Skript zum Vorkurs

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Fachschaft Mathematik und Informatik (FIM)
LA I VORKURS
Herbstsemester 2015
gehalten von Harald Baum
2. September 2015
Inhaltsverzeichnis
1. Stichpunkte zur Linearen Algebra I
2. Körper
3. Vektorräume über einem Körper
4. Beispiel eines Vektorraums von Funktionen
2
1. Stichpunkte zur Linearen Algebra I
• Lineare Gleichungssysteme über einem beliebigen Körper K
• Matrizen, Gaußalgorithmus
• Gruppen, abelsche Gruppen, Ringe
• Vektorräume über K
• Linearkombination, Basis, Dimension
• Lineare Abbildungen
• Determinanten, Eigenwerte
• Bilinearformen, Skalarprodukte, Euklidische Vektorräume
• Orthogonale Matrizen, Hauptachsentransformation
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2. Körper
In einem Körper K gibt es zwei Verknüpfungen + und · sowie zwei spezielle
voneinander verschiedene Elemente 0 und 1, sodass für alle x, y, z ∈ K gilt:
i) (x + y) + z = x + (y + z),
ii) x + y = y + x,
iii) x + 0 = x,
(x · y) · z = x · (y · z)
x·y =y·x
x·1=x
iv) Zu x ∈ K existiert ein eindeutiges −x ∈ K mit x + (−x) = 0
v) Zu x ∈ K mit x 6= 0 existiert ein eindeutiges x−1 ∈ K mit x · x−1 = 1
vi) x · (y + z) = (x · y) + (x · z)
Beispiele
a) Die Menge Q der rationalen Zahlen (Brüche), die Menge R der reellen
Zahlen, die Menge C der komplexen Zahlen bilden mit der üblichen
Addition und Multiplikation jeweils einen Körper.
b) Die Menge Z der ganzen Zahlen bildet mit der üblichen Addition und
Multiplikation keinen Körper.
c) Sei p eine Primzahl. Dann bildet die Menge
Zp = {0, 1, 2, ...., p − 1}
mit den folgenden Verknüpfungen +p , ·p einen Körper mit p Elementen:
Für a ∈ Z bezeichen wir mit rp (a) ∈ Zp den Rest bei der Division von
a durch p also
a = q · p + rp (a)
mit q ∈ Z und rp (a) ∈ Zp . Dann definieren wir für a, b ∈ Zp :
a +p b = rp (a + b)
a·p b = rp (a · b)
Wir nehmen also die gewöhnliche Summe bzw. das gewöhnliche Produkt ganzer Zahlen und bilden anschließend den Rest bei der Division durch p. Auf diese Weise wird Zp tatsächlich zu einem Körper,
wesentlich ist dabei dass p eine Primzahl ist!
4
Beispiele zum Rechnen im Körper Zp , p Primzahl:
a) 1 +2 1 = 0
b) 2 +5 3 = 0, 2 ·5 3 = 1
c) Der Körper Z7 ist durch folgende Verknüpfungstafeln gegeben:
+7
0
1
2
3
4
5
6
0
0
1
2
3
4
5
6
1
1
2
3
4
5
6
0
2
2
3
4
5
6
0
1
3
3
4
5
6
0
1
2
4
4
5
6
0
1
2
3
5
5
6
0
1
2
3
4
6
6
0
1
2
3
4
5
·7
0
1
2
3
4
5
6
0
0
0
0
0
0
0
0
1
0
1
2
3
4
5
6
2
0
2
4
6
1
3
5
3
0
3
6
2
5
1
4
4
0
4
1
5
2
6
3
5
0
5
3
1
6
4
2
6
0
6
5
4
3
2
1
und
Übungen:
a) Stellen Sie die Verknüpfungstafeln des Körpers Z5 auf
b) Lösen Sie das folgende LGS jeweils über R, Z5 und Z7 :
x1
4x1
+ 3x2
= 1
x2 + 3x3 = 1
+ x2 + 2x3 = 0
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3. Vektorräume über einem Körper
Sei K ein Körper. Ein Vektorraum V über K (kurz K-VR) ist gegeben durch
eine Addition + auf V , eine skalare Multiplikation c · x für c ∈ K, x ∈ V
sodass es einen ”Nullvektor” 0 ∈ V gibt derart dass für alle x, y, z ∈ V und
a, b ∈ K gilt:
V1) (x + y) + z = x + (y + z)
V2) x + y = y + x
V3) x + 0 = x
V4) Zu x ∈ V existiert ein eindeutiges −x ∈ V mit x + (−x) = 0
S1) (a · b) · x = a · (b · x)
S2) 1 · x = x
S3) a · (x + y) = (a · x) + (a · y)
S4) (a + b) · x = (a · x) + (b · x)
Nicht jede Teilmenge U eines K-VR V ist selbst wieder ein Vektorraum. Man
muss sicherstellen dass 0 ∈ U gilt und für x, y ∈ U sowie c ∈ K stets gilt
x + y ∈ U und c · x ∈ U . Eine solche Teilmenge von V mit diesen Eigenschaften nennt man einen Untervektorraum U von V .
Ein Untervektorraum U ist dann selbst wieder ein K-Vektorraum. Die
Rechengesetze braucht man nicht mehr nachrechnen, da sie ja in V gelten und
damit erst recht in U . Somit ist das Aufspüren von Untervektorräumen eine
gute Methode, Vektorräume zu finden bzw. nachzuweisen dass eine Menge
mit gewissen Verknüpfungen zu einem Vektorraum wird.
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Beispiele:


x1
 ..  n
a) Der K-Vektorraum K := { .  xi ∈ K, i = 1, ..., n}
xn
mit der Addition

 
x1
 ..  
 . +
xn



y1
x1 + y 1

..  := 
..


. 
.
yn
xn + y n
und der skalaren Multiplikation




x1
cx1




c ·  ...  :=  ... 
xn
cxn
(xi , yi ∈ K)
(xi , c ∈ K)
b) Die Lösungsmenge eines homogenen linearen Gleichungssystems mit n
Unbestimmten über K ist ein Untervektorraum von K n .
c) Der Vektorraum aller Funktionen R −→ R:
F (R, R) := {f : R −→ R | f Funktion }
mit der Addition und skalaren Multiplikation definiert durch
(f + g)(x) := f (x) + g(x)
(c · f )(x) := c · f (x)
für f, g ∈ F (R, R), c ∈ R ergibt einen R-VR. Der Nullvektor ist die
Funktion f : R −→ R mit f (x) = 0 für alle x ∈ R.
Übung: Zeigen Sie dass
W := {f ∈ F (R, R) | f zweimal differenzierbar mit f 00 = f }
ein Untervektorraum von F (R, R) ist.
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Beschreibung von Vektorräumen: Sind v1 , ..., vn ∈ V und c1 , ..., cn ∈ K,
so kann durch ”Linearkombination” das folgende Element von V gebildet
werden:
n
X
v = c1 · v1 + · · · + cn · vn =
ci · vi
i=1
Falls sich jedes Element v ∈ V in eindeutiger Weise als Linearkombination
von v1 , ..., vn darstellen lässt, so nennt man (v1 , ..., vn ) eine Basis von V . Falls
V eine endliche Basis besitzt, so hat jede Basis von V die gleiche Anzahl von
Elementen, diese Anzahl heißt die Dimension von V , geschrieben dimK (V )
oder kurz dim(V ) wenn K nicht weiter betont werden muss.
Übungen:
a) Zeigen Sie dim(K n ) = n
b) Zeigen Sie dass
1
1
(
,
)
1
−1
eine Basis von R2 ist.
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4. Beispiel eines Vektorraums von Funktionen
Wir wollen den Vektorraum
W := {f ∈ F (R, R) | f zweimal differenzierbar mit f 00 = f }
genauer beschreiben und eine Basis dafür angeben.
Zunächst betrachten wir die Funktionen f1 , f2 ∈ F (R, R) definiert durch
f1 (x) = ex und f2 (x) = e−x
Es gilt f10 (x) = ex also auch f100 (x) = ex und damit f100 = f1 . Es folgt f1 ∈ W .
Weiter gilt f20 (x) = −e−x also f200 (x) = e−x und damit f200 = f2 .
Es folgt f2 ∈ W .
Da W ein R-VR ist gilt dann auch
c1 f1 + c2 f2 ∈ W für alle c1 , c2 ∈ R
d.h. es gilt f ∈ W für jedes f von der Form f (x) = c1 ex + c2 e−x .
Wir wollen nun zeigen dass man auf diese Weise jedes Element von W bekommen kann.
Dazu verwenden wir folgende
Hilfsaussage:
Falls f : R −→ R differenzierbar ist und es ein a ∈ R gibt mit f 0 = a · f , so
gibt es ein c ∈ R sodass f (x) = c · eax
Beweis der Hilfsaussage: Berechne mit Hilfe der Quotientenregel
(
Damit ist
f (x) 0 f 0 (x)eax − f (x)aeax
af (x)eax − f (x)aeax
)
=
=
=0
eax
(eax )2
(eax )2
f (x)
eax
konstant (= c) und es folgt f (x) = c · eax .
Bemerkung: Für festes a ∈ R ist die Menge
{f ∈ F (R, R) | f differenzierbar mit f 0 = a · f }
ein Untervektorraum von F (R, R). Die Hilfsaussage besagt dann, dass dieser
Untervektorraum die Dimension 1 hat und eine Basis dieses Untervektorraums von der Funktion R −→ R , x 7→ eax gebildet wird.
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Behauptung: Jedes g ∈ W kann eindeutig in der Form g = c1 f1 + c2 f2
dargestellt werden.
Beweis der Behauptung: Sei g ∈ W gegeben. Es gilt
g=
(g + g 0 ) (g − g 0 )
+
= h1 + h2
2 } | {z
2 }
| {z
h1
h2
und wegen g 00 = g folgt h01 = h1 sowie h02 = −h2 . Nach der Hilfsaussage ist
h1 (x) = c1 ex und h2 (x) = c2 e−x . Es folgt also g(x) = c1 ex + c2 e−x .
Die Darstellung ist eindeutig, denn aus einer beliebigen Darstellung
g(x) = c1 ex + c2 e−x
folgt zunächst
g 0 (x) = c1 ex − c2 e−x
und durch jeweiliges Einsetzen der 0 folgt
g 0 (0) = c1 − c2
g(0) = c1 + c2
das ergibt
g(0) − g 0 (0)
g(0) + g 0 (0)
, c2 =
2
2
also sind c1 , c2 durch g eindeutig bestimmt.
c1 =
Folgerung: (f1 , f2 ) ist eine Basis von W , dim(W ) = 2.
Bemerkung: Seien V und V 0 Vektorräume über K.
Eine Abbildung ϕ : V −→ V 0 heißt linear (oder VR-Homomorphismus),
wenn für alle x, y ∈ V und alle c ∈ K gilt:
ϕ(x + y) = ϕ(x) + ϕ(y) , ϕ(c · x) = c · ϕ(x)
Eine lineare Abbildung, die auch noch bijektiv (d.h. umkehrbar) ist, nennt
man Isomorphismus.
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Beispiel: Wir betrachten wieder
W := {f ∈ F (R, R) | f zweimal differenzierbar mit f 00 = f }
Die Abbildung
2
ϕ : W −→ R , ϕ(g) =
g(0)
g 0 (0)
ist ein Isomorphismus. Die Umkehrung ist gegeben durch
c1 + c2
c1 − c2
c1
−1
ϕ (
)=
· f1 +
· f2
c2
2
2
Übung: Bestimmen Sie eine zweimal differenzierbare Funktion g mit
g 00 = g, g(0) = 2, g 0 (0) = −1
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