Modulares geschlossenes Kultivierungs

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Zelltherapie
Modulares geschlossenes Kultivierungssystem für Zelltherapeutika
KURT E.J. DITTMAR 1 , L ARS MACKE 2 , HENK GARRITSEN 2 , BERNHARD WÖRMANN 2 ,
WERNER LINDENMAIER 1 ,
1 GBF, GESELLSCHAFT FÜR BIOTECHNOLOGISCHE FORSCHUNG MBH, BRAUNSCHWEIG,
UND 2 KLINIKUM BRAUNSCHWEIG, gGMBH, BRAUNSCHWEIG
Eine wesentliche therapeutische Herausforderung der gegenwärtigen
Medizin ist die Reaktivierung, die Regeneration oder der Ersatz von Zellen,
Geweben und Organen, die aufgrund von Erkrankungen, Unfällen oder
altersbedingtem Verschleiß ihre Funktionsfähigkeit verloren haben. In
diesem Zusammenhang werden zellbasierte Therapeutika in den nächsten Jahren zunehmend an Bedeutung gewinnen.
ó Einige dieser Therapien, wie die Verwendung von Blutstammzellen zur Rekonstitution des hämatopoietischen Systems sind in
der Klinik schon lange etabliert, eine ganze
Reihe neuer zellulärer Therapien sind gegenwärtig in der klinischen Erprobung. Damit
sie erfolgreich, reproduzierbar und sicher
angewandt werden können, müssen Verfah-
Leukapherese
Formulierung,
Kryokonservierung
Reifungsmix
Adenovirus
Zytokine
Medium
Zelltherapie
Trennung über
magnetische Partikel
positive
negative
Zellen
Zellen
in Sammelbeuteln
Differenzierung Gentransfer
Reifung
im Beutel
˘ Abb. 1: Modulares Beutelsystem für die Herstellung von genetisch modifizierten dendritischen Zel-
len. Eingefügte Zellbilder: oben links: Zellgemisch im Leukapherisat; unten links: Monozyten nach Aufreinigung durch Positivselektion; oben rechts: dendritische Zellen nach Ausreifung und Gentranfer (hier
Infektion mit einem eGFP-exprimierenden Adenovirus).
ren entwickelt werden, die GMP- konforme
Gewinnung und Herstellung der therapeutischen Zellen möglich machen.
In einem BMWI-geförderten Projekt „Integriertes patientennahes Verfahren zur Herstellung einer therapeutischen zellulären Vakzine im geschlossenen System – InnoBag“
haben wir ein komplett geschlossenes System für die Herstellung von genmodifizierten autologen dendritischen Zellen für die
Immuntherapie von Tumorpatienten entwickelt. Die Prinzipien dieses modular aufgebauten Systems sollten sich auch für die Kultivierung anderer therapeutisch anwendbarer Zellen anwenden lassen.
Die Verwendung von Zellen für medizinische Anwendungen gewinnt zunehmend an
Bedeutung. Am spektakulärsten und gegenwärtig am meisten diskutiert sind dabei
Ansätze, bei denen unter Verwendung
menschlicher Stammzellen geschädigte Organe regeneriert werden sollen (z. B. Stammzelltherapie beim Herzinfarkt). Bereits etabliert ist dagegen die therapeutische Anwendung von Stammzellen für die Regeneration
des blutbildenden Systems durch Transplantation hämatopoietischer Stammzellen aus
Knochenmark oder Blut. Aber auch ausdifferenzierte Körperzellen werden zunehmend
medizinisch angewendet, etwa zum Ersatz
defekter Haut-, Knorpel- oder Knochenstrukturen oder als Lieferanten von biologisch aktiven Molekülen (Wachstumsfaktoren für Gefäße, Insulin bei Diabetes). Hinzu kommen
immuntherapeutische Anwendungen, bei
denen differenzierte Zellen eingesetzt werden, z. B. dendritische Zellen zur aktiven
Immunisierung gegen Krebs oder T-Zellen
zur Bekämpfung von Infektionen.
Für die Zukunft sind noch viele weitere
Anwendungen zu erwarten – bis hin zur
Rekonstruktion komplex zusammengesetzter
dreidimensionaler Strukturen unter Verwendung von natürlichen und genetisch
modifizierten Zellen.
Solche Anwendungen werden in den europäischen Regularien unter „Advanced Therapies“ zusammengefasst. Für eine breitere,
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˘ Abb. 2: Demonstration der sterilen Schlauchverbindung mit der „Sterile Docking“ Technik nach
Terumo. Zwei nicht miteinander verbundene Schläuche können mithilfe dieser Technik, ohne das System zu öffnen, direkt miteinander gekoppelt werden. Links: zwei unverbundene Schläuche („roter“ und
„blauer“ Schlauch), Mitte: Kopplungsvorgang, durch Verschweißen und Verschieben werden der
„blaue“ und der „rote“ Schlauch steril miteinander verbunden. Die temporäre Schweißnaht (rechts)
lässt sich öffnen und ist reißfest.
rationale Anwendung solcher Therapieformen müssen die Zelltherapeutika analog zu
arzneimittelrechtlichen Anforderungen hergestellt werden. Die Entwicklung von Methoden für eine standardisierbare Gewinnung,
Kultivierung und Charakterisierung von therapeutischen Zellen ist dafür von zentraler
Bedeutung. Im Rahmen des BMWI-geförderten Projektes (IN3527) haben wir ein modulares, geschlossenes System für die Herstellung dendritischer Zellen für die Immuntherapie entwickelt. Elemente dieses Systems
lassen sich auf andere Zelltherapeutika übertragen.
InnoBag
Dendritische Zellen, als die effektivsten Antigen- präsentierenden Zellen, wurden in einer
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ganzen Reihe von klinischen Studien erprobt.
In den meisten Fällen werden sie aus monozytären Vorläuferzellen gewonnen und durch
Antigenbeladung oder genetische Modifikation so verändert, dass sie nach Rücktransfer in den Patienten gezielt eine Immunantwort gegen die Tumor-assoziierten Antigene
auslösen. Die klinischen Ergebnisse sind
jedoch noch schwierig zu beurteilen, u. a. weil
wenig standardisierte Methoden zur Generierung der Zellen eingesetzt wurden. Ziel
des InnoBag-Konsortiums aus vier akademischen und vier industriellen Partnern war
deshalb die Entwicklung eines modularen,
geschlossenen Systems, das es erlaubt, standardisierbar, sicher und GMP-konform genetisch modifizierte dendritische Zellen für
immuntherapeutische Zwecke herzustellen.
Das zentrale Konzept beruht auf einem
modular aufgebauten Zellisolierungs- und
Kultivierungssystem, das von der Entnahme
der Zellen aus dem Patienten bis zur Rückgabe der therapeutischen Zellen geschlossen
bleibt (Abb. 1). Ausgangsmaterial sind Leukapheresezellen, aus denen durch magnetische Zellsortierung eine praktisch reine Population von CD14-positiven Monozyten gewonnen wird. Transfer in Kultivierungsbeutel und
Kultivierung in Gegenwart von IL4 und GMCSF in serumfreiem Medium differenziert die
Monozyten in unreife dendritische Zellen, die
durch Zugabe von rekombinanten Adenoviren und Ausreifungscocktail zu reifen, Tumorassoziierte-Antigene-präsentierenden Zellen
werden. Kryokonservierung erlaubt die Herstellung definierter Aliquots für Therapie und
Qualitätskontrolle.
Die Geschlossenheit des Systems wird
dadurch gewährleistet, dass Beutelsysteme
verwendet werden und alle Zugaben/Probenahmen über Schlauchverbindungen mit Hilfe von „Sterile Docking“ durchgeführt werden (Abb. 2). Ein geschlossenes System
erleichtert wesentlich eine sichere, GMP-konforme Herstellung, weil dadurch die Verwechslungs- und Kontaminationsgefahr minimiert werden. Die Modularität des Systems
gewährleistet eine hohe Flexibilität des Verfahrens. Einzelne der Teilprozesse Zellgewinnung, Zellanreicherung, Kultivierung,
Modifikation, Differenzierung und Formulierung/Kryokonservierung können unabhängig kombiniert werden.
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Punktate, OP-Material
Knochenmark
Blut
Bindegewebe
Stamm-/Vorläuferzellen
Blutzellen, Gewebe
Blutzellen
Kultivierung
Stammzellen
Reife Zellen
Vermehrung
Differenzierung/Reifung
Besiedlung von Implantaten
Cryokonservierung
Knochen
Neurone
Gefässe
Einsatzgebiete Anwendung
Darm
Muskeln
Prozess- und Produktkontrolle
Pankreas/
Inselzellen
Haut
Lymphknoten
˘ Abb. 3: Potenzielle Anwendungen modularer geschlossener Beutelsysteme in der Zelltherapie. In
der regenerativen Medizin, bei Immuntherapien oder Gentherapie wird in den nächsten Jahren ein
erhöhter Bedarf an autologen Zellen bestehen. Diese unterschiedlichen Zellen lassen sich aus peripherem Blut, Knochenmark oder anderen Geweben entnehmen und anreichern. Als Beispiel für Quellen
mit unterschiedlicher Zugänglichkeit sind Knochenmark (Punktionsmaterial), Blut oder verschiedene
Bindegewebe (OP-Material) angeführt. Aus diesen Geweben können je nach Anwendung Stammzellen,
Vorläuferzellen oder reife Zellen isoliert und nach geeigneter Kultivierung als Zellen, Gewebe oder
bewachsene Implantate/Prothese zurückimplantiert werden.
Andere Zelltherapeutika
Das für die dendritischen Zellen entwickelte
Konzept kann aufgrund seiner modularen
Struktur einfach für andere Zelltherapeutika
adaptiert werden (Abb. 3), wobei natürlich für
jeden Teilschritt spezifische Lösungen für die
jeweiligen Zellen gefunden werden müssen.
Für die Gewinnung von autologen Zelltherapeutika stehen je nach benötigter Zelle verschiedene Quellen zur Verfügung. Aus dem
peripheren Blut gewonnene Leukapheresezellen können, wie beschrieben, Quelle für
Vorläuferzellen für dendritische Zellen und
Makrophagen sein. Aber auch ausdifferenzierte spezifische CD4- bzw. CD8-Zellen,
hämatopoietische Stammzellen und mesenchymale Stammzellen können analog zu dem
beschriebenen Verfahren gewonnen werden.
Werden andere Ausgangsgewebe genutzt,
muss die Zellisolation spezifisch angepasst
werden
Für die Kultivierungstechnik gibt es zwei
prinzipiell unterschiedliche Situationen,
abhängig davon, ob die Ausgangszellen noch
proliferieren können oder bereits in der postmitotischen Phase sind und nur noch differenziert werden müssen. Stammzellen las-
sen sich ex vivo noch proliferieren, sodass die
Zahl der Ausgangszellen nicht limitierend für
die endgültige Ausbeute ist. Bei nicht replizierenden adulten Zellen, wie z. B. den Monozyten, müssen ausreichend viele Zellen
isolierbar sein, da sie nur noch ausdifferenziert werden können. Die Kultivierungsund Differenzierungsbedingungen (Substrat,
Medium, Faktoren) müssen immer an die
jeweilige Anwendung angepasst werden,
wobei man nach Möglichkeit von Anfang an
auf die GMP-Kompatibilität der entsprechenden Komponenten achten sollte.
Wenn die Zellen genetisch modifiziert werden sollen, um spezifische, neue Funktionen
zu übernehmen, ist auch das Gentransfermodul entsprechend anzupassen. Dabei spielen auf der einen Seite die Effizienz des Transfers und die Höhe der Genexpression eine
Rolle, auf der anderen Seite ist entscheidend,
ob diese Funktion nur vorübergehend für die
Induktion bestimmter Prozesse gebraucht
wird, oder ob eine permanente Modifikation
angestrebt wird. Adenovirale Vektoren führen zwar bei vielen primären Zellen zu einem
effizienten Gentransfer, der aber in der Regel
nur transient ist, da der Vektor nicht repli-
ziert und nicht in das Genom integriert. Für
dauerhafte Modifikation der Zellen sind daher
integrierende Vektoren, wie Retro- und Lentiviren vorzuziehen.
In welcher Weise die therapeutischen Zellen appliziert werden müssen, wird ebenfalls
von der individuellen Anwendung abhängen
und die Art der Formulierung bestimmen.
Wenn eine Kryokonservierung möglich ist,
kann eine stringente Qualitätskontrolle einfacher etabliert werden.
Insgesamt ist die Herstellung von Zelltherapeutika sicherlich ein hoch komplexer Prozess. Wenn jedoch geeignete Laborverfahren
etabliert sind, sollte es in vielen Fällen möglich sein, diese in ein geschlossenes modulares Verfahren zu integrieren. Die geeignete
Kombination von Modulen sollte gewährleisten, dass reproduzierbar, sicher und GMPkonform Zelltherapeutika hergestellt werden
können, und damit der Nutzen dieser viel versprechenden neuen Therapieformen für den
Patienten optimal realisiert werden kann.
www.vdivde-it.de/innonet/projekte/in_
pp044_innobag.pdf
ó
Korrespondenzadresse:
Dr. Kurt E.J. Dittmar
Dr. Werner Lindenmaier
Molekulare Biotechnologie
GBF – Gesellschaft für
Biotechnologische Forschung mbH
Mascheroder Weg 1
D-38124 Braunschweig
Tel.: 030-6181203
Fax: 030-6181202
[email protected]
[email protected]
M
Leukapherese
Beispiele für Quellen adulter Zellen
M
Entnahme und Anreicherung
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WISSENSCHAFT · S P E C I A L : Z E L L B I O L O G I E
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G
A
Frü
Je
j
Dr. Henk S. P. Garritsen
Abt. für Transfusionsmedizin
Städtisches Klinikum Braunschweig
Celler Straße 38
38114 Braunschweig
Tel.: 0531-5953675
Fax: 0531-595343758
[email protected]
Prof. Dr. Bernhard Wörmann
Medizinische Klinik III
Klinikum Braunschweig gGMBH
Celler Straße 38
38114 Braunschweig
Tel.: 0531-5953224
Fax: 0531-5953448
[email protected]
Dipl. Biotechnol. Lars Macke
Klinikum Braunschweig gGMBH
[email protected]
Tel.: 0531-6181293
Fax: 0531-6181202
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