Roberto Simanowski: Data Love Berlin: Matthes & Seitz 2014, 190 S

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MEDIENwissenschaft 01/2016
Bereichsrezension im erweiterten Forschungskontext: Überwachung
Roberto Simanowski: Data Love
Berlin: Matthes & Seitz 2014, 190 S., ISBN 9783957570239, EUR 14,80
André Jansson, Miyase Christensen (Hg.): Media, Surveillance and
Identity: Social Perspectives
New York: Peter Lang 2014, 262 S., ISBN 9781433118791,
EUR 32,90
Florian Sprenger: Politik der Mikroentscheidungen: Edward
Snowden, Netzneutralität und die Architekturen des Internets
Lüneburg: meson press 2015, 129 S., ISBN (EPUB) 9783957960375,
EUR 11,90, DOI: 10.14619/004
Drei Publikationen geben Aufschluss
darüber, auf welche unterschiedlichen
Weisen Medienwissenschaft sich den
Themenkomplexen Überwachung,
Datenschutz und Big Data nähern
kann. Während Roberto Simanowski in
Data Love die kulturellen Annahmen in
den Blick nimmt, im Alltag verankerte
Glaubenssätze und Überzeugungen,
gehen André Jansson und Miyase
Christensen in Media, Surveillance and
Identity von vielfältigen und offenen
Prozessen der Vermittlung zwischen
technischen Medien und sozialer Praxis
aus, die nicht im Voraus determiniert
werden können. Florian Sprenger fragt
in Politik der Mikroentscheidungen nicht
nach sozialen Makrostrukturen, sondern nach den Mikropolitiken, welche
in die nur scheinbar neutralen technologischen Prinzipien und Schaltkreise
eingebettet sind.
Mit Data Love legt Simanowski
keine wissenschaftliche Untersuchung,
sondern ein buchlanges Essay vor, in
dem ein breit gefächertes Panorama
unserer gegenwärtigen Daten- und
Informationsgesellschaft entworfen
wird. Der Titel gibt eine doppelte Perspektivierung vor: Data Love benennt
nicht nur das Begehren der Subjekte
nach Daten und Wissen über sich
selbst – ein Wissen, das sich Simanowski zufolge als „Selbsterkenntnis“
(S.30) gründlich missverstehe –, sondern ebenso das Begehren der Daten
nach den Subjekten: eine ‚Umarmung‘,
der sich niemand endgültig entziehen
kann und der selbst diejenigen unterworfen werden, die nicht bereitwillig
ihre Spuren in sozialen Netzwerken
und elektronischen Kommunikationsmedien hinterlassen. Simanowski verwebt ethische, ästhetische, technische
und politische Aspekte von der NSA
über Google Flu Trend bis zum Semantic Web. Dieser thematische „full take“
(S.10) eröffnet dem Text zwar auf jeder
Seite neue Aspekte, macht die Lektüre
aber gelegentlich auch zu einer Übung
Digitale Medien
darin, den roten Faden wieder aufzufinden.
In ethischer Hinsicht formuliert
Simanowski (unter Bezugnahme auf
Evgeny Morozov [2013]) eine Kritik
am individualistischen Verständnis von
Datenschutz und Privatsphäre. Wer
sich darauf berufe, nichts zu verbergen
zu haben, ignoriere die Konsequenzen,
welche die Preisgabe von Daten für
andere haben könne. So habe beispielsweise die Bereitstellung von Daten über
das persönliche Fahrverhalten an Versicherungsfirmen „einen Effekt auch für
jene, die unter dem mit diesen Daten
errechenbaren Durchschnitt liegen
oder den Nachweis ihrer Durchschnittlichkeit nicht erbringen wollen“ (S.39).
Der Umgang auch mit persönlichen
Daten hat demnach eine sozial-ethische
Dimension, die ­Simanowski mit Hans
Jonas (1979) eine „Ethik der Fernverantwortung“ (S.39) nennt. Der Andere
muss solidarisch in das eigene Handeln
eingeschlossen sein: „Wer pauschal auf
Transparenz setzt, riskiert, sich mit den
geltenden Moralvorstellungen gegen
die Ansprüche von Minderheiten […]
zu verbünden“ (S.24).
Die Pointe dieser Analyse liegt
darin, dass dieser Andere – in einer
Art Umkehrung der Rimbaud‘schen
Formel „Ich ist ein anderer“ – man
selbst sein kann. Schließlich zeichnen die vernetzten Sensoren – Smartphones, Webinterfaces, Kameras – das
Verhalten des Einzelnen gründlicher,
umfassender und detaillierter auf als
diesem jemals bewusst werden kann.
Wenn Big Data die Kunst ist, in Zahlen Antworten auf Fragen zu finden,
die niemals gestellt wurden, dann ist
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nicht absehbar, was die Daten über
ihre Subjekte künftig preisgeben werden. Big Data, so hält Simanowski
fest, kenne uns besser als wir selbst:
„Der Algorithmus ist der Psychoanalytiker des 21. Jahrhunderts, der Verhaltensmuster feststellt, die bisher im
Verborgenen lagen“ (S.25). Für die
Self-Tracking-Bewegung liegt darin
das Versprechen, für Kulturkritiker
hingegen die Dystopie: Es gibt keine
unschuldigen Daten.
Rhetorisch werden Daten seit
langem schon als quasi-natürliche
Ressource ausgegeben, wie in den
Metaphern vom „Öl des 21. Jahrhunderts“ (vgl. S.41), im data mining, data
harvesting oder den clouds sprachlich
manifest wird. Auch die Rede von
den ‚rohen‘ Daten, die letzten Endes
einen Selbstwiderspruch darstellt (vgl.
Gitelman 2013), imaginiert Daten
als unbearbeitete Natur. Simanowski
entlarvt den Anspruch der Big DataApologeten, die Daten ‚zum Sprechen
zu bringen‘ (vgl. Cukier/Mayer-Schönberger 2013, S.14), als den Versuch,
den Wahrheitsgehalt von Erzählungen
durch das „Glück der Zahl“ (S.96)
nichtig werden zu lassen. Hinter der
freudigen Ankündigung eines „Endes
der Theorie“ (vgl. Anderson 2008), der
Ersetzung der Erklärung (warum etwas
so ist) durch die schiere Faktizität (dass
etwas so ist), wird in einer der originellsten Analysen innerhalb des Textes
von Simanowski die Ästhetik des Erhabenen und der Präsenz sichtbar. „Die
gemeinsame Schnittmenge dieser […]
durchaus verschiedenen Theorien ist der
Fokus auf Materialität und Erlebnis­
intensität zulasten von Bedeutung und
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Interpretation. […] Die Gemeinsamkeit zwischen dem Korrelations-Modell
und der Ästhetik des Erhabenen liegt
[…] in der Theorieabstinenz“ (S.93-94).
Folgt man dieser Betrachtung, dann
wäre Big Data gerade kein Projekt rationaler Vernunft, sondern zielte im Kern
auf eine Ablösung der Hermeneutik.
Deren Distanznahmen, Ambivalenzen
und Zweifel würden abgelöst von einer
emphatischen Affirmation der Materialität und Intensität von Erfahrung.
Jansson und Christensens Sammelband Media, Surveillance and Identity
geht davon aus, dass Überwachung als
Prozess gesellschaftlicher Vermittlung
oder „mediatization“ (S.16), also als
mediale Durchdringung der Gesellschaft, verstanden werden muss. Dieser
Meta-Prozess habe zu einer Ausdifferenzierung von Überwachung geführt,
zu komplexen und widersprüchlichen
Formen zwischen Sicherheit, Unterhaltung und Widerstand (vgl. ebd.). Um
diese Vielfalt analytisch in den Griff
zu bekommen, fokussiert der Band den
Vorgang der Vermittlung. Es geht um
die Übergänge zwischen Struktur und
Individuum, Überwachung und Identität, makro-sozialen Techniken und
individuellen Aneignungen. Ausgangspunkt ist die Überlegung, dass die Trias
aus Überwachung (Makrostruktur),
Medien (Vermittlung) und Identität
(Mikrostruktur, Alltag) nicht restlos
ineinander übersetzt werden kann: „The
realm of everyday mediations challenges and, in certain sociopolitical settings, potentially subverts surveillant
practice through locational, identitarian, mundane as well as strategized
practices“ (S.3). In methodischer Hin-
sicht bedeute dies, dass Allaussagen zu
Überwachung zwar weiterhin herangezogen werden, diese aber immer mit
kontextbezogenen Fallstudien abgeglichen werden müssen, die lokale und
kulturelle Differenzen berücksichtigen
(vgl. S.4).
Der Band ist in drei Abschnitte
gegliedert: Unter dem Titel „Perception“ wird die Perspektive der sozialen
Akteure eingenommen und nach den
Rahmenbedingungen gefragt, welche
die jeweiligen Wahrnehmungen von
und die Erfahrungen mit Überwachung
prägen. Von besonderem Interesse für
eine Medienkulturwissenschaft ist hier
der Aufsatz des kanadischen Soziologen David Lyon, der eine Kultur der
Überwachung im Entstehen sieht
(vgl. S.71ff.). Überwachung, so Lyon,
sei ‚flüssig‘ geworden, anpassungsfähig, ohne dabei an Macht verloren zu
haben (vgl. Baumann/Lyon 2013). Um
Überwachung zu verstehen, reiche es
nicht, nur staatliche und/oder kommerzielle Akteure zu berücksichtigen. „The
experiences of surveillance, the rise of
surveillant imaginaries and practices
and the engagement of ordinary people
in surveillance as compliant or complaining‚ data subjects“ (S.86) müssten
ebenso in Betracht gezogen werden.
Überwachung sei Teil der alltäglichen
Erfahrung geworden (vgl. S.72), dazu
gehöre, dass überwachende Praktiken
ihre Motivation ebenso sehr aus der
Angst der Subjekte wie aus ihrem
Wunsch nach Unterhaltung ziehen
würden. Aus diesem Grund sei die
Bedeutung der „surveillant imaginaries“
(S.77), der kulturellen Repräsentation
von Überwachung in Literatur, Film
Digitale Medien
und Fernsehen, nicht zu unterschätzen
(vgl. Kammerer 2012). Andere Beiträge
dieses Abschnittes beschäftigen sich
mit Kundenkarten (Nils Zurawski),
sozialen Netzwerken (Thomas Allmer
et al.) und mit der Perspektive von
Migrant_innen auf Überwachungstechnik (Christensen).
Unter „Practices“ fasst der Sammelband Beiträge, die den Blick auf nichthierarchische Überwachung lenken,
wie sie etwa in standortbezogenen
Diensten (location-based services) als
laterale Überwachung (vgl. S.117) oder
in Online-Plattformen wie Airbnb.com
als Formen kollaborativer Überwachung
(vgl. S.127), die Vertrauen zugleich
produzieren und ersetzen, manifest
werden. Hervorgehoben werden soll
hier der Aufsatz von Marc Andrejevic
„The infinite debt of surveillance in the
digital economy“ (vgl. S.91ff.). Entlang
der Beobachtung, dass Kreditkartengesellschaften – wie aus historischer
Perspektive von Vance Packard (1964)
und Myron Brenton (1964) dargelegt –
zu den ersten Überwachungsagenturen
gehören, stellt Andrejevic fest, dass
Überwachung gegenwärtig im Modus
der Schuld/Verschuldung modelliert
und legitimiert werde (vgl. S.91). Es
herrsche unter den großen Internetfirmen die Auffassung, dass die kostenfreien Dienstleistungen eine ‚Schuld‘
der Nutzer_innen etablieren würden,
die durch das Sammeln und Auswerten ihrer Daten abbezahlt werde. Ein
„regime of debt is simultaneously and
necessarily one of surveillance“ (S.93).
Interessant an diesem Gedanken ist
die zeitliche Form der Schuld, insofern in ihr etwas (die Einlösung) auf
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einen künftigen Zeitpunkt aufgeschoben wird, der nie erreicht werden muss.
Die Schuld ist nicht in ihrer Größe
unendlich, sondern in ihrer Dauer: Sie
bindet den Schuldner auf unbestimmte
Zeit an den Gläubiger. Zudem könne
die ‚Schuld‘ der Internet-User_innen
gewissermaßen einseitig durch den
Internet-Dienstleister angehoben werden, einfach indem dieser die Zahl
seiner Angebote entsprechend vervielfältige (vgl. S.97). Aus Sicht der Internet-User_innen kommt die zeitliche
Dimension insofern zum Tragen, als
für diese grundsätzlich nicht absehbar
sei, welche zukünftigen Folgen der
Austausch von Daten gegen Service
haben wird.
Die Beiträge des dritten Abschnitts
verbindet das Interesse für die politischen Agenden der Überwachung:
die Zensur pornografischer Internet­
inhalte in China, die Ideologie der
Post-­P rivacy-Bewegung und das
crowd­sourcing von Überwachung durch
spielerische Anreize. Media, Surveillance and Identity erinnert uns daran,
dass Überwachung nicht auf Technik
und Apparate reduziert werden kann,
sondern letzten Endes immer als ein
soziales Phänomen zu begreifen ist,
als eine besondere Form der Beziehung zwischen Individuen untereinander beziehungsweise zwischen
Individuum und Institution. Nicht
die mediatization oder Vermittlung,
sondern der Mythos der „Unmittelbarkeit“ (S.89) steht im Zentrum des
Bandes Politik der Mikroentscheidungen
von Florian Sprenger. Die scheinbare Unmittelbarkeit der Operationen elektrischer und elektronischer
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Medien hat Sprenger bereits in seiner
Dissertation (2012) überzeugend kritisiert. Akribisch ist der Autor darin der
Frage nachgegangen, wie im Herzen
der Medienwissenschaft der „Traum
der eigenen Negation“ (ebd., S.26)
wirksam werden konnte, genauer: das
paradoxe Phantasma eines Immedia­ten,
das ausgerechnet in den und durch die
Operationen von Medien Wirklichkeit
werden soll. War diese Arbeit noch
medienhistorisch angelegt (Wissensgeschichte der Elektrizität, Geschichte
der elektromagnetischen Telegrafie,
Rekonstruktion der Entstehung einer
genuinen Medientheorie bei Marshall
McLuhan), so richtet der schmale, als
Open-Access-Publikation erschienene
Band Politik der Mikroentscheidungen
den Blick auf die Gegenwart: einerseits
auf die zunehmende Abschöpfung der
weltweiten elektronischen Kommunikation durch SIGINT-Geheimdienste
wie NSA oder GCHQ , andererseits
auf das durch Internetdienstanbieter
und Lobbyisten unter Druck geratene
Prinzip der Netzneutralität (vgl. S.3).
Beide Phänomene dürfen Sprenger
zufolge nicht getrennt voneinander diskutiert werden, denn beide „basieren zu
wesentlichen Teilen auf den gleichen
medientechnischen Möglichkeiten von
Mikroentscheidungen“ (ebd.). In dieser
Engführung zweier Debatten – die in
juristischen, aktivistischen und sozio­
logischen Diskursen üblicherweise
getrennt behandelt werden – demonstriert Sprenger durch den Begriff der
‚Mikrounterscheidung‘ beziehungsweise der ‚Unterbrechung‘ (vgl. S.4)
die Stärke seines medientheoretischen
Zugriffs.
Durch eine Relektüre von Paul
Barans Aufsatz-Serie On Distributed
Communication (1964) wird die Perspektive auf die Gegenwart geschärft.
Barans Beitrag zur Informations- und
Kommunikationstheorie, so Sprenger,
sei nichts weniger als epochal, insofern
mit dem Prinzip des packet-switching
ein völlig neues Modell von Verbindung und Übertragung vorgelegt
werde. Mit diesem Vorschlag „ändert
sich die Bestimmung dessen, was
Kommunikation heißt: Es geht nicht
mehr darum, eine Nachricht möglichst
schnell von Ort A zu Ort B zu senden. Dies war lange Zeit vorrangiges
Ziel vieler Kommunikationstechniken“
(S.84). Unter dem Eindruck des Kalten
Krieges jedoch ist nicht Geschwindigkeit, sondern „die Stabilität temporärer
Verbindungen“ (S.85) das vorrangige
Ziel. Baran hat sich dafür eingesetzt,
Botschaften beziehungsweise digitale
Übertragungen nicht als Einheiten zu
versenden, sondern in Pakete standardisierter Größe mit vergleichbarem
Auf bau zu zerlegen, die an jedem
Knotenpunkt des Netzes einen anderen Weg nehmen können. So ist das,
was empfangen wird, entgegen dem
Eindruck der User_innen oder der
metaphorischen Rede von Kanälen der
Übertragung, kein „kontinuierlicher
flow [sondern] bursts aus Information.
Für jeden burst sind Entscheidungen
mit politischen Implikationen getroffen
worden. Sie bestimmen, wer verbunden
und wer getrennt ist“ (S.109).
Technischen Mikroentscheidungen
haftet eine zu wenig beachtete politische Dimension an: Weil geheimdienstliche oder Big-Data-Instanzen
Digitale Medien
an jedem Knotenpunkt ansetzen können, wird erst durch dieses Prinzip der
Unterbrechung Kontrolle und Überwachung netzgestützter Kommunikation
in einer derart massiven und tatsächlich
uneinsehbaren, weil im Verborgenen
wirksamen Weise ermöglicht. Aus dieser Erkenntnis folgert Sprenger jedoch
keineswegs, solche Unterbrechungen
auf ein Minimum zu reduzieren (wie
sie etwa in den Forderungen nach einer
Begrenzung der Kommunikation auf
das nationale Territorium laut wird).
Im Gegenteil betont er die Dialektik
von Unterbrechung und Übertragung
(vgl. S.113). Den Apologeten der
Direktübertragung hält er entgegen,
dass erst der Entzug der Unmittelbarkeit Freiheit ermögliche: „Theorien
der Unmittelbarkeit sind Anleitungen
zur Ohnmächtigkeit [sic!]“ (S.109).
­Sprenger stellt darauf hin die Frage,
„ob wir in einer Welt leben wollen, die
zu fließen scheint, weil alle Entscheidungen schon gefällt worden sind […]
oder ob wir in einer Welt leben wollen,
die sich selbst nie präsent sein wird und
in der es keine Unmittelbarkeit gibt,
die aber mit jeder Entscheidung an
jedem Knoten anders werden kann und
offen bleibt für neue Möglichkeiten“
(S.114-115). Auch wenn die Vermittlung zwischen technischen Details und
ethischen Grundsatzfragen zum Teil
noch diskutierbar wäre: Sprenger versteht es auf höchst anregende Weise,
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technische Dokumente und Anordnungen auf ihre gesellschaftlichen
und politischen Konsequenzen hin
zu befragen und auszudeuten (vgl. für
weitere aktuelle Analysen der Architektur der globalen Medieninfrastruktur Gethmann/Sprenger [2014] sowie
Parks/Staro­sielski [2014]).
Medienwissenschaftliche Forschung richtet ihr Augenmerk mehr
und mehr auf das Regime von Überwachung und Kontrolle, auf Datenschutz
und data mining, auf die Er- ebenso wie
auf die Entmächtigungen, die im Zeitalter des cloud computing wie des ubiquituous computing mit dem Gebrauch von
Medien einhergehen. Studien wie die
von Oliver Leistert (2013), Ramón Reichert (2014) sowie von Sprenger und
Christoph Engemann (2015) bestätigen diesen Trend. Die Stärke der hier
besprochenen Werke liegt darin, kulturelle, technische und soziale Aspekte
miteinander zu verknüpfen und die so
gewonnenen Einsichten überdies noch
historisch einordnen zu können. Wenn
Medien heutzutage mehr denn je im
Mittelpunkt der Frage stehen, wie wir
leben und vor allem, wie wir zusammenleben wollen, dann ist medienwissenschaftliche Forschung, die sich
dieser Entwicklungen annimmt, mehr
als zu begrüßen.
Dietmar Kammerer (Marburg)
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Literatur
Anderson, Chris: „The End of Theory: The Data Deluge Makes the Scientific Method Obsolete“ (2008). http://www.wired.com/2008/06/pb-theory/
(03.12.2015).
Baran, Paul: „On Distributed Communications: Summary Overview“ (1964).
http://www.rand.org/content/dam/rand/pubs/research_memoranda/2006/
RM3767.pdf (10.12.2015).
Brenton, Myron: The Privacy Invaders. New York: Coward-McCann, 1964.
Gethmann, Daniel/Sprenger, Florian: Die Enden des Kabels: Kleine Mediengeschichte
der Übertragung. Berlin: Kulturverlag Kadmos, 2014.
Cukier, Kenneth/Mayer-Schönberger, Viktor: Big Data: A Revolution That Will
Transform How We Live, Work and Think. London: John Murray, 2013.
Gitelman, Lisa (Hg.): ‚Raw Data‘ is an Oxymoron. Cambridge: MIT Press,
2013.
Jonas, Hans: Das Prinzip Verantwortung: Versuch einer Ethik für die technologische
Zivilisation. Frankfurt: Insel, 1979.
Kammerer, Dietmar: „Surveillance in Literature, Film and Television.“ In: Lyon,
David/Haggerty, Kevin D./Ball, Kirstie (Hg.): Routledge Handbook of Surveillance
Studies. New York: Routledge, 2012, S.99-106.
Leistert, Oliver: From Protest to Surveillance: The Political Rationality of Mobile
Media. Modalities of Neoliberalism. Frankfurt: PL Academic Research, 2013.
Lyon, David/Bauman, Zygmunt: Liquid Surveillance: A Conversation. Cambridge:
Polity, 2013.
Morozov, Evgeny: Smarte neue Welt: Digitale Technik und die Freiheit des Menschen.
München: Karl Blessing, 2013.
Packard, Vance: The Naked Society. New York: David McKay, 1964.
Parks, Lisa, D./Starosielski, Nicole (Hg.): Signal Traffic: Critical Studies of Media
Infrastructures. Chicago: University of Illinois Press, 2014.
Reichert, Ramón (Hg.): Big Data: Analysen zum digitalen Wandel von Wissen, Macht
und Ökonomie. Bielefeld: transcript, 2014.
Sprenger, Florian: Medien des Immediaten: Elektrizität, Telegraphie, McLuhan.
Berlin: Kulturverlag Kadmos, 2012.
Sprenger, Florian/Engemann, Christoph (Hg.): Internet der Dinge: Über smarte
Objekte, intelligente Umgebungen und die technische Durchdringung der Welt. Bielefeld:
transcript, 2015.
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