Das Feld im „125. Grosser Preis von Berlin“ Europa-Gruppe 1, 2400 m, für 3-jährige und ältere Pferde, Dotierung 175.000 Euro (110.000, 40.000, 15.000, 10.000), Gewicht: 55 kg für Dreijährige, 60 kg für Ältere. Der Grosse Preis von Berlin ist eines von nur sieben deutschen Rennen der Europa-Gruppe I und im Rennsystem nur wenige Wochen nach dem Deutschen Derby das erste Rennen, in dem sich Vertreter des Dreijährigen-Jahrgangs mit der Elite der älteren Jahrgänge messen können - und das im internationalen Wettbewerb. Den langjährigen Erkenntnissen über den unterschiedlichen Entwicklungsstand der Jahrgänge und der Jahreszeit angepasst, tragen die Dreijährigen 5 kg weniger Gewicht als die älteren Jahrgänge. (Stuten haben zudem 1,5 kg Vorgabe gegenüber den Hengsten.) Die hohe Bedeutung des Rennens wird besonders durch seine Siegerliste unter Beweis gestellt. „DURCHGÄNGER“ hieß 1888 der erste Sieger, ihm folgten die größten Turf-Heroen wie OLEANDER, ALBA, ALCHIMIST und die legendäre SCHWARZGOLD, die den anderen Teilnehmern 1940 auf runde 100 Meter Vorsprung davonlief. TICINO, ein anderer Gigant des deutschen Turfs, siegte von 1942 bis 1944 dreimal nacheinander, später folgten ihm Stargalopper wie LOMBARD, WINDWURF, NEBOS, OROFINO, ACATENANGO, LOMITAS und LANDO. Für MARIENBARD war dieses Grand Prix-Rennen eine der letzten Stationen vor seinem Sieg im prestigeträchtigsten Rennen der Welt, dem Prix de l`Arc de Triomphe. 2011, im Jahr seiner Rückkehr nach Hoppegarten, wurde der Große Preis in grandiosem Stil von DANEDREAM gewonnen und war damit deren vorletzte Erfolgsstation auf dem Weg zu ihrem triumphalen Sieg im Qatar Prix de l`Arc de Triomphe, dem prestigeträchtigsten Pferderennen zumindest der alten Welt. Dies wurde gleichzeitig zu einem großen Erfolg und einer Aufwertung für die Rennbahn Hoppegarten. Die Zeiten des Rennens sind nur bedingt vergleichbar, da es mehrere zwischenzeitliche Orts- und Distanzwechsel hinter sich hat. Fakt ist, dass STERNKÖNIG 1994 in diesem Rennen mit 2:25,3 min die schnellste bisher in Deutschland gelaufene 2400 Meter-Zeit erzielte. Achtmal, so oft wie kein anderer, gewann der überragende Otto Schmidt als Jockey den Grossen Preis von Berlin. Das Besondere an der diesjährigen Austragung auf den ersten Blick: 1. Als einziger Dreijähriger nimmt der amtierende Derbysieger NUTAN den Wettkampf gegen die Vertreter der älteren Jahrgänge auf. Im Sattel hat er erneut Andrasch Starke, Deutschlands gefeierten Jockey-Star. 2. Mit dabei ist auch Vorjahressieger SIRIUS. Nach einem Formtief hat er sich kürzlich als Zweiter im Hamburger Hansa-Preis deutlich angekündigt. 3. SINGING startet für Australien. Erstmals ist ein Pferd in australischem Besitz dabei. Der fünfjährige SINGING soll im Herbst auf dem fünften Kontinent starten, in der Cox Plate und/oder im Caulfield Cup. Beide Rennen sind weltberühmt und mit 3 Mio. AUD dotiert. 4. Startrainer Luca Cumani, mit seinen Pferden extrem selten in Deutschland zu Gast, schickt aus dem englischen Newmarket einen Starter nach Hoppegarten: SECOND STEP unter dem Spitzenjockey Jamie Spencer. 5. Einer spielt Eddie the Eagle: Mit der Programmnummer 1 geht AMOROUS ADVENTURE ins Rennen, ein extremer Außenseiter. Rein theoretisch/rechnerisch müsste er 25 Längen hinter NUTAN ans Ziel kommen. Sein Team will es trotzdem versuchen. Die Starter im Einzelnen: 1 AMOROUS ADVENTURE 4j. H. v. Poseidon Adventure-Auenprincess, 60 kg, GAG: 79 kg Besitzer Trainer Reiter Stall Heymann GmbH Karl Demme, Köln Andre Best Dieser Hengst sieht imposant aus, aber er braucht ein Wunder, um zu gewinnen. Seine bisher beste Leistung war der achte Platz im Deutschen Derby von 2014. Das war sehr achtbar, reicht aber nicht aus, um die Favoriten in diesem Rennen in Verlegenheit zu bringen, zumal er eine lange Verletzungspause hinter sich hat und nach dieser noch nicht seine alte Klasse zeigen konnte. Ganz offensichtlich ist er mit großen Schritten auf dem Weg nach oben, denn sonst würde ein erfahrener Pferdemann wie Karl Demme ihn hier nicht an den Start bringen. Aber die Trauben hängen sehr hoch für ihn, rein rechnerisch unerreichbar hoch. 2 GIROLAMO 6j. H. v. Dai Jin – Golden Time, 60 kg Besitzer Trainer Gestüt Ebbesloh Peter Schiergen, Köln GAG: 94,5 kg Reiter Adrie de Vries Dieser kapitale Fuchshengst ist ein echter Marschierer mit riesigen Galoppsprüngen, aber nicht ganz so großem Beschleunigungsvermögen. Ohne Letzteres ist es aber schwer im Galoppsport und so hat der Sechsjährige seit mehr als zwei Jahren kein Rennen mehr gewonnen. Platzierungen in Toprennen hat er auf Grund seiner hohen Klasse aber trotzdem erreicht. 2012 gelang ihm sogar der Sieg im Preis von Europa. Im Vorderfeld ist er auch diesmal zu erwarten, aber ganz vorne eigentlich nicht. 3 ITO 4j. H. v. Adlerflug – Iota, 60 kg Besitzer Trainer Gestüt Schlenderhan Jean-Pierre Carvalho, Bergheim GA: 97 kg Reiter Filip Minarik Mit seinen vier Jahren ist dieser Vertreter des 1869 gegründeten Supergestüts Schlenderhan erst siebenmal gelaufen. Er hatte lange Zeit zum Ausreifen benötigt. Wenn er startete, landete er aber meistens auf Platz 1 - in diesem Jahr schon dreimal (bei ebenso vielen Starts). Zuletzt holte er sich ganz souverän das Hauptrennen beim Frühjahrs-Meeting in Baden-Baden. Wieviel das wert war und wo seine Leistungsgrenze letztlich liegen wird, mag aber noch kaum jemand beantworten. Gerade sein Zusammentreffen mit Derbysieger NUTAN wird von den Galoppsportliebhabern deshalb mit Spannung erwartet. 4 SECOND STEP 4j. W. v. Dalakhani – My Dark Rosaleen, 60 kg Besitzer Trainer Merry Fox Stud Luca Cumani, Newmarket/GB GAG: 99 kg (GB umgerechnet) Reiter Jamie Spencer Luca Cumani (66), Sohn eines italienischen Championtrainers und einer erfolgreichen Amateurrennreiterin, arbeitet seit 40 Jahren im englischen Galoppsport-Mekka Newmarket (nicht weit von Cambridge). Er ist einer der prominentesten Galopptrainer weltweit, sammelte Toperfolge in England, Irland und Frankreich in den USA, Kanada, Dubai, Japan, Hongkong und Singapur. Nur in Deutschland nicht. SECOND STEP könnte das ändern, der Wallach ist auf dem Weg nach oben. Seine letzten beiden Einsätze waren in wettbewerbsstarken Gruppe II-Rennen in Newmarket und endeten mit einem Sieg und einem zweiten Platz. Jockey Jamie Spencer ist eine feste Größe auf den internationalen Rennbahnen. Der gebürtige Ire war schon Championjockey in seiner Heimat und in Großbritannien. Vor genau einem Jahr kündigte er seinen Abschied vom Rennsattel an, doch schon ganz kurz danach kam es zum Rücktritt vom Rücktritt. Ohne das Rennreiten fehlte ihm die gewohnte Adrenalinmenge. 5 SINGING 5j H. v. Singspiel – Ring Beaune, 60 kg Besitzer Trainer Australian Bloodstock Andreas Wöhler, Gütersloh GAG: 95 kg Reiter Eduardo Pedroza Dieses Pferd kommt zwar aus Gütersloh nach Hoppegarten, ist in Deutschland im Grunde aber nur auf der Durchreise. Den größten Teil seiner bisherigen Rennlaufbahn absolvierte der Hengst in seiner französischen Heimat. Die deutschen Turffans kennen ihn im Grunde nur von seinen Platzierungen im Großen Hansa-Preis 2014 und 2015. Er gehört einer australischen Besitzergemeinschaft, die mit Trainer Andreas Wöhler die besten Erfahrungen gemacht hat: Im vergangenen Jahr führte Wöhler den deutschen Hengst PROTECTIONIST zum Sieg im weltberühmten Melbourne Cup und am vergangenen Sonntag holte das Team Wöhler/Pedroza mit der Stute TURFDONNA Deutschlands zweiwertvollstes Rennen, den Henkel Preis der Diana, für diese Besitzer. SINGING wird in Kürze nach Australien reisen, hat dort ein Engagement für zwei Millionen-Rennen. 6 SIRIUS 4j. H. v. Dashing Blade – Saratina, 60 kg Besitzer Trainer Stall Molenhof Andreas Löwe, Köln GAG: 95,5 kg Reiter Jozef Bojko Im letztjährigen Großen Preis von Berlin war es SIRIUS, der sich in einem dramatischen Finish im letzten Galoppsprung nach vorne schob. Es folgten drei schwächere Leistungen, aber zuletzt kündigte er sich als Zweiter im Hansa-Preis wieder gut an. Sein Trainer Andreas Löwe reitet auf einer ausgeprägten Erfolgswelle. Löwe wird oft „der Stuten-Professor“ genannt, weil viele seiner Siege mit Pferde-Ladies zustande kamen, aber er versteht sich nachweislich auch auf den erfolgreichen Umgang mit Hengsten. Besitzer von SIRIUS ist ein außergewöhnlich rennsportpassioniertes Paar aus Belgien. 7 ALASKAKÖNIGIN 4j S. v. Sternkönig - Annouche, 58,5 kg Besitzer Trainer Gestüt Röttgen Markus Klug, Köln-Rath GAG: 90,5 kg Reiter Eugen Frank Trainer Markus Klug hat den Rennstall des Kölner Traditionsgestüts Röttgen in den letzten Jahren zu einer Erfolgsadresse erster Güte gemacht. Über viele Phasen hinweg glückte einfach alles, am Jahresende 2014 war Klug sogar der Trainerchampion. Was er mit der schönen Schimmelstute ALASKAKÖNIGIN in diesem Rennen versucht, bedeutet einen Versuch auf für sie ungekannt hohem Wettbewerbsniveau. Wie gut sie in dieser Liga mitspielen kann, bleibt abzuwarten. 8 NUTAN 3j H. v. Duke of Marmalade – Neele, 55 kg Besitzer Trainer Stall Nizza Peter Schiergen, Köln GAG: 99 kg Reiter Andrasch Starke Als es beim größten Pferderennen des Landes, dem Deutschen Derby, vor fünf Wochen in die entscheidende Phase ging und Andrasch Starke auf der Ideallinie NUTAN in Führung brachte, dachte alles: Starke, dieser Teufelsbraten, gewinnt sein siebtes Derby! Als dieser NUTAN sich dann aber immer weiter von seinen Gegnern absetzen konnte, war auf einmal klar: Da siegt nicht nur ein besonders geschickter Jockey, sondern auch ein ganz tolles Pferd. NUTAN war ein würdiger Gewinner des Blauen Bandes. Wenn er nun als einziger Dreijähriger im Großen Preis von Berlin antritt und dabei altersgemäß eine Gewichtsvorgabe von 5 Kilo bekommt, braucht er die Vertreter der älteren Jahrgänge wahrscheinlich kaum zu fürchten. Er ist der Star des Rennens und wird vermutlich auch der Favorit an den Wettkassen sein. Unter den Farben seines Besitzers, des Freiburger Bankiers Jürgen Imm, siegte übrigens vor zwei Jahren NYMPHEA sensationell in diesem Rennen.