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Berlin, 18.09.2015
PRESSEINFORMATION
Sieben mal sieben
Trennungsgrundsatz nach Ziffer 7 häufig missachtet
Der Deutsche Presserat hat auf seinen Beschwerdeausschuss-Sitzungen am 15. und 17.
September 2015 wegen schwerer Verstöße gegen den Pressekodex 10 öffentliche Rügen
ausgesprochen. Gleich 7 Rügen mussten diesmal wegen des Gebots der klaren Trennung von
Redaktion und Werbung ausgesprochen werden.
Die RHEINISCHE POST + ONLINE hatte über ein Kreditangebot einer Bank ausschließlich
positiv und völlig unkritisch berichtet. Beigestellt war der Veröffentlichung zudem ein Foto, das
einen Mitarbeiter der Bank mit einem großen Werbeplakat für das Angebot zeigte. Diese Art der
Berichterstattung war nach Auffassung des Presserats nicht von öffentlichem Interesse und
überschritt deutlich die Grenze zur Schleichwerbung nach Richtlinie 7.2 des Pressekodex.
Das Magazin ST. GEORG hatte einen vierseitigen Artikel über eine – passend zu einem
Kinofilm für Kinder entworfene – Reitsportkollektion veröffentlicht. Der Beitrag stammte jedoch
nicht von der Redaktion, sondern vom Hersteller selbst, der vielfach namentlich erwähnt wurde.
Er enthielt sowohl werbliche Formulierungen als auch einen Hinweis auf eine konkrete
Bezugsquelle sowie eine weitere Kollektion. Auch hier erkannte der Presserat Schleichwerbung.
Nicht gekennzeichnete Werbung und damit eine Verletzung der Richtlinie 7.1 Pressekodex sah
der Presserat in drei Veröffentlichungen der WESTFÄLISCHEN NACHRICHTEN. Die Zeitung
hatte im Rahmen einer - wie sie mitteilte – „Medienpartnerschaft“ drei redaktionell gestaltete
Beiträge über Unternehmen und ihr Angebot veröffentlicht. Beigestellt waren den Artikeln
Anzeigen der Unternehmen. Der Presserat sah in den Beiträgen Werbung, die nicht als solche
gekennzeichnet war und sprach eine Rüge aus.
Eine Rüge erhielt außerdem L. A. MULTIMEDIA wegen Verstößen gegen Ziffer 7 des
Pressekodex. Das Magazin hatte unter anderem in werblicher Sprache über IT-Produkte
berichtet und dabei jeweils einen bestimmten Hersteller bzw. Anbieter hervorgehoben. Zudem
enthielten die Artikel Hinweise auf die Web-Seiten der Unternehmen. Einer der Artikel war sogar
von einem leitenden Mitarbeiter eines Herstellerunternehmens verfasst worden. Der Presserat
beurteilte die Artikel als Schleichwerbung.
Ebenfalls gerügt wegen Schleichwerbung wurde FOCUS OLINE für einen Beitrag über die
Gründe für die Popularität einer Drogeriekette. Bei einer Aufzählung einzelner Punkte, die für
die Beliebtheit der Kette bei den Verbrauchern sprechen, hatte die Redaktion jegliche Distanz
vermissen lassen und sich die vermeintlich positive Sichtweise der Kunden zu Eigen gemacht.
Eine Rüge wegen Schleichwerbung und nicht ausreichender Kennzeichnung von Anzeigen
wurde gegen SONNTAG AKTUELL ausgesprochen. Die Zeitung hatte 25 ausgewählte
Urlaubshotels vorgestellt und dabei auch werbliche Formulierungen verwendet. Im Umfeld der
Artikel wurden zudem zwei redaktionell gestaltete Anzeigen veröffentlicht, die mit
'Sonderveröffentlichung' gekennzeichnet waren. Dieser Begriff ist jedoch nicht geeignet, die
Werbung für den Leser klar als solche erkennbar zu machen.
Deutscher Presserat Postfach 100549 10565 Berlin
Fon: 030/367007-0 Fax: 030/367007-20 E-Mail: [email protected] www.presserat.de
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Auch die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG wurde gerügt, weil sie gegen Ziffer 7 Pressekodex
verstoßen hat. Im Rahmen eines redaktionellen Beitrages auf der Titelseite hatte sie auf eine
werbliche Veröffentlichung im Innenteil hingewiesen. Ein solcher Querverweis ist mit der
erforderlichen klaren Trennung von Redaktion und Werbung nicht vereinbar.
Werbevideo als Nachrichtenbeitrag veröffentlicht
FOCUS Online wurde für die Veröffentlichung eines ursprünglich zu Werbezwecken erstellten
Videos gerügt, dessen Inhalt nicht als fiktiv gekennzeichnet war. Der Beitrag war unter
„Panorama“ neben „echten“ Nachrichten veröffentlicht worden. Unter der Überschrift „Das muss
passieren, wenn man kein Bußgeld zahlen will“ ist in dem Video zu sehen, wie ein russischer
Polizist während einer Verkehrskontrolle vor einem Rudel Wölfe in das kontrollierte Auto
flüchten muss. Die Betrachter erfuhren weder im Begleittext noch bei Abspielen des Videos
oder im Anschluss, dass die Wölfe computergeneriert sind und dass es sich um eine WodkaWerbung handelt. Darin sieht der Presserat einen schwerwiegenden Verstoß gegen das in
Ziffer 1 des Pressekodex festgeschriebene Gebot zur wahrhaftigen Unterrichtung der
Öffentlichkeit.
Sequenz des Aufpralls mehrfach gezeigt
Wegen einer unangemessen sensationellen Darstellung eines grausamen Unfalls wurde BILD
ONLINE gerügt. Die Redaktion hatte ein Video veröffentlicht, das zeigt, wie Sportler der
European Games von einem Bus angefahren werden. Sie erlitten zum Teil schwere
Verletzungen. Im Video wird mehrfach der Moment des Aufpralls gezeigt. Diese Wiederholung
des Unfallmoments geht über ein öffentliches Interesse hinaus, die Grenze zur
Sensationsberichterstattung nach Ziffer 11 des Pressekodex wird überschritten, bewertete der
Presserat.
Foto und Name eines Suizidopfers veröffentlicht
Gerügt wegen einer Verletzung des Persönlichkeitsschutzes nach Ziffer 8 Pressekodex wurde
FOCUS ONLINE. Die Redaktion hatte in ihrem Facebook-Auftritt über den Suizid eines
13-jährigen Mädchens berichtet. Beigestellt war der Veröffentlichung ein Foto des Mädchens.
Zudem wurde ihr voller Name genannt. Sie war somit eindeutig identifizierbar. Die in Richtlinie
8.7 geforderte Zurückhaltung bei der Berichterstattung über Selbsttötung wurde hier grob
missachtet.
Statistik
Die Ergebnisse: 10 öffentliche Rügen, 19 Missbilligungen und 37 Hinweise. 12 Beschwerden
wurden als begründet bewertet, auf eine Maßnahme wurde jedoch verzichtet, 70 Beschwerden
wurden als unbegründet erachtet.
Ansprechpartnerin für die Presse: Edda Eick, Tel. 030-367007-13
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Ziffer 1 - Wahrhaftigkeit und Achtung der Menschenwürde
Die Achtung vor der Wahrheit, die Wahrung der Menschenwürde und die wahrhaftige Unterrichtung der Öffentlichkeit
sind oberste Gebote der Presse. Jede in der Presse tätige Person wahrt auf dieser Grundlage das Ansehen und die
Glaubwürdigkeit der Medien.
Ziffer 7 – Trennung von Werbung und Redaktion
Die Verantwortung der Presse gegenüber der Öffentlichkeit gebietet, dass redaktionelle Veröffentlichungen nicht
durch private oder geschäftliche Interessen Dritter oder durch persönliche wirtschaftliche Interessen der
Journalistinnen und Journalisten beeinflusst werden. Verleger und Redakteure wehren derartige Versuche ab und
achten auf eine klare Trennung zwischen redaktionellem Text und Veröffentlichungen zu werblichen Zwecken. Bei
Veröffentlichungen, die ein Eigeninteresse des Verlages betreffen, muss dieses erkennbar sein.
Richtlinie 7.1 – Trennung von redaktionellem Text und Anzeigen
Bezahlte Veröffentlichungen müssen so gestaltet sein, dass sie als Werbung für den Leser erkennbar sind. Die
Abgrenzung vom redaktionellen Teil kann durch Kennzeichnung und/oder Gestaltung erfolgen. Im Übrigen gelten die
werberechtlichen Regelungen.
Richtlinie 7.2 – Schleichwerbung
Redaktionelle Veröffentlichungen, die auf Unternehmen, ihre Erzeugnisse, Leistungen oder Veranstaltungen
hinweisen, dürfen nicht die Grenze zur Schleichwerbung überschreiten. Eine Überschreitung liegt insbesondere
nahe, wenn die Veröffentlichung über ein begründetes öffentliches Interesse oder das Informationsinteresse der
Leser hinausgeht oder von dritter Seite bezahlt bzw. durch geldwerte Vorteile belohnt wird. Die Glaubwürdigkeit der
Presse als Informationsquelle gebietet besondere Sorgfalt beim Umgang mit PR-Material.
Ziffer 8 – Schutz der Persönlichkeit
Die Presse achtet das Privatleben des Menschen und seine informationelle Selbstbestimmung. Ist aber sein
Verhalten von öffentlichem Interesse, so kann es in der Presse erörtert werden. Bei einer identifizierenden
Berichterstattung muss das Informationsinteresse der Öffentlichkeit die schutzwürdigen Interessen von Betroffenen
überwiegen; bloße Sensationsinteressen rechtfertigen keine identifizierende Berichterstattung. Soweit eine
Anonymisierung geboten ist, muss sie wirksam sein. Die Presse gewährleistet den redaktionellen Datenschutz.
Richtlinie 8.7 – Selbsttötung
Die Berichterstattung über Selbsttötung gebietet Zurückhaltung. Dies gilt insbesondere für die Nennung von Namen,
die Veröffentlichung von Fotos und die Schilderung näherer Begleitumstände.
Ziffer 11 – Sensationsberichterstattung, Jugendschutz
Die Presse verzichtet auf eine unangemessen sensationelle Darstellung von Gewalt, Brutalität und Leid. Die Presse
beachtet den Jugendschutz.
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