Stetige Funktionen

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Kapitel 4
Stetige Funktionen
Abschnitt 4.1
Definition der Stetigkeit
Gegenbeispiele, 1
Eine beliebte Arbeitsdefinition für den Begriff der Stetigkeit ist:
Eine Funktion ist stetig, wenn man ihren Graphen
zeichnen kann, ohne den Stift abzusetzen.
Dies soll ausgeschärft werden anhand der folgenden
Beispiele nicht stetiger Funktionen.
I
Der Graph der Funktion h : R → R mit
0 für x 5 0,
h(x) =
1 sonst
macht an der Stelle x = 0 einen Sprung.
Gegenbeispiele, 2
I
Ebenso tut dies der Graph der Funktion k : R → R mit
0 für x 6= 0,
k(x) =
.
1 für x = 0
Bei diesem Graphen sieht man allerdings, dass man diesen
Sprung „korrigieren“ könnte, indem man den Funktionswert an
der Stelle x = 0 anderes definiert. (Man vergleiche hierzu
später den Begriff der „stetigen Ergänzung“.)
Gegenbeispiele, 3
I
Der Graph der Funktion ` : R → R mit
sin x1 für x =
6 0,
`(x) =
0
für x = 0
oszilliert immer schneller, wenn man sich von links oder von
rechts der Stelle x = 0 nähert.
Man kann sich darüber streiten, ob dies der Vorstellung „Man
kann den Graph durchzeichnen.“ entspricht. (Die formale
Definition der Stetigkeit ist allerdings so gemacht, dass ein
derartiger Fall ausgeschlossen wird.)
Funktionsgrenzwerte, 1
Definitionen.
i) Seien a, b ∈ R mit a < b und c ∈]a, b[. Sei f : ]a, b[−{c} → R
eine Funktion.
Dann sagt man, dass f im Punkt c den Grenzwert d
besitzt, wenn für jede Folge (xn )n mit xn ∈]a, b[−{c} und
lim xn = c gilt
n→∞
lim f (xn ) = d .
n→∞
In diesem Falle schreibt man symbolisch
lim f (x) = d .
x→c
Funktionsgrenzwerte, 2
ii) Seien a, b ∈ R mit a < b. Sei f : ]a, b[→ R eine Funktion.
Dann sagt man, dass f im Punkt a den rechtsseitigen
Grenzwert s besitzt, wenn für jede Folge (xn )n mit xn ∈]a, b[,
xn > a und lim xn = a gilt lim f (xn ) = s. In diesem Falle
n→∞
n→∞
schreibt man symbolisch
lim f (x) = s.
x→a
x>a
Funktionsgrenzwerte, 3
Entsprechend sagt man, dass f im Punkt b den
linksseitigen Grenzwert t besitzt, wenn für jede Folge (xn )n
mit xn ∈]a, b[, xn < b und lim xn = b gilt lim f (xn ) = t. In
n→∞
diesem Falle schreibt man symbolisch
lim f (x) = t.
x→b
x<b
n→∞
Funktionsgrenzwerte, 4
Man untersuche unter Verwendung dieser Begriffe die oben
aufgeführten Beispiele.
I
Bei der Funktion h existiert der linksseitige Grenzwert an der
Stelle 0; es gilt
lim h(x) = 0.
x→0
x<0
Ebenso existiert der rechtsseitige Grenzwert an dieser Stelle; es
gilt
lim h(x) = 1.
x→0
x>0
(Man beachte, dass dies nicht der Funktionswert von h an der
Stelle 0 ist!) Links- und rechtsseitiger Grenzwert der Funktion
h an der Stelle 0 existieren also, sind aber nicht gleich. (In
dieser Situation sagt man allgemein, dass eine Sprungstelle
der Funktion vorliegt.)
Funktionsgrenzwerte, 5
Insbesondere existiert nicht der Grenzwert (schlechthin) der
Funktion h an der Stelle 0.
I
Bei der Funktion k existiert sowohl der linksseitige Grenzwert
an der Stelle 0 als auch der rechtsseitige; es gilt
lim k(x) = 0 = lim k(x).
x→0
x<0
x→0
x>0
Damit existiert auch der Grenzwert (schlechthin) von k an der
Stelle 0; es gilt
lim k(x) = 0.
x→0
Man beachte, dass dieser Grenzwert an der Stelle 0 nicht mit
dem dortigen Funktionswert k(0) = 1 übereinstimmt.
Funktionsgrenzwerte, 6
I
Bei der Funktion ` existieren hingegen weder links- noch
rechtsseitiger Grenzwert an der Stelle 0:
So gilt zum Beispiel
1
1
= 0 = lim
,
n→∞ (2n + 1 )π
n→∞ nπ
2
lim
aber
1
`
= sin nπ = 0 und `
nπ
1
(2n + 12 )π
für alle n ∈ N× und daher
1
lim `
= 0 6= 1 = lim `
n→∞
n→∞
nπ
!
= sin(2n+ 21 )π = 1
1
(2n + 12 )π
!
.
Konvergenz gegen Unendlich
Definition.
i) Man sagt, dass eine Folge (xn )n∈N0 reeller Zahlen gegen
(plus) Unendlich konvergiert, wenn es zu jedem M > 0 ein
nM ∈ N0 gibt, so dass für alle n ∈ N0 mit n = nM gilt
xn > M.
In dieser Situation schreibt man symbolisch lim xn = +∞
n→∞
oder auch lim xn = ∞.
n→∞
Entsprechend sagt man, dass eine Folge (xn )n∈N0 reeller
Zahlen gegen minus Unendlich konvergiert, wenn es zu
jedem M > 0 ein nM ∈ N0 gibt, so dass für alle n ∈ N0 mit
n = nM gilt
xn < −M.
In dieser Situation schreibt man symbolisch lim xn = −∞.
n→∞
Uneigentliche Funktionsgrenzwerte, 1
ii) Sei a ∈ R. Sei f : ]a, ∞[→ R eine Funktion. Dann sagt man,
dass f im (positiv) Unendlichen den Grenzwert s besitzt,
wenn für jede Folge (xn )n mit lim xn = +∞ gilt
n→∞
lim f (xn ) = s. In diesem Falle schreibt man symbolisch
n→∞
lim f (x) = s.
x→+∞
Entsprechend sagt man, dass eine auf ] − ∞, b[ definierte
reellwertige Funktion f im negativ Unendlichen den
Grenzwert t besitzt, wenn für jede Folge (xn ) mit
lim xn = −∞ gilt lim f (xn ) = t. In diesem Falle schreibt
n→∞
n→∞
man symbolisch
lim f (x) = t.
x→−∞
Uneigentliche Funktionsgrenzwerte, 2
Beispiel. Es gilt
lim
x→+∞
1
=0=
x
lim
x→−∞
1
,
x
was graphisch der Tatsache entspricht, dass die x-Achse Asymptote
der Hyperbel y = x1 ist.
Rechenregeln für Funktionsgrenzwerte
Hilfssatz. Seien a, b ∈ R mit a < b und c ∈]a, b[. Seien f und g
Funktionen von ]a, b[−{c} nach R.
Im Punkt c besitze die Funktion f den Grenzwert s und die
Funktion g den Grenzwert t.
Dann besitzt die Funktion f + g in c den Grenzwert s + t,
die Funktion f − g in c den Grenzwert s − t und
die Funktion f · g in c den Grenzwert s · t.
Falls t 6= 0 ist, besitzt die Funktion
f
g
in c den Grenzwert st .
Analoge Aussagen gelten für rechts- bzw. linksseitige Grenzwerte
und Grenzwerte in plus bzw. minus Unendlich.
Der Beweis dieses Hilfssatzes ergibt sich unmittelbar aus den
entsprechenden Rechenregeln für Folgen (Satz 1 in Abschnitt 2.2).
Definition der Stetigkeit, 1
Definition. Seien a, b ∈ R mit a < b; sei f : [a, b] → R.
i) Dann heißt f stetig in c ∈]a, b[, wenn der Grenzwert lim f (x)
x→c
existiert und gleich dem Funktionswert f (c) im Punkt c ist:
lim f (x) = f (c).
x→c
ii) Die Funktion f heißt rechtsseitig stetig in c ∈ [a, b[, wenn
der rechtsseitige Grenzwert x→c
lim f (x) existiert und gleich f (c)
x>c
ist:
lim f (x) = f (c).
x→c
x>c
Definition der Stetigkeit, 2
iii) Die Funktion f heißt linksseitig stetig in c ∈]a, b], wenn der
linksseitige Grenzwert x→c
lim f (x) existiert und gleich f (c) ist:
x<c
lim f (x) = f (c).
x→c
x<c
iv) Die Funktion f heißt stetig auf einer Menge, wenn sie in
jedem Punkt der Menge stetig ist.
Falls es sich bei der Menge um ein abgeschlossenes Intervall
[a, b] handelt, so verlangt man genauer: Stetigkeit in den
Punkten von ]a, b[, rechtsseitige Stetigkeit in a und linksseitige
Stetigkeit in b.
Beispiele
Die zuvor betrachteten Beispiele sind jeweils im Punkt 0 nicht
stetig, allerdings aus verschiedenen Gründen:
I
Bei den Funktionen h und ` existiert jeweils nicht der
Grenzwert der Funktion im Punkt 0.
I
Bei der Funktion k existiert er zwar, stimmt aber nicht mit
dem Funktionswert an dieser Stelle überein.
Eine Situation wie die letztgenannte kann man im folgenden Sinne
beheben:
Stetige Ergänzung
Definition. Seien a, b ∈ R mit a < b und c ∈]a, b[. Sei
f : ]a, b[−{c} → R.
Dann sagt man, dass sich f an der Stelle c durch den Wert d
stetig ergänzen läßt, wenn die Funktion
f (x) für x ∈]a, b[, x 6= c,
b
b
f : ]a, b[→ R, f (x) :=
d
für x = c
stetig im Punkt c ist.
Bemerkung: In der Situation der Definition läßt sich f genau dann
durch den Wert d an der Stelle c stetig ergänzen, wenn lim f (x)
x→c
existiert und d gleich diesem Grenzwert ist.
Beispiele
Beispiele.
4
I
Die Funktion {x ∈ R : x 6= 0} → R, x 7→ xx 2 läßt sich im
Punkt 0 durch den Wert 0 stetig ergänzen.
I
Die Funktion sinx x in 0 läßt sich im Punkt 0 durch den Wert 1
stetig ergänzen.
(Der Nachweis der Stetigkeit in 0 oder schon gleich auf ganz R
erfolgt dabei am einfachsten unter Verwendung des Satzes aus
dem übernächsten Abschnitt.)
Rechenregeln für stetige Funktionen
Satz. Seien a, b ∈ R mit a < b und c ∈]a, b[. Seien f und g
Funktionen von ]a, b[ nach R, die im Punkt c stetig sind.
Dann sind auch die Funktionen f + g , f − g und f · g in c stetig.
Im Falle g (c) 6= 0 ist auch die Funktion
f
g
in c stetig.
Analoge Aussagen gelten für die rechts- bzw. linksseitige Stetigkeit.
Der Beweis ergibt sich unmittelbar aus dem obigen Hilfssatz und
der Definition der Stetigkeit.
Beispiele stetiger Funktionen
I
Die identische Abbildung x 7→ x ist stetig auf ganz R, da der
Stetigkeitsnachweis in diesem Falle eine Tautologie ist.
Aus diesem Beispiel und dem obigen Satz ergibt sich sogleich:
I
Jedes Polynom in x ist stetig auf ganz R.
und:
I
Jede rationale Funktion in x ist überall dort stetig, wo der
Nenner keine Nullstelle hat.
Abschnitt 4.2
Das ε-δ-Kriterium der Stetigkeit
Das ε-δ-Kriterium der Stetigkeit, 1
Satz. Seien a, b ∈ R mit a < b; sei f : ]a, b[→ R und c ∈]a, b[.
Dann ist f genau dann stetig in c, wenn es zu jedem ε > 0 ein
δ > 0 gibt, so dass für alle x ∈]a, b[ mit |x − c| < δ gilt
|f (x) − f (c)| < ε.
Beweis.
Richtung „⇒“ (D. h.: Wenn f stetig in c ist, dann ist das
„ε-δ-Kriterium“ erfüllt.)
Gezeigt wird die logische Umkehrung, d. h.: Falls das
„ε-δ-Kriterium“ in c nicht erfüllt ist, so ist f nicht stetig in c.
Das ε-δ-Kriterium der Stetigkeit, 2
Sei also das „ε-δ-Kriterium“ in c nicht erfüllt. Dann gibt es ein
ε > 0, so dass es zu jedem δ > 0 ein x ∈]a, b[ gibt mit
|x − c| < δ,
Wähle speziell δ :=
ein xn ∈]a, b[ mit
1
n
aber |f (x) − f (c)| = ε.
für n ∈ N. Dann gibt es also zu jedem n ∈ N
|xn − c| <
1
n
und |f (xn ) − f (c)| = ε.
Aufgrund der ersten Abschätzung gilt lim xn = c, aufgrund der
n→∞
zweiten Abschätzung konvergiert aber die Folge (f (xn ))n∈N
offensichtlich nicht gegen f (c).
Also ist f dann nicht stetig in c.
Das ε-δ-Kriterium der Stetigkeit, 3
Richtung „⇐“ (D. h.: Wenn das „ε-δ-Kriterium“ in c erfüllt ist,
dann ist f stetig in c.)
Das „ε-δ-Kriterium“ sei für f im Punkte c erfüllt. Um
nachzuweisen, dass f dann in c stetig ist, sei eine beliebige Folge
(xn )n∈N0 gegeben mit xn ∈]a, b[ für n ∈ N0 und lim xn = c. Es ist
n→∞
zu zeigen, dass lim f (xn ) = f (c) ist.
n→∞
Dazu sei ε > 0 beliebig vorgegeben. Aufgrund des „ε-δ-Kriteriums“
gibt es zu diesem ε ein δ > 0, so dass für alle x ∈]a, b[ mit
|x − c| < δ gilt |f (x) − f (c)| < ε.
Wegen lim xn = c gibt es ein n0 ∈ N0 , so dass für alle n ∈ N0 mit
n→∞
n = n0 gilt |xn − c| < δ und daher |f (xn ) − f (c)| < ε.
Da ε > 0 beliebig war, ist damit die Konvergenz von (f (xn ))n∈N
gegen f (c) nachgewiesen.
Abschnitt 4.3
Lokal gleichmäßige Konvergenz von
Funktionenfolgen und Stetigkeit
Beispiel: Konvergenzverhalten von Potenzreihen, 1
Beispiel. Sei
∞
X
ak (x − c)k
k=0
eine Potenzreihe mit Konvergenzradius R.
Laut dem Satz aus Abschnitt 3.3 gilt dann zunächst gemäß der
Definition von R:
1. Die Reihe
∞
X
ak (x − c)k ,
k=0
also die Folge der Partialsummen
(pn (x))n
mit pn (x) :=
n
X
ak (x − c)k ,
k=0
konvergiert für jedes x ∈ R mit |x − c| < R.
Beispiel: Konvergenzverhalten von Potenzreihen, 2
Somit ist
p(x) :=
∞
X
ak (x − c)k
k=0
für jedes x ∈ R mit |x − c| < R eine reelle Zahl, und man
definiert durch diese Setzung eine Funktion
p : ]c − R, c + R[→ R,
x 7→ p(x).
Die Konvergenzaussage
lim pn (x) = p(x)
n→∞
für x ∈]c − R, c + R[ beliebig bedeutet dabei, dass es zu
gegebenem x und ε > 0 ein n(ε) ∈ N0 gibt, so dass für alle
n ∈ N0 mit n = n(ε) gilt
|pn (x) − p(x)| < ε.
Beispiel: Konvergenzverhalten von Potenzreihen, 3
Genauer gilt:
2. Ist x0 ∈]c − R, c + R[ beliebig, so gilt 0 5 |x0 − c| < R. Setzt
man γ := (R − |x0 − c|)/3 = 0, so gilt daher
r := |x0 − c| + 2γ < R.
Also konvergiert die Reihe
∞
P
ak (x − c)k auch in c + r . Damit
k=0
ist nach dem notwendigen Kriterium für die Reihenkonvergenz
aus Abschnitt 3.2 die Folge (an r n )n eine Nullfolge und damit
nach dem Satz aus Abschnitt 2.1 beschränkt, etwa durch M.
Setzt man jetzt s := |x0 − c| + γ = r − s, so gilt 0 5 s < r .
Beispiel: Konvergenzverhalten von Potenzreihen, 4
Aufgrund des Abelschen Lemmas in Abschnitt 3.3 gilt also für
alle n ∈ N0 , dass
∞
X
M
k
a
·
(x
−
c)
5 (s/r )n ·
k
1 − s/r
k=n
ist für alle x ∈ R mit |x − c| 5 s.
Dabei gilt nicht nur |x0 − c| < |x0 − c| + γ = s, sondern auch
für alle x ∈ R mit |x − x0 | 5 γ, dass
|x − c| = |x − x0 + x0 − c| 5 |x − x0 | +|x0 − c| < γ+|x0 − c| = s.
Daher gilt die obige Abschätzung insbesondere für alle x ∈ R
mit |x − x0 | 5 γ.
Beispiel: Konvergenzverhalten von Potenzreihen, 5
Sei nun ε > 0 vorgegeben. Wegen 0 5 s < t gibt es dann
aufgrund der obigen Abschätzung ein n(ε) ∈ N0 , so dass für
alle n = n(ε) und alle x ∈ R mit |x − x0 | 5 γ gilt
∞
X
ak · (x − c)k < ε.
|pn (x) − p(x)| = k=n+1
Definition. Sei D ⊂ R irgendeine Menge, (fn )n eine Folge von auf
D definierten Funktionen fn : D → R und f : D → R eine Funktion.
Konvergenz von Funktionenfolgen, 1
1. Man sagt, dass die Folge (fn )n auf D punktweise gegen die
Funktion f konvergiert, wenn für jedes x ∈ D gilt
lim fn (x) = f (x), d. h., wenn es zu jedem x ∈ D und jedem
n→∞
ε > 0 ein n(ε, x) ∈ N0 gibt mit
|fn (x) − f (x)| < ε
für alle n = n(ε, x).
In dieser Situation heißt f die Grenzfunktion der Folge
(fn )n .
2. Man sagt, dass die Folge (fn )n auf D lokal gleichmäßig
gegen die Funktion f konvergiert, wenn zu jedem x0 ∈ D
ein γ > 0 gibt, so dass es zu jedem ε > 0 ein n(ε) ∈ N0 gibt
mit
|fn (x) − f (x)| < ε
für alle n = n(ε, x)
und alle x ∈ D mit |x − x0 | < γ.
Konvergenz von Funktionenfolgen, 2
Im obigen Beispiel wurde somit nachgewiesen, dass für jede
Potenzreihe
∞
X
ak (x − c)k
k=0
mit Konvergenzradius R die Folge der Polynome
pn (x) :=
n
X
ak (x − c)k
k=0
auf dem Kovergenzintervall ]c − r , c + r [ nicht nur punktweise
(Teil 1.), sondern sogar lokal gleichmäßig gegen die Funktion
p : ]c − r , c + r [→ R,
x 7→
∞
X
k=0
konvergiert (Teil 2.).
ak (x − c)k
Konvergenz von Funktionenfolgen, 3
Satz. Sei D ⊂ R irgendeine Menge und (fn )n eine Folge von auf D
definierten Funktionen fn : D → R. Es gelte:
I
Die Folge (fn )n konvergiert lokal gleichmäßig gegen die
Grenzfunktion f : D → R.
I
Jede Funktion fn : D → R ist stetig.
Dann ist auch die Funktion f : D → R stetig.
Warnung. Die Voraussetzung der lokal gleichmäßigen Konvergenz
ist erforderlich:Die auf [0, 1] definierten und dort stetigen
Funktionen fn (x) := x n für n ∈ N0 konvergieren zwar punktweise
auf [0, 1] gegen die Funktion
0 für 0 5 x < 1 und
f (x) =
1 für x = 1.
Diese Funktion ist aber offensichtlich nicht stetig auf [0, 1].
Konvergenz von Funktionenfolgen, 4
Beweis des Satzes. Sei d ∈ D beliebig, im Folgenden aber fest. Die
Stetigkeit von f in d wird mittels des ε-δ-Kriteriums bewiesen.
Sei dazu ε > 0 beliebig gegeben.
Aufgrund der lokal gleichmäßigen Konvergenz der Funktionenfolge
(fn )n gegen die Grenzfunktion f gibt es dann ein γ > 0 und ein ein
N := n(ε/3) mit
|fn (x) − f (x)| < ε/3
für alle n = N und alle x ∈ D mit |x − x0 | < γ.
Da die Funktion fN : D → R stetig ist, gibt es aufgrund des
ε-δ-Kriteriums für fN weiterhin ein δN ∈ R mit δN > 0, so dass für
alle x ∈ D mit |x − x0 | < δN gilt:
|fN (x) − fN (x0 )| < ε/3.
Konvergenz von Funktionenfolgen, 5
Man setze nun
δ := min {γ, δN } .
Dann gilt für alle x ∈ D mit |x − x0 | < δ, dass
|f (x) − f (x0 )|
=
|f (x) − fN (x) + fN (x) − fN (x0 ) + fN (x0 ) − f (x0 )|
5
|f (x) − fN (x)| + |fN (x) − fN (x0 )| + |fN (x0 ) − f (x0 )|
<
ε/3 + ε/3 + ε/3 = ε.
Da ε > 0 und auch x0 ∈ D beliebig waren, ist damit die Stetigkeit
von f auf D nachgewiesen.
Da jedes Polynom stetig auf ganz R ist, ergibt sich hieraus die
Folgerung. Potenzreihen stellen auf ihrem Konvergenzintervall
stetige Funktionen dar.
Insbesondere sind die Funktionen exp, sin und cos stetig auf ganz R.
Abschnitt 4.4
Sätze über stetige Funktionen
Existenz monotoner Folgen, 1
Hilfssatz. Sei (an )n∈N0 eine Folge reeller Zahlen. Dann gibt es eine
Folge natürlicher Zahlen n0 < n1 < n2 < . . ., so dass die Folge
(ank )k∈N0 monoton ist.
Beweis. Falls die Folge (an )n nicht nach oben beschränkt ist, kann
man offensichtlich die Zahlen n0 < n1 < n2 < . . . so wählen, dass
die Folge (ank )k∈N0 – sogar streng – monoton wachsend ist. Falls
die Folge (an )n hingegen nicht nach unten beschränkt ist, so kann
man die Zahlen n0 < n1 < n2 < . . . so wählen, dass die Folge
(ank )k∈N0 – streng – monoton fallend ist.
Also bleibt nur noch der Fall zu untersuchen, dass die Folge (an )n
beschränkt ist. In dieser Situation kann man für jedes m ∈ N0 die
Zahl
bm := inf{an : n = m}
definieren.
Existenz monotoner Folgen, 2
Die Folge dieser Zahlen ist monoton wachsend, da für alle m ∈ N0
gilt
{an : n = m} ⊇ {an : n = m + 1}
und daher
bm = inf{an : n = m} 5 inf{an : n = m + 1} = bm+1 .
1. Fall: Für alle m ∈ N0 gibt es ein l (m) = m mit bm = al(m) .
Dann setze man n0 := l (0) und nk+1 := l (nk + 1) für k ∈ N0 .
Wegen l (m) = m gilt dann nk+1 = l (nk + 1) = nk + 1 > nk , d. h.,
die Folge (nk )k∈N0 ist streng monoton wachsend. Wegen
ank+1 = al(nk +1) = bnk +1 für alle k ∈ N0 gilt aufgrund der obigen
Bemerkung weiterhin an0 = b0 5 bn0 +1 = an1 und
ank+1 = bnk +1 5 bnk+1 +1 = ank+2 für alle k ∈ N0 , so dass die Folge
(ank )k∈N0 monoton wächst.
Existenz monotoner Folgen, 2
2. Fall: Es gibt ein m ∈ N0 mit bm 6∈ {an : n = m}.
In diesem Falle ist bm also kein Minimum der Menge {an : n = m},
sondern ein echtes Infimum, so dass zwischen bm und jedem
Folgenglied an mit n = m noch unendlich viele Folgenglieder mit
Index größergleich m liegen müssen.
Dann definiere man n0 := m und wähle nk+1 > nk so, dass gilt
bm < ank+1 < anκ für κ = 0, . . . , k. Somit erhält man eine streng
monoton fallende Folge (ank )k∈N0 .
Existenz konvergenter Teilfolgen
Aus diesem Hilfssatz ergibt sich sofort folgender Satz, der
manchmal auch als „Satz von Bolzano-Weierstraß“ bezeichnet wird:
Satz über die Existenz konvergenter Teilfolgen. Sei (an )n∈N0
eine beschränkte Folge reeller Zahlen. Dann gibt es eine Folge
natürlicher Zahlen n0 < n1 < n2 < . . ., so dass die Folge (ank )k∈N0
konvergent ist.
Beweis. Aufgrund des Hilfsatzes kann man eine Folge natürlicher
Zahlen n0 < n1 < n2 < . . . so wählen, dass die Folge (ank )k∈N0
monoton ist.
Da diese Folge auch beschränkt ist, konvergiert sie dann nach dem
Satz von Bolzano-Weierstraß aus Abschnitt 2.3.
Beschränktheit
Satz. Seien a, b ∈ R mit a < b. Die Funktion f : [a, b] → R sei auf
dem gesamten Intervall [a, b] stetig.
Dann ist sie auf diesem Intervall auch beschränkt.
Beweis der logischen Umkehrung. Falls eine Funktion f : [a, b] → R
unbeschränkt ist, gibt es zu jedem n ∈ N0 ein Argument xn ∈ [a, b]
mit |f (xn )| = n.
Aus der Folge (xn )n∈N0 erhält man mittels des Satzes von der
Existenz konvergenter Teilfolgen eine konvergente Folge (xnk )k∈N0 .
Der Grenzwert x dieser Folge liegt dann in dem abgeschlossenen
Intervall [a, b]. (Man beachte, dass dies nicht der Fall zu sein
braucht, wenn man stattdessen ein offenes Intervall zu Grunde legt!)
Da für alle k ∈ N0 gilt |f (xnk )| = nk = k, kann der Grenzwert von
f in x nicht existieren (bzw. der links- bzw. rechtsseitige Grenzwert
von f , wenn x einer der Endpunkte des Intervalls ist). Also kann f
in x nicht stetig sein.
Existenz von Minimum und Maximum, 1
Satz. Seien a, b ∈ R mit a < b. Die Funktion f : [a, b] → R sei auf
dem gesamten Intervall [a, b] stetig.
Dann gibt es xmin , xmax ∈ [a, b] derart, dass gilt
f (xmin ) = inf{f (x) : x ∈ [a, b]}
und
f (xmax ) = sup{f (x) : x ∈ [a, b]},
d. h., die Funktion f nimmt in xmin ihr Minimum auf [a, b] an und
in xmax ihr Maximum auf [a, b].
Beweis. Es wird nur die Existenz von xmin diskutiert; die von xmax
ergibt sich analog:
Existenz von Minimum und Maximum, 2
Da nach dem letzten Satz f auf [a, b] beschränkt ist, existiert
jedenfalls t := inf{f (x) : x ∈ [a, b]}. Da t die größte untere
Schranke von {f (x) : x ∈ [a, b]} ist, gibt es dann zu jedem n ∈ N×
ein xn ∈ [a, b] mit
t 5 f (xn ) < t + n1 ,
also
1
.
n
Somit folgt für die Folge (xn )n , dass lim f (xn ) = t.
|f (xn ) − t| <
n→∞
Aus der Folge (xn )n∈N0 erhält man mittels des Satzes von der
Existenz konvergenter Teilfolgen eine konvergente Folge (xnk )k∈N0 .
Deren Grenzwert nenne man x ∗ , wobei wie eben x ∗ ∈ [a, b] gilt.
Da f in x ∗ stetig ist, gilt dann f (x ∗ ) = lim f (xn ) = t, so dass
man xmin := x ∗ setzen kann.
n→∞
Zwischenwertsatz, 1
Satz. Seien a, b ∈ R mit a < b. Die Funktion f : [a, b] → R sei auf
dem gesamten Intervall [a, b] stetig. Es gelte f (a) < 0 und
f (b) > 0.
Dann gibt es c ∈]a, b[ mit f (c) = 0.
Entsprechendes gilt im Falle f (a) > 0 und f (b) < 0.
Beweis für den Fall f (a) < 0 und f (b) > 0. Man definiere eine
Folge ([an , bn ])n∈N0 abgeschlossener Intervalle, so dass für alle
n ∈ N0 gilt:
1. a = a0 5 an 5 an+1 < bn+1 5 bn 5 b0 = b,
2. bn+1 − an+1 = 21 (bn − an ) und
3. f (an ) < 0 und f (bn ) = 0.
Zwischenwertsatz, 2
Die Definition dieser Intervalle läßt sich induktiv wie folgt
bewerkstelligen:
I
Man setze a0 := a und b0 := b. Dann sind die Bedingungen 1.
bis 3. laut Voraussetzung erfüllt.
I
Sei für ein n ∈ N0 das Intervall [an , bn ] bereits so definiert
worden, dass es die Bedingungen 1. bis 3. erfüllt. Dann
betrachte man den Punkt m := 12 (an + bn ):
* Falls f (m) < 0 ist, setze man an+1 := m und bn+1 := bn .
* Falls f (m) = 0 ist, setze man an := an+1 und bn+1 := m.
Dann erfüllt auch das Intervall [an+1 , bn+1 ] die Bedingungen 1.
bis 3..
Zwischenwertsatz, 3
Nach Konstruktion ist die Folge (an )n∈N0 monoton wachsend und
nach oben beschränkt, etwa durch b, besitzt also aufgrund des
Satzes von Bolzano-Weierstraß aus Abschnitt 2.3 einen Grenzwert
c. Dieser liegt offensichtlich wieder in [a, b]. Da für alle n ∈ N0 gilt
f (an ) < 0, folgt aus der Stetigkeit von f in c, dass
f (c) = lim f (an ) 5 0 ist.
n→∞
Analog sieht man, dass die Folge (bn )n∈N0 gegen ein d ∈ [a, b]
konvergiert, für welches gilt f (d ) = 0.
Aus der Eigenschaft 2. folgt weiterhin, dass bn − an = 21n (b − a) für
alle n ∈ N0 ist. Daher ist (bn − an )n∈N0 eine Nullfolge, so dass sich
ergibt
d = lim bn = lim (bn −an +an ) = lim (bn −an )+ lim an = 0+c = c.
n→∞
n→∞
n→∞
n→∞
Wegen f (c) 5 0 und f (d ) = 0 impliziert dies aber f (c) = 0. Da
f (a) < 0 und f (b) > 0 ist, folgt hieraus wegen c ∈ [a, b], dass
sogar c ∈]a, b[ gilt.
Zwischenwertsatz, 4
Folgerung 1. Seien a, b ∈ R mit a < b. Die Funktion
f : [a, b] → R sei auf dem gesamten Intervall [a, b] stetig. Es sei
t ∈ R derart, dass gilt f (a) < t und f (b) > t.
Dann gibt es c ∈]a, b[ mit f (c) = t.
Entsprechendes gilt im Falle f (a) > t und f (b) < t.
Beweis. Man wende den Zwischenwertsatz an auf die Funktion
x 7→ f (x) − t.
Zwischenwertsatz, 5
Folgerung 2. Seien a, b ∈ R mit a < b. Die Funktion
f : [a, b] → R sei auf dem gesamten Intervall [a, b] stetig.
Dann gilt
f ([a, b]) = [f (xmin ), f (xmax )],
wobei xmin , xmax ∈ [a, b] sind mit
f (xmin ) = inf{f (x) : x ∈ [a, b]} und f (xmax ) = sup{f (x) : x ∈ [a, b]}
(vergleiche den Satz über die Existenz von Minimum und
Maximum).
Insbesondere ist das Bild eines abgeschlossenen Intervalls unter
einer stetigen Abbildung wieder ein abgeschlossenes Intervall.
Zwischenwertsatz, 6
Beweis. Aufgrund der Definition (und des Satzes über die Existenz
von Minimum und Maximum) gilt
f ([a, b]) ⊆ [f (xmin ), f (xmax )].
Dass in der Tat jede reelle Zahl t ∈ [f (xmin ), f (xmax )] von f als
Wert angenommen wird, ergibt sich dann aus Folgerung 1, indem
man diese auf das Intervall [xmin , xmax ] bzw. [xmax , xmin ] anwendet.
Zwischenwertsatz, 7
Folgerung 3. Seien a, b ∈ R mit a < b. Die Funktion
f : [a, b] → R sei auf dem gesamten Intervall [a, b] stetig und
streng monoton wachsend.
Dann besitzt f eine Umkehrfunktion f −1 : [f (a), f (b)] → [a, b];
diese ist stetig.
Analog gilt: Ist f : [a, b] → R auf [a, b] stetig und streng monoton
fallend, so besitzt es eine Umkehrfunktion
f −1 : [f (b), f (a)] → [a, b], welche stetig ist.
Der Beweis wird für streng monoton wachsendes f durchgeführt;
für streng monoton fallendes f beweist man die Aussage analog.
Zwischenwertsatz, 8
Existenz von f −1 .
Ist f streng monoton wachsend, so gilt in den Bezeichnungen von
Folgerung 2, dass xmin = a und xmax = b ist.
Somit ist aufgrund von Folgerung 2 die Abbildung
f : [a, b] → [f (a), f (b)] surjektiv.
Aus der strengen Monotonie von f folgt weiterhin, dass f auch
injektiv ist.
Also ist f : [a, b] → [f (a), f (b)] bijektiv und besitzt daher die
verlangte Umkehrabbildung.
Stetigkeit von f −1 .
Sei y ∈ [f (a), f (b)] beliebig und (yn )n∈N0 eine Folge von Elementen
aus [f (a), f (b)], die gegen y konvergiert. Dann ist zu zeigen, dass
die Folge der xn := f −1 (yn ), n ∈ N0 , gegen x := f −1 (y )
konvergiert.
Zwischenwertsatz, 8
Annahme. Diese Aussage ist falsch.
Dann gibt es ein ε > 0, so dass es zu jedem m ∈ N0 ein nm ∈ N0
gibt mit nm = m und |xnm − x| > ε. Aus der Folge (xnm )m∈N0
gewinnt man wegen a 5 xnm 5 b für alle m ∈ N0 aufgrund des
Satzes über die Existenz konvergenter Teilfolgen eine Folge
(xnmk )k∈N0 , welche konvergiert. Ihr Grenzwert sei mit c bezeichnet.
Wegen |xnmk − x| > ε für alle k ∈ N0 ist dann c 6= x. Wegen
a 5 xnmk 5 b für alle k ∈ N0 gilt andererseits c ∈ [a, b].
Da somit f in c stetig und lim xnmk = c ist, gilt dann
k→∞
lim f (xnmk ) = f (c). Nun ist aber f (xnmk ) = ynmk für alle k ∈ N0
k→∞
und daher auch
lim f (xnmk ) = lim ynmk = lim yn = y = f (x).
k→∞
k→∞
n→∞
Zwischenwertsatz, 9
Daher ist f (x) = lim f (xnmk ) = f (c), woraus aufgrund der
k→∞
Injektivität von f folgt x = c. Widerspruch!
Also konvergiert die Folge der f −1 (yn ), n ∈ N0 , doch gegen
f −1 (y ), so dass f −1 als stetig in y nachgewiesen ist.
Abschnitt 4.5
Die Umkehrfunktionen der speziellen
Funktionen
Natürlicher Logarithmus, 1
Nach der Folgerung in Abschnitt 4.3 ist die Exponentialfunktion
exp : x 7→
∞
X
1 n
n! x
n=0
stetig auf ganz R; nach der Folgerung 2, Aussage 4. in
Abschnitt 3.3 ist sie zudem streng monoton wachsend.
Aufgrund der obigen Folgerung 3 ist also für alle a, b ∈ R die
Funktion
exp |[a,b] : [a, b] → [exp(a), exp(b)]
bijektiv. Da für alle b ∈ R mit b > 0 gilt
∞
P
1 n
exp(b) =
n! b = 1 + b > b > 0 und
n=0
exp(−b) = 1/ exp(b) < 1/b, ergibt sich daraus:
Die Funktion exp : R → R>0 = {x ∈ R : x > 0} ist bijektiv.
Natürlicher Logarithmus, 2
Definition: Die Umkehrfunktion der Funktion exp : R → R>0 wird
als der natürliche Logarithmus bezeichnet; in Symbolen:
ln : R>0 → R.
Aus der Definition des natürlichen Logarithmus und dem Satz über
die Exponentialfunktion aus Abschnitt 3.3 ergeben sich sofort
folgende
Eigenschaften des natürlichen Logarithmus.
1. Für alle x ∈ R gilt ln exp(x) = x.
2. Für alle y ∈ R>0 gilt exp ln(y ) = y .
3. Für alle y1 , y2 ∈ R>0 gilt ln(y1 · y2 ) = ln y1 + ln y2 .
Allgemeine Potenz, 1
Definition: Sei a ∈ R mit a > 0. Dann wird die allgemeine
Potenz zur Basis a definiert durch
x 7→ ax := exp(x · ln a)
für x ∈ R beliebig.
Hinweis. Aufgrund der Bemerkung nach dem Satz über die
Exponentialfunktion aus Abschnitt 3.3 und der Eigenschaften 2.
und 3. des natürlichen Logarithmus stimmt für alle q ∈ Q die obige
Definition der Potenz aq mit der bisher verwendeten überein.
Allgemeine Potenz, 2
Eigenschaften der allgemeinen Potenz. Sei a ∈ R mit a > 0.
Dann gilt:
1. Für alle x1 , x2 ∈ R ist ax1 +x2 = ax1 · ax2 .
2. Im Falle a > 1 ist die Funktion x → ax streng monoton
wachsend, im Falle a < 1 streng monoton fallend.
3. Im Falle a 6= 1 besitzt die Funktion R → R>0 , x 7→ ax die
Umkehrfunktion
loga : R>0 → R, y 7→ loga (y ) :=
ln x
.
ln a
Der Beweis dieser Eigenschaften ergibt sich sofort aus den
Eigenschaften des natürlichen Logarithmus und der Definition der
allgemeinen Potenz.
Definition. Die Funktion loga heißt (allgemeine)
Logarithmusfunktion zur Basis a.
Die Arcus-Funktionen, 1
Ähnliche Überlegungen, wie sie soeben mit den Funktionen
exp : x 7→ e x und x 7→ ax angestellt wurden und zur Definition von
natürlichem Logarithmus ln und allgemeinem Logarithmus loga
geführt haben, lassen sich auch mit den trigonometrischen
Funktionen
sin, cos, tan und cot
durchführen. Die Tangensfunktion tan ist dabei definiert durch
tan x :=
sin x
cos x
für x nicht von der Gestalt
π
2
+ kπ mit k ∈ Z,
die Cotangensfunktion cot durch
cot x :=
cos x
sin x
für x nicht von der Gestalt kπ mit k ∈ Z.
Die Arcus-Funktionen, 2
Alle diese Funktionen sind auf ihren jeweiligen Definitionsbereichen
stetig aufgrund der Folgerung in Abschnitt 4.3 und dem Satz aus
Abschnitt 4.1. Die Monotonieuntersuchungen sind allerdings etwas
aufwendiger als bei den zuvor untersuchten Funktionen. Es ergeben
sich beispielsweise folgende Resultate und Definitionen:
1. Die Sinus-Funktion sin ist im Intervall [− π2 , π2 ] streng monoton
wachsend.
Die Umkehrfunktion der bijektiven Funktion
sin |[− π2 , π2 ] : [− π2 , π2 ] → [−1, 1] nennt man Arcus-Sinus.
2. Die Cosinus-Funktion cos ist im Intervall [0, π] streng monoton
fallend.
Die Umkehrfunktion der bijektiven Funktion
cos |[0,π] : [0, π] → [−1, 1] nennt man Arcus-Cosinus.
Die Arcus-Funktionen, 3
3. Die Tangens-Funktion tan ist im Intervall ] − π2 , π2 [ streng
monoton wachsend.
Die Umkehrfunktion der bijektiven Funktion
tan |]− π2 , π2 [ : ] − π2 , π2 [→ R nennt man Arcus-Tangens.
4. Die Cotangens-Funktion cot ist im Intervall ]0, π[ streng
monoton fallend.
Die Umkehrfunktion der bijektiven Funktion
cot |]0,π[ : ]0, π[→ R nennt man Arcus-Cotangens.
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