Rennsportexperte Peter Brauer bespricht in einem

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Das Feld im „125. Grosser Preis von Berlin“
Europa-Gruppe 1, 2400 m, für 3-jährige und ältere Pferde, Dotierung 175.000 Euro (110.000, 40.000,
15.000, 10.000), Gewicht: 55 kg für Dreijährige, 60 kg für Ältere.
Der Grosse Preis von Berlin ist eines von nur sieben deutschen Rennen der Europa-Gruppe I und im
Rennsystem nur wenige Wochen nach dem Deutschen Derby das erste Rennen, in dem sich Vertreter
des Dreijährigen-Jahrgangs mit der Elite der älteren Jahrgänge messen können - und das im
internationalen Wettbewerb. Den langjährigen Erkenntnissen über den unterschiedlichen
Entwicklungsstand der Jahrgänge und der Jahreszeit angepasst, tragen die Dreijährigen 5 kg weniger
Gewicht als die älteren Jahrgänge. (Stuten haben zudem 1,5 kg Vorgabe gegenüber den Hengsten.)
Die hohe Bedeutung des Rennens wird besonders durch seine Siegerliste unter Beweis gestellt.
„DURCHGÄNGER“ hieß 1888 der erste Sieger, ihm folgten die größten Turf-Heroen wie OLEANDER,
ALBA, ALCHIMIST und die legendäre SCHWARZGOLD, die den anderen Teilnehmern 1940 auf runde
100 Meter Vorsprung davonlief. TICINO, ein anderer Gigant des deutschen Turfs, siegte von 1942 bis
1944 dreimal nacheinander, später folgten ihm Stargalopper wie LOMBARD, WINDWURF, NEBOS,
OROFINO, ACATENANGO, LOMITAS und LANDO. Für MARIENBARD war dieses Grand Prix-Rennen eine
der letzten Stationen vor seinem Sieg im prestigeträchtigsten Rennen der Welt, dem Prix de l`Arc de
Triomphe.
2011, im Jahr seiner Rückkehr nach Hoppegarten, wurde der Große Preis in grandiosem Stil von
DANEDREAM gewonnen und war damit deren vorletzte Erfolgsstation auf dem Weg zu ihrem
triumphalen Sieg im Qatar Prix de l`Arc de Triomphe, dem prestigeträchtigsten Pferderennen
zumindest der alten Welt. Dies wurde gleichzeitig zu einem großen Erfolg und einer Aufwertung für
die Rennbahn Hoppegarten.
Die Zeiten des Rennens sind nur bedingt vergleichbar, da es mehrere zwischenzeitliche Orts- und
Distanzwechsel hinter sich hat. Fakt ist, dass STERNKÖNIG 1994 in diesem Rennen mit 2:25,3 min die
schnellste bisher in Deutschland gelaufene 2400 Meter-Zeit erzielte. Achtmal, so oft wie kein anderer,
gewann der überragende Otto Schmidt als Jockey den Grossen Preis von Berlin.
Das Besondere an der diesjährigen Austragung auf den ersten Blick:
1. Als einziger Dreijähriger nimmt der amtierende Derbysieger NUTAN den Wettkampf gegen die
Vertreter der älteren Jahrgänge auf. Im Sattel hat er erneut Andrasch Starke, Deutschlands gefeierten
Jockey-Star.
2. Mit dabei ist auch Vorjahressieger SIRIUS. Nach einem Formtief hat er sich kürzlich als Zweiter im
Hamburger Hansa-Preis deutlich angekündigt.
3. SINGING startet für Australien. Erstmals ist ein Pferd in australischem Besitz dabei. Der fünfjährige
SINGING soll im Herbst auf dem fünften Kontinent starten, in der Cox Plate und/oder im Caulfield Cup.
Beide Rennen sind weltberühmt und mit 3 Mio. AUD dotiert.
4. Startrainer Luca Cumani, mit seinen Pferden extrem selten in Deutschland zu Gast, schickt aus dem
englischen Newmarket einen Starter nach Hoppegarten: SECOND STEP unter dem Spitzenjockey Jamie
Spencer.
5. Einer spielt Eddie the Eagle: Mit der Programmnummer 1 geht AMOROUS ADVENTURE ins Rennen, ein
extremer Außenseiter. Rein theoretisch/rechnerisch müsste er 25 Längen hinter NUTAN ans Ziel kommen.
Sein Team will es trotzdem versuchen.
Die Starter im Einzelnen:
1 AMOROUS ADVENTURE 4j. H. v. Poseidon Adventure-Auenprincess, 60 kg, GAG: 79 kg
Besitzer
Trainer
Reiter
Stall Heymann GmbH
Karl Demme, Köln
Andre Best
Dieser Hengst sieht imposant aus, aber er braucht ein Wunder, um zu gewinnen. Seine bisher beste
Leistung war der achte Platz im Deutschen Derby von 2014. Das war sehr achtbar, reicht aber nicht
aus, um die Favoriten in diesem Rennen in Verlegenheit zu bringen, zumal er eine lange
Verletzungspause hinter sich hat und nach dieser noch nicht seine alte Klasse zeigen konnte. Ganz
offensichtlich ist er mit großen Schritten auf dem Weg nach oben, denn sonst würde ein erfahrener
Pferdemann wie Karl Demme ihn hier nicht an den Start bringen. Aber die Trauben hängen sehr hoch
für ihn, rein rechnerisch unerreichbar hoch.
2 GIROLAMO 6j. H. v. Dai Jin – Golden Time, 60 kg
Besitzer
Trainer
Gestüt Ebbesloh
Peter Schiergen, Köln
GAG: 94,5 kg
Reiter
Adrie de Vries
Dieser kapitale Fuchshengst ist ein echter Marschierer mit riesigen Galoppsprüngen, aber nicht ganz
so großem Beschleunigungsvermögen. Ohne Letzteres ist es aber schwer im Galoppsport und so hat
der Sechsjährige seit mehr als zwei Jahren kein Rennen mehr gewonnen. Platzierungen in Toprennen
hat er auf Grund seiner hohen Klasse aber trotzdem erreicht. 2012 gelang ihm sogar der Sieg im Preis
von Europa. Im Vorderfeld ist er auch diesmal zu erwarten, aber ganz vorne eigentlich nicht.
3 ITO 4j. H. v. Adlerflug – Iota, 60 kg
Besitzer
Trainer
Gestüt Schlenderhan
Jean-Pierre Carvalho, Bergheim
GA: 97 kg
Reiter
Filip Minarik
Mit seinen vier Jahren ist dieser Vertreter des 1869 gegründeten Supergestüts Schlenderhan erst
siebenmal gelaufen. Er hatte lange Zeit zum Ausreifen benötigt. Wenn er startete, landete er aber
meistens auf Platz 1 - in diesem Jahr schon dreimal (bei ebenso vielen Starts). Zuletzt holte er sich ganz
souverän das Hauptrennen beim Frühjahrs-Meeting in Baden-Baden. Wieviel das wert war und wo
seine Leistungsgrenze letztlich liegen wird, mag aber noch kaum jemand beantworten. Gerade sein
Zusammentreffen mit Derbysieger NUTAN wird von den Galoppsportliebhabern deshalb mit Spannung
erwartet.
4 SECOND STEP 4j. W. v. Dalakhani – My Dark Rosaleen, 60 kg
Besitzer
Trainer
Merry Fox Stud
Luca Cumani, Newmarket/GB
GAG: 99 kg (GB umgerechnet)
Reiter
Jamie Spencer
Luca Cumani (66), Sohn eines italienischen Championtrainers und einer erfolgreichen
Amateurrennreiterin, arbeitet seit 40 Jahren im englischen Galoppsport-Mekka Newmarket (nicht weit
von Cambridge). Er ist einer der prominentesten Galopptrainer weltweit, sammelte Toperfolge in
England, Irland und Frankreich in den USA, Kanada, Dubai, Japan, Hongkong und Singapur. Nur in
Deutschland nicht. SECOND STEP könnte das ändern, der Wallach ist auf dem Weg nach oben. Seine
letzten beiden Einsätze waren in wettbewerbsstarken Gruppe II-Rennen in Newmarket und endeten
mit einem Sieg und einem zweiten Platz. Jockey Jamie Spencer ist eine feste Größe auf den
internationalen Rennbahnen. Der gebürtige Ire war schon Championjockey in seiner Heimat und in
Großbritannien. Vor genau einem Jahr kündigte er seinen Abschied vom Rennsattel an, doch schon
ganz kurz danach kam es zum Rücktritt vom Rücktritt. Ohne das Rennreiten fehlte ihm die gewohnte
Adrenalinmenge.
5 SINGING 5j H. v. Singspiel – Ring Beaune, 60 kg
Besitzer
Trainer
Australian Bloodstock
Andreas Wöhler, Gütersloh
GAG: 95 kg
Reiter
Eduardo Pedroza
Dieses Pferd kommt zwar aus Gütersloh nach Hoppegarten, ist in Deutschland im Grunde aber nur auf
der Durchreise. Den größten Teil seiner bisherigen Rennlaufbahn absolvierte der Hengst in seiner
französischen Heimat. Die deutschen Turffans kennen ihn im Grunde nur von seinen Platzierungen im
Großen Hansa-Preis 2014 und 2015. Er gehört einer australischen Besitzergemeinschaft, die mit
Trainer Andreas Wöhler die besten Erfahrungen gemacht hat: Im vergangenen Jahr führte Wöhler den
deutschen Hengst PROTECTIONIST zum Sieg im weltberühmten Melbourne Cup und am vergangenen
Sonntag holte das Team Wöhler/Pedroza mit der Stute TURFDONNA Deutschlands zweiwertvollstes
Rennen, den Henkel Preis der Diana, für diese Besitzer. SINGING wird in Kürze nach Australien reisen,
hat dort ein Engagement für zwei Millionen-Rennen.
6 SIRIUS 4j. H. v. Dashing Blade – Saratina, 60 kg
Besitzer
Trainer
Stall Molenhof
Andreas Löwe, Köln
GAG: 95,5 kg
Reiter
Jozef Bojko
Im letztjährigen Großen Preis von Berlin war es SIRIUS, der sich in einem dramatischen Finish im letzten
Galoppsprung nach vorne schob. Es folgten drei schwächere Leistungen, aber zuletzt kündigte er sich
als Zweiter im Hansa-Preis wieder gut an. Sein Trainer Andreas Löwe reitet auf einer ausgeprägten
Erfolgswelle. Löwe wird oft „der Stuten-Professor“ genannt, weil viele seiner Siege mit Pferde-Ladies
zustande kamen, aber er versteht sich nachweislich auch auf den erfolgreichen Umgang mit Hengsten.
Besitzer von SIRIUS ist ein außergewöhnlich rennsportpassioniertes Paar aus Belgien.
7 ALASKAKÖNIGIN 4j S. v. Sternkönig - Annouche, 58,5 kg
Besitzer
Trainer
Gestüt Röttgen
Markus Klug, Köln-Rath
GAG: 90,5 kg
Reiter
Eugen Frank
Trainer Markus Klug hat den Rennstall des Kölner Traditionsgestüts Röttgen in den letzten Jahren zu
einer Erfolgsadresse erster Güte gemacht. Über viele Phasen hinweg glückte einfach alles, am
Jahresende 2014 war Klug sogar der Trainerchampion. Was er mit der schönen Schimmelstute
ALASKAKÖNIGIN in diesem Rennen versucht, bedeutet einen Versuch auf für sie ungekannt hohem
Wettbewerbsniveau. Wie gut sie in dieser Liga mitspielen kann, bleibt abzuwarten.
8 NUTAN 3j H. v. Duke of Marmalade – Neele, 55 kg
Besitzer
Trainer
Stall Nizza
Peter Schiergen, Köln
GAG: 99 kg
Reiter
Andrasch Starke
Als es beim größten Pferderennen des Landes, dem Deutschen Derby, vor fünf Wochen in die
entscheidende Phase ging und Andrasch Starke auf der Ideallinie NUTAN in Führung brachte, dachte
alles: Starke, dieser Teufelsbraten, gewinnt sein siebtes Derby! Als dieser NUTAN sich dann aber immer
weiter von seinen Gegnern absetzen konnte, war auf einmal klar: Da siegt nicht nur ein besonders
geschickter Jockey, sondern auch ein ganz tolles Pferd. NUTAN war ein würdiger Gewinner des Blauen
Bandes. Wenn er nun als einziger Dreijähriger im Großen Preis von Berlin antritt und dabei altersgemäß
eine Gewichtsvorgabe von 5 Kilo bekommt, braucht er die Vertreter der älteren Jahrgänge
wahrscheinlich kaum zu fürchten. Er ist der Star des Rennens und wird vermutlich auch der Favorit an
den Wettkassen sein. Unter den Farben seines Besitzers, des Freiburger Bankiers Jürgen Imm, siegte
übrigens vor zwei Jahren NYMPHEA sensationell in diesem Rennen.
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