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TA G U N G S B E I T R A G
❙
M. Schneider1, S. Gäbler1, G. Lauer1, U. Eckelt1
Vergleichende Leakage-Studie zu
verschiedenen Methoden der Wurzelkanalfüllung bei Wurzelspitzenresektionen
Die Dichtigkeit von verschiedenen Wuzelkanalfülltechniken und
-materialien sollte im Rahmen von orthograden Füllungen bei
Wurzelspitzenresektionen in vitro untersucht werden. Dazu wurden120 extrahierte einwurzlige Zähne in 4 Gruppen zu je 30 aufgeteilt, die den Wurzelfüllverfahren Einstifttechnik, laterale Kondensation, thermoplastisches Füllmaterial (Thermafil, Dentsply
Maillefer, Ballaigues, Schweiz) vor Wurzelspitzenresektion und
nach Wurzelspitzenresektion zugeordnet wurden. Nach Aufbereitung und Füllung der Wurzelkanäle mit den angegebenen Verfahren erfolgte 48 h lang eine passive Penetration mit Methylenblau 1%. Die Auswertung unter dem Stereomikroskop zeigte folgende Mittelwerte der Leakagetiefen: laterale Kondensation 1,1
mm, Thermafil nach Wurzelspitzenresektion 1,5 mm, Thermafil
vor Wurzelspitzenresektion 2,0 mm, Einstifttechnik 2,7 mm. Dabei unterschieden sich die beiden Thermafil-Gruppen nicht signifikant von der Gruppe der lateralen Kondensation. Die in vitro
simulierte intraoperative Füllung der Wurzelkanäle mit einem
thermoplastischen Füllungswerkstoff erwies sich bezüglich ihrer
Dichtigkeit der lateralen Kondensation als gleichwertig.
Schlüsselwörter: Wurzelkanalfüllung, thermoplastische; Leakage-Test; Wurzelspitzenresektion
Comparative leakage-study to different means of the root
channel filling at apicoectomy. The purpose of this study was
to examine the sealing capacity of various root filling materials
und techniques in orthograde root fillings and in combination
with apicectomy. 120 single rooted teeth were divided into four
groups of 30 teeth each and in each of these groups a different
root filling technique was applied: single cone method, lateral
condensation, thermoplastic root canal method (Thermafil,
Dentsply Maillefer, Ballaigues, Switzerland) prior to apicoectomy
and following apicoectomy. After the root canals were prepared
and filled according to the different techniques, passive penetration with methylene blue (1%) were performed for 48 hours.
Evaluation under the stereoscopic microscope revealed the following arithmetic means for leakage depth: lateral condensation
1.1 mm, Thermafil following apicectomy 1.5 mm, Thermafil prior
to apicectomy 2.0 mm, single cone method 2.7 mm. The two
Thermafil groups were not significantly different from lateral
condensation. Concerning the density of the filling, the in vitro
simulation of intraoperative filling of root canals with the thermoplastic method is comparable to the lateral condensation.
Keywords: thermoplastic root filling method, leakage test, root
resection, apicoectomy
1
Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus
(Direktor: Prof. Dr. med. habil. Dr. med. dent. U. Eckelt)
Deutsche Zahnärztliche Zeitschrift 57 (2002) 12
1 Einleitung
Die im apikalen Drittel der Wurzel befindlichen Seitenäste
des Wurzelkanals können trotz anscheinend exakt durchgeführter Wurzelfüllung einen akuten oder chronischen Entzündungsprozess auslösen und unterhalten. Nach chirurgischer Entfernung der Wurzelspitze wird im Idealfall ein bakteriendichter Verschluss erreicht und damit eine Reinfektion
aus dem Wurzelkanal verhindert.
Im Zusammenhang mit einer Wurzelspitzenresektion
wird eine Revision der Wurzelfüllung als conditio sine qua
non angesehen [10]. Diese kann ortho- oder retrograd erfolgen. Im Falle der orthograden Füllung besteht die Möglichkeit der prä- oder intraoperativen Füllung. Zu bedenken ist
dabei, dass intraoperative Wurzelfüllungen nicht unter idealen Bedingungen stattfinden. Zu nennen sind die Gefahr der
Feuchtigkeitskontamination und der erhöhte Stress des Behandlers durch die ungewohnte Situation des chirurgischen
Eingriffs für die konventionell tätigen und der komplizierten
Fülltechnik für die chirurgisch tätigen Behandler. Deshalb ist
die Vereinfachung der Wurzelfülltechnik von Interesse.
Das neue thermoplastische Wurzelfüllverfahren Thermafil (Dentsply Maillefer, Ballaigues, Schweiz) verspricht dies,
so dass seine Anwendung im Zusammenhang mit der Wurzelspitzenresektion sinnvoll erscheint. Es liegen zwar inzwischen einige Veröffentlichungen zu dem Verfahren vor [2, 5,
6, 8, 12], jedoch gibt es keine Untersuchung zur Anwendung
von Thermafil bei Wurzelspitzenresektionen.
Ziel dieser Arbeit war es, das neue Wurzelfüllverfahren
Thermafil in vitro im Vergleich zu herkömmlichen Füllmethoden wie Einstifttechnik und laterale Kondensation mit genormten Guttaperchastiften auf Dichtigkeit zu überprüfen.
2 Material und Methode
In der Untersuchung wurden 120 einwurzlige extrahierte
Zähne verwendet. Wie bei Shakespeare und Donelly [11] beschrieben, erfolgte unmittelbar nach der Extraktion die Einlagerung in künstlichem Speichel mit 2% Thymol. Anschließend wurden 4 Gruppen zu je 30 Zähnen gebildet.
Den Gruppen wurden folgende Wurzelfüllmethoden
zugeordnet:
Gruppe 1: intraoperative Abfüllung mittels Einstifttechnik [1]
Gruppe 2: intraoperative Abfüllung mittels lateraler Kondensationstechnik [1]
Gruppe 3: präoperative Abfüllung mittels Thermafil
Gruppe 4: intraoperative Abfüllung mittels Thermafil.
Zur Überprüfung des Versuchaufbaus erfolgte im Vorfeld eine Untersuchung mit je 10 Zähnen pro Gruppe.
Alle Zähne wurden durch Hand- und Ultraschallinstrumente von Knochen, Konkrementen und Wurzelhaut gerei-
© Deutscher Ärzte-Verlag, Köln
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M. Schneider et al.: Wurzelkanalfüllung bei Wurzelspitzenresektionen
nigt. Die folgenden Arbeiten wurden von derselben Person
ausgeführt, um interpersonelle Abweichungen bei Präparation und Abfüllung auszuschließen. Alle Zähne wurden in
Serien zu je 10 Zähnen nacheinander verarbeitet.
Guttaperchastiften. Die Thermafil-Carrier wurden nach Herstellerangaben erwärmt und unter Druck in die Wurzelkanäle eingeführt. Erst anschließend wurde der Apex um 3 mm
gekürzt.
Vorgehen für Gruppe 1:
Nach Entnahme der gereinigten Zähne in zufälliger Weise
(blindes Entnehmen der Zähne aus dem Behälter) bekamen sie eine Gravur im koronalen Bereich zur eindeutigen
Identifikation. Zur Längenbestimmung wurde der Zahn
direkt vor der Kürzung an ein Lineal mit Millimeterskalierung angelegt. Danach wurde der Apex um 3 mm mittels
eines wassergekühlten normalgekörnten Diamantzylinders bei 30 000 – 40 000 U/min senkrecht zur Zahnachse
gekürzt. Die Trepanation erfolgte ebenfalls mit normalgekörntem Diamantzylinder. Die Entfernung der Kronenpulpa und die Suche der Kanaleingänge erfolgten unter der
Lupenbrille (Carl Zeiss, Jena, 2,3fache Vergrößerung) mit
Hedströmfeilen (Dentsply Maillefer, Ballaigues, Schweiz).
Nach Feststellung der Durchgängigkeit der Wurzelkanäle
mit Reamern der Größe 10 (Dentsply Maillefer, Ballaigues,
Schweiz) erfolgte die Darstellung und Erweiterung der Kanaleingänge mit Gates-Bohrern (Dentsply Maillefer, Ballaigues, Schweiz). Während der Aufbereitung spülten wir
mit NaOCl 3 % und H2O2 3 % wechselweise. Die Kanäle
wurden mittels Roane-Technik [9] bis zu Größen zwischen
30 und 50 aufbereitet. Nach Trocknung mit Papierspitzen
wurde der Wurzelkanal mit einem ISO-genormten Guttaperchastift (Roeko ISO Color, Langenau), der den Neoapex
um ca. 3 mm überragte und Diaket (ESPE, Seefeld) als Sealer abgefüllt. Dazu wurde der reichlich mit Sealer benetzte
Guttaperchastift mehrfach im Kanal auf und ab bewegt,
um eine vollständige und überschüssige Füllung des Kanals mit Sealer zu erreichen. Im Zweifelsfall wurde der
Guttaperchastift erneut mit Sealer benetzt und erst dann
bis zur apikalen Position vorgeschoben. Anschließend
wurde der Stift mit einer Pinzette von apikal aus so stark
gezogen, dass gerade noch keine Verformung des Guttaperchastiftes zu erkennen war. Die Abtrennung des koronalen und apikalen Überschusses erfolgte mit einem heißen Heidemann-Spatel. Nun wurde der Neoapex noch einmal mit einem Rosenbohrer geglättet.
Vorgehen Gruppe 4:
Das Vorgehen der Gruppe 4 unterschied sich von Gruppe 1
dadurch, dass statt des ISO-genormten Guttaperchastiftes
Thermafil-Carrier der Größe zur Anwendung kamen, die
nach Prüfung der Kanalgröße mit so genannten Verifyern
gewählt wurden. Auch in dieser Gruppe wurden die Kanalwände mit sealerbestrichenen Guttaperchastiften benetzt.
Die Thermafil-Carrier wurden nach Herstellerangaben erwärmt und unter Druck in die Wurzelkanäle eingeführt.
Zum Abtrennen der apikalen Überschüsse und Trägeranteile
kamen nur Rosenbohrer zur Anwendung.
Der im Folgenden beschriebene Ablauf ist für alle vier
Gruppen identisch:
Die koronale Kavität wurde mit Phosphatzement (Harvard Cement, Richter & Hoffmann, Berlin) verschlossen. Die
Zähne wurden mit zwei Schichten Nagellack so überzogen,
dass nur die Schnittfläche des Neoapex unbenetzt blieb. Die
Trocknung der Nagellackschichten dauerte jeweils etwa eine
Stunde, so dass zwischen Abfüllung und der Einlage in die
Methylenblau-Lösung 1 % zwischen 2 und 3 h vergingen. Die
vollständige Einlage in Methylenblau dauerte 48 h. Danach
wurden die Zähne auf Zellstoff getrocknet und in klarsichtigem Kunststoff (Technovit, 9100 Neu, Heraeus Kulzer, Wehrheim) eingebettet. Bis zum Schliff wurden die Zähne in geschlossenen Kunststofffilmdosen aufbewahrt.
Der Schliff erfolgte mit dem Schleifgerät Accutom 50
(Struers, Rǿdovre, Denmark) in der Weise, dass die Proben
entlang der Kanalmittelachse mit einer 20 µm-Scheibe getrennt wurden. Die Ausmessung der Farbstoffpenetrationstiefen erfolgte mit dem Stereomikroskop (MZ12, Leica,
Herrbrugg, Schweiz) mittels Messokular (8- und 16fache
Vergrößerung). An den beiden Schliffhälften der Wurzel
wurde an den Kanalrändern gemessen. Gewertet wurde die
jeweils größte Penetrationstiefe dieser 4 Messstrecken
(Abb. 1).
Vorgehen Gruppe 2:
Der Ablauf bei Gruppe 2 entsprach weitgehend dem der
Gruppe 1, außer dass als Füllmethode die laterale Kondensation zur Anwendung kam. Nach Einbringen der Guttaperchahauptstifte (Roeko ISO Color, Langenau), die exakt bis
zum Apex reichten, wurde durch ISO-genormte Spreader
(Dentsply Maillefer, Ballaigues, Schweiz) der Größen 30 und
35 lateral kondensiert und ISO-genormte Guttaperchastifte
jeweils eine Größe kleiner nachgeschoben. Auch in dieser
Gruppe erfolgte das Abtrennen der apikalen Überschüsse
mit heißem Heidemannspatel.
Vorgehen Gruppe 3:
Das Vorgehen der Gruppe 3 unterscheidet sich von Gruppe 1
dadurch, dass statt des ISO-genormten Guttaperchastiftes
Thermafil-Carrier (Dentsply Maillefer, Ballaigues, Schweiz)
der Größe zur Anwendung kamen, die nach Prüfung der Kanalgröße mit so genannten Verifyern (Dentsply Maillefer,
Ballaigues, Schweiz) gewählt wurden. Die Benetzung der Kanalwände erfolgte mit sealerbestrichenen Guttaperchastiften. Die Wurzelfüllung erfolgte vor Abtrennung der Wurzelspitze („präoperativ“). So entfiel auch die apikale Glättung
der Überschüsse mittels Rosenbohrer. Die Benetzung der
Kanalwände erfolgte mit sealerbestrichenen ISO-genormten
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Abbildung 1 Bestimmung der Leakagetiefe am Schnittmodell (Stereomikroskop Vergrößerung 1:16)
Vor der Auswertung der Daten erfolgte eine Messwertbereinigung, indem alle Proben, bei denen infolge von zweiten
Wurzelkanälen die Penetrationstiefen nicht bestimmbar waren, nicht gewertet wurden. So schieden in Gruppe 1 vier
Proben, in Gruppe 2 eine Probe, in Gruppe 3 zwei Proben
und in Gruppe 4 keine Probe aus.
Deutsche Zahnärztliche Zeitschrift 57 (2002) 12
M. Schneider et al.: Wurzelkanalfüllung bei Wurzelspitzenresektionen
Thermafil-Füllung tendenziell schlechtere Werte zeigte als
die intraoperative Thermafil-Füllung. Erwartet worden war,
dass durch den geringeren Querschnitt des ursprünglichen
apikalen Foramens ein höherer Druck während der Füllung
entstehen kann, der zu einer besseren Wandständigkeit der
Thermafil-Füllung führt. Zur Klärung dieser Frage werden
weitere Untersuchungen notwendig sein.
Auf Grund unserer experimentellen Ergebnisse halten
wir die orthograde intraoperative Wurzelfüllung mit Thermafil für sehr geeignet. Gegenüber der Einstifttechnik zeigt
sie einen signifikant besseren Verschluss des Wurzelkanales.
Gegenüber der lateralen Kondensation zeigt Thermafil eine
nur gering schlechtere Dichtigkeit, die nicht signifikant war.
Sie hebt sich aber durch einfachere Handhabung und Verkürzung der Behandlungszeit positiv ab.
Abbildung 2 Penetrationstiefen nach Wurzelfülltechnik/ - verfahren in mm
Die statistische Auswertung der Messergebnisse erfolgte
im Programm SPSS 10.0 (SPSS Inc., Chicago, USA) mit
dem t-Test. Zum Vergleich der Mittelwerte diente der LSDTest (least significant difference).
3 Ergebnisse
Die Penetrationstiefen in mm mit den jeweiligen Mittelwerten sind für die Gruppen zusammengefasst in Abb. 2 wiedergegeben. Die Gruppen laterale Kondensation (Mittelwert 1,1
mm) und Thermafil intraoperativ (1,5 mm) unterschieden
sich signifikant (p ≤ = 0,05) von der 1-Stift-Technik (2,7 mm).
Aufgrund der hohen Varianzen waren die Ergebnisse der Gesamtgruppe gegeneinander nicht mehr signifikant. Im Einzelvergleich nach dem LSD-Test waren die Gruppen 1-StiftTechnik zu Thermafil intraoperativ und laterale Kondensation verschieden.
4 Diskussion
Ziel dieser Arbeit war es, die Dichtigkeit von Thermafil unter
dem Einfluss der Wurzelspitzenresektion zu bestimmen.
Die Wurzelspitzenresektion erhöht den Durchmesser des
neuen apikalen Foramens und verringert die Anzahl von Lateralkanälen durch Abtrennung des „apikalen Deltas“ [4, 7].
Wie erwartet, schnitt die Einstifttechnik deutlich schlechter
als die laterale Kondensation ab [3]. Auch in anderen Untersuchungen [2] erreichte die Dichtigkeit der Thermafil-Füllungen den Bereich der Werte wie bei der lateralen Kondensation. Überraschend war, dass die Gruppe der präoperativen
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Literatur
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535 (1997).
11. Shakespeare, R. C., Donelly, J. C.: An in vitro comparison of apical microleakage after obturation with JS Quick-Fill or lateral condensation. J Endodont 23,
312 (1997).
12. Wellner, R. N., Kimbrough, W. F., Anderson, R. W.: A comparison of thermoplastic obturation techniques: Adaptation to the canal walls. J Endodont 23,
703 (1997).
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Korrespondenzadresse:
Dr. med. Matthias Schneider
Arzt und Zahnarzt
Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie
Universitätsklinikum der Technischen Universität Dresden
Fetscherstrasse 74
D–01307 Dresden
Email: [email protected]
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