grad(a). Nach Induktionsannahme gibt es daher Polynome q´(x) und r´(x) mit c(x) = q´(x) · b(x) + r´(x), mit r´(x) = 0 oder grad(r´) < grad(b). 39 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 09/10 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel IV – Algebra; Körper • Beweis (Fortsetzung): Es gilt a(x) = (an/bm)xn−m b(x) + q´(x) b(x) + r´(x) = ((an/bm)xn−m + q´(x)) b(x) + r´(x) =: q(x) b(x) + r(x) . 40 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 09/10 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel IV – Algebra; Körper • Beweis (Fortsetzung): Um die Eindeutigkeit zu beweisen, nehmen wir an, es gäbe für Polynome a und b zwei Darstellungen wie im Satz angegeben. Also q b + r = a = q´ b + r´ und somit auch (q − q´) b = (r − r´). Wir beweisen q=q´ durch Widerspruch. Falls q q´, ist die linke Seite ein Polynom vom Grad mindestens grad(b). Da die rechte Seite aus der Differenz zweier Polynome vom Grad < grad(b) besteht, ist sie auch ein Polynom mit Grad < b. Widerspruch. Aus q = q´ folgt r = r´. □ 41 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 09/10 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel IV – Algebra; Körper • Polynomringe als Erweiterung der Zahlenringe hℤ, +i und hℤn, +ni sind abelsche Gruppen. hℤ[x], +i und hℤn[x], +ni ist eine abelsche Gruppe. Mit + und +n bezeichnen wir hier die Summe von Polynomen. hℤ, i ist ein abelsches Monoid. hℤ[x], i ist ein abelsches Monoid. Mit bezeichnen wir hier das Produkt von Polynomen. hZ, +, ¢i ist ein Ring. hZ[x],+, ¢i ist ein Ring. 42 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 09/10 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel IV – Algebra; Körper • Polynomringe als Erweiterung der Zahlenringe hZ, +, ¢i und hZ[x],+, ¢i sind unendliche Ringe. Um endliche Ringe zu bekommen, haben wir im Zahlen-Fall die Ringe ℤn, +n, n betrachtet. Die Ringe ℤn[x], +n, n sind jedoch immer noch unendlich, weil ℤn[x] Polynome mit beliebigem Grad enthält. Z.B. ℤ2[x] = {0, 1, x, x2, x3, x4, … } Um dieses Problem zu lösen verwenden wir „denselben Trick“ nochmal. 43 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 09/10 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel IV – Algebra; Körper • Wir erweitern die Begriffe Teilbarkeit und Modulorechnung auf Polynome: Wir definieren: – a(x) teilt b(x), wenn es ein Polynom q(x) K[x] gibt, so dass b(x) = q(x) a(x). D.h., der Rest der Polynomdivision ist 0 is. – a(x) ist kongruent zu b(x) modulo (x), d.h., a(x) b(x) (mod (x)), genau dann, wenn a(x) - b(x) durch (x) teilbar ist. 44 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 09/10 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel IV – Algebra; Körper • Beispiel: Sei K = ℤ3 und ¼(x) = x2+1. Die möglichen Reste der Division durch ¼(x) sind die Polynome mit Koeffizienten in ℤ3 und Grad 0 oder 1. Es gibt genau 9 davon: {0, 1, 2, x, x+1, x+2, 2x, 2x+1, 2x+2} Es gilt z.B. x3+1 (2x+1) mod ¼(x) 45 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 09/10 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel IV – Algebra; Körper • Die Kongruenzrelation teilt die Menge K[x] in Äquivalenzklassen: K[x] (x) := {f(x) | f(x) K[x], grad(f) < grad(¼)}. • Wenn K endlich ist, dann ist K[x] (x) auch endlich. • Es gilt dann f(x) + (x) g(x) := (f(x) + g(x)) mod ¼(x) f(x) (x) g(x) := (f(x) g(x)) mod ¼ (x) 46 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 09/10 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel IV – Algebra; Körper • Wir haben bewiesen ℤn[x], +n, n ist Körper , n ist Primzahl • Frage: Wann ist hK[x] (x) , + (x) , (x) i ein Körper? • Antwort (ohne Beweis): ℤn[x], +n, n ist Körper , (x) ist irreduzibel • Definition: Ein Polynom (x) K[x] mit (x) 0 heißt irreduzibel (über K), falls für alle f(x), g(x) K[x] gilt: (x) = f(x) g(x) ) grad(f) = 0 oder grad(g) = 0. 47 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 09/10 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel IV – Algebra; Körper • Beispiel: Betrachten wir K = ℤ2 und (x) = x2+x+1. ℤ2[x] (x) besteht aus allen Polynomen in ℤ2[x] mit Grad 0 oder 1: ℤ2[x] (x) = {0, 1, x, x+1} Die Multiplikationstabellen sehen wie folgt aus: + 48 0 1 x x+1 0 0 1 x x+1 1 1 0 x+1 x x x+1 x (x) x+1 x+1 0 1 x x+1 0 0 0 0 0 x 1 0 1 x x+1 0 1 x 0 x x+1 1 1 0 x+1 0 x+1 1 x (x) Vorlesung Diskrete Strukturen WS 09/10 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel IV – Algebra; Körper • Beispiel: Betrachten wir K = ℤ2 und (x) = x2+1. ℤ2[x] (x) besteht aus allen Polynomen in ℤ2[x] mit Grad 0 oder 1: ℤ2[x] (x) = {0, 1, x, x+1} Die Multiplikationstabellen sehen wie folgt aus: + 49 0 1 x x+1 0 0 1 x x+1 1 1 0 x+1 x x x+1 x (x) x+1 x+1 0 1 x x+1 0 0 0 0 0 x 1 0 1 x x+1 0 1 x 0 x 1 x+1 1 0 x+1 0 (x) Vorlesung Diskrete Strukturen WS 09/10 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München x+1 x+1 0 Kapitel IV – Algebra; Körper • Der Grund, warum K = ℤ2 für 1(x) = x2+1 die Gruppeneigenschaften nicht erfüllt, ist dass 1(x) reduzibel über K ist. D.h., dass 1(x) als Produkt zweier Polynome vom Grad größer gleich 1 schreiben lässt: 2+1 = (x+1) (x+1) (in ℤ ) (x) = x 1 2 Dies ist für x2+x+1 nicht der Fall. 50 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 09/10 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel IV – Algebra; Körper Satz: Ist K ein endlicher Körper und (x) ein Polynom in K[x]. Dann gilt: K[x] (x), + (x), (x) ist ein Körper (x) ist irreduzibel über K[x]. 51 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 09/10 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel IV – Algebra; Körper • Eigenschaften von Restklassenringen • Satz: Sei K ein Körper mit n Elementen, und sei g K[x], d = grad(g) 1. Dann besitzt K[x]g genau nd Elemente. 52 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 09/10 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel IV – Algebra; Körper • Satz: Zu jeder Primzahl p und zu jeder natürlichen Zahl n 1 gibt es einen endlichen Körper mit pn Elementen; dieser wird mit GF(pn) bezeichnet (GF = Galois Field, nach Evariste Galois (1811– 1832)). 53 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 09/10 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München Kapitel IV – Algebra; Körper • Beweis: n = 1: ℤp = GF(p) ist ein Körper mit p Elementen. n > 1: Sei K = ℤp. Sei g K[x] ein irreduzibles Polynom vom Grad n. Dann ist K[x]g ein Körper, und hat genau pn Elemente (siehe Satz auf Seite 33). 54 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 09/10 Prof. Dr. J. Esparza – Institut für Informatik, TU München