Raffinierte Liane lockt nachts Fledermäuse

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Raffinierte Liane lockt nachts Fledermäuse
Auch Pflanzen agieren zur Erhaltung ihrer Art höchst erfinderisch. Auffällige Farben und
Formen locken tagaktive Insekten zum Bestäuben auf die Blüten. Ungleich schwieriger
haben es Pflanzen, die sich auf nächtliche Bestäuber wie Fledermäuse spezialisiert haben.
Eine überaus kreative Lösung haben jetzt Forscher der Universitäten Ulm, Erlangen-Nürnberg
und Bristol bei der kubanischen Liane mit dem botanischen Namen Marcgravia evenia
entdeckt: Sie lockt die Blumenfledermäuse mit auffälligen Echos zur Blüte. Die Studie, deren
Erstautor Ralph Simon am Institut für Experimentelle Ökologie der Universität Ulm arbeitet, ist
am 28. Juli im renommierten Fachblatt Science erschienen.
Laubblätter wie Hohlspiegel
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Blütenstand der kubanischen Liane Marcgravia evenia. © Ralph Mangelsdorff
Den Wissenschaftlern fielen die wie ein Hohlspiegel geformten Laubblätter auf, die diese Liane
direkt über dem Blütenstand präsentiert. Da die Blüten der Liane von Blumenfledermäusen
bestäubt werden, die sich mit Echoortung orientieren, vermuteten die Wissenschaftler, dass
diese Hohlspiegelblätter die Ultraschallrufe der Fledermäuse reflektieren und so die Tiere zu
den Blüten locken.
Mit einem künstlichen Fledermauskopf, der Ultraschall aussendet und die von Objekten
reflektierten Echos messen kann, haben die Forscher die Blätter untersucht und entdeckt,
dass die Lianenblätter den Schall außerordentlich gut reflektieren. So können Fledermäuse die
Blütenstände der Kletterpflanzen bereits aus großer Entfernung orten. Außerdem, so ein
weiteres Ergebnis der Arbeit, zeigt das Echo eine besondere Signatur in Form einer konstanten
Klangfarbe und hebt sich so deutlich von den Echos der umgebenden Vegetation ab.
Dressierte Fledermäuse bringen Beweis
Nach diesen aufschlussreichen Messergebnissen wollten die Forscher wissen, ob solche
schüsselförmigen Blätter tatsächlich die Blütenstände auffälliger machen und so den
Fledermäusen helfen, die Blüten zu finden. Sie dressierten Blumenfledermäuse darauf, mit
einer computergesteuerten Umwelt zu interagieren und in einer künstlichen Vegetation nach
einer Kunstblüte zu suchen. Es stellte sich heraus, dass die Fledermäuse die Blüte etwa doppelt
so schnell fanden, wenn diese ein solches Hohlspiegelblatt aufwies. Damit war der Beweis
erbracht, dass die spezielle Form des Blattes tatsächlich hilft, die Bestäuber auf den
Blütenstand aufmerksam zu machen.
Laubblätter, die im Dienste der Anlockung von Bestäubern stehen – sogenannte Hochblätter –
gibt es bei vielen Pflanzen. Besonders bekannt sind die prächtig gefärbten Hochblätter des
Weihnachtssterns oder der Drillingsblume Bougainvillea. Auch die schüsselförmigen Blätter
von Marcgravia evenia sind solche Hochblätter, allerdings sind sie nicht visuell auffällig,
sondern locken die echoortenden Fledermäuse mit ihrer besonderen Echo-Klangfarbe an und
sichern so die Bestäubung.
Raffinierte Strategie unterstützt genetischen Austausch
Aber warum entwickeln Pflanzen so komplizierte Signale, um ausgerechnet Fledermäuse
anzulocken? Forscher Ralph Simon hat dafür eine Erklärung: „Blumenfledermäuse haben
einen sehr großen Aktionsradius und können Pollen auch zwischen Pflanzenindividuen
austauschen, die weit entfernt stehen. Das ist nicht nur für seltene und verstreut
vorkommende Pflanzen von Vorteil, sondern wird heutzutage immer wichtiger, da durch
Abholzung der Regenwald in immer kleinere Fragmente zerlegt wird. Blumenfledermäuse
können auch zwischen diesen Fragmenten für Pollentransport und damit auch für genetischen
Austausch sorgen. So haben sie eine wichtige Rolle beim Erhalt und dem Schutz der
Biodiversität in tropischen Regenwäldern."
Da es in Süd- und Mittelamerika viele hundert fledermausbestäubte Pflanzen gibt, vermuten
die Forscher, dass weitere Pflanzen auf ähnliche Strategien wie die kubanische Liane
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Photomontage von einer an einen Blütenstand von Marcgravia evenia anfliegenden kubanischen Blumenfledermaus.
Das Hohlspiegelblatt über dem Blütenstand reflektiert den Ultraschallruf der Fledermaus. Unten links die 3DDarstellung eines winkelabhängigen Spektrums des Echos eines Hohlspiegelblattes. © Ralph Simon
Marcgravia evenia zurückgreifen.
Originalliteratur:
Ralph Simon, Marc W. Holderied, Corinna U. Koch, Otto von Helversen: Floral acoustics:
conspicuous echoes of a dish-shaped leaf attract batpollinators. Science, Vol. 334, 2011
Pressemitteilung
08.08.2011
Quelle: Universität Ulm (27.07.2011)
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