KIS Pressemitteilung vom 9. März 2010 Erstmalige Beobachtung der Entstehung eines Sonnenfleckes Sonnenflecken sind dunkle Stellen auf der Sonnenoberfläche, die von einem strahlenförmigen Ring umgeben sind, der Penumbra genannt wird. Am deutschen Sonnenteleskop in Teneriffa ist es nun zum ersten Mal gelungen, die Entstehung einer Penumbra im Detail zu beobachten. Die Auswertung der Beobachtung wird demnächst bei “Astronomy and Astrophysics“ veröffentlicht. Sonnenflecken sind die auffälligsten und am längsten bekannten Phänomene kosmischer Magnetfelder. Die Chinesen haben sie schon vor mehr als 1000 Jahren gekannt, und seit der Erfindung des Teleskops vor 400 Jahre durch Galileo Galilei und Johannes Kepler werden sie systematisch beobachtet. Vor etwas mehr als 100 Jahren hat der Amerikaner George Ellery Hale entdeckt, dass in einem Sonnenflecken ein starkes Magnetfeld herrscht, welches zehntausend mal stärker ist als das Erdmagnetfeld. Die Magnetfelder behindern den Energienachschub im Fleck, so dass Sonnenflecken kühler und somit dunkler als ihre Umgebung sind. Besonders faszinierend und wesentlich für unser grundlegendes Verständnis der Wechselwirkung zwischen gasdynamischen und magnetischen Kräften ist die Penumbra von Sonnenflecken. Dort bilden sich radiale Streifen aus, deren Entstehung bis zum heutigen Tag weder beobachtet noch vollständig verstanden wurden. Die Entstehung dieser hellen und dunklen Streifen und der Penumbra selbst wurde nun zum ersten Mal im Detail von Rolf Schlichenmaier, Nazaret Bello Gonzalez, Reza Rezaei, Oliver Wiloth und Torsten Waldmann (Kiepenheuer-Institut für Sonnenphysik) am deutschen Vakuum-Turm-Teleskop in Teneriffa beobachtet. Die Wissenschaftler fanden am Morgen des 4. Juli 2009 einen dunklen Fleck auf der Sonnenscheibe, der über Nacht entstanden war. Der dunkle Fleck, die Umbra, war von zwei hellen breiten Streifen, sogenannten Lichtbrücken, durchsetzt, zeigte aber noch keine Penumbra. Weil an diesem Tag hervorragende Beobachtungsbedingungen herrschten, konnte die Entwicklung der Umbra samt Umgebung viereinhalb Stunden lang verfolgt werden. Die 4 gezeigten Aufnahmen stammen aus einer Zeitserie mit mehr als 700 Bildern, welche die Entstehung der Penumbra im Zeitraum von 08:32 Uhr bis 13:06 Uhr dokumentiert. Zunächst sind nur einige wenige penumbrale Streifen sichtbar. Um 09:33 bilden sich einzelne Sektoren am äußeren Rand der Umbra aus, in denen sich Ansammlungen von penumbralen Streifen befinden. Nach und nach werden die Streifen zahlreicher und die Penumbra gewinnt um die Umbra herum an Fläche. Am Ende der Bildserie um 13:06 Uhr umfasst der penumbrale Ring mehr als die Hälfte der Umbra, und hat einen Flächenanteil von 30% an der Gesamtfläche des Sonnenfleckes. Diese Messungen dokumentieren den Entstehungsprozess einer Penumbra; sie umfassen eine Bildsequenz sowie spektropolarimetrische Daten. Die hohe räumliche Auflösung der Bildserie wurde durch eine adaptive Optik am Teleskop und durch die Anwendung von Bildrekonstruktionsmethoden erreicht, die beide am Kiepenheuer-Institut entwickelt wurden. Hierdurch wird eine räumliche Auflösung von 0.3 Bogensekunden und besser erzielt. Originalveröffentlichung: Schlichenmaier et al., 2010, Astronomy & Astrophysics, in press (http://www.aanda.org/articles/aa/pdf/2010/04/aa14112-10.pdf)