Presseinformation - Max-Planck

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Max-Planck-Institut für molekulare Biomedizin
Presseinformation
11. Juni 2009
„Schalter“ für Wachstum von Blutgefäßen identifiziert
Entdeckter Steuermechanismus des Gefäßwachstums reagiert auf
zwei Proteine, die Wachstum „ein-“ oder „ausschalten“ können.
Nichts im menschlichen Körper funktioniert ohne Blutgefäße, die in einem verzweigten
Netzwerk Sauerstoff und Nährstoffe in alle Organe transportieren. Bei Bedarf wird
dieses Netz durch neue Verzweigungen erweitert, z. B. beim Wachstum oder der
Wundheilung. Das Sprossen neuer Verzweigungen muss aber im ausgewogenen
Verhältnis zum Erhalt des bestehenden Gefäßnetzes erfolgen. Mangelnde und
übermäßige Bildung neuer Blutgefäße führt zu schweren Gesundheitsschäden. Auch
Tumore nutzen das Wachstum der Gefäße für ihre eigene Versorgung. Münsteraner
Forscher haben jetzt entdeckt, wie das Zusammenwirken zweier Proteine mit
gegensätzlicher Funktion für das notwendige Gleichgewicht bei der Bildung neuer
Gefäßverzweigungen sorgt. Die Abteilung um Ralf H. Adams, der zugleich Professor der
Westfälischen Wilhelms-Universität Münster und Direktor am Max-Planck-Institut für
molekulare Biomedizin ist, konnte zeigen, dass das Wachstum von Blutgefäßen wie mit
einem Schalter an- oder abgeschaltet werden kann (Cell, 12. Juni 2009). Dieser
Mechanismus könnte neue Möglichkeiten zur Behandlung von Gefäß- und
Krebserkrankungen eröffnen.
An Beispielen wie Schlaganfall oder Herzkranzgefäßerkrankungen kann man leicht erkennen, wie
wichtig die Transportfunktion von Blutgefäßen für unsere Gesundheit ist. Forscher suchen daher
seit Jahrzehnten nach Möglichkeiten, die Neubildung von Gefäßen und damit auch die Reparatur
von Organschäden gezielt anzuregen. Umgekehrt gibt es aber auch unerwünschte Effekte durch
die Bildung neuer Blutgefäße, die beispielsweise die Ausbreitung von Krebserkrankungen fördern
oder bei Diabetikern zum Verlust des Sehvermögens führen können. Die Therapie verschiedener
Krankheiten erfordert also ein Verfahren mit dem Neuverzweigungen im Gefäßnetzwerk je nach
Bedarf stimuliert oder blockiert werden können.
Den Forschern des münsterschen Max-Planck-Instituts ist es nun erstmals gelungen, einen „Anund Ausschalter“ des Gefäßwachstums zu identifizieren. Der „Schalter“ ist ein Rezeptor mit dem
Namen ‚Notch’, der auf der Oberfläche der Blutgefäßzellen, so genannter Endothelzellen, sitzt. An
diesen Rezeptor können verschiedene Oberflächenproteine andocken, die den „Schalter“
entweder auf „Ein“ oder auf „Aus“ stellen. Ist die Zelle „eingeschaltet“, ist sie für den
Wachstumsfaktor VEGF empfänglich, der den „Befehl“ zur Zellteilung und damit zum Wachstum
einer neuen Ader führt. Die einzelnen Komponenten dieses biochemischen Mechanismus waren
bereits bekannt. Den Notch-Rezeptor (Schalter), das Oberflächenprotein Delta-like 4, kurz Dll4
(Aus), und den Wachstumsfaktor VEGF (Befehl zur Zellteilung) kannten die Forscher bereits aus
früheren Experimenten. Auch das Protein ‚Jagged1’, das den „Schalter“ auf die Position „Ein“
bewegt, war bekannt. Es handelt sich dabei ebenfalls um ein Oberflächenprotein, also ein Eiweiß,
das auf der Außenseite der Zellen sitzt und in Kontakt zu Notch-Rezeptoren benachbarter Zellen
treten kann.
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„Wir haben jetzt erstmals verstanden, wie diese einzelnen Komponenten zusammen wirken. Dass
das Protein Jagged1 in dem Zusammenhang als „Einschalter“ wirkt, ist eine völlig neue
Erkenntnis. In anstehenden Versuchen an Mäusen wollen wir lernen, das Gefäßwachstum, ähnlich
wie es in Zukunft einmal Medikamente beim Menschen leisten könnten, aktiv zu steuern“, erklärt
Professor Dr. Ralf H. Adams.
Die Hemmung des Wachstumsfaktors VEGF (engl. ‘Vascular Endothelial Growth Factor’) wird
bereits seit einigen Jahren bei der Behandlung von Krebspatienten und bestimmten
Augenerkrankungen eingesetzt. Leider ist diese Therapie sehr teuer und nur bei einem Teil der
Patienten erfolgreich. „Da VEGF auch die Durchlässigkeit von Gefäßen erhöht und dadurch zu
Blutungen führt, kann dieser Faktor nicht zur therapeutischen Förderung des Gefäßwachstums
eingesetzt werden. Mit der Aufklärung der Funktion von Jagged1 hoffen wir, nun eine echte
Alternative für zukünftige Therapieansätze gefunden zu haben“, ergänzt Dr. Rui Benedito,
Zellbiologe der Abteilung Gewebebiologie und Morphogenese am Max-Planck-Institut.
„Neben der Wirksamkeit wird aber auch die Verträglichkeit dieses Ansatzes zunächst gründlich
geprüft werden müssen“, erläutern Adams und Benedito und warnen damit zugleich vor
übertriebener Hoffnung auf baldige Therapieansätze. „Notch, Dll4 und Jagged1 haben auch in
anderen Organen und Zelltypen wichtige Aufgaben. Das macht eine Beschränkung der Wirkung
auf Blutgefäßzellen anspruchsvoll. Wir hoffen dennoch, dass unsere Arbeit zur Entwicklung neuer
Medikamente führen wird.“
Die Studie erfolgte in Zusammenarbeit mit Professor Dr. Achim Gossler (Medizinische Hochschule
Hannover) und war von Rui Benedito und Ralf Adams bei Cancer Research UK in London vor
ihrem Umzug nach Münster (2008) begonnen worden. Die ausgezeichneten Arbeitsbedingungen
am Max-Planck-Institut und die enge Zusammenarbeit mit der Westfälischen Universität Münster
nennt Adams als wichtige Faktoren für die erfolgreiche Forschungsarbeit seiner Gruppe.
Originalveröffentlichung:
Rui Benedito, Cristina Roca, Inga Sörensen, Susanne Adams, Achim Gossler, Marcus Fruttiger,
Ralf H. Adams
The Notch ligands Dll4 and Jagged1 have opposing effects on angiogenesis
Cell, 12. Juni 2009, doi:10.1016/j.cell.2009.03.025
Kontakt:
Max-Planck-Institut für molekulare Biomedizin, Münster
Dr. Jeanine Müller-Keuker, PR-Referentin
Professor Dr. Ralf H. Adams
Tel: 0251 70365–325
Tel: 0251 70365–400
E-Mail: [email protected]
E-Mail: [email protected]
Pressefotos
Auf Wunsch werden Ihnen Fotos zur Pressemitteilung zur Verfügung gestellt. Die Fotos können
Sie telefonisch oder per E-Mail bei Dr. Jeanine Müller-Keuker anfordern.
Professor Dr. Ralf H. Adams
(MPI Münster / Sarah Eick)
Dr. Rui Benedito
(MPI Münster / Jeanine Müller-Keuker)
Blutgefäßnetzwerk
(MPI Münster / Rui Benedito)
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