Seminarvortrag: Experimente mit reellen Photonen

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Seminarvortrag: Experimente mit reellen Photonen
Korbinian Hens
5. Juli 2006
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Einführung
Bereich einiger MeV bis hin zu GeV. Auch
die Zustandsbreite der einzelnen Linien ist
beim Protonspektrum um ein Vielfaches
größer, als bei Atomspektren, was durch
die starke Wechselwirkung bedingt ist. Gemäß Γ ∝ τ1 ist folglich die Lebensdauer der
Anregungszustände des Protons wesentlich
kürzer, als beispielsweise die Lebensdauern
von Anregungszuständen eines Atoms. Betrachtet man sich den totalen Absorptionsquerschnitt bei der Protonanregung durch
Photonen (γP → X) in Abhängigkeit der
Energie der Anregungsphotonen (Eγ )(vgl.
Abb. 2), so sind mehrere Überhöhungen des
Querschnitts bei verschiedenen Anregungsenergien zu erkennen, die jedoch aufgrund
ihrer Breite teilweise überlappen. Bei einer Anregungsenergie von ca. 340 MeV findet sich die noch am deutlichsten separierte Überhöhung, die bei Vergleich mit Abbildung 1 als ∆(1232)-Resonanz zu identifizieren ist. Die Breite dieser Resonanz beträgt 120 MeV, was einer Lebensdauer von
5, 5 · 10−24 s entspricht.
Es ist zwar möglich, dass beim Abregen
wieder ein Photon emittiert wird, jedoch
ist der Zerfall über die starke Wechselwirkung in ein neutrales Pion und das Proton aufgrund der hohen Energien wesentlich wahrscheinlicher. Der Prozess der PionPhotoproduktion lässt sich wie folgt dar-
Experimente mit reellen Photonen in Energiebereichen von MeV bis GeV sollen beispielsweise Aufschluss über Kernstrukturen
geben. Da es sich bei Photonen um neutrale Teilchen handelt, die aufgrund ihrer
Energie nicht mehr fokussiert werden können, nutzt man zur Erzeugung der Photonenstrahlen geeignete physikalische Prozesse. Exemplarisch wird im Folgenden die Anregung eines Protons durch ein Photon in
Theorie und Experiment dargestellt.
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Motivation & Theorie
Wie aus der Atomphysik bereits bekannt
ist, lassen sich Atome mit Licht bestimmter Wellenlängen anregen und infolgedessen lässt sich dann ein sogenanntes Atomspektrum beobachten. Hierbei handelt es
sich um ein Linienspektrum (diskret) mit
Anregungsenergien im Bereich einiger weniger eV . Eine ähnliche Vorgehensweise ist
auch bei Strukturuntersuchungen in Kernen
bzw. bei Nukleonen vorstellbar. Tatsächlich
erhält man bei einer Anregung eines Protons mit reellen Photonen ebenso ein Linienspektrum, wie in Abbildung 1 zu sehen
ist. Die Anregungsenergien liegen jedoch im
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Abbildung 3: Konstituenten-Quark-Modell
stellen:
γ + P → ∆+ → π 0 + P
Abbildung 1: Protonspektrum
Wie bereits in Abbildung 1 zu sehen
war, handelt es sich bei der vorliegenden ∆(1232)-Resonanz um einen Spin-3/2+
Zustand mit positiver Parität (J P = 23 ).
+
Die Anregung des Protons (J P = 12 ) kann
man sich anschaulich im KonstituentenQuark-Modell am einfachsten als Spinflip
vorstellen, jedoch besteht natürlich auch
+
die Möglichkeit den 32 -Zustand durch Ankoppeln eines relativen Bahndrehimpulses
(L=2)zu realisieren. (Vgl. Abbildung 3)
Welche dieser Modellvorstellungen letztlich im realen Experiment auftreten und wie
diese unterscheidbar sind, sollen die folgenden Betrachtungen von Erhaltungsgrößen
Abbildung 2: Totaler Absorptionsquererläutern.
schnitt
Wie in Abbildung 4 zu sehen, tragen
Protonen einen Spin 1/2 und positive
Parität, das Photon den Spin 1 und
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der unterschiedlichen Annahmen im Experiment gefunden. Wie weist man jedoch
den Prozess der Pion-Photoproduktion vollständig nach? Hierzu gibt es zwei Möglichkeiten; zunächst ist es möglich den Viererimpuls des Protons nach der Reaktion zu
bestimmen und mittels der beiden bekannten Viererimpulse des Photons und Protons
vor der Anregung über die „fehlende Masse“
das Pion zu bestimmen. Eine andere Möglichkeit besteht darin die Eigenschaft des
Pions auszunutzen, dass es mit einer Zerfallszeit von nur 86 · 10−9 ns in zwei Photonen zerfällt. Dieser Nachweis der „invarianten Masse“ ist gemäß
Abbildung 4: Feynmangraph
negative Parität und das Pion ist ein Spin0-Teilchen mit ebenso negativer Parität.
Die Anregung entspricht, wie bereits zuvor
+
erwähnt einem 32 -Zustand. Um diesen Zustand rein rechnerisch zu erhalten, müssen
der Gesamtdrehimpuls des Photons und
der Spin des Protons zu 23 koppeln. Dies
Eγ · Eγ
mπ0 c2 = 2 · 1 2 2 · (1 − cos(Θ))
wiederum bedeutet, dass der Drehimpuls
c
des Photons, welcher sich wiederum aus
Spin und einem relativen Bahndrehimpuls nur vom Nachweis der Energien der beiden
zusammensetzt, nur die Werte 1 oder 2 Zerfallsphotonen des neutralen Pions und
dem Zerfallswinkel Θ abhängig. Für ein
annehmen kann.
solches Experiment muss zunächst der
Zieht man nun noch die Paritätserhal- Photonenstrahl eine bekannte Energie
tung für elektrische bzw. magnetische Anre- haben, aber auch das Detektorsystem gegungen hinzu, so lässt sich die positive Pa- wisse Anforderungen erfüllen. Sowohl eine
gute Energie-, als auch Winkelauflösung,
rität des Anregungszustandes gemäß
welche eine große Raumwinkelabdeckung
EL : P = (−1)L
des Detektorsystems bedingt, sind notwendig. Nicht zuletzt ist natürlich auch eine
M L : P = (−1)L+1
angemessen hohe Zeitauflösung für das o.g.
nur mit dem E2 bzw. dem M1-Term realisie- Experiment von Bedeutung.
ren. Eine Multipolentwicklung, analog der
Elektrodynamik, liefert für diese Terme folgende Winkelverteilungen im Schwerpunktsystem des neutralen Pions:
3 Erzeugung von Photo-
nenstrahlen
M 1 ∝ 5 − 3 · cos2 (Θ)
E2 ∝ 1 + cos2 (Θ)
Die Erzeugung von Photonenstrahlen, die
Da sich solche Winkelverteilungen in Streu- sich für das genannte Experiment eignen,
experimenten gut bestimmen lassen, ist so- ist auf unterschiedlichen Wegen realisiermit ein Anhaltspunkt der Unterscheidung bar. Zunächst ist hier aus eher histori3
Abbildung 5: Bremsstrahlung
Abbildung 6: Tagger - Energiemarkierungsanlage
schem Interesse die Strahl-Erzeugung durch
Positron-Elektron-Annihilation zu nennen.
Einen wesentlich besseren, d.h. kollimierteren Strahl hoher Intensität, erhält man jedoch durch das sogenannte Laserbackscattering (Compton-Rückstreuung). Bei dieser
Methode wird ein Laserstrahl an relativistischen Elektronen gestreut. Ein enormer
Vorteil dieser Methode ist, dass sie polarisationserhaltend ist, d.h. ein polarisierter
Laserstrahl genügt, damit auch der im Experiment verwendete Strahl polarisiert ist.
Die Energieausbeute ist jedoch stark von
der Energie des einlaufenden Elektronenstrahls abhängig, weshalb dieses Verfahren
häufig an Speicherringen zur Anwendung
kommt. Eine weitere Methode zur Erzeugung eines gut kollimierten hochenergetischen Photonenstrahls besteht in der Ausnutzung der Bremsstrahlung von Elektronen, die an schweren Kernen unter Aussendung eines Photons gestreut werden (vgl.
Abb. 5). Die Energie der Photonen lässt
sich in guter Näherung aus der Energiedifferenz des Elektrons vor und nach dem Streuprozess gemäß Eγ = E0 − Ee− bestimmen.
Letztere Methode eignet sich für das Experiment am MAMI aufgrund der recht hohen
Intensitäten über den gesamten erwünschten Energiebereich, sowie der guten Strahlform (Strahlöffnungswinkel ca. 5mrad).
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Photon-Tagging
Die Methode der Bremsstrahlung liefert ein
kontinuierliches Photonenspektrum, jedoch
ist es für das Experiment nötig, die Energie der einzelnen Photonen zu kennen. Um
dies im Experiment zu erreichen verwendet man einen sogenannten Tagger, dessen Aufbau in Abbildung 6 zu sehen ist.
Die durch Bremsstrahlung erzeugten Photonen laufen dabei kollimiert zum Experiment, während die jeweils zugehörigen gestreuten Elektronen mit Hilfe eines entsprechend großen Magneten je nach „Restenergie“ auf unterschiedliche Kreisbahnen gelenkt werden und somit an unterschiedlichen Stellen mit Szintillatoren nachgewiesen werden. Durch eine Vielzahl von kleinen Szintilatoren entlang des Taggers ist es
somit möglich gemäß Eγ = E0 −Ee− bei bekannter Strahlenergie der einfallenden Elektronen jedem Photon per Koinzidenzsignal
mit dem Experiment eine bekannte Energie
zuzuweisen.
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Abbildung 7: TAPS-Detektor
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Detektoraufbau & Ergebnisse
Abbildung 8: Spektrum der invarianten
Pionmasse
Als Detektorsystem für das behandelte
Experiment wird in Mainz der TAPSDetektor verwendet. Dieser kommt den hohen Anforderungen des Experiments bezüglich Energie- und Zeitauflösung mit den 504
verbauten BaF2 , sowie der Anforderung an
die Raumwinkelabdeckung mit seinem modularen Aufbau (siehe Abbildung 7) nach.
In Abbildung 8 ist das Spektrum der invarianten Masse des Pions zu sehen, woraus sich die Pion-Masse bestimmen lässt.
Wie bereits erwähnt, erwartet man für
die Winkelverteilung des neutralen Pions
im Schwerpunktsystem eine Überlagerung
des M1 und E2-Terms. Betrachtet man jedoch die experimentellen Ergebnisse (vgl.
Abb. 9), so ist deutlich erkennbar, dass
der M1-Term dominiert. Ein E2-Term ist
mit bloßem Auge nicht erkennbar. Um beispielsweise genau dieses Verhältnis der beiden Terme zueinander genauer zu bestimmen ist es nötig, Detektoren mit besserer
Raumwinkelabdeckung (z.B. Chrystalball)
zu verwenden oder gar neue Observablen
(z.B. Polarisation) zu verwenden. Dies kann
auch dazu dienen höhere Resonanzen zu untersuchen.
Abbildung 9: Winkelverteilung des neutralen Pions
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