Anwendungen der abc-Vermutung in der

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Anwendungen der abc-Vermutung
in der Diophantischen Approximation
Diplomarbeit in Mathematik
von
Patrik Hubschmid
Betreuer: Prof. G. Wüstholz
ETH Zürich
Wintersemester 2005/06
Einleitung
Die vorliegende Diplomarbeit behandelt ausgewählte Anwendungen der abc-Vermutung im Gebiet der Diophantischen Approximation. Im Mittelpunkt steht die Folgerung einer Verallgemeinerung des Satzes von Roth aus der abc-Vermutung.
Die ursprüngliche Version des Satzes von Roth stammt aus dem Jahr 1955 und sagt aus, dass
die Ungleichung
¯
¯
¯
¯
p
¯α ¯ ¤ 1
(1)
¯
q ¯ q2 ε
für eine beliebige algebraische Zahl α und ein ε ¡ 0 nur endlich viele ganze Lösungen pp, q q mit
p, q teilerfremd und q ¡ 0 hat. Dies bedeutet, dass die vorgegebene algebraische Zahl α nur
durch endlich viele rationale Zahlen β pq gut“ approximiert werden kann. Dabei wird hier
”
die Güte einer Approximation durch den Abstand von β zu α und die Größe des Nenners q in
der Darstellung von β als gekürzten Bruch beurteilt.
Wir betrachten eine allgemeinere Version des Satzes von Roth, bei der α nicht nur durch
rationale Zahlen, sondern durch Zahlen β in einem festen Zahlkörper K approximiert wird. In
dieser Version ist der übliche Absolutbetrag durch eine endliche Familie von Absolutbeträgen
ersetzt und an Stelle der Funktion des Nenners von β auf der rechten Seite von (1) tritt eine
Funktion der Höhe von β bezüglich K.
Der Ausgangspunkt unserer Überlegungen ist ein Argument von Elkies und Langevin, das die
ursprüngliche Version des Satzes von Roth aus der abc-Vermutung über Q folgert und in [2]
von Bombieri und Gubler vorgestellt wird. Diese unbewiesene Vermutung besagt, dass für jedes
ε ¡ 0 eine Konstante C pεq ¡ 0 existiert, so dass für alle ganzen, teilerfremden Zahlen a, b, c
mit a b c 0
Y
max{|a|, |b|, |c|} ¤ C pεq p1 ε
|
p abc
gilt, wobei das Produkt auf der linken Seite über alle Primzahlen p gebildet wird, die abc
teilen. Wir dehnen dieses Argument auf die verallgemeinerte Version des Satzes von Roth aus
und gehen dabei von der abc-Vermutung über einem festen Zahlkörper aus. Sofern wir eine
effektive Version der abc-Vermutung annehmen, liefert unser Beweis eine effektive Version des
verallgemeinerten Satzes von Roth, d. h. die endlich vielen Approximationen β zu α könnten
dann explizit bestimmt werden.
Abschließend werden wir uns mit der Frage beschäftigen, ob eine absolute, für sämtliche alge-
2
3
braischen Zahlen gültige abc-Vermutung formuliert werden kann. Masser bewies in [10], dass in
eine solche die Diskriminante des jeweiligen Zahlkörpers eingehen muss. Wir werden analysieren,
ob mit den Argumenten unseres Beweises der Verallgmeinerung des Satzes von Roth und bekannten Resultaten, die die Approximation von algebraischen Zahlen durch Zahlen beschränkten Grades betreffen, eine Aussage über das Auftreten der Diskriminante in der abc-Vermutung
gemacht werden kann. Wir werden feststellen müssen, dass wir mit unseren Methoden nicht in
der Lage sind, das Resultat von Masser in [10] zu beweisen. Durch Betrachten eines bestimmten
Falls erhalten wir nur eine Aussage, die schwächer als das Resultat von Masser ist.
In den ersten zwei Kapiteln der Arbeit werden die Grundlagen aus der Dedekindschen Idealtheorie und der Theorie der Absolutbeträge und Höhen auf algebraischen Zahlkörpern vorgestellt.
Das dritte Kapitel behandelt die Verzweigung von Morphismen zwischen algebraischen Kurven.
Insbesondere wird darin das für unsere Argumente wesentliche Lemma von Belyi präsentiert,
mit deren Hilfe Morphismen nach P1 konstruiert werden können, die nur über höchstens drei
Punkten verzweigt sind. Im vierten Kapitel formulieren wir die abc-Vermutung für algebraische
Zahlkörper, aus der dann im fünften Kapitel die Verallgemeinerung des Satzes von Roth bewiesen wird. Im letzten Kapitel wird schließlich das Eingehen der Diskriminante in eine absolute
abc-Vermutung analysiert.
Die vorliegende Diplomarbeit wurde im Wintersemester 2005/06 an der ETH Zürich ausgeführt
und von Herrn Prof. G. Wüstholz betreut. Ich möchte Herrn Wüstholz für die Einführung in
das Thema und die Betreuung beim Erstellen der Arbeit herzlich danken.
Zürich, 24. März 2006
Patrik Hubschmid
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
2
1 Grundlagen aus der Dedekindschen Idealtheorie
6
1.1
Primidealzerlegung von gebrochenen Idealen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6
1.2
Erweiterungen von algebraischen Zahlkörpern . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7
1.3
p-adische Exponentialbewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
9
1.4
Absolutnorm von Idealen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
1.5
Diskriminante und Differente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
2 Absolutbeträge und Höhen
2.1
2.2
15
Absolutbeträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
2.1.1
Definition von Absolutbeträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
2.1.2
Fortsetzung von Absolutbeträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
2.1.3
Absolutbeträge auf Q . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
2.1.4
Absolutbeträge auf algebraischen Zahlkörpern . . . . . . . . . . . . . . . 18
2.1.5
Normierte Absolutbeträge und Produktformel . . . . . . . . . . . . . . . 20
Höhen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
2.2.1
Höhen im projektiven Raum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
2.2.2
Höhen auf algebraischen Zahlkörpern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
4
INHALTSVERZEICHNIS
5
3 Morphismen zwischen algebraischen Kurven
28
3.1
Grad von Morphismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
3.2
Verzweigungsindizes
3.3
Hurwitz-Formel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
3.4
Lemma von Belyi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
4 abc-Vermutung
37
4.1
abc-Vermutung für feste algebraische Zahlkörper . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
4.2
Absolute abc-Vermutungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40
5 Satz von Roth
42
5.1
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42
5.2
Beweis der Verallgemeinerung mit der abc-Vermutung . . . . . . . . . . . . . . . 44
6 Diskriminante in absoluten abc-Vermutungen
52
6.1
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52
6.2
Abschätzung der Diskriminante eines Zahlkörpers . . . . . . . . . . . . . . . . . 54
6.3
Approximation durch Zahlen beschränkten Grades . . . . . . . . . . . . . . . . . 56
6.4
Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60
Literaturverzeichnis
66
Kapitel 1
Dedekindsche Idealtheorie
In diesem Kapitel geben wir eine Übersicht über die in der vorliegenden Arbeit verwendeten
grundlegenden Resultate aus der Dedekindschen Idealtheorie algebraischer Zahlkörper. Wir
folgen dabei der Darstellung der Theorie von Neukirch in [11].
Wir bezeichnen mit K immer einen algebraischen Zahlkörper und mit OK den ganzen Abschluss
von Z in K. Für die Norm und Spur bzgl. der Erweiterung K |Q schreiben wir N NK |Q und
T r T rK | Q .
1.1
Primidealzerlegung von gebrochenen Idealen
Das Ziel der Dedekindschen Idealtheorie ist das Studium der Ideale von OK . Dazu sind als
Erstes die folgenden zwei Eigenschaften von OK nützlich:
Satz 1.1.1 OK ist noethersch und jedes Primideal p 0 von OK ist ein Maximalideal.
Beweis: Theorem I.3.1 in [11].
¤
Es erweist sich als zweckmäßig, einen erweiterten Idealbegriff einzuführen.
Definition 1.1.2 (Gebrochenes Ideal) Ein gebrochenes Ideal von K ist ein endlich erzeugter OK -Untermodul a 0 von K.
Insbesondere ist jedes Ideal von OK ein gebrochenes Ideal von K, da OK noethersch ist.
Der folgende Satz beschreibt die Struktur der gebrochenen Ideale als abelsche Gruppe:
Satz 1.1.3 Jedes gebrochene Ideal a von K ist als abelsche Gruppe frei abelsch und vom Rang
n rK : Qs. Es gibt also eine Q-Basis α1 , . . . , αn von K mit a α1 Z αn Z.
6
1.2. ERWEITERUNGEN VON ALGEBRAISCHEN ZAHLKÖRPERN
7
Beweis: Satz I.2.10 in [11].
¤
Man beachte, dass für gebrochene Ideale a und b auch das idealtheoretische Produkt
( n
)
X
a b :
ai bi : n P N, ai P a, bi P b
i 1
ein gebrochenes Ideal ist. Es lässt sich zeigen, dass die gebrochenen Ideale eines Zahlkörpers
mit diesem Produkt zusammen eine abelsche Gruppe bilden.
Satz 1.1.4 Die gebrochenen Ideale von K bilden bezüglich der Multiplikation eine abelsche
Gruppe, die Idealgruppe JK von K genannt wird. Das Einselement ist p1q OK und das
Inverse eines gebrochenen Ideals a ist durch
a1
{x P K : xa „ OK }
gegeben.
Beweis: Satz I.3.8 in [11].
¤
Das fundamentale Resultat der Dedekindschen Idealtheorie besagt, dass im Ring OK – in Analogie zur eindeutigen Primzerlegung in Z – jedes Ideal eindeutig als Produkt von Primidealen
geschrieben werden kann:
Theorem 1.1.5 Jedes gebrochene Ideal a von K kann eindeutig als Produkt
Y
a
pνp
p
von Primidealen p 0 geschrieben werden mit νp
Ideal von OK ist, gilt νp ¥ 0 für alle p.
P Z und νp 0 für fast alle p. Falls a ein
Beweis: Theorem I.3.3 und Korollar I.3.9 in [11].
¤
Das Theorem besagt, dass die Idealgruppe JK frei abelsch ist und von den Primidealen p
erzeugt wird.
1.2
0
Erweiterungen von algebraischen Zahlkörpern
Häufig werden Erweiterungen L|K von algebraischen Zahlkörpern betrachtet. Dabei stellt sich
die Frage, wie das Ideal pOL von OL aussieht, das von einem Primideal p von OK erzeugt wird.
Es ist nicht mehr unbedingt ein Primideal von OL und zerfällt daher in ein Produkt
Y
(1.1)
pOL PνP
P
8
KAPITEL 1. GRUNDLAGEN AUS DER DEDEKINDSCHEN IDEALTHEORIE
von Primidealen P von OL . Die in dieser Zerlegung mit Exponenten νP
Primideale P erfüllen
P X OK p,
¡ 0 vorkommenden
(1.2)
da aus der Zerlegung p „ P X OK folgt und p nach Satz 1.1.1 ein Maximalideal ist. Wir sagen,
dass die Primideale P von OL , die (1.2) erfüllen, über p liegen und schreiben dafür P|p. Für
diese Primideale hat die Einschränkung der kanonischen Projektion π : OL Ñ OL {P auf OK
wegen (1.2) den Kern p und π |OK induziert daher eine Körpereinbettung
OK {p ,Ñ OL {P,
so dass wir den Restklassenkörper OL {P als Erweiterung von OK {p ansehen können.
Definition 1.2.1 Sei L|K eine Erweiterung von algebraischen Zahlkörpern und P ein Primideal von OL , das über dem Primideal p von OK liegt, und es gelte die Zerlegung (1.1).
Dann heißt
Verzweigungsindex und
epP|pq : νP
f pP|pq : pOL {P : OK {pq
Trägheitsindex von P über p.
Das Primideal P heißt verzweigt über p, falls epP|pq ¥ 2 gilt.
Im Falle der Erweiterung K |Q und einem Primideal p von OK , das über pZ liegt, schreiben wir
kurz
ep : epp|pZq, fp : f pp|pZq
und sprechen vom Verzweigungs- und Trägheitsindex von p schlechthin. Entsprechend nennen
wir p verzweigt, falls ep ¥ 2 gilt.
Für die Situation eines Primideals P von OL , das über p liegt, sind die Verzweigungsindizes
eP , ep sowie die Trägheitsindizes fP , fp durch eine Beziehung verknüpft:
Lemma 1.2.2 Sei L|K eine Erweiterung von algebraischen Zahlkörpern und P ein Primideal
von OL , das über dem Primideal p von OK liegt. Dann gilt
eP
fP
epP|pqep,
f pP|pqfp.
Beweis: Sei P X Z p X Z pZ.
Die Gleichung für die Verzweigungsindizes folgt mit x
aus dem nächsten Abschnitt.
p aus dem allgemeineren Satz 1.3.3
1.3. P-ADISCHE EXPONENTIALBEWERTUNG
9
Die zweite Gleichung ist der Gradsatz für die Körpererweiterung OL {P  OK {p  Z{pZ:
fP
rOL{P : Z{pZs rOL{P : OK {ps rOK {p : Z{pZs f pP|pqfp
¤
Die Verzweigungs- und Trägheitsindizes der Primideale P, die über einem festen Primideal p
liegen, genügen einer Beziehung:
Satz 1.2.3 Sei L|K eine Erweiterung von algebraischen Zahlkörpern und p ein Primideal von
OK . Dann gilt
X
epP|pqf pP|pq rL : K s,
P|p
wobei über alle Primideale P von OL summiert wird, die über p liegen.
Beweis: Satz I.8.2 in [11].
1.3
¤
p-adische Exponentialbewertung
Mit Hilfe der eindeutigen Primidealzerlegung können wir für jedes Primideal p von OK eine
Funktion auf K definieren, die wir später benötigen werden.
Definition 1.3.1 Sei p ein Primideal von OK . Die durch vp pxq νp definierte Funktion
vp : K Ñ Z,
wobei νp der Exponent von p in der eindeutigen Primidealzerlegung
px q Y
qνq
q
des gebrochenen Ideals pxq xOK von K ist, heißt p-adische Exponentialbewertung.
Eine einfache Verifikation zeigt, dass vp die folgenden Eigenschaften einer Exponentialbewertung
hat:
Satz 1.3.2 Die p-adische Exponentialbewertung erfüllt
(i)
(ii)
vp pxy q vp pxq
vp px
v p py q
y q ¥ min{vp pxq, vp py q}.
¤
10
KAPITEL 1. GRUNDLAGEN AUS DER DEDEKINDSCHEN IDEALTHEORIE
Beispiel: Auf diese Weise ist für jedes Primideal pZ von Z die p-adische Exponentialbewertung vp auf Q definiert. Für 0 a pm rs P Q mit m, r, s P Z und pr, pq ps, pq 1 gilt
vp paq m.
Wenn wir in einer Erweiterung L|K ein Primideal P von OL betrachten, das über einem
Primideal p von OK liegt, können wir die Exponentialbewertungen vp von K und vP von L
miteinander vergleichen.
Satz 1.3.3 Sei L|K eine Erweiterung von algebraischen Zahlkörpern und P ein Primideal
von OL , das über p liegt. Dann gilt
vP pxq epP|pq vp pxq
für alle x P K .
Insbesondere haben wir
vp pxq ep vp pxq @x P Q
für ein Primideal p von OK , das über pZ liegt.
Beweis: Sei
xOK
Y
qνq
q
die Primidealzerlegung des von x erzeugten gebrochenen Ideals von K. Dann folgt für die
Zerlegung von xOL
Y
YY
QepQ|qqνq .
xOL (qOL )νq q
Somit haben wir
q
vP pxq epP|pqνp
Q|q
epP|pqvppxq.
Die zweite Aussage folgt unmittelbar aus der ersten.
1.4
¤
Absolutnorm von Idealen
Ein weiterer für uns wichtiger Begriff aus der algebraischen Zahlentheorie ist die Absolutnorm
von Idealen von OK . Wir geben die Definition und dann einige Eigenschaften an, die unter
anderem den Zusammenhang zur Norm von Elementen aus K herstellen.
Definition 1.4.1 Sei a 0 ein Ideal von OK . Der Index
N paq : pOK : aq
von a in OK heißt Absolutnorm des Ideals a.
1.5. DISKRIMINANTE UND DIFFERENTE
11
Satz 1.4.2 Die Absolutnorm von Idealen hat folgende Eigenschaften:
(i)
(ii)
(iii)
N ppq pfp für ein Primideal p von OK mit p X Z pZ
N pa bq N paq N pbq für Ideale a, b von OK
N ppxqq |N pxq| für Hauptideale pxq von OK
Beweis: (i) folgt sofort aus fp
rOK {p : Z{pZs und N ppq |OK {p|.
(ii) und (iii): Siehe § I.6, S. 37 in [11].
¤
Man beachte, dass aus (i), (ii) von Satz 1.4.2 und der Primidealzerlegung von Idealen folgt,
dass N paq für jedes Ideal a 0 endlich ist.
Wegen der Eigenschaft (ii), und da die Idealgruppe JK die von den Primidealen von OK erzeugte
freie abelsche Gruppe ist, setzt sich die Absolutnorm eindeutig zu einem Homomorphismus
N : JK
ÝÑ Q
fort. Damit gelten die Eigenschaften (ii) und (iii) auch automatisch für gebrochene Ideale von K.
1.5
Diskriminante und Differente
In diesem Abschnitt definieren wir die Diskriminante und die Differente eines algebraischen
Zahlkörpers K. Dazu betrachten wir zuerst die Diskriminanten von Q-Basen von K.
Definition 1.5.1 Sei α1 , . . . , αn eine Q-Basis von K und seien
τi : K
Ñ Q, 1 ¤ i ¤ n
die Q-Einbettungen von K. Dann heißt
dpα1 , . . . , αn q det (pτi αj q1¤i, j ¤n )2
Diskriminante der Basis α1 , . . . , αn .
Die Diskriminante der Basis α1 , . . . , αn lässt sich auch als
dpα1 , . . . , αn q det (pT rpαi αj qq1¤i, j ¤n )
schreiben (siehe § I.2, S.11 in [11]). Daher gilt
dpα1 , . . . , αn q P Q
und sogar
falls α1 , . . . , αn alle in OK liegen.
dpα1 , . . . , αn q P Z,
(1.3)
12
KAPITEL 1. GRUNDLAGEN AUS DER DEDEKINDSCHEN IDEALTHEORIE
Lemma 1.5.2 Für eine Q-Basis der Form 1, θ, . . . , θn1 von K gilt
Y
dp1, θ, . . . , θn1 q pθi θj q2,
i j
wobei θ1 , . . . , θn die Konjugierten von θ sind.
Beweis: Siehe § I.2, S.11 in [11].
Betrachten wir zwei Basen B
¤
{α1, . . . , αn} und B 1 {β1, . . . , βn} mit Übergangsmatrix
X
tji αj
T ptij q, βi j
von B 1 nach B, haben wir
und somit nach (1.3)
pT rpβiβj qq T tpT rpαiαj qqT
dpβ1 , . . . , βn q pdet T q2 dpα1 , . . . , αn q.
(1.4)
Diese Beziehung erlaubt uns, die Diskriminante dpaq von freien abelschen Gruppen a € K von
maximalem Rang zu definieren:
Definition 1.5.3 Sei a € K eine freie abelsche Gruppe von maximalem Rang n rK : Qs mit
Z-Basis α1 , . . . , αn , d. h.
a α1 Z αn Z.
Dann heißt
dpaq : dpα1 , . . . , αn q
Diskriminante von a.
Diese Definition ist nach (1.4) unabhängig von der Wahl der Z-Basis, da die Übergangsmatrix T
zu einer anderen Z-Basis von a und deren Inverse T 1 ganzzahlig sind, also det T 1 gilt. Damit haben wir insbesondere die Diskriminante von OK und von beliebigen gebrochenen Idealen
von K definiert, da diese nach 1.1.3 frei abelsch von maximalem Rang sind. Die Diskriminante
von OK ist eine wichtige Invariante von K:
Definition 1.5.4 Die ganze Zahl
dK : dpOK q
heißt Diskriminante des algebraischen Zahlkörpers K.
Aus der Transformationsformel (1.4) folgt eine weitere nützliche Beziehung:
Satz 1.5.5 Seien a „ a1 € K zwei freie abelsche Gruppen von maximalem Rang n rK : Qs.
Dann ist der Index pa1 : aq endlich und es gilt
dpaq pa1 : aq2 dpa1 q.
1.5. DISKRIMINANTE UND DIFFERENTE
13
Beweis: Es gibt eine Z-Basis B 1 {α1 , . . . , αn } von a1 und positive ganze Zahlen d1 , . . . , dn ,
so dass B {d1 α1 , . . . , dn αn } eine Z-Basis von a ist (siehe Theorem 1.6 in [9]). Dann ist die
Übergangsmatrix T von B nach B 1 diagonal mit den Einträgen d1 , . . . , dn und es gilt
pa1 : aq d1 . . . dn det T.
Somit folgt die Behauptung aus (1.4).
¤
Eine wichtige Bedeutung spielen auch die Ordnungen von K:
Definition 1.5.6 Eine Ordnung R in K ist ein Unterring von K, der als abelsche Gruppe
endlich erzeugt und von maximalem Rang n rK : Qs ist.
Satz 1.5.7 Die Ordnungen von K sind Unterringe von OK , d. h. alle Elemente einer Ordnung
sind ganz.
Beweis: Diese Aussage folgt unmittelbar aus der Theorie ganzer Ringerweiterungen, da allgemein ein Ring R … Z, der als abelsche Gruppe endlich erzeugt ist, ganz über Z ist (siehe
Korollar 5.4 in [9]). Daher ist jedes Element einer Ordnung R ganz, also R „ OK .
¤
Aus Satz 1.5.5 erhalten wir für die Diskriminanten von Ordnungen das folgende Korollar:
Korollar 1.5.8 Für Ordnungen R von K gilt
dpRq pOK : Rq2 dK .
¤
Ein weiterer wichtiger Begriff ist die Differente eines algebraischen Zahlkörpers K, die mit Hilfe
des Dedekindschen Komplementärmoduls definiert ist:
Definition 1.5.9 Das gebrochene Ideal
CK
{x P K : T rpx OK q „ Z}
heißt Dedekindscher Komplementärmodul von K. Das dazu inverse Ideal
DK
CK1 {x P K : x CK „ OK }
heißt Differente von K.
Offenbar gilt OK
von OK .
„
CK , und daher haben wir DK
„
OK . Die Differente ist also ein Ideal
Der Zusammenhang zwischen der Diskriminante und Differente ist durch folgendes Theorem
gegeben:
14
KAPITEL 1. GRUNDLAGEN AUS DER DEDEKINDSCHEN IDEALTHEORIE
Theorem 1.5.10 Die Diskriminante ist gleich der Absolutnorm der Differente:
dK
N pD K q
Beweis: Theorem III.2.9 in [11].
¤
Die Differente erweist sich als nützlich, da sie uns Informationen über die Verzweigungsindizes ep
der Primideale p von OK gibt.
Theorem 1.5.11 Sei
DK
Y
qνq
q
die Primidealzerlegung der Differente von K. Dann gilt für den Verzweigungsindex ep eines
Primideals p von OK
ep ¤ νp 1,
und p ist genau dann verzweigt, falls νp
Primideale von OK verzweigt.
Beweis: Theorem III.2.6 in [11].
¥ 1 erfüllt ist. Insbesondere sind nur endlich viele
¤
Kapitel 2
Absolutbeträge und Höhen
Das Ziel dieses Kapitels ist das Studium der Absolutbeträge auf einem algebraischen Zahlkörper
und die Definition von Höhen mit Hilfe dieser Absolutbeträge. Dafür definieren wir zuerst
Absolutbeträge auf beliebigen Körpern und betrachten Fortsetzungen von Absolutbeträgen auf
algebraische Körpererweiterungen, wobei wir der Darstellung der Theorie von Neukirch in [11]
folgen.
2.1
Absolutbeträge
2.1.1
Definition von Absolutbeträgen
Definition 2.1.1 (Absolutbetrag) Ein Absolutbetrag auf einem Körper K ist eine Funktion
| |: K Ñ R
mit den folgenden Eigenschaften:
(i)
|x| ¥ 0, und |x| 0 ô x 0
(ii)
|xy| |x| |y|
(iii)
|x
y | ¤ | x|
|y |
| | heißt bewerteter Körper.
Ein Absolutbetrag | | heißt nicht-archimedisch, falls er der verschärften Dreiecksungleichung
(iii)’ |x y | ¤ max{|x|, |y |}
K zusammen mit
genügt. Andernfalls heißt er archimedisch.
15
16
KAPITEL 2. ABSOLUTBETRÄGE UND HÖHEN
Im Folgenden schließen wir den trivialen Absolutbetrag (|x| 1 @x P K ) immer aus.
Definition 2.1.2 (Äquivalenz von Absolutbeträgen) Zwei Absolutbeträge
heißen äquivalent, falls ein s ¡ 0 existiert mit
| |, | |1 auf K
|x |1 | x |s
für alle x P K.
Offensichtlich wird durch 2.1.2 eine Äquivalenzrelation zwischen den Absolutbeträgen auf K
definiert. Innerhalb einer Äquivalenzklasse sind entweder alle Absolutbeträge archimedisch oder
nicht-archimedisch, da für zwei äquivalente Beträge | |, | |1 die verschärfte Dreiecksungleichung
für | | genau dann gültig ist, wenn sie für | |1 gilt.
2.1.2
Fortsetzung von Absolutbeträgen
Um die Fortsetzungen von Absolutbeträgen auf algebraische Erweiterungen analysieren zu
können, benützen wir die Vervollständigung eines beliebigen bewerteten Körpers.
Satz 2.1.3 (Vervollständigung) Sei pK, | |v q ein bewerteter Körper. Dann existiert eine
Körpererweiterung Kv |K und eine Fortsetzung von | |v auf Kv , die wir wiederum mit | |v
bezeichnen, so dass gilt:
(i)
(ii)
pKv , | |v q ist ein vollständiger bewerteter Körper, d. h. alle Cauchy-Folgen in Kv konvergieren in Kv bzgl. | |v .
K liegt dicht in Kv .
Die Vervollständigung pKv ,
| |v q ist bis auf isometrischen K-Isomorphismus eindeutig.
Beweis: § II.4, S. 129 in [11].
¤
Beispiel: Nach Konstruktion der reellen Zahlen aus den rationalen Zahlen ist die Vervollständigung von pQ, | |8 q gerade pR, | |8 q.
Ein vollständiger bewerteter Körper hat die Eigenschaft, dass sich sein Absolutbetrag eindeutig
auf algebraische Erweiterungen fortsetzt:
Theorem 2.1.4 Sei L|K eine algebraische Erweiterung eines vollständigen bewerteten Körpers
pK, | |q. Dann besitzt | | eine eindeutige Fortsetzung auf L.
Falls rL : K s n 8, ist diese durch
q
|α| |NL|K pαq|
gegeben und in diesem Fall ist pL, | |q wiederum vollständig.
n
2.1. ABSOLUTBETRÄGE
17
Beweis: Theorem II.4.8 in [11].
¤
Nun sind wir in der Lage, den allgemeinen Fortsetzungssatz für algebraische Erweiterungen von
bewerteten Körpern zu formulieren. Sei dazu pK, | |v q ein beliebiger bewerteter Körper mit
Vervollständigung pKv , | |v q. Nach Theorem 2.1.4 setzt sich | |v eindeutig auf den algebraischen
Abschluss Kv fort. Diese Fortsetzung bezeichnen wir wiederum mit | |v .
Theorem 2.1.5 (Fortsetzungssatz) Sei L|K eine algebraische Erweiterung des bewerteten
Körpers pK, | |v q. Dann gelten folgende Aussagen:
(i)
Jede Fortsetzung
| |w von | |v ist durch eine K-Einbettung τ : L Ñ Kv vermittels
|α|w |τ pαq|v
induziert.
(ii)
Zwei Fortsetzungen |τ p.q|v und |τ 1 p.q|v aus (i) sind genau dann gleich, wenn τ und τ 1
über Kv konjugiert sind, d. h. wenn ein Kv -Automorphismus σ : Kv Ñ Kv mit τ 1 στ
existiert.
Beweis: Satz II.8.1 in [11].
¤
Falls die Erweiterung L|K galois ist, bemerken wir, dass die Galoisgruppe G GalpL|K q auf
der Menge der Fortsetzungen von | |v operiert. Wenn nämlich | |w eine Fortsetzung ist und σ
ein Element von G ist, wird auch durch
|α|1w |σpαq|w
eine Fortsetzung von
| |v definiert. Es gilt der folgende Satz:
Satz 2.1.6 Sei L|K eine algebraische Galoiserweiterung des bewerteten Körpers pK, | |v q.
Dann operiert die Galoisgruppe G GalpL|K q transitiv auf der Menge der Fortsetzungen
von | |v , d. h. für je zwei Fortsetzungen | |w und | |1w existiert ein σ P G mit | . |1w |σ p.q|w .
Beweis: Satz II.9.1 in [11].
2.1.3
¤
Absolutbeträge auf Q
Auf dem Körper Q der rationalen Zahlen lässt sich neben dem üblichen archimedischen Absolutbetrag | | | |8 für jede Primzahl p mit Hilfe der p-adischen Exponentialbewertung vp ein
nicht-archimedischer Absolutbetrag | |p definieren.
18
KAPITEL 2. ABSOLUTBETRÄGE UND HÖHEN
Definition 2.1.7 (p-adischer Absolutbetrag) Durch
½ v paq
p
, a0
|a|p p0
, a0
wird auf Q der p-adische Absolutbetrag definiert.
Aus den Eigenschaften von vp im Satz 1.3.2 folgt unmittelbar, dass |
Absolutbetrag ist.
|p ein nicht-archimedischer
Es lässt sich zeigen, dass wir damit bis auf Äquivalenz bereits alle Absolutbeträge von Q
gefunden haben.
Satz 2.1.8 Jeder Absolutbetrag von Q ist äquivalent zu einem Absolutbetrag
Beweis: Satz II.3.7 in [11].
| |p oder | |8.
¤
Zudem sehen wir leicht, dass diese Absolutbeträge paarweise inäquivalent sind: Der gewöhnliche
archimedische Absolutbetrag ist sicher nicht zu den nicht-archimedischen p-adischen Absolutbeträgen äquivalent und für Primzahlen p q gilt |q |p 1 und darum auch |q |1 1 für alle
zu | |p äquivalenten Absolutbeträge | |1 . Wir haben jedoch |q |q 1q 1, weshalb | |q nicht
äquivalent zu | |p ist.
2.1.4
Absolutbeträge auf algebraischen Zahlkörpern
Im Folgenden bezeichne K einen algebraischen Zahlkörper und OK den ganzen Abschluss von
Z in OK .
Definition 2.1.9 (Stellen eines algebraischen Zahlkörpers) Eine Stelle v von K ist eine Äquivalenzklasse von Absolutbeträgen auf K. Die nicht-archimedischen Klassen heißen endliche Stellen und die archimedischen unendliche Stellen. Die Menge der Stellen von K bezeichnen wir mit MK , die der endlichen Stellen mit MK0 und die der unendlichen mit MK8 .
Auf Q bezeichnen wir für jede Primzahl p die zum p-adischen Absolutbetrag gehörende Stelle
mit p und die Stelle des gewöhnlichen Absolutbetrages mit 8.
Definition 2.1.10 Sei L|K eine Erweiterung von algebraischen Zahlkörpern, v eine Stelle von
K und w eine Stelle von L. w heißt Fortsetzung von v, falls Absolutbeträge | |w in w und
| |v in v existieren, so dass | |w eine Fortsetzung von | |v ist. Dafür schreiben wir w|v.
2.1. ABSOLUTBETRÄGE
19
Nach Satz 2.1.8 gilt für jede Stelle v von K entweder v |8 oder v |p für eine Primzahl p. Um alle
Stellen von K zu studieren, genügt es also, die Fortsetzungen des gewöhnlichen Absolutbetrages
und der p-adischen Absolutbeträge von Q auf K zu betrachten.
Satz 2.1.5 gibt uns unmittelbar eine explizite Beschreibung der Fortsetzungen des gewöhnlichen
Absolutbetrages | |8 . In diesem Fall ist nämlich die Vervollständigung gerade pQ8 R, | |8 q
und deren algebraischer Abschluss Q8 ist C. Da bekanntlich die komplexe Konjugation der
einzige nicht-triviale R-Automorphismus von C ist, erhalten wir somit das folgende Resultat:
Satz 2.1.11 Sei K ein algebraischer Zahlkörper mit r1 reellen Q-Einbettungen
τi : K
Ñ R, 1 ¤ i ¤ r1,
und 2r2 paarweise komplex konjugierten Q-Einbettungen
τi , τi : K
Ñ C,
r1
1 ¤ i ¤ r1
r2 .
Dann gibt es r1 r2 paarweise verschiedene Fortsetzungen des gewöhnlichen Absolutbetrages
von Q auf K, die durch
|α|i |τipαq|, 1 ¤ i ¤ r1 r2,
gegeben sind.
||
¤
Zum Studium der Fortsetzungen der p-adischen Absolutbeträge definieren wir für jedes Primideal p von OK mit Hilfe der p-adischen Exponentialbewertung einen Absolutbetrag. Wir setzen
für ein solches Primideal
½ ν pxq{e
p
p , x 0
|x|p p0
,
, x0
wobei ep den Verzweigungsindex von p bezeichnet. Wegen der Eigenschaften von vp in Satz 1.3.2
ist | |p ein nicht-archimedischer Absolutbetrag.
Falls p über pZ liegt, ist
| |p eine Fortsetzung von | |p, da für x P Q nach Satz 1.3.3
|x|p pvppxq{ep pv pxq |x|p
p
gilt. Damit haben wir bereits alle Fortsetzungen der p-adischen Absolutbeträge gefunden.
Satz 2.1.12 Sei p eine Primzahl und | | eine Fortsetzung des p-adischen Absolutbetrags
auf K. Dann existiert ein Primideal p von OK mit p X Z pZ, so dass | | | |p gilt.
| |p
Beweis: Sei zunächst K |Q eine Galoiserweiterung. Wir betrachten in diesem Fall ein Primideal q von OK mit q X Z pZ. Nach Satz 2.1.6 operiert G GalpK |Qq transitiv auf der
Menge der Fortsetzungen von | |p . Es gibt daher ein σ P G mit | . | |σ p.q|q . Offensichtlich ist
p : σ 1 pqq ebenfalls ein Primideal von OK mit p X Z pZ und es gilt vq σ vσppq σ vp .
Somit haben wir
| . | |σp.q|q | . |p.
20
KAPITEL 2. ABSOLUTBETRÄGE UND HÖHEN
Im allgemeinen Fall betrachten wir eine endliche Erweiterung L von K, so dass L|Q galois ist.
Nach Theorem 2.1.5 besitzt dann | | eine Fortsetzung | |1 auf L und nach Obigem existiert ein
Primideal P von OL mit | |1 | |P . Sei nun p P X OK das Primideal von OK , das unter P
liegt. Dafür folgt mit Satz 1.3.3 und Lemma 1.2.2 für beliebige x P K |x| |x|P pvPpxq{eP ppepP|pqvppxqq{pepP|pqepq pvppxq{ep |x|p,
also
| | | |p .
2.1.5
¤
Normierte Absolutbeträge und Produktformel
Im letzten Unterabschnitt haben wir die Fortsetzungen des gewöhnlichen Absolutbetrags und
der p-adischen Absolutbeträge von Q auf K studiert. Es ist leicht einzusehen, dass diese paarweise inäquivalent sind. Falls nämlich | | und | |1 zwei äquivalente Fortsetzungen mit | |1 | |s
sind, sind | | und | |1 Fortsetzungen desselben Absolutbetrags, da die p-adischen Absolutbeträge und der gewöhnliche Absolutbetrag auf Q paarweise inäquivalent sind. Dies ist aber nur
für s 1, also | |1 | |, möglich.
Somit liefern uns diese Fortsetzungen für jede Stelle v von K genau einen Repräsentanten. Im
Folgenden erweist es sich aber als nützlich, für jede Stelle v von K einen anderen fixierten
Repräsentanten | |v zu betrachten.
Definition 2.1.13 (Normierte archimedische Absolutbeträge) Sei K ein algebraischer
Zahlkörper mit r1 reellen Q-Einbettungen
τi : K
Ñ R, 1 ¤ i ¤ r1,
und 2r2 paarweise komplex konjugierten Q-Einbettungen
τi , τi : K
Für eine unendliche Stelle v
Ñ C,
r1
1 ¤ i ¤ r1
r2 .
P MK8, die den Absolutbetrag |τip.q| enthält, heißt dann
½
|x|v ||ττiippxxq|q|2 ,, r11¤ i1¤¤ri1 ¤ r2
normierter Absolutbetrag von v.
Man beachte, dass der zu einer Q-Einbettung τ P HomQ pK, Cq gehörende normierte Absolutbetrag alternativ durch
|x|v : |τ pxq|nτ
(2.1)
mit
nτ
#{τ 1 P HomQpK, Cq : |τ p.q| |τ 1p.q|}
definiert werden kann. Daher können wir ein Produkt über alle normierten archimedischen
Absolutbeträge als Produkt über alle Q-Einbettungen von K schreiben:
Y
Y
|x |v |τ pxq|
(2.2)
8
v PMK
τ PHomQ pK, Cq
2.1. ABSOLUTBETRÄGE
21
Definition 2.1.14 (Normierte nicht-archimedische Absolutbeträge) Für eine endliche
Stelle v P MK0 , die den Absolutbetrag | |p enthält, ist der normierte Absolutbetrag durch
½
ppqvppxq , x 0
|x |v N
0
, x0
gegeben, wobei N ppq pOK : pq die Norm des Primideals p bezeichnet.
Man beachte, dass der damit definierte normierte Absolutbetrag
gehörigen Stelle v P MK0 nach Satz 1.4.2 für x P K | |v von der zum Primideal p
|x|v N ppqvppxq pfpvppxq |x|eppfp
(2.3)
erfüllt, wobei p X Z pZ und ep , fp den Verzweigungs- und Trägheitsindex von p bezeichnen.
Daher ist | |v in der Tat äquivalent zu | |p .
Die normierten Absolutbeträge erweisen sich als zweckmäßig, da sie eine einfache Beziehung
erfüllen:
Satz 2.1.15 (Produktformel) Die normierten Absolutbeträge eines algebraischen Zahlkörpers K genügen für alle x P K der so genannten Produktformel:
Y
|x |v 1
P
v MK
Beweis: Sei
px q Y
pvp pxq
p
die eindeutige Primidealzerlegung des gebrochenen Ideals pxq. Dann finden wir mit den Eigenschaften der Norm aus Satz 1.4.2
Ã
!1
Y
Y
Y
vp pxq
vp pxq
|x|v N ppq
N
p
N ppxqq1 |N pxq|1
P
0
v MK
und nach (2.2)
Wegen MK
p
p
Y
8
v MK
P
MK0
Y
|x |v |τ pxq| |N pxq|.
τ PHompK, Cq
8
Y MK erhalten wir daraus die behauptete Produktformel.
¤
Wir schließen diesen Abschnitt mit zwei weiteren Eigenschaften der normierten Absolutbeträge.
Die erste betrifft das Verhalten der normierten Absolutbeträge unter Körpererweiterungen.
Satz 2.1.16 Sei L|K eine Erweiterung von algebraischen Zahlkörpern vom Grad n
und α P K. Dann gilt für alle v P MK
Y
|α|w |α|nv.
P
w ML
wv
|
rL : K s
22
KAPITEL 2. ABSOLUTBETRÄGE UND HÖHEN
Beweis: Falls v eine unendliche Stelle ist und zu der Q-Einbettung τ P HomQ pK, Cq gehört,
sind die Fortsetzungen von v durch die Q-Einbettungen σ P HomQ pL, Cq gegeben, dessen
Einschränkungen auf K den Absolutbetrag |τ p.q| auf K induzieren. Nach (2.2) und (2.1) haben
wir somit
Y
P
|α|w (2.2)
w ML
wv
|
Y
P
p Cq
| | p q|| p q|
σ HomQ L,
σK .
τ .
|σpαq| Y
Y
τ 1 HomQ K,
τ1 .
τ .
P
p Cq σPHomQ pL, Cq
σ |K τ 1
| p q|| p q|
|τ pαq| Y
τ 1 HomQ K,
τ1 .
τ .
P
p Cq
| p q|| p q|
|τ pαq|n (2.1)
|α|nv.
Wenn v eine endliche Stelle ist und zum Primideal p von OK gehört, stehen die Stellen w P ML
mit w|v in bijektiver Korrespondenz zu den Primidealen P von OL , die über p liegen. Daher
folgt unsere Behauptung mit (2.3) und Lemma 1.2.2 sowie Satz 1.2.3:
Y
P
w ML
wv
|
|α |w Y
P|p
|α|PePfP Y
P|p
|α|pepP|pqepf pP|pqfp |α|eppfp
P
p |qp |q
P|p e P p f P p
|α|pepfpn |α|nv
¤
Die zweite Eigenschaft zeigt, dass die Aussage von Satz 2.1.6 auch für die normierten Absolutbeträge gilt.
Satz 2.1.17 Sei K eine endliche Galoiserweiterung von Q und v P MQ . Dann operiert G GalpK |Qq transitiv auf der Menge der normierten Absolutbeträge von K, die zu den Stellen
w P MK mit w|v gehören.
Beweis: Nach Satz 2.1.6 operiert G transitiv auf der Menge der Fortsetzungen von | |v und
somit auf der Menge der Stellen w P MK mit w|v. Daher müssen wir nur zeigen, dass für w|v
das Bild |σ p.q|w des normierten Absolutbetrags | |w unter σ P G wiederum ein normierter
Absolutbetrag ist. Dazu unterscheiden wir zwei Fälle:
(i)
(ii)
Sei v 8. Dann ist | |w |τ p.q| bzw. | |w |τ p.q|2 für eine reelle bzw. nicht-reelle
Einbettung τ : K Ñ C. Wegen σ pK q K ist τ σ wiederum eine reelle bzw. nichtreelle Einbettung von K. Daher ist |σ p.q|w als |pτ σ qp.q| bzw. |pτ σ qp.q|2 ebenfalls ein
normierter Absolutbetrag von K.
Sei v p für eine Primzahl p. Dann ist nach (2.3) | |w | |pp p für ein Primideal von OK
mit p X Z pZ. Wegen ep eσ1 ppq und fp fσ1 ppq (vgl. S. 58 in [11]) ist daher
e f
|σp.q|w |σp.q|eppfp | . |σe ppppqqf ppq
σ 1
1
σ 1
wiederum ein normierter Absolutbetrag, da q : σ 1 ppq auch ein Primideal von OK mit
q X Z pZ ist.
¤
2.2. HÖHEN
2.2
23
Höhen
Das Ziel dieses Abschnittes ist die Definition von Maßen für die Größe“ der Elemente eines
”
algebraischen Zahlkörpers K, die wir Höhen nennen werden, mit Hilfe der im letzten Abschnitt
definierten normierten Absolutbeträge. Dabei fordern wir, dass unsere Höhen die Eigenschaft
haben, dass nur endlich viele Elemente von K eine beschränkte Höhe haben. Es stellt sich als
natürlicher heraus, die Höhe zuerst für Punkte des projektiven Raums zu definieren.
2.2.1
Höhen im projektiven Raum
Die normierten Absolutbeträge auf K aus dem letzten Abschnitt erlauben uns, die Höhe auf
dem n-dimensionalen projektiven Raum Pn pK q über K zu definieren.
Definition 2.2.1 Die Höhe eines Punktes x rx0 : . . . : xn s P Pn pK q ist definiert als
HK pxq Y
P
max{|x0 |v , . . . , |xn |v }.
v MK
Aus der Produktformel 2.1.15 folgt sofort, dass die damit definierte Höhe nicht von der Wahl
der homogenen Koordinaten abhängt.
Im folgenden Satz geben wir zwei elementare Eigenschaften der Höhe auf dem projektiven
Raum an.
Satz 2.2.2 Sei L|K eine Erweiterung von algebraischen Zahlkörpern vom Grad n
und x P Pn pK q. Dann gilt:
(i)
(ii)
rL : K s
HK pxq ¥ 1
HL pxq HK pxqn
Beweis: Die Aussage (i) folgt unmittelbar aus der Definition der Höhe, da die homogenen
Koordinaten von x so gewählt werden können, dass eine Koordinate 1 ist.
Eigenschaft (ii) erhalten wir mit Satz 2.1.16: Für x rx0 : : xn s P Pn pK q gilt
H L px q
Y
P
max{|x0 |w , . . . , |xn |w } w ML
Y
P
v MK
Y Y
P
P
max{|x0 |w , . . . , |xn |w }
v MK w ML
wv
max{|
|
x0 nv , . . . ,
| | HK pxq
xn nv }
n
|
.
¤
24
2.2.2
KAPITEL 2. ABSOLUTBETRÄGE UND HÖHEN
Höhen auf algebraischen Zahlkörpern
Definition 2.2.3 Sei K ein algebraischer Zahlkörper. Die Höhe HK pxq bezüglich K eines
Elements x P K ist definiert als die Höhe des Punkts rx : 1s P P1 pK q :
Y
HK pxq : HK prx : 1sq max{1, |x|v }
P
v MK
Neben dieser Höhe HK bezüglich eines Zahlkörpers K definieren wir auch eine weitere Höhe H
für algebraische Zahlen. Dazu benützen wir eine modifizierte Definition des Minimalpolynoms
über Q einer algebraischen Zahl x P Q: Im Folgenden bezeichnen wir das Polynom
anT n an1T n1 a1T a0 P ZrT s
von minimalem Grad mit f pxq 0 und teilerfremden, ganzen Koeffizienten sowie an ¡ 0
f
als Minimalpolynom von x.
Definition 2.2.4 Für ein Polynom
f
an1 T n1
anT n
heißt
a1 T
a0
P Z rT s.
H pf q : max{|a0 |, . . . , |an |}
Höhe von f .
Für x P Q mit Minimalpolynom f
P ZrT s heißt
H pxq : H pf q
polynomiale Höhe von x.
Im Folgenden beschreiben wir den Zusammenhang zwischen den beiden in diesem Abschnitt
definierten Höhen auf einem algebraischen Zahlkörper K. Wir benötigen hierfür das logarithmische Mahler-Maß von komplexen Polynomen.
Definition 2.2.5 (Logarithmisches Mahler-Maß) Sei
f
n
Y
an pT αj q P CrT s
j 1
ein komplexes Polynom mit Nullstellen α1 , . . . , αn
mpf q : log |an |
n
X
j 1
logarithmisches Mahler-Maß von f .
P C. Dann heißt
max{0, log |αj |}
2.2. HÖHEN
25
Das logarithmische Mahler-Maß erweist sich als nützlich, da die Höhe einer algebraischen Zahl α
bezüglich des Zahlkörpers Qpαq mit dem logarithmischen Mahler-Maß ihres Minimalpolynoms
verknüpft ist:
Satz 2.2.6 Sei α P Q und f
P ZrT s das Minimalpolynom von α. Dann gilt
mpf q log HQpαq pαq.
Beweis: Sei
f
n
Y
an pT αj q
j 1
die Zerlegung von f in CrT s. Dann sind α1 , . . . , αn die Konjugierten von α, und wir haben
mit (2.2)
HQpαq pαq Y
P
v MQpαq
max{1, |α|v } n
Y
Y
max{1, |αj |} j 1
v
P Qpαq
max{1, |α|v }
M0
und nach Definition des logarithmischen Mahler-Maßes
n
Y
e p q |an | max{1, |αj |}.
j 1
m f
Daher folgt die Behauptung aus
|an| Y
max{1, |α|v }.
P
v MQ0pαq
Diese Beziehung wird im Beweis von Theorem 1.10 in [16] mit Hilfe unserer Sätze 2.1.16 und
2.1.17 gezeigt.
¤
Mit der komplexen Funktionentheorie erhalten wir folgende weitere Charakterisierung des logarithmischen Mahler-Maßes eines Polynoms.
Satz 2.2.7 Für f
P CrT s gilt
mpf q 1
2π
Z
2π
0
log |f peit q| dt.
Beweis: Da der Logarithmus ein Homomorphismus von der multiplikativen in die additive
Gruppe von R ist, genügt es die Behauptung für lineare Polynome f ptq t α zu zeigen. Nach
der Jensen-Formel (Theorem XI.1.2 in [5]) haben wir dafür
(
R 2π
1
log |f peit q| dt log |α| , |α| ¤ 1
2π R0
log |α| log |f p0q| ,
2π
1
log |f peit q| dt
, |α | ¡ 1
2π 0
26
KAPITEL 2. ABSOLUTBETRÄGE UND HÖHEN
woraus die Behauptung folgt, da
m pf q ½
0
,
log |α| ,
|α | ¤ 1
|α | ¡ 1
gilt.
¤
Mit diesen beiden Resultaten können wir nun die polynomiale Höhe mit der Höhe bzgl. eines
algebraischen Zahlkörpers abschätzen.
Theorem 2.2.8 Sei α P Q mit rQpαq : Qs n. Dann gelten die Abschätzungen
HQpαq pαq
H pα q
Beweis: Sei
f
¤ pn 1qH pαq,
¤ 2nHQpαqpαq.
anT n a1 T
a0
P Z rT s
das Minimalpolynom von α. Nach Satz 2.2.7 haben wir für das logarithmische Mahler-Maß
von f die Abschätzung
|mpf q| ¤
sup |f peit q| ¤ logp|an |
Pr
t 0, 2π
s
|a0|q ¤ logppn
1qH pαqq,
woraus wir mit Satz 2.2.6 die erste Ungleichung erhalten:
HQpαq pαq empf q
¤ pn
1qH pαq
Für den Beweis der zweiten Ungleichung benützen wir die Zerlegung
f
n
Y
an pT αiq
i 1
von f in CrT s. Mit dieser finden wir für die Koeffizienten von f die Abschätzung
¯
¯
¯
¯
¶Y
µ
n
X
¯
¯
n
¯
¯
max{1, |αj |} ¤ 2n empf q ,
αi1 . . . αink ¯ ¤ |an |
|ak | ¯an
n
k
¯
¯ 1¤i1 ink ¤n
j 1
woraus mit Satz 2.2.6
H pαq max{|a0 |, . . . , |an |} ¤ 2n HQpαq pαq
folgt.
¤
Nun sind wir in der Lage, die von uns geforderten Endlichkeitseigenschaften der Höhe herzuleiten.
Theorem 2.2.9 Sei K ein algebraischer Zahlkörper, C
folgenden Endlichkeitsaussagen:
¥
1 und d
P
N. Dann gelten die
2.2. HÖHEN
(i)
(ii)
27
Es gibt nur endlich viele α P Q mit rQpαq : Qs ¤ d und H pαq ¤ C.
Es gibt nur endlich viele α P K mit HK pαq ¤ C.
Beweis:
(i)
(ii)
Nach Definition der polynomialen Höhe haben α P Q mit rQpαq : Qs ¤ d und H pαq ¤ C
Minimalpolynome vom Grad höchstens d mit ganzen Koeffizienten |ai | ¤ C. Da es nur
endlich viele solche Polynome gibt und jedes solche Polynom nur endlich viele Nullstellen
hat, folgt (i).
Sei n rK : Qs. Dann haben wir nach Theorem 2.2.8 und Satz 2.2.2 für α
HK pαq ¤ C
H pαq ¤ 2n HQpαq pαq ¤ 2n HQpαq pαqrK:Qpαqs
Daher folgt die Behauptung aus (i).
PK
mit
2nHK pαq ¤ 2nC.
¤
Kapitel 3
Morphismen zwischen algebraischen
Kurven
In diesem Kapitel analysieren wir Eigenschaften von Morphismen zwischen algebraischen Kurven. In der vorliegenden Arbeit bezeichnen wir dabei mit Kurve“ immer eine irreduzible
”
quasiprojektive Varietät der Dimension 1 über einem fixierten algebraisch abgeschlossenen
Grundkörper k. Eine Kurve nennen wir projektiv, falls sie als abgeschlossene Teilmenge eines projektiven Raums Pn Pn pk q realisiert werden kann.
3.1
Grad von Morphismen
Als Erstes betrachten wir Morphismen f : X Ñ Y zwischen zwei irreduziblen Varietäten der
gleichen Dimension mit f pX q Y . Ein solcher Morphismus f induziert eine k-Einbettung
f : k pY q ,Ñ k pX q
zwischen den Funktionenkörpern k pY q und k pX q. Diese haben wegen dim X dim Y den
gleichen Transzendenzgrad über k. Daher ist die Erweiterung k pX q{f pk pY qq algebraisch und
sogar endlich, da k pX q über k „ f pk pY qq endlich erzeugt ist. Dies erlaubt uns die folgende
Definition:
Definition 3.1.1 Sei f : X Ñ Y ein Morphismus zwischen zwei irreduziblen Varietäten der
gleichen Dimension mit f pX q Y . Dann heißt
deg f : rk pX q : f pk pY qqs 8
Grad von f .
Bemerkung: Für nicht-konstante Morphismen f : C Ñ C 1 zwischen projektiven Kurven
ist der Grad immer definiert, da für solche Morphismen f pC q C 1 gilt. Das Bild f pC q ist
28
3.1. GRAD VON MORPHISMEN
29
nämlich eine abgeschlossene und irreduzible Teilmenge von C 1 (siehe Theorem I.5.2 in [15]), die
einzigen nicht-leeren irreduziblen, abgeschlossenen Teilmengen der irreduziblen Kurve C 1 sind
aber die einpunktigen Mengen und C 1 selbst. Das Bild f pC q kann aber nicht nur aus einem
Punkt bestehen, weil f nicht konstant ist.
Als wichtiges Beispiel zeigen wir, wie der Grad von Morphismen f : P1
werden kann. Solche Morphismen können wir als
f:
P1
rx : y s
Ñ P1 explizit bestimmt
Ñ P1
Þ rGpx, yq : H px, yqs,
Ñ
(3.1)
schreiben, wobei G, H zwei homogene, teilerfremde Polynome vom gleichen Grad sind.
Satz 3.1.2 Sei f : P1 Ñ P1 ein nicht-konstanter Morphismus, der durch (3.1) mit deg G
deg H d gegeben ist. Dann hat f den Grad d.
Beweis: Durch f wird die rationale Abbildung
A10 99K A10
φ:
, g pxq : Gpx, 1q, hpxq : H px, 1q
x ÞÝÑ hgppxxqq
der affinen Karte A10 {rx : 1s P P1 : x P k} mit Koordinate x definiert, die auf der offenen
Menge {hpxq 0} mit f übereinstimmt. Man beachte, dass d max{deg g, deg h} gilt, da die
teilerfremden Polynome Gpx, y q, H px, y q nicht beide durch y teilbar sind.
Wegen A10 P1 induzieren φ und f den gleichen Homomorphismus des rationalen Funktionenkörpers k pP1 q k pA10 q k pxq in sich selbst. Daher haben wir
deg f
rkpxq : φpkpxqqs.
Wegen der k-Homomorphieeigenschaft von φ ist der Körper φ pk pxqq über k von
φ px q g px q
h px q
: a
erzeugt. Wir müssen also zeigen, dass das Element x des Funktionenkörpers k pxq vom Grad d
über dem Körper k paq ist.
Wegen k paq k p1{aq können wir dabei deg g
Division mit Rest im Fall deg g deg h
g px q
hpxq
¤ deg h annehmen. Weiter erhalten wir durch
C
g̃ pxq
hpxq
mit C P k und deg g̃ deg h. Da k paq k pa C q gilt, dürfen wir daher sogar
deg g deg h d annehmen.
30
KAPITEL 3. MORPHISMEN ZWISCHEN ALGEBRAISCHEN KURVEN
Nun schreiben wir
g px q
h px q
mit hd
gd1 xd1
h d xd g1 x g0 ,
h1 x h0
0. Dann haben wir die polynomiale Gleichung
d1
X
0 ahpxq g pxq hd ax
d
ph i a g i qx i
i 0
für x in k pxq mit Koeffizienten in k paq. Daher ist x höchstens vom Grad d über k paq.
Somit bleibt zu zeigen, dass 1, x, . . . , xd1 linear unabhängig über k paq sind. Dazu nehmen wir
ad1 xd1
a1 x
a0
0
(3.2)
mit a0 , . . . , ad1 P k paq nicht alle Null an und führen dies zu einem Widerspruch. Nach Multiplikation mit einem gemeinsamen Nenner dürfen wir voraussetzen, dass
ai
pipaq pi
µ
g px q
h px q
¶
, 0 ¤ i ¤ d 1,
mit Polynomen
pi
k
X
P k rT s
pij xj
j 0
gilt, wobei mindestens eines dieser Polynome vom Grad k
0
d1
X
ai hpxq x
k i
i 0
d1 X
k
X
µ
pij
i 0 j 0
¥ 0 ist. Dann haben wir die Gleichung
g px q
h px q
¶j
h px qk x i .
Auf der rechten Seite sind alle Terme mit j k im Polynomring k rxs durch hpxq teilbar. Somit
ist die Summe der Terme mit j k durch hpxq teilbar:
hpxq teilt
d1
X
pik pg pxqqk xi .
i 0
Da hpxq und g pxq teilerfremd sind, folgt daraus
hpxq teilt
d1
X
pik xi ,
i 0
was wegen deg h d nur möglich ist, wenn alle pik Null sind. Dies ist aber ein Widerspruch
zur Annahme, dass mindestens eines der Polynome pi vom Grad k ist.
¤
3.2. VERZWEIGUNGSINDIZES
3.2
31
Verzweigungsindizes
Für die weitere Untersuchung von Morphismen zwischen Kurven definieren wir in diesem Abschnitt Verzweigungsindizes. Dazu müssen wir voraussetzen, dass die beteiligten Kurven glatt
sind. Dies ist jedoch keine wirkliche Einschränkung, da eine beliebige algebraische Kurve birational äquivalent zu einer glatten Kurve ist (siehe Korollar I.6.11 in [7]).
Zuerst betrachten wir die lokalen Ringe von glatten Kurven C genauer. Wir erinnern daran, dass
der lokale Ring Ox, C einer Kurve C in einem Punkt x P C als Teilring des Funktionenkörpers
k pC q betrachtet werden kann, der aus den in x regulären rationalen Funktionen besteht und
dessen Quotientenkörper gleich k pC q ist. Falls C auch glatt ist, gilt für das Maximalideal mx, C
von Ox, C
dimk mx, C {m2x, C dim Ox, C 1,
d. h. Ox, C ist ein regulärer lokaler Integritätsbereich der Dimension 1. Nach Proposition 9.2
in [1] ist dann Ox, C ein Hauptidealring und ein diskreter Bewertungsring, d. h. es existiert eine
eindeutige Exponentialbewertung
v x : k pC q Ñ Z
mit den Eigenschaften (i), (ii) aus Satz 1.3.2, so dass
Ox, C
mx, C
und
{f
{f
P kpC q : vxpf q ¥ 0},
P kpC q : vxpf q ¥ 1}
v x pk pC q q Z
(3.3)
(3.4)
(3.5)
erfüllt sind.
Mit der eindeutigen Primzerlegung im Hauptdiealring Ox, C erhalten wir eine explizite Beschreibung von vx . Da Ox, C ein lokaler Integritätsbereich der Dimension 1 ist, gibt es darin außer dem
Nullideal und dem Maximalideal mx, C keine weiteren Primideale. Daher ist ein fixierter Erzeuger π des maximalen Ideals mx, C bis auf Multiplikation mit Einheiten das einzige Primelement
von Ox, C . Somit lässt sich jedes f P k pC q eindeutig in der Form
f
πnpf qεpf q
schreiben. Es gilt offensichtlich
mit npf q P Z und εpf q P Ox,
C
n pf q ¥ 0 ô f
P Ox, C ,
weshalb die durch vmx, C pf q : npf q definierte mx, C -adische Exponentialbewertung (vgl. Definition 1.3.1) die gesuchte Exponentialbewertung vx mit den Eigenschaften (3.3) bis (3.5) ist.
Mit Hilfe der diskreten Bewertungen vx können wir Verzweigungsindizes von Morphismen zwischen glatten, irreduziblen Kurven definieren:
32
KAPITEL 3. MORPHISMEN ZWISCHEN ALGEBRAISCHEN KURVEN
Definition 3.2.1 Sei f : C Ñ C 1 ein nicht-konstanter Morphismus zwischen glatten Kurven
mit f pC q C 1 , der die Körpereinbettung f : k pC 1 q Ñ k pC q induziert. Weiter sei x P C und
πf pxq ein Erzeuger von mf pxq, C 1 . Dann heißt
ex pf q : vx pf pπf pxq qq
Verzweigungsindex von f in x.
f heißt verzweigt in x P C, falls ex pf q ¥ 2.
f heißt verzweigt über y P C 1 , falls f in einem x P f 1 py q verzweigt ist.
Man beachte, dass aus der Definition von f für x
folgt. Daher gilt immer
f pOfpxq, C 1 q „ Ox,
C
P C unmittelbar f pmf pxq, C 1 q „ mx, C
und
ex pf q vx pf pπf pxq qq ¥ 1
sowie vx pf pεqq 0 für ε P Ofpxq, C 1 , woraus die Wohldefiniertheit von ex pf q folgt, da zwei
Erzeuger von mf pxq, C 1 bis auf Multiplikation mit einer Einheit ε P Ofpxq, C 1 übereinstimmen.
Aus der Definition der Verzweigungsindizes erhalten wir das folgende Lemma über Verzweigungsindizes von Verknüpfungen von Morphismen:
Lemma 3.2.2 Seien f : C Ñ C 1 und g : C 1 Ñ C 2 nicht-konstante Morphismen zwischen glatten Kurven mit f pC q C 1 und g pC 1 q C 2 , und sei x P C. Dann gilt
ex pg f q ex pf q ef pxq pg q.
Insbesondere ist g
sind.
f
genau dann in x unverzweigt, wenn f in x und g in f pxq unverzweigt
Beweis: Sei π2 ein Erzeuger von mgpf pxqq, C 2 und π1 ein Erzeuger von mf pxq, C 1 . Dann haben wir
wegen ef pxq pg q vf pxq pg pπ2 qq
pg q
g pπ2 q π1f pxq ε
e
mit einem ε P Ofpxq, C 1 . Daher bekommen wir wie behauptet
e x pg f q
pg q
vx ppg f q pπ2 qq vx pf pg pπ2 qqq vx pf pπ1f pxq εqq
ef pxq pg q vx pf pπ1 qq vx pf pεqq ef pxq pg q ex pf q.
e
¤
Nachdem wir im letzten Abschnitt den Grad von nicht-konstanten Morphismen f : P1 Ñ P1
explizit bestimmt haben, berechnen wir nun für solche Morphismen Verzweigungsindizes.
Wir nehmen wieder an, dass f durch
f:
P1
rx : y s
Ñ P1
Þ rGpx, yq : H px, yqs
Ñ
(3.6)
3.2. VERZWEIGUNGSINDIZES
33
definiert ist, wobei G, H zwei homogene, teilerfremde Polynome vom gleichen Grad sind. Wie
im Beweis von Satz 3.1.2 benützen wir die affine Karte
{rx : 1s P P1 : x P k}
und identifizieren den Funktionenkörper k pP1 q mit k pA10 q k pxq, wobei x die affine
A10
von P1
Koordinate von A10 ist. So ist
f : k px q Ñ k px q
durch f pxq hgppxxqq mit g pxq : Gpx, 1q, hpxq : H px, 1q gegeben. Im Folgenden werden wir
die Punkte der affinen Karte A10 mit k identifizieren und den unendlich fernen Punkt r1 : 0s
als 8 bezeichnen.
Zur Berechnung der Verzweigungsindizes brauchen wir eine explizite Beschreibung der diskreten
Bewertungen va von k pxq für alle a P k und a 8. Für ra : 1s a P k sieht man leicht, dass
va durch die p-adische Exponentialbewertung von k pxq für das Primideal p px aq von k rxs
gegeben sein muss, da diese die Bedingungen (3.3) bis (3.5) erfüllt.
Zur Bestimmung von v8 bemerken wir, dass eine rationale Funktion f
in homogenen Koordinaten durch
f
pqppxxqq P kpxq kpA10q
P px, y q
ydeg qdeg p Q
px, yq
gegeben ist, wobei P px, y q y deg p pp xy q und Qpx, y q y deg q q p xy q die Homogenisierungen von p
und q sind. Daher haben wir
f
f
P O8, P ô
P m8, P ô
1
1
und demzufolge muss v8 durch
µ
v8
ppxq
q px q
¶
deg p ¤ deg q,
deg p deg q,
deg q deg p
gegeben sein, da die dadurch definierte Funktion auf k pxq die Eigenschaften einer Exponentialbewertung hat und die Bedingungen (3.3) bis (3.5) erfüllt.
Weiter benützen wir die Zerlegungen
H px, y q
Gpx, y q λH px, y q
C2 y l px b1 y qp1 . . . px bs y qps
C3 y m px c1 y qq1 . . . px ct y qqt
(3.7)
(3.8)
von H und G λH für λ P k in Produkte von linearen Faktoren mit p1 , . . . , ps , q1 , . . . , qt ¥ 1.
Dabei sind b1 , . . . , bs , c1 , . . . , ct paarweise verschieden und höchstens einer der Exponenten l, m
ist größer als Null, da H und G λH teilerfremd sind.
Nun sind wir in der Lage, die Verzweigungsindizes von f in den Punkten x
x P f 1 pλq anzugeben:
P
f 1 p8q und
34
KAPITEL 3. MORPHISMEN ZWISCHEN ALGEBRAISCHEN KURVEN
Satz 3.2.3 Sei f : P1 Ñ P1 durch (3.6) mit deg G deg H d ¥ 1 und Zerlegungen (3.7),
(3.8) für ein λ P k gegeben, und sei P1 wie oben mit k Y {8} identifiziert. Dann haben die
Punkte in f 1 p8q und f 1 pλq die Verzweigungsindizes
ebi pf q pi , 1 ¤ i ¤ s,
eci pf q qi , 1 ¤ i ¤ t,
und
falls f p8q P {λ,
e8 pf q max{l, m},
8}.
Beweis: Wie oben identifizieren wir den Funktionenkörper k pP1 q mit k pxq. Nach Voraussetzung
gilt
hpxq H px, 1q
g pxq λhpxq
sowie
C2 px b1 qp1 . . . px bs qps ,
C3 px c1 qq1 . . . px ct qqt
deg h d l, degpg λhq d m.
Da x λ P k pxq ein Erzeuger des maximalen Ideals mλ, P1
eci pf q vci pf px λqq vci
Daraus erhalten wir
µ
g px q
hpxq
mf pc q, P
i
¶
λ vc
µ
i
1
ist, haben wir für 1 ¤ i ¤ t
g pxq λhpxq
hpxq
¶
.
eci pf q qi ,
da vci die p-adische Exponentialbewertung zum Primideal p px ci q von k rxs ist.
Die Formeln für die Verzweigungsindizes in den Punkten bi folgen analog, da
des maximalen Ideals m8, P1 ist sowie
µ ¶
1
f
x
1
x
ein Erzeuger
f 1pxq hgppxxqq
gilt.
Im Fall f p8q λ haben wir m ¡ 0 und wie behauptet
µ
g pxq λhpxq
e8 pf q v8 pf px λqq v8
h px q
¶
deg h degpg λhq d pd mq m.
Analog erhalten wir e8 pf q l ¡ 0 im Fall f p8q 8.
¤
3.3. HURWITZ-FORMEL
3.3
35
Hurwitz-Formel
Durch Analyse von Differentialformen und der kanonischen Divisoren erhalten wir für Morphismen zwischen glatten projektiven Kurven eine nützliche Beziehung zwischen den Verzweigungsindizes und dem Grad:
Theorem 3.3.1 (Hurwitz-Formel) Sei f : C Ñ C 1 ein nicht-konstanter Morphismus vom
Grad d zwischen zwei glatten projektiven Kurven C und C 1 vom Geschlecht g und g 1 , und sei
char k 0. Dann ist f nur in endlich vielen Punkten x P C verzweigt und es gilt die
Hurwitz-Formel
X
2g 2 dp2g 1 2q
pexpf q 1q.
P
x C
Beweis: Korollar IV.2.4 in [7]. Man beachte, dass f nach Theorem II.5.8 in [15] ein endlicher
Morphismus ist, da die beteiligten Kurven glatt und projektiv sind.
¤
Bemerkung: Im Fall char k p ¡ 0 ist f ebenfalls in nur endlich vielen Punkten verzweigt,
falls die Körpererweiterung k pC q{f pk pC 1 qq separabel ist. Die Hurwitz-Formel gilt dann aber
nur, wenn alle Verzweigungsindizes ex pf q der Punkte x P C nicht durch p teilbar sind.
3.4
Lemma von Belyi
Für unsere späteren Zwecke ist das Lemma von Belyi wichtig, mit dessen Hilfe wir Morphismen nach P1 konstruieren können, die nur über drei Punkten verzweigt sind. Wie im vorigen
Abschnitt identifizieren wir P1 A10 Y {r1 : 0s} mit k Y {8}. Im ganzen Abschnitt arbeiten wir
über dem algebraisch abgeschlossenen Körper k Q.
Lemma 3.4.1 (Belyi) Sei g : C Ñ C 1 ein Morphismus zwischen zwei glatten Kurven über Q
und R eine endliche Menge von Punkten von C. Dabei seien C und C 1 und g über dem
Zahlkörper K definiert. Dann existiert ein Morphismus h : C 1 Ñ P1 , der ebenfalls über K
definiert ist, so dass die Verknüpfung f h g : C Ñ P1 höchstens über {0, 1, 8} verzweigt ist
und f pRq „ {0, 1, 8} gilt.
Beweis: Wir geben hier nur den Beweis für C C 1 P1 und K Q an, da wir in unserer
Arbeit nur diesen Fall verwenden werden. Wir folgen dabei dem Beweis von Lemma 12.2.7
in [2], wo auch der Beweis für den allgemeinen Fall zu finden ist.
Wir gehen iterativ vor: Wir ersetzen g sukzessive mit h g für über Q definierte Morphismen
h : P1 Ñ P1 , bis g nur noch über {0, 1, 8} verzweigt ist und g pRq „ {0, 1, 8} gilt. Sei dabei
S € Q Y {8} die nach der Hurwitz-Formel endliche Menge der Punkte von P1 , über denen g
verzweigt ist, und d der maximale Grad der Punkte in S Y g pRq über Q.
36
KAPITEL 3. MORPHISMEN ZWISCHEN ALGEBRAISCHEN KURVEN
In einer ersten Phase erreichen wir, dass in jedem Iterationsschritt die Anzahl der Punkte in
S Y g pRq mit maximalem Grad d ¥ 2 sinkt. Nach endlich vielen Iterationsschritten liegen nur
noch Punkte von Q Y {8} in S Y g pRq.
In einer zweiten Phase werden wir dann in jedem Iterationsschritt die Anzahl der Punkte in
pS Y gpRqqz{0, 1, 8} verringern, bis S Y gpRq nur noch höchstens aus {0, 1, 8} besteht.
Wir beschreiben nun die Iterationsschritte der ersten und zweiten Phase:
Erste Phase: Sei α P S Y g pRq ein Punkt von maximalem Grad d
p P QrT s, das den Morphismus
h:
P1
rx : y s
¥ 2 mit Minimalpolynom
Ñ
P1
d
Þ ry pp xy q : yds
Ñ
definiert. Nach Satz 3.2.3 ist h in 8 und in allen mehrfachen Nullstellen der Polynome ppxq λ,
λ P Q, verzweigt. Letztere sind genau die Nullstellen {β1 , . . . , βd1 } der Ableitung p1 pxq. Somit
ist h g nach Lemma 3.2.2 über hpS qY {hpβ1 q, . . . , hpβd1 q, 8} verzweigt. Da hpαq 0 und die
hpβi q alle vom Grad kleiner als d sind, verringert sich daher im betrachteten Iterationsschritt
die Anzahl Punkte in S Y g pRq von maximalem Grad d.
Zweite Phase: Sei s P pS Y g pRqqz{0, 1, 8}. Dann können wir s als s AAB mit A, B
und B ¡ 0 sowie A, A B 0 schreiben. Betrachte nun die rationale Funktion
PZ
hpxq sA p1 sqB xA p1 xqB ,
die einen über Q definierten Morphismus h : P1 Ñ P1 bestimmt. Dann finden wir mit einer
einfachen Rechnung mit Satz 3.2.3, dass h höchstens in den Punkten {0, 1, 8, s} verzweigt ist
und hp{0, 1, 8, s}q „ {0, 1, 8} gilt. Somit ist h g höchstens über hpS qY {0, 1, 8} verzweigt,
und wegen hpsq 1 gilt |hpS Y g pRqqz{0, 1, 8}| |pS Y g pRqqz{0, 1, 8}|, weshalb die Anzahl
Punkte in pS Y g pRqqz{0, 1, 8} im betrachteten Iterationsschritt tatsächlich abnimmt.
¤
Kapitel 4
abc-Vermutung
Die abc-Vermutung ist eine einfache Aussage, die einen neuen Zugang zu vielen Resultaten
aus der Zahlentheorie ermöglicht. Mit deren Hilfe lassen sich bedeutende Aussagen wie zum
Beispiel die Mordell-Vermutung und der Satz von Roth auf deutlich einfachere Weise als in den
klassischen Beweisen zeigen. Bis heute ist die abc-Vermutung unbewiesen, jedoch scheinen die
meisten Schlussfolgerungen aus der abc-Vermutung gültig zu sein und einige lassen sich durch
andere Methoden beweisen (vgl. § 12.1, S. 407 in [2]).
Erstmals wurde die abc-Vermutung 1985 von Masser und Oesterlé über dem Körper der rationalen Zahlen formuliert. Später wurde die Vermutung von Elkies, Vojta und Masser auf
algebraische Zahlkörper ausgedehnt.
4.1
abc-Vermutung für feste algebraische Zahlkörper
Die abc-Vermutung über den rationalen Zahlen besagt, dass für alle ε ¡ 0 eine Konstante C pεq
existiert, so dass
max{|a|, |b|, |c|} ¤ C pεq S pa, b, cq1 ε
für alle teilerfremden ganzen Zahlen a, b, c mit a
S pa, b, cq :
b c 0 gilt, wobei
Y
p
|
p abc
das Produkt aller Primzahlen bezeichnet, die abc teilen.
Zur Verallgemeinerung dieser Aussage auf algebraische Zahlkörper bemerken wir zunächst, dass
für teilerfremde ganze Zahlen a, b, c wegen max{|a|p , |b|p , |c|p } 1 für alle Primzahlen p
HQ pa, b, cq max{|a|, |b|, |c|}
gilt, wobei HQ die Höhe auf dem projektiven Raum P2 pQq nach Definition 2.2.1 ist. Weiter ist
für solche a, b, c die oben eingeführte Größe S pa, b, cq das Produkt über alle Primzahlen p, für
37
38
die nicht |a|p
KAPITEL 4. ABC-VERMUTUNG
|b|p |c|p gilt, denn p teilt abc genau dann, wenn
min{|a|p , |b|p , |c|p } 1
gilt, und wir haben hier immer max{|a|p , |b|p , |c|p } 1, da a, b, c teilerfremd sind.
Letzteres führt uns zur Definition einer allgemeinen Größe SK pa, b, cq auf dem projektiven
Raum P2 pK q über einem algebraischen Zahlkörper K nach Masser in [10], die für teilerfremde
ganze Zahlen a, b, c und K Q mit obigem S pa, b, cq übereinstimmt.
Definition 4.1.1 (Radikal) Sei ra : b : cs P P2 pK q mit a, b, c 0. Dann heißt
SK pa, b, cq :
Y
P
N pv qe v
v I
mit
I : {v
P MK0 : min{|a|v , |b|v , |c|v } max{|a|v , |b|v , |c|v }}
Radikal (oder Träger) von ra : b : cs. Dabei bezeichnet N pv q die Norm des zu v
gehörigen
Primideals p und ev den Verzweigungsindex ep von p.
Man beachte, dass diese Definition nicht von der Wahl der homogenen Koordinaten ra : b : cs
abhängig ist. Zudem ist das auftretende Produkt ein endliches Produkt, da |a|v , |b|v , |c|v nur
für die endlichen Stellen, die zu den in der Zerlegung der gebrochenen Ideale paq, pbq, pcq auftretenden Primidealen gehören, verschieden von 1 sind.
Elkies schlug in [6] eine andere Definition des Radikals vor:
Definition 4.1.2 Für ra : b : cs P P2 pK q mit a, b, c 0 heißt
S K pa, b, cq :
Y
P
N pv q
v I
mit I wie in Definition 4.1.1 Radikal nach Elkies.
Offensichtlich ist das Radikal nach Elkies immer kleiner als oder gleich groß wie das Radikal
nach Masser. Der folgende Satz gibt uns auch eine umgekehrte Abschätzung:
Satz 4.1.3 Für alle ra : b : cs P P2 pK q mit a, b, c 0 gilt
S K pa, b, cq ¤ SK pa, b, cq ¤ dK S K pa, b, cq,
wobei dK die Diskriminante von K bezeichnet.
4.1. ABC-VERMUTUNG FÜR FESTE ALGEBRAISCHE ZAHLKÖRPER
39
Beweis: Wir folgen dem Beweis von (1.12) in [10] und verwenden die Primidealzerlegung
Y
DK pνp
p
der Differente von K. Sei I die Menge der Primideale von OK , die zu den Stellen v P I gehören,
über die in der Definition des Radikals SK pa, b, cq das Produkt gebildet wird. Dann haben wir
nach Theorem 1.5.11 und Theorem 1.5.10
Y
Y
1.5.11 Y
SK pa, b, cq N ppqep ¤
N ppqνp N ppq
pPI

N
pPI

Y
pPI
pPI
pνp  S K pa, b, cq ¤ N pDK q S K pa, b, cq
1.5.10
dK S K pa, b, cq. ¤
Die Definition des Radikals nach Masser hat den Vorteil, dass diese das gleiche Verhalten unter
Körpererweiterungen zeigt wie die Höhe im projektiven Raum in Satz 2.2.2 (ii).
Satz 4.1.4 Sei L|K eine Erweiterung von algebraischen Zahlkörpern vom Grad n
und ra : b : cs P P2 pK q mit a, b, c 0. Dann gilt
rL : K s
SL pa, b, cq SK pa, b, cqn .
Beweis: Sei I die Menge der endlichen Stellen von K, über die in der Definition von SK pa, b, cq
das Produkt gebildet wird. Dann wird offenbar in der Definition von SL pa, b, cq über
I˜ {w
P ML0 | Dv P I : w|v}
multipliziert. Wir bemerken weiter, dass nach Definition der normierten Absolutbeträge
N pv qe v
| |v
|p|v1
für die Stellen v von K oder L mit v |p gilt. Damit folgt die Behauptung mit Satz 2.1.16:
Y
YY
YY Y
|p|v n
SL pa, b, cq N pw qe w |p|w1 P
p
w I˜
Y
P
N pv qev n
P
|
P
0
v I w ML
vp wv
|
SK pa, b, cqn
p
P
|
v I
vp
¤
v I
Für das Radikal nach Elkies ist Satz 4.1.4 nicht erfüllt, wie Masser in [10] bemerkt. Für
pa, b, cq p1, 1, pq für eine Primzahl p und K Q, L Qp√pq gilt nämlich
S Q p1, 1, pq p
und auch
S L p1, 1, pq p,
40
KAPITEL 4. ABC-VERMUTUNG
√
denn das Ideal ppq von OL ist nur durch das Primideal p p pq mit
√
N ppq |N p pq| p
teilbar. Der Exponent n 2 tritt also hier in S L nicht auf.
Nachdem wir das Radikal bzgl. algebraischen Zahlkörpern definiert haben, können wir die abcVermutung für fixierte Zahlkörper formulieren.
Vermutung 4.1.5 Für alle ε ¡ 0 und algebraischen Zahlkörper K gibt es eine Konstante
CK pεq, so dass
HK pa, b, cq ¤ CK pεq SK pa, b, cq1 ε
für alle a, b, c P K mit a
b
c 0 gilt.
Man beachte, dass nach Satz 4.1.3 diese Vermutung äquivalent bleibt, wenn SK durch das
Radikal S K nach Elkies ersetzt wird, da wir davon ausgehen, dass CK pεq von K abhängig ist.
Die abc-Vermutung macht keinerlei Aussage über die Abhängigkeit der Konstante CK pεq von
K und ε. Wenn wir hingegen die abc-Vermutung mit einer expliziten Formel für CK pεq in
Abhängigkeit von K und ε postulieren, sprechen wir von einer effektiven Version der abcVermutung.
4.2
Absolute abc-Vermutungen
In diesem Abschnitt stellen wir uns die Frage, ob die Vermutung 4.1.5 derart zu einer absoluten
”
abc-Vermutung“ verallgemeinert werden kann, dass die auftretende Konstante nicht mehr vom
Zahlkörper K abhängt. Masser bewies in [10], dass in einer solchen abc-Vermutung auf jeden
Fall die Diskriminante des Zahlkörpers, in dem a, b, c liegen, auftreten muss. Genauer wird
in [10] folgendes Resultat hergeleitet:
Theorem 4.2.1 (Masser) Für jede natürliche Zahl n ¥ 2 und alle reellen ε ¡ 0, C ¡ 0 sowie
0 ν 1{ppε 1qn 1q gibt es einen algebraischen Zahlkörper K vom Grad n und a, b, c P K mit a b c 0, so dass
HK pa, b, cq ¡ C dK φν pdK q SK pa, b, cq1
gilt, wobei
φν pxq exp
µ
ε
plog xqν ¶ .
log log x
Dabei ist zu beachten, dass die Funktion φν schneller wächst als jede Potenz der Logarithmusfunktion log. Das Theorem besagt insbesondere, dass es keine absolute abc-Vermutung der
Form
HK pa, b, cq ¤ C pεqrK:Qs SK pa, b, cq1 ε
4.2. ABSOLUTE ABC-VERMUTUNGEN
41
geben kann und sogar die Vermutung
HK pa, b, cq ¤ C pεqrK:Qs dK SK pa, b, cq1
ε
falsch ist. Diese Vermutungen bleiben nach dem Theorem auch falsch, wenn wir uns auf algebraische Zahlkörper von vorgegebenem Grad beschränken. Absolute abc-Vermutungen, in denen
die Diskriminante mit Exponent größer als 1 auftritt, sind aber noch nicht widerlegt.
Im Folgenden gehen wir von absoluten abc-Vermutungen aus, in die die Diskriminante durch
eine Funktion φ : N Ñ R einfließt:
Vermutung 4.2.2 Für alle ε ¡ 0 gibt es eine Konstante C pεq, so dass
HK pa, b, cq ¤ C pεqrK:Qs pφpdK q SK pa, b, cqq1
für alle algebraischen Zahlkörper K und a, b, c P K mit a
b
ε
(4.1)
c 0 gilt.
Nach Theorem 4.2.1 ist diese Vermutung für alle Funktionen φ der Form φpnq
falsch. Daher ist es plausibel, φpnq ¥ n anzunehmen.
nr , r 1,
Wir haben das Radikal SK nach Masser verwendet, da dieses nach Satz 4.1.4 das gleiche Verhalten unter Körpererweiterungen besitzt wie die Höhe HK . Damit ist sichergestellt, dass (4.1)
für a, b, c P K bei Übergang zu einer endlichen Erweiterung L von K richtig bleibt.
Kapitel 5
Satz von Roth
In diesem Kapitel stellen wir unsere Hauptanwendung der abc-Vermutung vor, die den Satz von
Roth über die Approximation von algebraischen Zahlen mit rationalen Zahlen betrifft. Wir werden zuerst den Satz formulieren und dann dessen Verallgemeinerung auf algebraische Zahlkörper
angeben. Dann liefern wir einen Beweis der Verallgemeinerung mit der abc-Vermutung.
5.1
Einleitung
Der Satz von Roth aus dem Jahr 1955 befasst sich mit der Frage, wie gut algebraische Zahlen
mit rationalen Zahlen approximiert werden können. Ganz allgemein betrachten wir bei der
Beurteilung der Güte der Approximierbarkeit einer algebraischen Zahl α durch rationale Zahlen
die Ungleichung
¯
¯
¯
¯
p
¯α ¯ ¤ f pq q
(5.1)
¯
q¯
für eine fixierte monoton fallende Funktion f mit limqÑ8 f pq q 0.
Der Satz von Roth besagt, dass (5.1) für sämtliche Funktionen der Form
f pq q 1
q2 ε
mit ε ¡ 0 nur endlich viele ganze Lösungen pp, q q mit q ¡ 0 hat. Demgegenüber war schon im
19. Jahrhundert nach dem Theorem von Dirichlet (Proposition D.1.1 in [8]) bekannt, dass (5.1)
mit
1
f pq q 2
q
unendlich viele ganze Lösungen pp, q q mit q ¡ 0 hat, falls α irrational ist.
Der Satz von Roth wurde in zweierlei Hinsicht verallgemeinert. Erstens wurde seine Gültigkeit
auf die Approximation von algebraischen Zahlen α durch Zahlen β in einem fixierten algebraischen Zahlkörper K ausgedehnt. Zweitens wurde der gewöhnliche Absolutbetrag in (5.1) durch
42
5.1. EINLEITUNG
43
eine endliche Familie von normierten Absolutbeträgen auf K ersetzt. Dabei musste an Stelle
der Funktion f pq q des Nenners von p{q auf der rechten Seite von (5.1) eine Funktion der Höhe
HK pβ q von β bzgl. K verwendet werden. Wir geben die Verallgemeinerung des Satzes von Roth
aus §D.2 in [8] an:
Theorem 5.1.1 Sei K ein algebraischer Zahlkörper und S € MK eine endliche Menge von
Stellen von K. Wir nehmen an, dass jeder normierte Absolutbetrag | |v mit v P S nach
Theorem 2.1.5 auf eine gewisse Weise auf Q fortgesetzt sei. Zudem seien α P Q und ε ¡ 0
gegeben. Dann gibt es nur endlich viele β P K mit
Y
P
min{|β α|v , 1} ¤
v S
1
HK pβ q2
ε
.
(5.2)
Dieses Theorem wird beispielsweise in Teil D von [8] auf klassische Weise mit den Methoden
von Roths Beweises seines Satzes hergeleitet. Dieser klassische Beweis gibt uns jedoch kein
Verfahren, mit dem die endlich vielen Lösungen von (5.2) bestimmt werden können. Vielmehr
zeigt er uns einzig die Endlichkeit der Lösungsmenge von (5.2). Auch mit anderen Methoden
kann bis heute diese Lösungsmenge nicht explizit bestimmt werden.
Wir beschreiben nun, was für eine Aussage gezeigt werden müsste, um prinzipiell in der Lage zu
sein, die Lösungen von (5.2) explizit zu bestimmen. Dazu geben wir zunächst eine äquivalente
Formulierung von Theorem 5.1.1 an.
Lemma 5.1.2 Seien K, S € MK und α P Q wie in Theorem 5.1.1 vorgegeben. Dann hat (5.2)
genau dann für alle ε ¡ 0 nur endlich viele Lösungen β P K, wenn für alle ε ¡ 0 eine von β
unabhängige Konstante C C pεq ¡ 0 mit
Y
P
v S
für fast alle β
min{|β α|v , 1} ¥
C
H K pβ q2
(5.3)
ε
P K existiert.
Beweis: Falls (5.2) für ε ¡ 0 nur endlich viele Lösungen β1 , . . . , βn
C 1 für alle β P K z{β1 , . . . , βn }.
PK
hat, gilt (5.3) mit
Falls umgekehrt für alle ε ¡ 0 geeignete Konstanten C pεq ¡ 0 existieren, für die (5.3) für fast
alle β P K erfüllt ist, gibt es insbesondere für ein festes ε ¡ 0 eine endliche Menge R € K, so
dass
Y
C pε{2q
min{|β α|v , 1} ¥
HK pβ q2 ε{2
v PS
für alle β
P K zR ist. Daraus folgt für alle Lösungen β P K zR von (5.2)
Y
C pε{2q
1
¥
min{
|
β
α
|
,
1}
¥
,
v
HK pβ q2 ε vPS
HK pβ q2 ε{2
44
also
KAPITEL 5. SATZ VON ROTH
HK pβ q ¤ C pε{2q2{ε .
Nach Theorem 2.2.9 (ii) gibt es aber nur endlich viele β
ε ¡ 0 nur endlich viele Lösungen in K.
(5.4)
P K mit (5.4). Daher hat (5.2) für alle
¤
Die Aussage (5.3) mit explizit bestimmbaren Konstanten C C pεq nennen wir eine effektive
Version von Theorem 5.1.1. Der Beweis von Lemma 5.1.2 zeigt uns, dass uns eine solche
Version ein prinzipielles Verfahren zur Berechnung der Lösungen von (5.2) bereitstellt. Wir
wissen nämlich nach dem Beweis, dass nur β P K mit beschränkter Höhe als Lösungen in Frage
kommen. Diese können im Prinzip explizit aufgelistet werden, da die Menge ihrer möglichen
Minimalpolynome nach dem Beweis von 2.2.9 endlich ist, und für jedes dieser β kann die
Ungleichung (5.2) überprüft werden.
Im nächsten Abschnitt zeigen wir, wie eine effektive Version von Theorem 5.1.1 aus einer
effektiven Version der abc-Vermutung folgt.
5.2
Beweis der Verallgemeinerung des Satzes von Roth
mit der abc-Vermutung
In diesem Abschnitt stellen wir unseren Beweis vor, dass aus der abc-Vermutung 4.1.5 für fixierte
Zahlkörper die Verallgemeinerung 5.1.1 des Satzes von Roth folgt. Die Beweisführung lehnt sich
an den Beweis von Theorem 12.2.9 in [2], das besagt, dass die ursprüngliche Form des Satzes
von Roth über Q mit dem gewöhnlichen Absolutbetrag aus der abc-Vermutung über Q folgt.
So sind die Anwendung des Lemmas von Belyi und der Hurwitz-Formel aus Kapitel 3 auch in
unserer Herleitung die entscheidenden Punkte.
Theorem 5.2.1 Die abc-Vermutung 4.1.5 impliziert Theorem 5.1.1. Aus einer effektiven Version der abc-Vermutung folgt eine effektive Version von 5.1.1.
Beweis: Für ein beliebiges ε ¡ 0 zeigen wir mit Hilfe der abc-Vermutung die Ungleichung (5.3)
für fast alle β P K mit einer von β unabhängigen Konstanten C C pεq. Daraus folgt mit
Lemma 5.1.2 Theorem 5.1.1. Zudem erhalten wir auf diese Weise sogar eine effektive Version
von 5.1.1, falls wir von einer effektiven Version der abc-Vermutung ausgehen, da unser gesamter
Beweis inklusive der Herleitung des Lemmas von Belyi in Abschnitt 3.4 konstruktiv ist und
daher in diesem Fall die auftretenden Konstanten alle explizit angegeben werden können.
Im Folgenden schreiben wir für Abschätzungen der Form
η pβ q ¤ C ξ pβ q
mit einer von β unabhängigen Konstanten C wie üblich
η pβ q ! ξ pβ q.
5.2. BEWEIS DER VERALLGEMEINERUNG MIT DER ABC-VERMUTUNG
45
A01 Y {8} mit Q Y {8}.
Wir beginnen mit dem Minimalpolynom g P ZrT s über Q der vorgegebenen algebraischen
Zahl α mit teilerfremden, ganzen Koeffizienten vom Grad n deg g. Es definiert einen über Q
Zudem identifizieren wir wie in Abschnitt 3.4 P1
definierten Morphismus, den wir ebenfalls mit g bezeichnen:
P1
g:
rx : y s
ÝÑ
P1
ÞÝÑ rGpx, yq : yns
µ ¶
x
, Gpx, y q : y g
y
n
Nach dem Lemma von Belyi finden wir einen über Q definierten Morphismus h : P1 Ñ P1 , so
dass die Verknüpfung f h g höchstens über {0, 1, 8} verzweigt ist und f pαq P {0, 1, 8}
gilt. Nach eventueller Verknüpfung von f mit einem der offenbar unverzweigten Morphismen
rx : ys ÞÑ ry x : ys und rx : ys ÞÑ ry : xs können wir o.B.d.A. f pαq 0 annehmen. Weiter
können wir f als
P1
ÝÑ
P1
f:
rx : ys ÞÝÑ rU px, yq : W px, yqs
mit teilerfremden homogenen Polynomen U, W
über Q definiert ist.
P Zrx, ys vom gleichen Grad d schreiben, da f
Nebst den homogenen Polynomen U, W betrachten wir das homogene Polynom
V px, y q : W px, y q U px, y q
und die Inhomogenisierungen
upxq : U px, 1q,
v pxq : V px, 1q,
wpxq : W px, 1q.
Die Polynome U, V, W besitzen eindeutige Zerlegungen
U px, y q
V px, y q
W px, y q
u0 U1 px, y qm1 . . . Ur px, y qmr ,
v0 Ur 1 px, y qmr 1 . . . Us px, y qms ,
w0 Us 1 px, y qms 1 . . . Ut px, y qmt
(5.5)
(5.6)
(5.7)
in irreduzible Faktoren im Polynomring Zrx, y s mit homogenen Polynomen Ui vom Grad ni
und u0 , v0 , w0 P Z. Wegen f pαq 0 gilt upαq U pα, 1q 0 und u muss durch das Minimalpolynom g von α teilbar sein, weshalb die Homogenisierung Gpx, y q in der Zerlegung von U px, y q
auftreten muss. Wir können also U1 G und n1 n annehmen.
P K mit
b : v pβ q 0, c : wpβ q 0.
Wir zeigen nun die Ungleichung (5.3) für alle β
a : upβ q 0,
P K, da u, v, w nur endlich viele Nullstellen haben.
Für solche a, b, c besagt die abc-Vermutung 4.1.5 wegen a b c 0
HK pa, b, cq ! S K pa, b, cq1 δ ,
Dies sind wie gefordert fast alle β
(5.8)
46
KAPITEL 5. SATZ VON ROTH
wobei wir hier das Radikal S K nach Elkies verwenden dürfen, da der Zahlkörper K fixiert ist.
Nun müssen wir Abschätzungen für HK pa, b, cq und S K pa, b, cq finden, um aus (5.8) die
gewünschte Ungleichung (5.3) folgern zu können.
Wir beginnen mit dem Radikal nach Elkies, das durch
Y
S K pa, b, cq N pv q
P
v I
mit
I
{v P MK0 : min{|a|v , |b|v , |c|v } max{|a|v , |b|v , |c|v }}
definiert ist. Dafür gilt sicher
S K pa, b, cq ¤
Y
N pv q Pz
v I S
Y
N pv q !
P
v S
Y
Pz
N pv q,
v I S
da S eine endliche Menge von Stellen ist. Für die weitere Abschätzung schreiben wir
ui pxq : Ui px, 1q
für die Inhomogenisierungen der irreduziblen Faktoren Ui . Offensichtlich haben wir dafür
deg ui
¤ deg Ui ni.
P
Man beachte nun, dass allgemein für ein Polynom p li0 pi xi P Zrxs vom Grad l und eine
endliche Stelle v
|ppβ q|v ¤ max |pi|v |β |iv ¤ max |β |iv max{1, |β |v }l
¤¤
¤¤
0 i l
0 i l
sowie für eine unendliche Stelle v
|ppβ q|v ¤
l
X
|pi|v |β |iv ¤ pl
i 0
1q max |pi |v |β |iv
¤¤
0 i l
¤ pl
1q max |pi |v max{1, |β |v }l
¤¤
0 i l
(5.9)
gilt. Daher haben wir
|uipβ q|v ¤ max{1, |β |v }n , v P MK0 ,
|uipβ q|v ! max{1, |β |v }n , v P MK8,
für alle 1 ¤ i ¤ t. Daraus folgt für v P MK0
P
|a|v ¤ |u0|v |u1pβ q|mv . . . |ur pβ q|mv ¤ max{1, |β |v } n m max{1, |β |v }d
i
i
1
r
i 1
r
i
i
(5.10)
(5.11)
(5.12)
und analog
|b |v ¤
|c |v ¤
max{1, |β |v }d ,
max{1, |β |v }d .
(5.13)
(5.14)
5.2. BEWEIS DER VERALLGEMEINERUNG MIT DER ABC-VERMUTUNG
47
Dabei haben wir in (5.12) nur dann Gleichheit, wenn |u0 |v 1 und |ui pβ q|v max{1, |β |v }ni
für alle 1 ¤ i ¤ r gilt. Das Analoge trifft für das Auftreten der Gleichheit in (5.13) und (5.14)
zu.
Nach diesen Bemerkungen sind wir in der Lage, N pv q für v P I zS abzuschätzen. Für solche Stellen v muss nämlich in mindestens einer der Ungleichungen (5.12) bis (5.14) strikte Ungleichheit
herrschen, weshalb nach obigen Ausführungen |ui pβ q|v max{1, |β |v }ni für ein i zwischen 1
und t, |u0 |v 1, |v0 |v 1 oder |w0 |v 1 gilt. Da die normierten Absolutbeträge | . |v immer
ganzzahlige Potenzen von N pv q sind, haben wir daher für v P I zS
ni
1
N pv q ¤ |ui pβ q|
v max{1, |β |v }
(5.15)
1
1
1
N p v q ¤ | u0 | v , N pv q ¤ |v0 |v oder N pv q ¤ |w0 |v .
(5.16)
für ein bestimmtes i oder
Da die rechten Seiten von (5.15) und (5.16) zudem für beliebige v
gleich 1 sind, bekommen wir die Abschätzung
S K pa, b, cq
P MK0
nach (5.10) größer
t
Y
|u0|v 1 |v0|v 1 |w0|v 1 |uipβ q|v 1 max{1, |β |v }ni
N pv q ¤
0 zS
i1
v PI zS
v PMK
Y
!
Y
t
Y
Y
!
|uipβ q|v 1 max{1, |β |v }n ,
i
P
z
i 1 v M0 S
K
worin alle auftretenden Produkte endlich sind, da es für alle x P K nur endlich viele Stellen
v P MK0 mit |x|v 1 gibt. Schließlich verwenden wir die Produktformel 2.1.15 und anschließend
die Abschätzungen (5.10) und (5.11) und erhalten
S K pa, b, cq
!
2.1.15
!
(5.10), (5.11)
t
Y
Y
8 S
i 1 v MK
P
Y
P
Y
H K pβ qN
Y
P
z
P
z
max{1, |β |v }
v MK S
Y
v S
wobei wir N :
P
max{1, |β |v }ni
0 S
v MK
|u1pβ q|v
v S
Y
|uipβ q|v
|gpβ q|v
Y
P
z
n1
t
Y
Y
P
max{1, |β |v }ni
i 2 v MK
max{1, |β |v }n ,
(5.17)
v MK S
Pt
ni gesetzt haben.
i 2
Zur Abschätzung der Höhe HK pa, b, cq brauchen wir folgendes allgemeines Lemma über Morphismen zwischen Pn und Pm :
Lemma 5.2.2 Sei
ϕ:
Pn
x
ÝÑ Pm
ÞÝÑ rf0pxq : : fmpxqs
(5.18)
48
KAPITEL 5. SATZ VON ROTH
ein Morphismus, der durch homogene Polynome f0 , . . . , fm vom Grad d mit Koeffizienten in
einem algebraischen Zahlkörper K ohne gemeinsame Nullstellen in Pn gegeben ist. Dann gilt
HK pϕpxqq
H K px qd
¤
¤
B HK pxqd
C HK pϕpxqq
(5.19)
(5.20)
für alle x P Pn pK q mit Konstanten B, C, die unabhängig von x P Pn pK q sind.
Beweis: Dieses Lemma ist ein Spezialfall von Theorem B.2.5 in [8]. Da wir für den Beweis von
Theorem 5.2.1 nur die zweite Abschätzung (5.20) verwenden, beweisen wir nur diese und folgen
dabei dem Beweis in [8].
Wir bemerken zunächst, dass aus dem Hilbertschem Nullstellensatz die Idealgleichung
radpf0 , . . . , fm q pX0 , . . . , Xn q
in QrX0 , . . . , Xn s folgt, da f0 , . . . , fm in Pn keine gemeinsamen Nullstellen haben. Daher gibt
es ein k ¥ d, so dass X0k , . . . , Xnk alle im Ideal pf0 , . . . , fm q liegen. Wir finden also Polynome
gij P QrX0 , . . . , Xn s für 0 ¤ i ¤ n und 0 ¤ j ¤ m, so dass
Xik
gi0f0 gim fm
(5.21)
gilt. Da die fj und Xik alle homogen sind, können wir o.B.d.A. annehmen, dass die gij homogen
vom Grad k d sind.
Sei nun L eine endliche Erweiterung von K, die alle Koeffizienten der gij enthält. Dann haben
wir nach (5.21) für alle x rx0 : : xn s P Pn pLq und v P ML
max{|x0 |v , . . . , |xn |v }k
mit
¤
max |xki |v
i
εv pm
max
|gi0pxqf0pxq gimpxqfmpxq|v
i
1q max |gij pxq|v max |fj pxq|v
i, j
j
(5.22)
½
1 , v P ML0
.
r , v P ML8
P
Allgemein gilt für ein homogenes Polynom F i0 in l Fi0 in X0i0 Xnin vom Grad l und
x rx0 : : xn s P Pn pLq
¯
¯
µ
¶
¯
¯ X
n l
¯
i0
in ¯
i0 max
|Fi0in |v max{|x0|v , . . . , |xn|v }l ,
Fi0 in X0 Xn ¯ ¤ εv
|F pxq|v ¯¯
i n l
¯
n
i i l
εv prq :
0
n
v
¡ ¢
da es nn l Monome vom Grad l gibt. Wir erhalten damit bei Verwendung der Notation
|F |v : maxi0 inl |Fi0in |v
µ
¶
n kd
max |gij pxq|v ¤ εv
max
|gij |v max{|x0|v , . . . , |xn|v }kd.
i, j
i, j
n
5.2. BEWEIS DER VERALLGEMEINERUNG MIT DER ABC-VERMUTUNG
Daraus folgt zusammen mit (5.22)
µ
µ
n
d
max{|x0 |v , . . . , |xn |v } ¤ εv pm 1q
49
¶¶
kd
max
|gij |v max{|f0pxq|v , . . . , |fmpxq|v }.
i, j
n
¡
¢¢
¡
Da εv pm 1q knd n und maxi, j |gij |v nur für endlich viele v
liefert Multiplikation über alle v P ML
P ML verschieden von 1 sind,
¤ C 1 HLpϕpxqq
mit einer Konstanten C 1 , die unabhängig von x P Pn pLq ist. Daraus folgt mit Satz 2.2.2 (ii) die
Abschätzung (5.20) mit C C 11{rL:K s .
¤
Wir bemerken nun, dass die homogenen teilerfremden Polynome U px, y q, V px, y q, W px, y q
HL pxqd
keine gemeinsamen Nullstellen in P1 haben und daher einen Morphismus
ϕ:
P1
rx : y s
ÝÑ P2
ÞÝÑ rU px, yq : V px, yq : W px, yqs
definieren. Deshalb können wir Lemma 5.2.2 auf ϕ anwenden und erhalten
H K pβ qd
HK prβ : 1sqd ! HK pϕprβ : 1sqq HK pa, b, cq.
Die Abschätzungen (5.8), (5.17) und (5.23) zusammen ergeben
1

Y
Y
max{1, |β |v }n 
H K pβ qd !  H K pβ qN |gpβ q|v P
P
v S
also
Y
P
z
(5.23)
δ
,
v MK S
Y
|gpβ q|v " HK pβ qdN dδ{p1 δq v S
P
z
max{1, |β |v }n .
(5.24)
v MK S
Nun brauchen wir die Hurwitz-Formel aus Abschnitt 3.3, um d N als Funktion von n zu schreiben. Dazu beachten wir, dass nach Satz 3.2.3 die Verzweigungsindizes von f durch die Zerlegung
von U, V, W im algebraischen Abschluss Q bestimmt sind, da f höchstens über {0, 1, 8} verzweigt ist. Diese Zerlegungen sind durch die Nullstellen ai1 , . . . , aini P P1 Q Y {8} der
homogenen Polynome Ui , 1 ¤ i ¤ t, gegeben. Deren Inhomogenisierungen ui P Zrxs sind irreduzibel und daher die Minimalpolynome ihrer Nullstellen {ai1 , . . . , aini }z{8} über Q. Deshalb
sind wegen der Separabilität und der Eindeutigkeit der Minimalpolynome ui die Nullstellen aij
paarweise verschieden. Somit sind die Zerlegungen von U, V, W durch
U px, y q
V px, y q
C1
C2
ni
r Y
Y
px aij yqm ,
i
i 1j 1
ni
s
Y
Y
px aij yqm ,
i
i r 1j 1
W px, y q
C3
t
Y
ni
Y
px aij yqm
i
i s 1j 1
50
KAPITEL 5. SATZ VON ROTH
gegeben, wobei wir hier die Schreibweise x 8y : y verwenden. Somit ist f nach Satz 3.2.3
höchstens in den Punkten aij P P1 Q Y {8}, 1 ¤ i ¤ t, 1 ¤ j ¤ ni , verzweigt und wir haben
eaij pf q mi .
Damit liefert die Hurwitz-Formel angewendet auf den Morphismus f : P1
ni
t X
X
2 dp2q
t
X
pmi 1q 2d
i 1 j 1
pnimi niq 2d
Ñ P1
3d N
n.
i 1
Daraus erhalten wir
d N n 2.
(5.25)
Q
Wir müssen nun vPS min{1, |β α|v } durch vPS |g pβ q|v abschätzen, um den Beweis abschließen zu können. Dazu benötigen wir folgendes Lemma:
Q
Lemma 5.2.3 Sei v P MK eine Stelle von K, deren normierte Bewertung | . |v wie in Theorem 5.1.1 auf Q fortgesetzt sei, und sei α P Q mit Minimalpolynom g wie oben vorgegeben.
Dann gilt
|gpβ q|v ¤ C |β α|v
für alle β
P K mit |β α|v ¤ 1 mit einer Konstanten C, die unabhängig von β ist.
Beweis: Sei g pxq Pn
i
gi x . Dann haben wir
i 0
g pβ q g pβ q g pα q n
X
gi pβ
i
α q pβ α q
i
i 1
Für β
n
X
gi pβ i1
β i2 α
βαi2
αi1 q.
i 1
P K mit |β α|v ¤ 1 gilt nun
|β |v ¤ | α |v
weshalb wir für solche β
1,
P K die Abschätzung
|gpβ q|v ¤ |β α|v
n
X
|gi|v i p|α|v
1qi1
C | β α |v
i 1
mit einer von β unabhängigen Konstanten C bekommen.
Nach dem Lemma gibt es für v
für alle β P K mit |β
Konstanten Cv1 mit
¤
P S Konstanten Cv , so dass
|β α|v ¥ Cv |gpβ q|v
α|v ¤ 1 gilt, und nach (5.10) und (5.11) gibt es von β unabhängige
max{1, |β |v }n
¥ Cv1 |gpβ q|v .
5.2. BEWEIS DER VERALLGEMEINERUNG MIT DER ABC-VERMUTUNG
Somit erhalten wir mit S 1 {v
Y
min{1, |β α|v }
P
v S
51
P S : |β α|v ¤ 1} die Abschätzung
¥
Y
v PS 1
Y
v S1
P
|β α |v ¥
Cv |g pβ q|v
Y
v PS 1
Cv |g pβ q|v
Y
v S S1
P z
Cv1 |g pβ q|v max{1, |β |v }n .
Da es wegen der Endlichkeit von S nur endlich viele Möglichkeiten für S 1 gibt, können wir
Y
Y
Y
min{1, |β α|v } ¥ C |gpβ q|v
max{1, |β |v }n
P
P
v S
v S
v S S1
P z
mit einer Konstanten C schreiben, die unabhängig von S 1 ist und daher auch nicht von β
abhängt. Daraus bekommen wir mit (5.24) und (5.25)
Y
Y
min{1, |β α|v } " HK pβ qn2dδ{p1 δq max{1, |β |v }n
P
v S
¥
v MK S 1
P
z
HK pβ qn2dδ{p1 δq HK pβ qn
HK pβ q2dδ{p1
δ
q.
Wenn wir δ genügend klein wählen, erhalten wir hiermit die gewünschte Ungleichung (5.3) für
die betrachteten β P K.
¤
Kapitel 6
Diskriminante in absoluten
abc-Vermutungen
6.1
Einleitung
In Abschnitt 4.2 haben wir erwähnt, dass in einer absoluten abc-Vermutung, in der der Zahlkörper K nicht fixiert ist, auf jeden Fall die Diskriminante dK des jeweiligen Zahlkörpers eingehen muss. In diesem Kapitel untersuchen wir, ob aus unserer Beweisführung im letzten Kapitel
Schlussfolgerungen darüber gezogen werden können, inwieweit die Diskriminante in eine absolute abc-Vermutung eingehen muss. Unsere Überlegungen vergleichen wir dann mit dem in
Abschnitt 4.2 zitierten Theorem von Masser aus [10].
Der Ausgangspunkt unserer Überlegungen sind die folgenden Resultate von Schmidt, die Schmidt
erstmals 1971 in [13] formuliert hat (Theoreme 7H und 7I in [13]):
Theorem 6.1.1 Seien n P N und eine algebraische Zahl α vorgegeben. Dann gibt es für jedes
δ ¡ 0 nur endlich viele β P Q mit rQpβ q : Qs ¤ n und
|β α| ¤ H pβ qpn
qδ .
1
(6.1)
Beweis: Siehe Theorem VIII.9A in [14].
Schmidt folgert hier Theorem 6.1.1 aus seinem Subspace-Theorem (Theorem VI.1F in [14]).
Dieses besagt, dass es für linear unabhängige Linearformen L1 pxq, . . . , Lr pxq in x px1 , . . . , xr q
mit algebraischen Koeffizienten und δ ¡ 0 endlich viele echte Unterräume U1 , . . . , Us von Qr
gibt, so dass alle x px1 , . . . , xr q P Zr z{0} mit
|L1pxq . . . Lr pxq| max{|x1|, . . . , |xr |}δ
in U1 Y Y Us liegen. Damit zeigt er vorerst, dass für jede Konstante C
Polynome P P ZrX s mit deg P ¤ n und
0 |P pαq| ¤ C H pP qnδ
52
¡ 0 nur endlich viele
6.1. EINLEITUNG
53
existieren.
Dann betrachtet er eine Lösung β P Q von (6.1) mit rQpβ q : Qs ¤ n und Minimalpolynom P
ZrX s. Für dieses zeigt er wie im Beweis von Lemma 5.2.3, dass
P
|P pαq| ¤ C |β α| H pP q
mit einer Konstanten C gilt, die nur von α abhängt. Damit erhält er mit (6.1)
|P pαq| ¤ C H pβ qpn
1
qδ H pP q C H pP qnδ .
Dies ist aber nach obiger Aussage nur für endlich viele irreduzible Polynome P P ZrX s mit
deg P ¤ n erfüllt. Daher kann es nur endlich viele β P Q mit rQpβ q : Qs ¤ n und (6.1) geben.
Schmidt bewies Theorem 6.1.1 auf diese Weise für reelle algebraische α. Der Beweis kann aber
genauso für beliebige algebraische Zahlen α durchgeführt werden, da die im Subspace-Theorem
auftretenden Linearformen auch nicht-reelle algebraische Koeffizienten haben können.
¤
Theorem 6.1.2 Seien n P N und eine reelle algebraische Zahl α mit rQpαq : Qs ¡ n vorgegeben. Dann gibt es für jedes δ ¡ 0 unendlich viele reelle algebraische Zahlen β mit rQpβ q : Qs ¤ n
und
|β α| ¤ H pβ qpn 1q δ .
Beweis: Schmidt folgert in [13] dieses Theorem aus einem Resultat von Wirsing aus dem Jahr
1961 (Ungleichung (7) in [17]). Dieses besagt, dass für reelle Zahlen α mit rQpαq : Qs ¡ n,
w ¥ n und δ ¡ 0 unendlich viele β P Q mit rQpβ q : Qs ¤ n und
|β α| ¤ H pβ qpw{pwn
1
q 1q
δ
(6.2)
existieren, sofern folgende Voraussetzung erfüllt ist:
Für alle ε ¡ 0 gibt es nur endlich viele Polynome P
P ZrX s mit deg P ¤ n und
0 |P pαq| ¤ H pP qwε .
(6.3)
Schmidt wendet dieses Resultat für algebraische α und w n an und kann daraus Theorem 6.1.2
folgern, da in diesem Fall nach dem Beweis von Theorem 6.1.1 die Voraussetzung erfüllt ist.
Wirsing findet für w n die unendlich vielen β P Q vom Grad höchstens n, die (6.2) erfüllen,
folgendermaßen: Er wählt zuerst reelle Zahlen α1 , . . . , αn und ein ρ ¡ 0, so dass die Kreise C0 , . . . , Cn mit Mittelpunkten α0 α, α1 , . . . , αn und Radius ρ disjunkt sind. Dann findet
er mit Minkowskis Linearformensatz (Theorem III.III in [3]) angewendet auf die Linearformen
anαin, 0 ¤ i ¤ n,
für jedes H ¡ 0 und ε ¡ 0 ganzzahlige Polynome P P ZrX s vom Grad höchstens n mit
|P pαq| ¤ C H np1 εq ,
|P pαiq| ¤ C H, 1 ¤ i ¤ n 1,
|P pαnq| ¤ C H np2ε ε q 1,
Li pa0 , . . . , an q a0
a1 αi
2
2
(6.4)
(6.5)
(6.6)
54
KAPITEL 6. DISKRIMINANTE IN ABSOLUTEN ABC-VERMUTUNGEN
wobei die Konstante C unabhängig von P und H ist. Er zeigt dann, dass aufgrund von (6.4)
und der Voraussetzung
H pP q ¥ C 1 H 1 ε
mit C 1 unabhängig von P und H erfüllt sein muss. Daraus folgert er mit (6.4) und (6.5), dass das
Polynom P für genügend große H je genau eine Nullstelle βi in den Kreisen Ci , 0 ¤ i ¤ n 1,
hat. Diese Nullstellen sind alle reell, da nach Konstruktion der Kreise Ci (Mittelpunkte auf der
reellen Achse) keine zueinander konjugiert komplexen Nullstellen auftreten können.
Wirsing zeigt dann, dass die Nullstelle β β0 im Kreis C0 mit Mittelpunkt α für genügend
große H und genügend kleine ε die gewünschte Ungleichung (6.2) für w n erfüllt. Das obige
Verfahren generiert bei sukzessiver Vergrößerung von H laufend neue Polynome P vom Grad
höchstens n, weil für solche Polynome P pαq 0 wegen rQpαq : Qs ¡ n gilt und daher (6.4)
für ein festes P nicht für beliebig große H erfüllt ist. Somit erhalten wir unendlich viele reelle
algebraische Zahlen β mit rQpβ q : Qs ¤ n und (6.2).
¤
Die beiden Resultate zeigen uns, wie gut vorgegebene reelle algebraische Zahlen durch Zahlen
von beschränktem Grad approximiert werden können. Wir versuchen im Folgenden die Überlegungen aus dem letzten Kapitel mit ihnen zu kombinieren, um Aussagen über das Auftreten
der Diskriminante in der abc-Vermutung machen zu können.
6.2
Abschätzung der Diskriminante eines Zahlkörpers
durch die Höhe eines Erzeugers
Für unsere weiteren Überlegungen brauchen wir eine Beziehung zwischen der Höhe einer algebraischen Zahl α und der Diskriminante des von ihr erzeugten algebraischen Zahlkörpers
K Qpαq.
Satz 6.2.1 Sei K
Qpαq ein algebraischer Zahlkörper mit rK : Qs n ¥ 2. Dann gilt
dK ¤ Cn H pαq2n2
mit einer Konstanten Cn , die nur von n abhängt.
Beweis: Wir benützen die Idee des Beweises von Proposition 1 in [12], indem wir die Aussage
von Übungsaufgabe 15 auf S. 216 in [4] verwenden und zeigen.
Sei f pT q an T n a1 T a0
Koeffizienten. Wir setzen nun
P ZrT s das Minimalpolynom von α mit teilerfremden, ganzen
xn : an α,
xn1 : an α2
..
.
an1 α,
x2 : an αn1 an1 αn2
x1 : an αn an1 αn1
a2α,
a1α a0
6.2. ABSCHÄTZUNG DER DISKRIMINANTE EINES ZAHLKÖRPERS
55
und betrachten die endlich erzeugte abelsche Untergruppe
R : Z
xn Z
xn1 Z
x2 Z
von K.
Wir zeigen, dass R ein Unterring von K ist. Dies impliziert, dass R eine Ordnung von K ist,
da aus der linearen Unabhängigkeit von 1, α, . . . , αn1 über Q folgt, dass 1, xn , . . . , x2 ebenfalls
linear unabhängig über Q sind und demzufolge R von maximalem Rang n rK : Qs ist. Dafür
genügt es zu zeigen, dass
xi xj P R
für alle 1 ¤ i ¤ j
¤ n gilt. Dies beweisen wir mit Induktion über
k : min{i 1, n j}
und beachten dabei, dass nach Konstruktion für 1 ¤ i ¤ n 1
xi αxi 1 ai α
(6.7)
gilt.
0 haben wir entweder i 1 und
x i x j x 1 x j a 0 x j P R
oder j n und i ¥ 2 und
Im Fall k
xi xj
xi xn an αxi (6.7)
anpxi1 ai1 αq an xi1 ai1 xn P R.
Für k ¥ 1 bekommen wir wegen 2 ¤ i ¤ j ¤ n 1 mit zweimaliger Anwendung der Rekursionsbeziehung (6.7)
³x
´
xi1
ai1 xj pαxj 1 aj αq ai1xj
α
α
xi1 xj 1 aj xi1 ai1 xj .
Nach Induktionsvoraussetzung liegt xi1 xj 1 in R, woraus xi xj P R folgt.
xi xj
i 1
Somit ist R eine Ordnung von K, und nach Korollar 1.5.8 haben wir für die Diskriminante
von R
dpRq pOK : Rq2 dK ¥ dK .
Andererseits lässt sich dpRq mit Hilfe der Definition der Diskriminante berechnen. Dazu schreiben wir α1 , . . . , αn für die Konjugierten von α, die alle Nullstellen von f sind, und τ1 , . . . , τn
für die Q-Einbettungen K Ñ Q und bemerken, dass sich die Matrix


1
1
 an α1 . . . an αn 




..
..
.
.


.
.
.
n1
n1
an α1
anαn
56
KAPITEL 6. DISKRIMINANTE IN ABSOLUTEN ABC-VERMUTUNGEN
durch elementare Zeilenoperationen sukzessive in die Matrix

 
1
1
1
1
 τ1 pxn q . . . τn pxn q   an α1
. . . a n αn
 

 τ1 pxn1 q . . . τn pxn1 q   an α2 an1 α1
. . . an αn2 an1 αn
1





..
..
.
..
. . ..
  ..

.
. .
.
.
n1
τ1 px2 q τn px2 q
an α1
a2α1 anαnn1 a2αn







überführen lässt. Daher können wir dpRq mit Hilfe der Vandermonde-Determinante bestimmen:
2

1
1
 an α1 . . . a n αn 


dpRq dp1, xn , . . . , x2 q det 

..
..
.
.


.
.
.
n1
n1
an α1
anαn

2
1
1
 α1 . . . αn 
Y

2 det 
2n2
a2n
a
pαi αj q2
(6.8)


.
..
...
n
n
 ..

.
i j
α1n1 αnn1
Das Produkt auf der rechten Seite von (6.8) ergibt ausmultipliziert eine Summe von 2npn1q
Qnpn1q
Termen der Form l1 αil für gewisse il zwischen 1 und n. Dabei gilt il i für ein
fixiertes i für höchstens 2n 2 verschiedene l, da im Produkt αi in nur 2n 2 Faktoren auftritt.
Der Betrag dieser Terme ist daher höchstens gleich
n
Y
max{1, |αi |}2n2
i 1
und wir bekommen die Abschätzung
dK
¤ dpRq ¤
2
a2n
n
n
Y
2 p q max{1, |αi|}2n2,
i1
n n 1
also nach Satz 2.2.6 und Theorem 2.2.8
dK
6.3
¤ 2npn1q pempf qq2n2 2npn1q HQpαqpαq2n2 ¤ 2npn1q pn
1q2n2 H pαq2n2 .
¤
abc-Vermutung und Approximation durch Zahlen
beschränkten Grades
In diesem Abschnitt gehen wir von einer absoluten abc-Vermutung der Form 4.2.2 aus und untersuchen, wohin uns unsere Argumentation aus Abschnitt 5.2 führt, wenn wir eine vorgegebene
algebraische Zahl α nicht bloss durch Zahlen in einem festen algebraischen Zahlkörper K approximieren, sondern durch beliebige algebraische Zahlen beschränkten Grades annähern. Wir
6.3. APPROXIMATION DURCH ZAHLEN BESCHRÄNKTEN GRADES
57
beschränken uns dabei auf die Approximation bezüglich des gewöhnlichen Absolutbetrags | |,
der auf kanonische Weise auf dem gesamten algebraischen Abschluss Q der rationalen Zahlen
definiert ist.
In Abschnitt 5.2 haben wir für einen vorgegebenen Zahlkörper K, eine endliche Menge S von
Stellen von K, eine gegebene algebraische Zahl α und ε ¡ 0 die Ungleichung (5.3)
Y
P
v S
min{|β α|v , 1} ¥
C
H K pβ q2
ε
für fast alle β P K mit einer von β unabhängigen Konstanten C gezeigt. Nun betrachten wir den
Fall S {8} und fixieren anstatt eines Zahlkörpers K nur noch ein r P N, das den maximalen
Grad der Approximationen β angibt. Wir gehen den Beweis von Theorem 5.2.1 Schritt für
Schritt durch und versuchen analog zu (5.3) mit Hilfe der abc-Vermutung 4.2.2
HK pa, b, cq ¤ C pεqrK:Qs pφpdK q SK pa, b, cqq1
für fast alle β
ε
P Q mit rQpβ q : Qs ¤ r eine Ungleichung der Form
|β α| ¥ C ψpdQpβqq H pβ qp2
q
ε
zu zeigen, in die die Diskriminante dQpβ q des von β erzeugten Zahlkörpers Qpβ q durch eine zu
bestimmende Funktion ψ einfließt.
Im Beweis von Theorem 5.2.1 ist die Konstruktion des über Q definierten Morphismus
f : P1 Ñ P1 , der durch die homogenen Polynome U, V, W mit Inhomogenisierungen u, v, w und
Zerlegungen (5.5) bis (5.7) gegeben ist und höchstens über {0, 1, 8} verzweigt ist, unabhängig
vom Zahlkörper K. Diesen Teil des Beweises können wir also unverändert übernehmen.
Hier betrachten wir nun alle β
P Q mit rQpβ q : Qs ¤ r und
a : upβ q 0, b : v pβ q 0, c : wpβ q 0.
Die absolute abc-Vermutung 4.2.2 angewendet auf solche a, b, c
δ¡0
P Qpβ q ergibt dann für alle
HQpβ q pa, b, cq ! pφpdQpβ q q SQpβ q pa, b, cqq1 δ .
Im Beweis von Theorem 5.2.1 wird im Weiteren das Radikal S K nach Elkies von ra : b : cs
abgeschätzt. Um von dieser Argumentation profitieren zu können, wenden wir Satz 4.1.3 an
und erhalten
HQpβ q pa, b, cq ! pφpdQpβ q q dQpβ q S Qpβ q pa, b, cqq1 δ .
(6.9)
Nun zeigen wir, dass sämtliche in der Abschätzung von S K pa, b, cq auftretenden Konstanten
im Beweis von Theorem 5.2.1 nicht von K abhängen, sofern wir nur algebraische Zahlkörper
K Qpβ q mit rK : Qs ¤ r betrachten und S {8} annehmen. Dazu verwenden wir die
gleiche Notation wie im Beweis von Theorem 5.2.1. Wir erinnern daran, dass darin bei der
58
KAPITEL 6. DISKRIMINANTE IN ABSOLUTEN ABC-VERMUTUNGEN
Abschätzung von S K die folgenden Konstanten C1 und C2 auftreten:
S K pa, b, cq Y
P
N pv q
¤
t
Y Y
C1 P
|uipβ q|v 1 max{1, |β |v }n
i
0 i 1
v MK
v I
C1 t
Y
Y
8
i 1 v MK
P
Y
|uipβ q|v
max{1, |β |v }ni
P
0
v MK
¤
C1 C2 |g pβ q| ¤
C1 C2 HK pβ q
Y
P
z8
max{1, |β |v }n P
max{1, |β |v }ni
i 2 v MK
v MK { }
N n
t
Y
Y
|gpβ q|
Diese Konstanten sind durch
C1
Y
P
|u0|v 1 |v0|v 1 |w0|v 1
0
v MK
und nach (5.9) durch
C2
Y
pn
v PM 8 z{8}
1q max |u1, j |v ¤¤
0 j n
K
t
Y
Y
8
i2 v PMK
pni
1q max |ui, j |v
¤¤
0 j ni
gegeben, wobei ui, j , 1 ¤ i ¤ t, 0 ¤ j ¤ ni , die Koeffizienten der Polynome ui sind. Wegen der
Produktformel 2.1.15 und Satz 2.1.16 haben wir
Y
C1 |u0|v |v0|v |w0|v p|u0| |v0| |w0|qrK:Qs ¤ p|u0| |v0| |w0|qr .
8
v MK
P
Weiter sind wegen der Irreduzibilität der Polynome ui
Daher gilt für alle v P MK0 und 1 ¤ i ¤ t
max |uij |v
¤¤
0 j ni
P ZrX s deren Koeffizienten teilerfremd.
1,
und wir erhalten mit Satz 2.2.2 (ii)
C2
pn
8 HK pu10 , . . . , u1n q Y
pn i
1q|MK |1
max0¤j ¤n |u1, j | i2
¤ pn
1q t
r 1
t
HQ pu10 , . . . , u1n qr Y
pn i
max0¤j ¤n |u1, j | i2
8
1q|MK | HK pui0 , . . . , uini q
1qr HQ pui0 , . . . , uini qr .
Somit können die auftretenden Konstanten so gewählt werden, dass sie von K unabhängig sind,
und wir haben in der Tat
S Qpβ q pa, b, cq ! HQpβ q pβ qN
für die betrachteten β
P Q mit rQpβ q : Qs ¤ r.
n
|gpβ q|
(6.10)
6.3. APPROXIMATION DURCH ZAHLEN BESCHRÄNKTEN GRADES
Um auch das Analogon
HQpβ q pβ qd
! HQpβqpa, b, cq
59
(6.11)
der Ungleichung (5.23) für solche β sicherzustellen, müssen wir zeigen, dass wir eine von K
und x unabhängige Konstante C finden können, für die die Ungleichung (5.20)
HK pxqd
¤ C HK pϕpxqq
für einen Morphismus ϕ der Form (5.18) aus Lemma 5.2.2 für alle Zahlkörper K mit rK : Qs ¤ r
und x P Pn pK q erfüllt ist. Dazu bemerken wir zunächst, dass die im Beweis von 5.2.2 auftretenden Polynome gij P QrX0 , . . . , Xn s nicht von K abhängen. Daher gibt es einen (von K
unabhängigen) Zahlkörper L̃ vom Grad s : rL̃ : Qs, der alle deren Koeffizienten enthält und
wir können im Beweis L als das Kompositum L L̃K der Körper L̃ und K mit
rL : Qs ¤ rs
wählen. Die im Beweis auftretende Konstante C 1 können wir daher abschätzen:
µ
µ
¶¶|ML8 | Y
n kd
1
max
|gij |v
C pm 1q
i, j
n
v PML
µ
µ
¶¶rs
¤ pm 1q n nk d
HQpg00, . . . , gnmqrs
Da im Beweis C C 11{rL:K s ¤ C 1 gesetzt wird, können wir somit C durch eine von K unabhängige Konstante ersetzen, für die (5.20) für alle Zahlkörper K mit rK : Qs ¤ r und x P Pn pK q
erfüllt ist.
(6.9), (6.10) und (6.11) zusammen ergeben
HQpβ q pβ qd
! pφpdQpβqq dQpβq HQpβqpβ qN n|gpβ q|q1
also
|gpβ q| " φpdQpβqq1 dQp1βq HQpβqpβ qdN ndδ{p1
für die betrachteten β P Q.
δ
δ
,
q
(6.12)
Schließlich haben wir nach Lemma 5.2.3
für alle β
P Q mit |β α| ¤ 1, wobei
C
|gpβ q| ¤ C |β α|
n
X
|gi| i p|α|
1qi1 .
i 1
Für solche β erhalten wir daraus mit (6.12) und (5.25) bei geeigneter Wahl von δ
Theorem 2.2.8
¡ 0 mit
|β α| " φpdQp1βqq dQp1βq HQpβqpβ q2ε " φpdQpβqq1 dQp1βq H pβ q2ε.
Da die rechte Seite immer kleiner als oder gleich 1 ist, gilt diese Ungleichung auch im Fall
|β α| ¥ 1.
Unsere Erkenntnisse fassen wir im folgenden Satz zusammen:
60
KAPITEL 6. DISKRIMINANTE IN ABSOLUTEN ABC-VERMUTUNGEN
Satz 6.3.1 Seien α P Q und r
Vermutung 4.2.2 für alle ε ¡ 0
P N vorgegeben. Dann gilt unter Annahme der absoluten abc-
|β α| ¥ C φpdQpβqq1 dQp1βq H pβ qp2 εq
(6.13)
für fast alle β P Q mit rQpβ q : Qs ¤ r mit einer von β unabhängigen Konstanten C C pεq.
6.4
Schlussfolgerung über das Auftreten der Diskriminante in der abc-Vermutung
In diesem abschließenden Abschnitt versuchen wir aus unseren vorangegangenen Überlegungen Schlussfolgerungen zu ziehen, inwieweit die Diskriminante in eine absolute abc-Vermutung
eingehen muss.
Zuerst kombinieren wir unsere Sätze 6.2.1 und 6.3.1 mit Theorem 6.1.2. Letzteres besagt, dass
für reelle algebraische Zahlen α mit rQpαq : Qs ¡ n und alle δ ¡ 0 unendlich viele reelle
algebraische β mit rQpβ q : Qs ¤ n existieren, die
|β α| ¤ H pβ qpn 1q δ
erfüllen. Da andererseits (6.13) für fast alle β P Q mit rQpβ q : Qs ¤ n gilt, folgern wir daher
für unendlich viele β
H pβ qpn 1q
also
δ
¥ C φpdQpβqq1 dQp1βq H pβ qp2
q,
ε
1
n1pε δ q
φpdQpβ q q ¥ C d
.
Qpβ q H pβ q
(6.14)
Nach Satz 6.2.1 gilt zudem die Abschätzung
H pβ qn1pε δq
mit ε1
2nε δ2 , die uns zur Ungleichung
" d1Q{p2βq ε1
1{2ε1
φpdQpβ q q " dQpβ q
mit einer von β unabhängigen Konstante C 1 führt, die für unendlich viele β
höchstens n erfüllt ist.
(6.15)
P Q vom Grad
Die Ungleichung (6.15) gibt uns jedoch offenbar keine Einschränkung an φ, die uns weiter als
bekannte Resultate bringt. Sie schließt nicht einmal den Fall φ 1 aus, d. h. aus ihr kann
nicht gefolgert werden, dass die Diskriminante überhaupt in die abc-Vermutung eingehen muss.
Demgegenüber folgt aus dem Resultat von Masser in [10], dass sogar sämtliche Funktionen der
Form φpnq nr , r 1, nicht in der abc-Vermutung auftreten können (vgl. Abschnitt 4.2).
Unsere bisherigen Abschätzungen reichen also nicht aus, um aussagekräftige Schlussfolgerungen
über das Auftreten der Diskriminante in der abc-Vermutung zu ziehen. Daher versuchen wir
im Folgenden unsere Abschätzungen in gewissen Fällen zu verbessern. Wir nehmen dabei an
folgenden Punkten Änderungen in unseren Betrachtungen vor:
6.4. SCHLUSSFOLGERUNG
61
•
Wir wählen die zu approximierende Zahl α explizit. Das hat den Vorteil, dass sämtliche
im Beweis von 6.13 vorkommenden Ausdrücke, die nur von α abhängen, explizit bestimmt
werden können, was einen besseren Überblick über die vorgenommenen Abschätzungen
ermöglicht.
•
Wir ersetzen die in der Herleitung von (6.13) verwendete Abschätzung
SQpβ q pa, b, cq ¤ dQpβ q S Qpβ q pa, b, cq
aus dem Satz 4.1.3 durch eine Abschätzung, die sich in unserer Situation als effizienter
erweist. Es ist zu erwarten, dass hier Verbesserungen erzielt werden können. Das Radikal
nach Masser stimmt nämlich in vielen Fällen mit dem Radikal nach Elkies überein, weil
für einen festen Zahlkörper K nur endlich viele Primideale von OK verzweigt sind (siehe
Theorem 1.5.11).
Im Folgenden identifizieren wir wiederum P1 A10 Y {r1 : 0s} mit Q Y {8} und verwenden die
gleiche Notation wie in den Beweisen von Theorem 5.2.1 und Satz 6.3.1.
√
Wir wählen α : 3 2 mit rQpαq : Qs 3. Theorem 6.1.2 liefert für dieses α für alle δ ¡ 0
unendlich viele reelle algebraische Zahlen β mit rQpβ q : Qs ¤ 2 und
|β α| ¤ H pβ q3 δ .
(6.16)
Nach dem Satz von Roth können für δ 1 nur endlich viele dieser β in Q liegen. Daher dürfen
wir annehmen, dass unsere unendlich vielen β alle den genauen Grad rQpβ q : Qs 2 haben.
Wir gehen nun für diese β und dieses α die Beweise von Theorem 5.2.1 und Satz 6.3.1 durch,
um eine Verbesserung der Abschätzung (6.13) erzielen zu können. Das Minimalpolynom
g px q x 3 2
von α bestimmt einen Morphismus P1 Ñ P1 , den wir ebenfalls mit g bezeichnen. Dieser ist nur
in 0 und 8 verzweigt, da 0 die einzige Nullstelle der Ableitung g 1 pxq ist (vgl. Kapitel 3). Daher
erhalten wir nach Verknüpfung von g mit dem unverzweigten Morphismus hpxq 21 x einen
Morphismus f , der durch
f : rx : y s ÞÑ rx3 2y 3 : 2y 3 s
gegeben ist, nur über 1 und 8 verzweigt ist und f pαq 0 erfüllt. Dieser Morphismus f hat also
die notwendigen Eigenschaften des entsprechenden Morphismus im Beweis von Theorem 5.2.1.
In unserer Situation haben wir die Inhomogenisierungen
up x q
v px q
w px q
x3
x3 ,
2
2,
der Polynome U, V, W aus dem Beweis von Theorem 5.2.1. Wir betrachten nun für unsere β
a : upβ q β 3
2, b : v pβ q β 3 , c : wpβ q 2.
62
KAPITEL 6. DISKRIMINANTE IN ABSOLUTEN ABC-VERMUTUNGEN
Dafür schätzen wir
mit
I
SQpβ q pa, b, cq{S Qpβ q pa, b, cq Y
P
N pv qev 1
(6.17)
v I
{v P MQ0 pβq : min{|a|v , |b|v , |c|v } max{|a|v , |b|v , |c|v }}
nach oben ab, um die Abschätzung
SQpβ q pa, b, cq ¤ dQpβ q S Qpβ q pa, b, cq
verbessern zu können. Dazu beschreiben wir die endlichen Stellen v von Qpβ q, die in I liegen
und v 2 erfüllen. Für diese Stellen gilt |c|v 1, weshalb |a|v |b|v |c|v nur im Fall
|β |v |β 3 2|v 1 gilt. Daher liegen die endlichen Stellen v mit v 2 genau in den folgenden
Fällen in I:
(i)
(ii)
(iii)
|β |v ¡ 1
|β |v 1
|β |v 1 und |β 3 2|v 1
Für die Abschätzung des Produkts auf der rechten Seite von (6.17) sind nur die Stellen v
mit ev ¡ 1 relevant. Daher beschränken wir uns im Folgenden auf solche Stellen v.
PI
In den Fällen (i) und (ii) betrachten wir das Minimalpolynom
f pxq a2 x2
a1 x
a0
von β. Da Qpβ q als Zahlkörper vom Grad 2 eine Galoiserweiterung von Q ist, zerfällt f über
Qpβ q in die Linearfaktoren
f pxq a2 px β qpx σ pβ qq,
wobei σ das nicht-triviale Element der Galoisgruppe G GalpQpβ q|Qq ist.
Wir nehmen nun an, dass v p für eine Primzahl p gilt. Dann haben wir nach Satz 1.2.3 für
die Primideale p von OQpβ q , die über pZ liegen,
X
Z
p|p
ep fp
rQpβ q : Qs 2.
Wegen ev ¡ 1 kann es daher nur ein Primideal p von OQpβ q geben, das über pZ liegt. Es muss
notwendigerweise zur Stelle v gehören und ep ev 2 sowie fp 1 und N ppq p erfüllen.
Insbesondere ist v die einzige Fortsetzung von p, weshalb |β |v |σ pβ q|v gelten muss, da die
Galoisgruppe G auf der Menge der Fortsetzungen der Stelle p operiert.
Wir haben somit
|a0|v |a2|v |β |v |σpβ q|v |a2|v |β |2v ,
|a1|v |a2|v |β σpβ q|v ¤ |a2|v |β |v .
(6.18)
(6.19)
6.4. SCHLUSSFOLGERUNG
63
Man beachte nun, dass max{|a0 |v , |a1 |v , |a2 |v } 1 gilt, da a0 , a1 , a2 teilerfremd in Z sind.
2
Daher haben wir |a2 |v |β |
v im Fall (i) und |a2 |v 1 im Fall (ii). Gemäß (6.19) ist darum
in beiden Fällen |a1 |v 1 erfüllt, weshalb dann p a1 gilt. Da für die betrachteten Stellen
N pv q p gilt, erhalten wir darum im Fall a1 0 die Abschätzung
Y
Y
N pv qev 1 N pv q ¤ |a1 | ¤ H pβ q.
(6.20)
P
||
P
||
v MQ0pβ q
βv 1
v MQ0pβ q
β v 1, ev 2
Es verbleibt die Behandlung des Falls (iii). Wegen |β 3 2|v
Stellen v
1
N pv q ¤ |β 3 2|
v .
1 gilt für die entsprechenden
Wir benützen die Produktformel 2.1.15 und erhalten
Y
Y
Y
N pv qev 1 ¤
|β 3 2|v 1 2.1.15
|β 3 2| |β 3 2|v .
v PMQpβ q z{8}
v PMQpβ q z{8}
v PMQ0pβ q
|β |v 1
|β 3 2|v 1
|β 3 2|v 1
|β 3 2|v ¡1
Nach Lemma 5.2.3 und (6.16) gilt nun
|β 3 2| |gpβ q| ! |β α| ¤ H pβ q3
womit wir mit |β 3 2|v ! max{1, |β |v }3 für v P MQpβ q z{8}
Y
P Qpβq
|β |v 1
|β 3 2| 1
v
N pv qev 1
M0
! H pβ q3 δ Y
P
z8
| |¡
v MQpβ q { }
β3 2 1
max{1, |β |v }3
δ
,
(6.21)
¤ H pβ q 3 δ H pβ q3 H pβ qδ
(6.22)
erhalten. Insgesamt liefern (6.20) und (6.22) im Fall a1 0 die Abschätzung
Y
N pv qev 1 ! H pβ q1 δ
P
v I
und somit
SQpβ q pa, b, cq ! H pβ q1
Wir bemerken, dass die Bedingung a1
erfüllen nämlich
S Qpβqpa, b, cq.
a0{a2 P Q
|β 2 α2| |β α| |pβ αq
2α| ¤ H pβ q3
Da a0 und a2 teilerfremd sind, gilt zudem
H pβ q max{|a0 |, |a2 |} HQ pβ 2 q
und somit
(6.23)
0 für fast alle unserer β erfüllt ist. Die β mit a1 0
β2
und
δ
|β 2 α2| ! HQpβ 2q3
δ
.
δ
p2|α|
1q.
64
KAPITEL 6. DISKRIMINANTE IN ABSOLUTEN ABC-VERMUTUNGEN
Nach dem Satz von Roth kann es daher für δ 1 in der Tat nur endlich viele β mit a1
geben. Diese lassen wir im Folgenden außer Betracht.
0
Nun kombinieren wir für beliebige δ ¡ 0 und ε ¡ 0 (6.23) und (6.21) mit den Abschätzungen (6.10) und (6.11) aus dem letzten Abschnitt sowie der absoluten abc-Vermutung 4.2.2:
H pβ q3
!
2.2.8
HQpβ q pβ q3
!
(6.23)
!
(6.10)
!
2.2.8
!
(6.21)
!
(6.11)
HQpβ q pa, b, cq
!
pφpdQpβqq H pβ q1
pφpdQpβqq H pβ q1
pφpdQpβqq H pβ q6
pφpdQpβqq H pβ q3
4.2.2
pφpdQpβqq SQpβqpa, b, cqq1
δ
S Qpβqpa, b, cqq1 ε
δ
HQpβqpβ q5 |gpβ q|q1 ε
δ
|gpβ q|q1 ε
2δ 1 ε
q
ε
Daraus folgt für die Funktion φ der Diskriminante dQpβ q in der abc-Vermutung
φpdQpβ q q " H pβ q3ε{p1 εq2δ .
Im Fall H pβ q ¤ dQpβ q liefert dies
mit ε1
13εε
1
ε
φpdQpβ q q " d
Qpβ q
2δ. Im umgekehrten Fall H pβ q ¡ dQpβ q erhalten wir aus (6.14)
1
ε
φpdQpβ q q " d
Qpβ q
mit ε1 ε δ. Dies haben wir für unendlich viele reelle algebraische β vom Grad 2 gezeigt.
Nach der Verallgemeinerung 5.1.1 des Satzes von Roth können von diesen β für δ 1 wegen
|β α | ¤ H p β q 3
δ
nur endlich viele in einem festen Zahlkörper liegen. Deshalb erzeugen die betrachteten β unendlich viele Zahlkörper Qpβ q. Da es zudem nur endlich viele Zahlkörper mit fester Diskriminante
gibt (siehe z. B. Satz III.2.16 in [11]), folgt daher für alle ε1 ¡ 0
1
φpnq " nε
(6.24)
für unendlich viele n P N. Damit sind sämtliche absolute abc-Vermutungen 4.2.2 mit φpnq nr
für r 0 widerlegt. Nach unserem Resultat können solche auch nicht richtig sein, wenn wir
uns auf algebraische Zahlkörper vom Grad 2 beschränken. Dies ist eine Verbesserung gegenüber (6.15), ist aber noch immer deutlich vom Resultat von Masser in [10] entfernt, das
diese Vermutungen für sämtliche r 1 widerlegt.
Die Verbesserung (6.24) von unserer ursprünglichen Schlussfolgerung (6.15) kam durch Anpassung der Abschätzung
SK pa, b, cq ¤ dK S K pa, b, cq
6.4. SCHLUSSFOLGERUNG
65
zu Stande. Abschließend legen wir dar, weshalb wir in unserer konkreten Situation nicht in der
Lage sind, die übrigen Abschätzungen zu verbessern. Zuerst bemerken wir, dass der Exponent -3
in
|β α | ! H p β q 3 δ
bestmöglich ist, da diese Ungleichung nach Theorem 6.1.1 für kleinere Exponenten nur für
endlich viele β vom Grad 2 erfüllt sein kann. Deshalb können Verbesserungen in den übrigen
Abschätzungen höchstens in
HQpβ q pβ q3
S Qpβ q pa, b, cq
! HQpβqpa, b, cq
! |gpβ q| HQpβqpβ q5
(6.25)
(6.26)
erzielt werden.
Die Ungleichung (6.25) haben wir mit Lemma 5.2.2 angewendet auf den Morphismus
ϕ : rx : y s ÞÑ rU px, y q : V px, y q : W px, y qs
bewiesen. Da Lemma 5.2.2 aber auch eine umgekehrte Abschätzung
HK pϕpx, y qq ¤ B HK px, y q3
gibt und wie im letzten Abschnitt gezeigt werden kann, dass B nicht vom Zahlkörper K abhängt,
sofern wir uns auf Zahlkörper von beschränktem Grad einschränken, haben wir auch
HQpβ q pa, b, cq ! HQpβ q pβ q3 .
Wir können daher (6.25) nicht verbessern.
Die zweite Beziehung (6.26) haben wir durch Abschätzung von
Y
S Qpβ q pa, b, cq N pv q
P
v I
für
I
{v P MQ0 pβq : min{|a|v , |b|v , |c|v } max{|a|v , |b|v , |c|v }}
bewiesen. In unserer Situation haben wir auf Seite 62 eine konkrete Beschreibung der Stellen v
gefunden, die in I liegen. Von den endlichen Stellen v 2 liegen nämlich genau die Stellen aus
1
den Fällen (i), (ii) und (iii) in I. Dabei gilt N pv q ¤ |β |v im Fall (i), N pv q ¤ |β |
v im Fall (ii)
3
1
und N pv q ¤ |β 2|v im Fall (iii). Daraus erhalten wir mit Hilfe der Produktformel 2.1.15
Y
Y
N pv q ¤
max{1, |β |v },
(6.27)
P
||¡
P
v MQ0pβ q
βv 1
Y
P
|| v MQ0pβ q
N pv q
¤
v MQ0pβ q
βv 1
Y
P
||
| | v MQ0pβ q
βv 1
β3 2 v 1
Y
P
|| |β |v 1 2.1.15
|β | |σpβ q| v MQ0pβ q
βv 1
N pv q
¤
Y
P
||
| | v MQ0pβ q
βv 1
β3 2 v 1
Y
P
v MQ0pβ q
|β 3 2|v 1.
max{1, |β |v },
(6.28)
66
KAPITEL 6. DISKRIMINANTE IN ABSOLUTEN ABC-VERMUTUNGEN
Zur Abschätzung des letzten Produkts beachten wir, dass für alle endlichen Stellen v
½
3
|β 2|v |β1|3 ,, ||ββ ||vv ¡ 11
v
2
und
|β 3 2| ¤ 1,
falls |β |v
1,
gilt. Wir finden daher mit der Produktformel
Y
Y
N pv q ! |β 3 2| |σ pβ q3 2| max{1, |β |v }3 .
P Qpβq
|β |v 1
|β 3 2|v 1
v
M0
v
(6.29)
P Qpβq
M0
Schließlich gilt es zu beachten, dass nach dem Beweis von Theorem 6.1.2 die Konjugierten σ pβ q
unserer β in einem Kreis von festem Radius ρ um eine vorgegebene von α verschiedene reelle
Zahl α1 liegen. Mit dieser Information können wir weder aussagen, dass |σ pβ q| bzw. |σ pβ q3 2|
sehr klein sind, noch dass sie sehr groß sind. Daher sind wir nicht in der Lage, die rechten Seiten
von (6.27) bis (6.29) besser als durch HQpβ q pβ q bzw. |g pβ q| HQpβ q pβ q3 nach oben abzuschätzen
und somit lässt sich unsere insgesamte Abschätzung (6.26)
S Qpβ q pa, b, cq ! |g pβ q| HQpβ q pβ q5
mit unseren Mitteln nicht verbessern.
√
Wir konnten also durch Analyse des konkreten Falls α 3 2 aus den Beweisen von Theorem 5.2.1 und Satz 6.3.1 sowie aus dem Theorem 6.1.2 von Schmidt keine bessere Schlussfolgerung über das Eingehen der Diskriminante in die abc-Vermutung als (6.24) ziehen. Offen bleibt,
ob bei Betrachtung von anderen geschickt gewählten α mit unseren Argumenten eine bessere
Bedingung an die Funktion φ der Diskriminante in der abc-Vermutung gefunden werden kann.
Literaturverzeichnis
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67
68
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