DIREKTINVESTITIONEN UND MULTINATIONALE UNTERNEHMEN Die Wirtschaft hat klare Erwartungen an den Ruggie-Prozess In der Schweiz wird gegenwärtig ein Nationaler schenrechtspolitik (Policy Commitment) sind. Dabei haben Aktionsplan (NAP) zur Umsetzung der UNO-Leitlinien sie auch ihre Instrumente für die Risikoprüfung im Bereich von Prof. John Ruggie erarbeitet. Die Wirtschaft zählt Menschenrechte ausgewertet. Im Zuge dieser Prüfungen darauf, dass Ruggie hierbei ganzheitlich verstanden wurden die diesbezüglichen Aktivitäten massgeblich aus- und angegangen wird. gebaut. Ein wichtiger Schritt ist hiermit getan. Verstösse gegen die Menschenrechte und die Umwelt bei Bei der Ausarbeitung des Nationalen Aktionsplans (NAP) wirtschaftlichen Aktivitäten in Ländern mit schwachen zählt die Wirtschaft darauf, dass Ruggie ganzheitlich ver- staatlichen Strukturen sorgen immer wieder für Schlagzei- standen wird. Denn diese Leitlinien beziehen sich nicht nur len. Jüngstes Beispiel sind die Einstürze von Fabrikgebäu- auf global tätige Unternehmen, die sich bei ihren Aktivitä- den in Bangladesch. Regelmässig in die Medien gerät fer- ten vorsätzlich über internationale Standards hinwegset- ner die Minenbewirtschaftung in besonders exponierten zen. Ruggie ist es ein mindestens so wichtiges Anliegen, Gebieten («Weak Governance Zones») wie im Kongo. Es dass die internationale Wirtschaft noch mehr in ihren Be- sind solche Fälle, die auch in der Schweiz die Diskussion mühungen unterstützt wird, ihre soziale Verantwortung in über die gesellschaftliche Verantwortung von Unterneh- Ländern mit schwachen Gouvernanzstrukturen wahrzu- men (Corporate Responsibility – CR) verstärkt haben. Im nehmen. Die Leitlinien betonen hierbei die zentrale Rol- Fokus steht die Frage, was die Schweiz unternehmen kann, le, welche den Konzernen in diesen Re­gionen bezüglich um derartigen Missständen entgegenzuwirken. Armutsreduktion und Erhöhung des ­Lebensstandards zukommt. Diese Fragen sind auch Gegenstand des aktuell in der Schweiz laufenden Prozesses der Erarbeitung eines Nati- Stärkung der internationalen Strukturen im Fokus onalen Aktionsplans (NAP) zur Umsetzung der UNO-Leit- Die Schweiz könnte deshalb im Rahmen des NAPs bei- prinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte. Diese Leit- spielsweise prüfen, wie sie den Unternehmen vermehrt linien wurden von Professor John Ruggie entwickelt und Informationen zu Risiken zur Verfügung stellen könnte. 2011 vom Menschenrechtsrat der UNO einstimmig ver- Sie kann sich auch auf internationaler Ebene für die Wei- abschiedet. Wichtig an diesen Leitlinien ist, dass sie kei- terentwicklung globaler Verhaltensstandards und Richt­ ne neuen völkerrechtlichen Verpflichtungen begründen. linien einsetzen. Dabei sollte ein besonderes Augenmerk Vielmehr fordern sie die Staaten auf, zu überprüfen, ob auf branchenspezifische Initiativen gelegt werden. Mit die von ihnen ergriffenen Schutzmassnahmen im Bereich solchen Instrumenten können sehr ambitiöse Zielsetzun- «Wirtschaft und Menschenrechte» auch tatsächlich wir- gen verfolgt und erreicht werden. Dies braucht allerdings kungsvoll sind, und ob es Anpassungsbedarf gibt. Adres­ Zeit und ein längerfristiges Engagement aller Stakeholder. saten der Ruggie-Leitlinien sind neben den Staaten auch die Unternehmen. Für beide Akteure hat Ruggie Emp- Die Wirtschaft spricht sich entschieden dagegen aus, dass fehlungen erarbeitet, welche sie in diesem Prozess unter­ im NAP die von der Kampagne «Recht ohne Grenzen» pos- stützen sollen. tulierten Forderungen nach äusserst weitgehenden Haftungs- und Strafbestimmungen aufgenommen werden. Die Schweizer Wirtschaft begrüsst die UNO-Leitlinien als Konzerne – anstelle der Staaten – dazu zu zwingen, den schlüssiges Konzept zur besseren Durchsetzung der Men- Schutz der lokalen Bevölkerung über ihre Kontrollmöglich- schenrechte. Die Schweizer Konzerne sind im internationa- keiten hinaus zu gewährleisten, ist äusserst kontraproduk- len Vergleich schon fortgeschritten bezüglich Erfüllung der tiv. Sinnvoller ist es, dass sich die Schweiz in ihrem NAP das Forderungen von Ruggie. Viele der international tätigen Ziel setzt, ihre Bemühungen um eine Verbesserung der ins- Unternehmen haben in den letzten Monaten auch über- titutionellen Strukturen in den betroffenen Staaten zu ver- prüft, wie wirkungsvoll ihre internen Vorgaben zur Men- stärken.