Formale Methoden 2 - LS1 - Logik in der Informatik

Werbung
Formale Methoden 2
Gaetano Geck
(Lehrstuhl I – Logik in der Informatik)
Blatt 12
Beispiellösung
Aufgabe 1
WS 2014/15
[Auswertung]
4 Punkte
Gegeben ist die Signatur σ = {E, R, f, c} mit einem zweistelligen Prädikat/Relationssymbol E und einem
einstelligen Prädikat/Relationssymbol R, einem einstelligen Funktionssymbol f und einem Konstantensymbol c.
Eine dazu passende Struktur ist S = (U, Ê, R̂, ĉ) mit
•
•
•
•
•
dem Universum U = {1, 2, 3},
der zweistelligen Relation Ê = {(1, 2), (1, 3)},
der einstelligen Relation (Menge) R̂ = {1, 3},
der Funktion fˆ : U → U mit fˆ(1) = 1, fˆ(2) = 3 und fˆ(3) = 2.
der Konstanten ĉ = 1.
Sie können Sich diese Struktur als Graphen veranschaulichen:
1
2
3
Das Universum entspricht der Menge der Knoten(identitäten), die Menge R̂ der Menge der
„Rechteckknoten“ und die binäre Relation Ê der Kantenrelation des Graphen. Die Funktion fˆ ermittelt zu einem Knoten seinen Geschwisterknoten (sofern existent, andernfalls die eigene Knotenidentität).
Die Interpretation I = (S, β) ist definiert durch obige Struktur S und die Abbildung β : PV → U , die für keine
Variable aus PV definiert ist.
a)
Bestimmen Sie den Wahrheitswert [[ϕ1 ]]I der Formel ϕ1 = R f f (c)
b)
Bestimmen Sie den Wahrheitswert [[ϕ2 ]]I der Formel ϕ2 = ∃x E(c, f (x)) ∧ R(x)
c)
Bestimmen Sie den Wahrheitswert [[ϕ3 ]]I der Formel ϕ3 = ∀x E(x, c)→R(x)
d)
Bestimmen Sie den Wahrheitswert [[ϕ4 ]]I der Formel ϕ4 = ∃x ∀y E(x, y)→R(y)
Formale Methoden 2 (WS 2014/15)
Blatt 12
Beispiellösung zu Aufgabe 1
Die angegebene Interpretation erfüllt alle Formeln. Im Folgenden vollziehen wir nach, wie sich dies formal aus
der Semantikdefinition (Definition 2.12 und 2.13) ergibt.
a)
Die Formel ϕ1 besteht lediglich aus einem Relationsatom. Mit Definition 2.12 bestimmen wir zunächst
den Wert [[f (f (c))]]I des Terms f (f (c)) unter der Interpretation I. Die rekursive Auswertung ergibt:
[[f (f (c))]]I = fˆ([[f (c)]]I ) = fˆ(fˆ([[c]]I )) = fˆ(fˆ(ĉ)) = fˆ(fˆ(1)) = fˆ(1) = 1.
Nach Definition 2.13 ist die Formel R f (f (c)) unter I genau dann wahr, wenn [[f (f (c))]]I ∈ R̂, also 1 ∈ R̂. Da
R̂ das Individuum 1 enthält, wird die Formel durch I erfüllt.
b)
Nach Definition 2.13 ist die Formel ϕ2 unter der Interpretation I genau dann wahr, wenn es eine
Erweiterung β 0 gibt, die der Variablen x ein Individuum aus dem Universum U zuweist, sodass [[E(c, f (x)) ∧
R(x)]](S,β 0 ) = 1 gilt.
Wir wählen β 0 , sodass β 0 (x) = 3 gilt.
Nach Definition der Konjunktion ist [[E(c, f (x)) ∧ R(x)]](S,β 0 ) = 1 genau dann, wenn [[E(c, f (x))]](S,β 0 ) = 1 gilt
und außerdem [[R(x)]](S,β 0 ) = 1 gilt.
Gemäß Definition 2.12 werten wir die beteiligten Terme unter der Interpretation (S, β 0 ) aus und stellen fest:
• ĉ, fˆ(β 0 (x)) = (1, fˆ(3)) = (1, 2) ∈ R̂.
• β 0 (x) = 3 ∈ R̂.
Folglich sind beide Bedingungen erfüllt und somit ist die Formel wahr.
c)
Der Allquantor bedingt, dass wir alle möglichen Erweiterung β 0 von β betrachten müssen. Jede dieser
Erweiterung weist der quantifizierten Variable x ein Individuum aus dem Universum zu. Da das Universum
U = {1, 2, 3} drei Elemente enthält, gibt es drei solche Erweiterungen: βi mit βi (x) = i für i ∈ {1, 2, 3}.
Lösen wir die (syntaktische) Implikation auf (abkürzende Schreibweise), so führt dies dazu, die Wahrheitswerte
[[¬E(x, c) ∨ R(x)]](S,β1 ) , [[¬E(x, c) ∨ R(x)]](S,β2 ) und [[¬E(x, c) ∨ R(x)]](S,β3 ) zu bestimmen. Nach Definition
der Semantik der Disjunktion genügt es, festzustellen, unter jeder Interpretation (S, βi ) für i ∈ {1, 2, 3} die
Teilformel ¬E(x, c) erfüllt ist. Dies fällt nicht schwer:
• (β1 (x), ĉ) = (1, 1) ∈
/ E,
• (β2 (x), ĉ) = (2, 1) ∈
/ E,
• (β3 (x), ĉ) = (3, 1) ∈
/ E,
sodass E(x, c) unter jeder Interpretation falsch ist, mithin ¬E(x, c) unter jeder Interpretation wahr.
d)
Wie in der Übung dargestellt und analog zu den vorhergehenden Lösungen. Zunächst wird eine Erweiterung β 0 , die der äußeren Variablen x ein Individuum zuweist, betrachtet, danach alle Erweiterungen β 00 , die
der Variablen y ein Individuum zuweisen. Die Abbildung β 0 kann als β 0 (x) = 2 oder β 0 (x) = 3 gewählt werden
(gemäß Semantikdefinition genügt die Existenz bereits einer solchen Erweiterung).
2/3
Formale Methoden 2 (WS 2014/15)
Aufgabe 2
Blatt 12
[(Nicht-)Äquivalenzen]
6 Punkte
Begründen Sie jeweils, warum eine Struktur eine Formel erfüllt beziehungsweise nicht erfüllt.
a)
Zeigen Sie, dass die Formeln ϕ = ∀x M (x) ∨ W (x) und ψ = ∀x M (x) ∨ ∀y W (y) nicht äquivalent
sind, indem Sie eine zu der Signatur von ϕ und ψ passende Struktur angeben, sodass ϕ durch die Struktur
erfüllt wird, ψ durch dieselbe Struktur jedoch nicht erfüllt wird.
b)
Zeigen Sie, dass die Formeln ϕ0 = ∀x∃yE(x, y) und ψ 0 = ∃y∀xE(x, y) nicht äquivalent sind, indem Sie
• zunächst eine passende Struktur S1 angeben, sodass ϕ0 unter S1 erfüllt ist, ψ 0 jedoch nicht.
• weiterhin eine passende Struktur S2 angeben, sodass ψ 0 unter S2 erfüllt ist, ϕ0 jedoch nicht.
Beispiellösung zu Aufgabe 2
a)
Wir wählen die Struktur S = (U, M̂ , Ŵ ) mit
• dem Universum U = {Xaver, Yvonne},
• der Menge M̂ = {Xaver} und
• der Menge Ŵ = {Yvonne}.
Diese Struktur erfüllt die Formel ϕ (nachrechnen!), jedoch nicht die Struktur ψ (nachrechnen!).
b)
Wir wählen die Struktur S1 = (U, Ê) mit
• dem Universum U = {a, b} und
• der binären Relation R̂ = {(a, a), (b, b)}.
Diese Struktur erfüllt ϕ0 , da zu jeder Erweiterung β 0 eine Erweiterung β 00 (definiere β 00 (y) = β 0 (x)) existiert,
sodass (β 00 (x), β 00 (y)) = (β 0 (x), β 0 (x)) ∈ R̂ gilt.
Entgegen der Aufgabenstellung existiert keine Struktur S2 mit der geforderten Eigenschaft. Dies ist darin
begründet, dass die Formel ψ 0 die Formel ϕ0 impliziert. Jede erfüllende Belegung von ψ 0 ist also auch notwendig
eine erfüllende Belegung für ϕ0 .1
1 Eine kurzfristige Änderung der Variablennamen hat zu diesem Fehler geführt. Man versuche sich an der Aufgabenstellung für
die Formeln ϕ0 = ∀x∃y E(x, y) und ψ 0 = ∃x∀y E(x, y).
3/3
Herunterladen