Bericht Nr. 1/2006 Januar 2006 Studie Untersuchungen zur Standortfrage von Logistik-Standorten unter dem Einfluss der EU-Osterweiterung TECHNISCHE FACHHOCHSCHULE BERLIN UNIVERSITY OF APPLIED SCIENCES Teil 1: Allgemeine Daten & Fakten Prof. Dr.-Ing. Werner Ullmann (Leitung) Dipl.-Ing. Dipl.-Wirt.-Ing. Isabelle Jordans (Durchführung) Berichte aus dem Fachbereich I Wirtschafts- und Gesellschaftswissenschaften Technische Fachhochschule Berlin ISSN 1862-1198 (Print) ISSN 1862-3018 (Internet) Impressum: Herausgeber: Fachbereich I der TFH Berlin Technische Fachhochschule Berlin Luxemburger Str. 10 13353 Berlin Verantwortlich für den Inhalt sind die Autoren/Autorinnen der Berichte. ISSN 1862-1198 (Print) ISSN 1862-3018 (Internet) Tel. Fax: E-Mail: Internet: +49 30 4504-2439 +49 30 4504-2001 [email protected] www.tfh-berlin.de/FBI Ullmann, W.; Jordans, I.: Untersuchungen zur Standortfrage von Logistik-Standorten unter dem Einfluss der EU-Osterweiterung Teil 1: Daten & Fakten I Inhalt 1 EINLEITUNG ....................................................................................... 1 2 SITUATION DER BEITRITTSLÄNDER ............................................... 2 2.1 Marktsituation ......................................................................................................... 3 2.1.1 Entwicklung des Außenhandels - Import/Export ............................................... 3 2.1.2 Einschätzung der Marktsituation im Logistikbereich ......................................... 5 2.1.3 Errichtung neuer Produktionsstätten in den Beitrittsländern ............................. 6 2.2 Verkehrssituation ................................................................................................... 7 2.2.1 Strasse/LKW...................................................................................................... 7 2.2.2 Eisenbahnen...................................................................................................... 8 2.2.3 Binnenschifffahrt................................................................................................ 9 2.3 Unmittelbare Auswirkungen der EU-Osterweiterung ......................................... 9 2.3.1 Entwicklung des Modal Split............................................................................ 10 2.3.2 Wettbewerb ..................................................................................................... 11 2.3.3 Strukturelle Veränderungen ............................................................................ 12 3 DIE VERTEILUNG VON LOGISTIKZENTREN IN DER ERWEITERTEN EU .............................................................. 13 3.1 Verteilung von Distributions- und Gütervekehrszentren in Deutschland ...... 13 3.1.1 Logistikparks in Deutschland........................................................................... 13 3.1.2 Die Verteilung von Güterverkehrszentren in Deutschland .............................. 15 3.1.3 Eigengenutzte Unternehmensstandorte in Deutschland (2004) ..................... 16 3.1.4 Standorte von deutschen Logistik-Dienstleistern in der erweiterten EU ......... 18 3.2 Hauptwirtschaftsregionen in den neuen Beitrittsländern ................................ 19 3.2.1 Die baltischen Staaten .................................................................................... 19 3.2.2 Polen ............................................................................................................... 20 3.2.3 Tschechische Republik ................................................................................... 20 3.2.4 Ungarn............................................................................................................. 21 3.2.5 Slowakei und Slowenien ................................................................................. 21 3.3 4 Bewertung ............................................................................................................. 22 LITERATUR / QUELLENANGABEN................................................. 23 Berichte aus dem Fachbereich I, Wirtschafts- und Gesellschaftswissenschaften, TFH Berlin Bericht 1/2006 Ullmann, W.; Jordans, I.: Untersuchungen zur Standortfrage von Logistik-Standorten unter dem Einfluss der EU-Osterweiterung Teil 1: Daten & Fakten II Abbildungen Abb. 1: Deutscher Außenhandel 2003 .......................................................................3 Abb. 2: Veränderung des Deutschen Außenhandels mit den neuen Beitrittsländern...............................................................................................4 Abb. 3: Logistikschwerpunkte in Deutschland..........................................................14 Abb. 4: Logistikparks in Deutschland .......................................................................14 Abb. 5: Lage und Entwicklungsstand deutscher GVZ ..............................................15 Abb. 6: Eigennutzer von Logistikflächen in Deutschland in 2004.............................16 Abb. 7: Standorte von Logistikdienstleistern in Deutschland ...................................17 Abb. 8: Standorte von Logistikdienstleistern in der EU ............................................18 Abb. 9: Hauptwirtschaftsregion Estlands: Tallin .......................................................19 Abb. 10: Hauptwirtschaftsregion Lettlands: Riga .....................................................19 Abb. 11: Hauptwirtschaftsregionen in Litauen: Vilnius, Klaipeda und Kaunas .........19 Abb. 12: Hauptwirtschaftsregionen in Polen ............................................................20 Abb. 13: Ballungsgebiete in Tschechien ..................................................................20 Abb. 14: Logistikzentren und Regionen für Logistikzentren in Ungarn ....................21 Abb. 15: Regionen für Logistikaktivitäten in der Slowakei........................................21 Abb. 16: Karte Sloweniens .......................................................................................21 Tabellen Tab. 1: Länderübersicht EU-25 ..................................................................................2 Tab. 2: Wichtigste Deutsche Investoren in Polen, Ungarn und Tschechien ..............7 Tab. 3: Eigennutzer von Logistikflächen in Deutschland in 2004.............................16 Berichte aus dem Fachbereich I, Wirtschafts- und Gesellschaftswissenschaften, TFH Berlin Bericht 1/2006 Ullmann, W.; Jordans, I.: Untersuchungen zur Standortfrage von Logistik-Standorten unter dem Einfluss der EU-Osterweiterung Teil 1: Daten & Fakten 1 1 EINLEITUNG Im Mai 2004 wurde die Erweiterung der Europäischen Union (EU) von 15 auf zunächst 25 Länder vollzogen. Damit ist die EU zum größten zusammenhängenden Wirtschaftsraum der Erde geworden. Als Folge der Erweiterung ist eine Zunahme der EU-internen Wirtschaftsbeziehungen und eine gesteigerte Bedeutung für den Welthandel zu verzeichnen. Beide Faktoren werden sich zunehmend auf die Logistik-Aktivitäten in Europa auswirken. Zum Beispiel ist Deutschland aufgrund der Ost-Erweiterung das neue geographische Zentrum der EU geworden: ein Transitland zwischen West und Ost, Nord und Süd. Es wurde daher von verschiedensten Stellen angenommen, dass Deutschland zukünftig ein idealer Standort für die Ansiedlung von europäischen Distributionszentren sein könnte. Dieser Annahme wurde aktuell in einer am Fachbereich I der Technischen Fachhochschule (TFH) Berlin durchgeführten Studie nachgegangen. Zur Klärung dieser Annahme wurden drei Fragen untersucht: 1. Was sind die Auswirkungen der EU-Osterweiterung auf die deutsche bzw. europäische Transportlogistik? 2. Welches sind die Einflussfaktoren auf Standortentscheidungen in der erweiterten EU? 3. Wie beurteilen die deutschen Logistik-Dienstleister die Situation und zukünftige Trends? In diesem ersten Berichtsteil wird analysiert, welche Auswirkungen die EU-Osterweiterung auf die Standortentscheidungen von Unternehmen haben kann. Um die Attraktivität der neuen Beitrittsländer in Bezug auf die Ansiedlung von Logistikstandorten zu prüfen, wird die Marktsituation allgemein und speziell im Hinblick auf den Logistikmarkt betrachtet. Des weiteren werden die Ansiedlungen von Produktionsstätten sowie die Verkehrssituation der Verkehrsträger Lkw, Eisenbahn und Binnenschifffahrt näher untersucht. Schließlich werden die unmittelbaren Auswirkungen der EU-Osterweiterung auf das deutsche Güterkraftverkehrsgewerbe aufgezeigt. Diese Untersuchung gibt einen Überblick über die Entwicklungstendenzen seit in Kraft treten der EU-Erweiterung 2004. Im zweiten Teil der Studie (eigener Bericht) wird auf die Fragen zwei und drei eingegangen. Als Grundlage für die Planung von strategischen Logistikprojekten wird dazu ein Kriterienkatalog aufgestellt bzw. diskutiert. Schließlich wird die Einschätzung deutscher Logistikdienstleister im Hinblick auf Standortentscheidungen und Trends in der Logistikbranche ermittelt und analysiert. Berichte aus dem Fachbereich I, Wirtschafts- und Gesellschaftswissenschaften, TFH Berlin Bericht 1/2006 Ullmann, W.; Jordans, I.: Untersuchungen zur Standortfrage von Logistik-Standorten unter dem Einfluss der EU-Osterweiterung Teil 1: Daten & Fakten 2 2 SITUATION DER BEITRITTSLÄNDER Die Daten und Fakten zu den neuen Beitrittsländern geben einen allgemeinen Überblick über das Ausmaß der Erweiterung bezüglich des Zuwachses an Einwohnern und Fläche. Die Angaben über das Wachstum des Bruttoinlandproduktes (BIP) sowie die Angabe über das BIP pro Kopf informieren über die wirtschaftliche Leistung der neuen Beitrittsländer. Die Arbeitslosenquote ist ein Anhaltspunkt für die Verfügbarkeit von Arbeitskräften und gilt außerdem wie auch BIP und Inflationsrate als ein Spätindikator der Wirtschaft. Zur Übersicht werden im Folgenden die Beitrittsländer in statistischen Daten aufgelistet. Der nachfolgenden Tabelle 1 sind die statistischen Daten2 der einzelnen Länder zu entnehmen. Die Daten der USA und der EU-15 sind zum Vergleich hinzugefügt. Hauptstadt Einwohner Einheit Estland Lettland Litauen Malta Polen Slowakische Republik Slowenien Tschechische Republik Ungarn Zypern EU-10 Gesamt Belgien Dänemark Deutschland Finnland Frankreich Griechenland Großbritannien Irland Italien Luxemburg Niederlande Österreich Portugal Schweden Spanien EU-15 Gesamt EU - 25 Gesamt USA, Stand 2004 Tallin Riga Vilnius Valetta Warschau Bratislava Ljubljana Prag Budapest Nikosia Brüssel Kopenhagen Berlin Helsinki Paris Athen London Dublin Rom luxemburg Amsterdam Wien Lissabon Stockholm Madrid in Mio. 1,36 2,34 3,49 0,40 38,65 5,41 1,99 10,27 10,19 0,70 74,79 10,40 5,40 82,60 5,20 61,70 11,00 60,00 4,00 58,20 0,50 16,30 8,10 10,50 9,00 41,10 384,00 458,79 292,08 Fläche qkm 45.227 64.589 65.310 316 312.685 49.033 20.273 78.866 93.030 9.251 738.580 30.528 43.094 356.978 338.145 551.500 131.957 242.900 70.273 301.318 2.586 41.526 83.871 91.982 449.964 505.992 3.242.614 3.981.194 9.809.431 Inflationsrate Arbeitskost BIP/Kopf ArbeitsBIP en pro Wachstum, Kaufkraft- losenquote harmonisierter Stunde * Verbraucherparität 1€ 2004 durchpreisindex, = 1,33$ Quelle schnittliche Feb. 2005, EUROSTAT Veränderung Quelle: pro Jahr Statistik 1995 - 2005 Österreich % € % % €/Std. 5,30 10.300 9,20 4,60 3,03 5,30 8.900 9,80 7,00 2,42 5,70 10.100 10,80 3,20 2,71 3,00 16.800 7,30 2,50 4,40 10.400 18,80 3,50 4,48 4,20 11.900 18,00 2,60 3,06 3,70 16.900 6,00 2,80 8,98 2,40 15.200 8,30 1,40 3,90 3,50 13.400 5,90 3,40 3,83 3,70 19.000 5,00 2,40 10,74 4,12 13.290 9,91 3,34 4,79 2,10 25.900 7,80 2,30 24,00 2,10 27.400 5,40 1,00 27,10 1,40 24.100 9,50 1,80 26,54 3,40 24.600 8,80 0,00 22,13 2,10 25.200 9,60 1,90 24,39 3,50 17.900 9,70 3,20 10,40 2,70 26.500 4,70 1,60 23,85 7,40 29.600 4,50 2,00 17,34 1,70 23.900 8,40 2,00 17,10 4,20 45.300 4,20 3,20 24,23 2,30 26.600 4,70 1,50 22,99 2,00 26.900 4,50 2,30 23,60 2,50 16.900 6,70 2,10 8,13 2,70 25.400 6,30 3,30 28,56 3,20 21.200 10,80 3,30 14,22 2,89 25.827 7,04 2,10 20,97 3,50 19.558 8,48 2,72 12,88 4,40 27.062 5,50 2,40 k.A. * Neue Beitrittsländer Quelle Jauernig, 2004, S. 15, S. 122 f, EU 25 Daten aus WKO 2003 Tab. 1: Länderübersicht EU-251 Die Wirtschaftsregion Europa ist um eine Fläche von fast 730 000 km2 größer geworden, die Zahl der Einwohner stieg um ca. 46 Mio. auf insgesamt 429 Mio. Im Durchschnitt verfügen die EU-10 Staaten über ein deutlich höheres Wirtschaftswachstum (4,1%) im Vergleich zu den EU-15 Staaten (2,8%). Die Kosten je Arbeitsstunde in den Beitrittsstaaten liegen weit unter dem vergleich1 Quellen: Jauernig, 2004, S. 15, S 122 f, aus: Stat. Bundesamt, IRU, Eurostat, deutschPolnische Wirtschaftsförderungsgesellschaft, Auswärtiges Amt, ECSA, WKO für die USA und EU 15, EUROSTAT 2004, Statistik Österreich 2005 2 Bei der Darstellung der Arbeitslosenquote ist zu berücksichtigen, dass in den neuen Beitrittsländern noch kein flächendeckendes und lückenloses Meldesystem existiert und daher die angegebenen Werte ggf. nicht die tatsächliche Situation wiedergeben. Berichte aus dem Fachbereich I, Wirtschafts- und Gesellschaftswissenschaften, TFH Berlin Bericht 1/2006 Ullmann, W.; Jordans, I.: Untersuchungen zur Standortfrage von Logistik-Standorten unter dem Einfluss der EU-Osterweiterung Teil 1: Daten & Fakten 3 baren Wert der EU-15 Staaten. Für die verarbeitende Industrie werden in Tschechien, Ungarn und Polen 3,83 € bis 4,48 € je Stunde ausgewiesen, Deutschland liegt mit 26,36 € pro Stunde ca. sieben bis acht mal so hoch. Die neuen EU-Länder liegen mit Ausnahme Sloweniens nur etwa bei der Hälfte der Stundensätze von Portugal, das bisherige Schlusslicht der EU-15 Staaten bildete. Die Lohnkostendifferenz relativiert sich, wenn die Kaufkraftparität3 in den Vergleich einbezogen wird. Aber auch dann sind die deutschen Löhne noch etwa drei bis vier mal so hoch wie in Tschechien, Polen oder Ungarn4. 2.1 MARKTSITUATION Die Kenntnis der Marktsituation des jeweiligen Landes ist für (deutsche) Logistiker wichtig, um eine Grundlage für eine Standortentscheidung in den Beitrittsländern zu erhalten. Hierzu werden im Weiteren die Entwicklung des Außenhandels zwischen Deutschland und den Beitrittsländern, die Einschätzung der Situation des Logistikmarktes und schließlich die Ansiedlung von Produktionsstätten in den neuen Beitrittsländern betrachtet. 2.1.1 ENTWICKLUNG DES AUßENHANDELS - IMPORT/EXPORT Die Entwicklung des Handels ist eine Basis zur Feststellung des Güteraustausches und dem damit verbundenen Transportaufkommen innerhalb eines Landes sowie zwischen verschiedenen Ländern. Die Betrachtung des Außenhandels (siehe Abbildung 1) zeigt die Im- und Exporttätigkeiten der einzelnen Länder und stellt damit die Güterströme dar. Zuerst wird der Außenhandel Deutschlands mit den neuen Beitrittsländern näher untersucht. Deutscher Außenhandel 800,00 600,00 400,00 200,00 0,00 übrige Verein ASEAN Tschec Slowak insgesadarunte EU- Beitritt davon Polen Ungarn Beitritt gte China Länder Japan mt r: Länderslände hien ei slände Staaten (Südos 661,60 in Mrd. Euro Ausfuhr 367,20 56,50 16,70 16,40 11,90 5,20 6,30 61,70 18,20 11,80 11,80 in Mrd. Euro Einfu 532,00 268,30 57,30 17,50 15,80 12,20 7,30 4,50 39,00 25,00 14,90 19,10 Abb. 1: Deutscher Außenhandel 20035 Unter den Beitrittsländern war 2003 in beiden Lieferrichtungen Tschechien, mit einem Anteil von 2,5% bei den Ausfuhren6 und 3,3% bei den Einfuhren, der bedeutendste Handelspartner Deutschlands, gefolgt von Polen (2,5% bzw. 3,0%), 3 Berücksichtigung der jeweiligen Lebenshaltungskosten Jauernig 2004, S. 123 5 Statistisches Bundesamt, 2004 6 Mit einem Anteil von rund einem Drittel sowohl bei den Ausfuhren als auch bei den Einfuhren waren 2003 Kraftwagen bzw. -teile und Maschinen die beiden wichtigsten Warengruppen im Handel Deutschlands mit den Beitrittskandidaten. 4 Berichte aus dem Fachbereich I, Wirtschafts- und Gesellschaftswissenschaften, TFH Berlin Bericht 1/2006 Ullmann, W.; Jordans, I.: Untersuchungen zur Standortfrage von Logistik-Standorten unter dem Einfluss der EU-Osterweiterung Teil 1: Daten & Fakten 4 Ungarn (1,8% bzw. 2,3%) und der Slowakei (0,8% bzw. 1,4%). Die Veränderungen des Außenhandels mit den neuen Beitrittsländern sowie in der Gesamtbetrachtung lassen sich in Abbildung 2 nachvollziehen. In den vergangenen 11 Jahren (1993 bis 2003) ist der Außenhandel bei der Ausfuhr in die neuen Beitrittsländer im Durchschnitt jährlich um 14 % (Einfuhr 16%) angestiegen. Der Anstieg zwischen den Jahren 2002 und 2003 betrug bei der Ausfuhr noch 5,7% (Einfuhr 10%). Insgesamt ist aber vergleichsweise der Deutsche Außenhandel nur um 1,6 % bei der Ausfuhr (Einfuhr 2,6%) gestiegen. Der Handel zwischen EU-15 und den Beitrittsländern hat in 11 Jahren zwischen 1993 und 2003 um 285% bei der Ausfuhr und um 341% bei der Einfuhr zugenommen. Schlussfolgerung: Für die Beitrittsländer ist der Veränderungen des Deutschen Außenhandels mit den Beitrittsländern Westen innerhalb kurzer Zeit der wichtigste Partner8 18,00% 16,50% 16,00% 14,40% für viele wirtschaftliche 14,00% 12,00% Aktivitäten geworden. 10% 10,00% Daraus lässt sich ableiten, 8,00% 5,70% 6,00% dass auch der Güter4,00% 2,60% 1,60% 2,00% transport stetig zuge0,00% Anstieg des Anstieg des gesamten durchschnittlicher nommen hat und in der Außenhandels 2003 Deutschen Außenhandels jährlicher Anstieg von gegenüber 2002 von 2002 bis 2003 1993 bis 2003 Zukunft vermutlich auch Ausfuhr Einfuhr weiter zunehmen wird. Ein Abb. 2: Veränderung des Deutschen Außenhandels mit großes Potential liegt, den neuen Beitrittsländern7 neben den geographisch unmittelbar angrenzenden Ländern, besonders in den baltischen Staaten, sofern Russland als zukünftiges Ziel der Logistik-Aktivitäten gesehen wird. Auch für die deutsche Exportwirtschaft erlangen die Absatzmärkte eine zunehmende Bedeutung. Inzwischen gehen dorthin fast 9% der Deutschen Exporte. Damit nehmen die neuen EU-Mitgliedstaaten in dieser Beziehung eine dem US-amerikanischen Markt vergleichbare Größenordnung ein. Vier Fünftel dieses Deutschen Außenhandelssegmentes entfallen auf Polen, die Tschechische Republik und Ungarn. Beim Import aus den neuen EU-Mitgliedstaaten konnte zwischen 1997 und 2003 ein Anstieg des Warenwertes um 125% festgestellt werden, während die Warenmenge nur um 6% wuchs. Dies ist zurückzuführen auf den Wandel der Einfuhr von Massengütern (Baustoffe und Kohle) zu höherwertigen Gütern. Besonders der (Re-) Import von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeugteilen aus den neuen EU-Mitgliedstaaten stieg durch den Bau von Produktionsstätten internationaler Automobilkonzerne und ihrer Zulieferunternehmen in diesen Staaten in den letzten Jahren erheblich an. 7 Statistisches Bundesamt, 2004 Der überproportionale Anstieg des Außenhandels zwischen Deutschland und den Beitrittsstaaten beruht nach einer Untersuchung der Deutschen Bundesbank auf der führenden Rolle Deutschlands bei den Direktinvestitionen in diesen Staaten und die gute Übereinstimmung des deutschen Exportes mit der Nachfrage aus der Region. Hinzu kommt die günstige geographische Lage Deutschlands. Im Jahr 2003 bezog Deutschland bereits über 10% seiner Importe aus den neuen EU-Mitgliedstaaten. 8 Berichte aus dem Fachbereich I, Wirtschafts- und Gesellschaftswissenschaften, TFH Berlin Bericht 1/2006 Ullmann, W.; Jordans, I.: Untersuchungen zur Standortfrage von Logistik-Standorten unter dem Einfluss der EU-Osterweiterung Teil 1: Daten & Fakten 5 Für das Jahr 2004 zeichnet sich ein weiterer Wertzuwachs im Außenhandel zwischen Deutschland und den neuen EU-Mitgliedstaaten ab. Im Zeitraum Januar bis September 2004 stieg der Wert des Außenhandels im Vergleich zum entsprechenden Vorjahreszeitraum um 6%. Insbesondere der Außenhandel mit der Slowakei erfährt derzeit durch neue Produktionsstätten von Automobilkonzernen einen deutlichen Aufschwung9. Ausblick: Auch in den nächsten Jahren wird es vermutlich ein Wachstum des Deutschen Außenhandels mit den neuen EU-Mitgliedstaaten geben, welches das Außenhandelswachstum mit den bisherigen EU-Mitgliedstaaten übersteigen wird. Besonders der wirtschaftliche Aufholprozess der neuen EU-Mitgliedstaaten wird zum Anstieg des Außenhandels dieser Staaten beitragen. Hierin besteht eine Chance für die deutschen Logistik-Dienstleister, da mit der Zunahme des Außenhandels auch der Gütertransport und damit auch der Bedarf an ganzheitlichen logistischen Lösungen im Sinne der Supply Chain angestrebt werden. Eine Höhere Wertigkeit der Produkte erfordert in der Regel auch eine höhere Anforderung an Logistikleistungen. 2.1.2 EINSCHÄTZUNG DER MARKTSITUATION IM LOGISTIKBEREICH Wie aus den Außenhandelsbeziehungen deutlich wird, hat Deutschland als Handelspartner, sowohl im Import wie im Export mit den neuen Beitrittsländern, eine wesentliche Bedeutung. Es findet ein reger Güteraustausch in beide Richtungen statt, der von Frachtführern, Speditionen aber auch immer mehr von Logistikdienstleistern zu bewältigen ist. In den neuen Beitrittsländern sowie in Deutschland werden Logistikstandorte benötigt, die zur Abwicklung der Transporte und der weiteren logistischen Leistungen erforderlich sind. Bei der Betrachtung der Marktsituation des Logistikbereiches bestätigt sich diese These. Auch im Logistikbereich konnte eine Zunahme des Marktes um durchschnittlich 14% jährlich ermittelt werden. In den westeuropäischen Logistikmärkten hingegen betrug der Anstieg lediglich 6% 10. Der Logistikmarkt in den neuen Beitrittsländern konnte also in den vergangenen Jahren ein überdurchschnittliches Wachstum verzeichnen. Die bestehenden Standorte können die dafür erforderlichen Kapazitäten voraussichtlich nicht bereitstellen. Durch den Beitritt der Mittelosteuropäischen Länder wird voraussichtlich nicht nur das Transportvolumen und der Wert der zu transportierenden Waren, sondern auch die verstärkte Nachfrage nach höherwertigen Serviceleistungen in der Logistik zunehmen. Die Nachfrage nach Logistikleistungen kann unmittelbar aus der jeweiligen Außenhandelsstruktur des Landes und den jeweiligen Industriezentren und Branchen abgeleitet werden11. Daher wird nicht nur die Errichtung von Lagerstätten sondern auch von leistungsfähigen Logistikzentren erforderlich. 9 Bundesamt für Güterverkehr, 2004 Jauernig, 2004, S. 34 11 ebd. 10 Berichte aus dem Fachbereich I, Wirtschafts- und Gesellschaftswissenschaften, TFH Berlin Bericht 1/2006 Ullmann, W.; Jordans, I.: Untersuchungen zur Standortfrage von Logistik-Standorten unter dem Einfluss der EU-Osterweiterung Teil 1: Daten & Fakten 6 2.1.3 ERRICHTUNG NEUER PRODUKTIONSSTÄTTEN IN DEN BEITRITTSLÄNDERN Wegen der günstigeren Arbeitskosten haben bereits eine Vielzahl von Unternehmen ihre neuen Produktionsstandorte in Beitrittsländer verlegt. Vor allem die Automobilindustrie ist dort bereits stark vertreten. Bei einer Entscheidung für die Erschließung eines neuen Produktionsstandortes sind nicht nur die Lohnkosten sondern auch die Zuwendung von Fördermitteln und die zu leistenden Steuern für die Unternehmen relevant. Ebenfalls machen sich, je nach Lage, die Kosten für Grundbesitz bemerkbar. Allerdings spielen in der Produktion die Lohnkosten aufgrund der Vielzahl der Beschäftigten eine besonders wichtige Rolle. Schon seit Jahren errichten Unternehmen ihre neuen Standorte in den neuen Beitrittsländern. Nach einer Studie der Boston Consulting Group (BCG)12, werden auch zukünftig immer mehr Produktionszweige, aufgrund der Kostenvorteile der langfristig niedrigen Lohnkosten in Asien und Osteuropa, abwandern. Teilweise werden diese Kostenvorteile allerdings durch hohe Transportkosten und noch bestehende Zollschranken wieder aufgewogen. Diese Entwicklung des „Offshoring“ in Niedriglohnländer sorgt dafür, auch im Bereich der Logistik das Erschließen eines neuen Marktes, bzw. das Mitwandern mit dem Lieferanten erforderlich wird. Diese Tendenz erfordert oft auch die Errichtung neuer Distributionszentren, die räumlich und funktional den Anforderungen der Unternehmen entsprechen. Für die Produzenten hat die Stabilität der Lieferkette eine große Bedeutung im Bezug auf Kundenzufriedenheit und daraus resultierender Wettbewerbsfähigkeit. Zukünftig werden Produktionen vermehrt wieder in (Ost-) Europa erwartet, um kürzere Transportwege und schnellere Belieferung zu erhalten13. In Tab. 2 sind exemplarisch Deutsche Investoren aus verschiedenen Branchen und Industriezweigen dargestellt, die in den neuen Beitrittsländern Polen, Tschechien und Ungarn Investitionen getätigt oder Produktionsstätten eingerichtet haben. Neben diesen Unternehmen gibt es noch viele weitere, die sich im Zuge der Globalisierung in den neuen Beitrittsländern betätigen. Eine Produktionsverlagerung kann besonders in den Bereichen Automobil- und Zuliefererindustrie, Maschinenbau, in der Erzeugung von Eisen-, Stahl-, Metallerzeugnissen und in der Textil- und Bekleidungsindustrie festgestellt werden. Die chemische Industrie wird hauptsächlich als Importeur in die neuen Beitrittsländer betrachtet, eine Standortverlagerung hat hier noch nicht stattgefunden und wird auch zukünftig nicht erwartet14. Exportzuwächse in den neuen Beitrittsländern lassen sich häufig auf die Verlagerung der Produktionsstätten aus Deutschland oder anderen EU Staaten in die neuen Beitrittsländer und die daraus resultierenden Reimporte z.B. von Fahrzeugen oder Fahrzeugteilen zurückführen15. Am stärksten von der Verlagerung betroffen sind standardisierbare, 12 Boston Consulting Group, 2004 ebd. 14 ebd. 15 Graf, Hauth, Hübner 2004 13 Berichte aus dem Fachbereich I, Wirtschafts- und Gesellschaftswissenschaften, TFH Berlin Bericht 1/2006 Ullmann, W.; Jordans, I.: Untersuchungen zur Standortfrage von Logistik-Standorten unter dem Einfluss der EU-Osterweiterung Teil 1: Daten & Fakten 7 arbeitsintensive, gut zu transportierende Produkte, bei denen Lieferzeiten und Risiken zu kontrollieren sind. Ausblick: Für die Logistik ermöglicht die Verlagerung der Produktionsstätten einen neuen Markt für Logistikleistungen und somit weitere Chancen für die Dienstleister. Nur die Gewährleistung einer reibungslosen und sorgfältigen Lieferkette kann eine Verlagerung und damit den zusätzlichen Logistikbedarf unterstützen. Dies können sich die bereits erfahrenen deutschen Dienstleister zu Nutze machen und daraus einen Wettbewerbsvorteil gegenüber den oft preisgünstigeren Speditionen aus den neuen Beitrittsländern entwickeln. Banken Automobil Elektronik Energie Bau Handel Tabak Telekommunikation Chemie Polen Ungarn Hypo Vereinsbank, Commerzbank Tschechien Deutsche Bank, Dresdener Bank Opel, VW Audi, BMW Siemens RWE Züblin Aral Audi, Opel, VW Siemens, Bosch RWE, EON Metro Reemtsma Deutsche Telekom BASF, Bayer Tab. 2: Wichtigste Deutsche Investoren in Polen, Ungarn und Tschechien16 2.2 VERKEHRSSITUATION Die gestiegenen Außenhandelsaktivitäten der Beitrittsländer besonders mit Deutschland und den anderen EU-Ländern haben eine Zunahme des Warenaustausches und damit auch eine Erhöhung des Gütertransportes zur Folge. Da die Verkehrsinfrastruktur für den Gütertransport eines der wichtigsten Kriterien bei der Standortwahl von Distributionszentren für die Dienstleister ist, wird die Entwicklung des Verkehrs seit dem 1. Mai 2004 näher betrachtet. Dabei kann eine Veränderung des Transportverhaltens der Frachtführer sowohl aus dem Westen, wie auch aus dem Osten Europas beobachtet werden. Nachfolgend werden die unmittelbaren Auswirkungen der EU-Osterweiterung auf Straßen- und Autobahnanbindungen, dann auf Eisenbahnverkehr und Binnenschifffahrt aufgezeigt. 2.2.1 STRASSE/LKW Das Bundesamt für Güterverkehr17 hat zwischen Deutschland und den neuen Beitrittsländern seit der Grenzöffnung eine erhöhte Anzahl von Transporten festgestellt. Der grenzüberschreitende Güterverkehr auf der Strasse ist seit dem Vollzug der Osterweiterung sprunghaft angestiegen. An der Deutsch16 17 Sobull, 2004 BAG, 2004 Berichte aus dem Fachbereich I, Wirtschafts- und Gesellschaftswissenschaften, TFH Berlin Bericht 1/2006 Ullmann, W.; Jordans, I.: Untersuchungen zur Standortfrage von Logistik-Standorten unter dem Einfluss der EU-Osterweiterung Teil 1: Daten & Fakten 8 Tschechischen Grenze nahm die Anzahl der Ein- und Ausfahrten von den Lastwagen in den ersten neun Monaten seit der EU-Osterweiterung um 40%, an der Deutsch-Polnischen Grenze um 30% zu. Allerdings mussten andere Verkehrsträger wie Schiene oder Binnenschifffahrt Stagnation oder gar Rückgang von Transporten zugunsten der Straße feststellen18. Grund für die Zunahme des grenzüberschreitenden Verkehrs ist die Verringerung der Wartezeiten an den Grenzen durch Wegfall von Zollformalitäten. Auffällig ist die deutliche Zunahme an leistungsstarken und verkehrsgünstigen Grenzübergängen19. Lediglich die Personenkontrollen werden bis zur Erfüllung aller Schengen-Kriterien20 weiterhin durchgeführt21. Die Auswirkung der Einführung der LKW-Maut in Deutschland zum 1.Januar 2005 wurde in den zuvor genannten Zahlen nicht berücksichtigt. Es ist vorstellbar, dass die weniger leistungsstarken Grenzübergänge an Bundesstrassen zukünftig wieder stärker frequentiert werden. 2.2.2 EISENBAHNEN Infolge der Verkürzung bzw. des Wegfalls zeitintensiver Grenzaufenthalte und Zollkontrollen hat sich die Wettbewerbsposition des LKW im Vergleich zur Eisenbahn nochmals verbessert. Bisher sind bestehende Hindernisse im grenzüberschreitenden Eisenbahngüterverkehr mit dem EU-Beitritt nicht verschwunden. Eine erhebliche Beeinträchtigung der Entwicklung und damit die Konkurrenzfähigkeit des Schienengüterverkehrs stellt die oftmals schlechte Infrastruktur in den neuen EU-Mitgliedstaaten dar. Eine Sanierung ist sowohl kosten- als auch zeitintensiv. Transformationsprozesse der osteuropäischen Staatsbahnen zur Anpassung an die neue Markt- und Wettbewerbssituation haben bis heute noch nicht stattgefunden. Ausblick: Zwar räumen die Marktteilnehmer dem Eisenbahngüterverkehr zwischen neuen und alten EU-Mitgliedstaaten aufgrund des steigenden Warenaustausches große Potentiale ein, jedoch vor dem Hintergrund der beschriebenen Schwierigkeiten ist nach Einschätzung des BAG kurzfristig nicht mit einer nachhaltigen Aufkommenssteigerung bzw. einer Verbesserung des Modal-Split 22zugunsten der Eisenbahnen im Verkehr mit den neuen EU-Mitgliedstaaten zu rechnen23. 18 ebd. Die Veränderungen bei der Auswahl der benutzten Grenzübergänge sowie die allgemeinen Verkehrsverlagerungen seit der EU-Erweiterung erschweren ein klares statistisches Bild hinsichtlich des tatsächlichen Verkehrswachstums allein im Hinblick auf die Erweiterung. Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass die Verkehrsunternehmen aufgrund der Einführung der streckenbezogenen Lkw-Maut in Deutschland ihre Routenwahl im Jahr 2005 teilweise erneut ändern werden. Aufgrund der vorgenannten Erfahrungen dürften sich deshalb auch zukünftig Veränderungen in Bezug auf die Auswahl der Verkehrsverbindungen zeigen. (BAG, 2004) 20 Das jeweilige Beitrittsland muss den Nachweis erbringen, dass es alle erforderlichen Kriterien, wie z.B. Zugang zum Schengener Informationssystem und die wirksame Kontrolle der Außengrenzen 21 BAG, 2004 22 Modal-Split: Aufteilung auf die verschiedenen Verkehrsträger 23 BAG, 2004 19 Berichte aus dem Fachbereich I, Wirtschafts- und Gesellschaftswissenschaften, TFH Berlin Bericht 1/2006 Ullmann, W.; Jordans, I.: Untersuchungen zur Standortfrage von Logistik-Standorten unter dem Einfluss der EU-Osterweiterung Teil 1: Daten & Fakten 9 2.2.3 BINNENSCHIFFFAHRT Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist festzustellen, dass der zunehmende Außenhandel Deutschlands mit den neuen EU-Mitgliedstaaten Polen, Ungarn, Tschechien und der Slowakei bislang nicht zu einer verstärkten Nachfrage nach Beförderungsleistungen in der Binnenschifffahrt geführt hat. Im Gegenteil: Die Binnenschifffahrt hat in den vergangenen Jahren sogar an Bedeutung verloren. Sowohl beim Versand in die neuen EU-Mitgliedstaaten als auch beim mengenmäßig bedeutenderen grenzüberschreitenden Empfang verzeichnete sie insgesamt Aufkommensrückgänge. Nach wie vor dominieren auf diesen Verbindungen die binnenschifftypischen Massengüter24. Da der Bedarf an Massenguttransporten tendenziell in den letzten Jahren jedoch zurückgegangen ist, hatte dieser Umstand entsprechende Auswirkungen für die Binnenschifffahrt. 2.3 UNMITTELBARE AUSWIRKUNGEN DER EU-OSTERWEITERUNG Die EU-Osterweiterung hat durch die Grenzöffnung einige unmittelbare Auswirkungen auf das Güterkraftverkehrsgewerbe. Als Erstes macht sich der Wegfall der Zollkontrollen an der Grenze bemerkbar. Seit dem wird nur noch eine Passbzw. Sichtkontrolle an der Grenze durchgeführt. Längere Aufenthalte sind in der Regel nicht mehr zu beobachten. Die verkürzten Wartezeiten - bis zu 20 Stunden Einsparung - führen zu deutlichen Kosteneinsparungen für die Unternehmen25. Eine weitere direkte Auswirkung ist die abgabenfreie Einfuhr von Dieselkraftstoff. Durch die Erleichterung26 der abgabenfreien Einfuhr von Dieselkraftstoff aus den neuen Mitgliedstaaten ergaben sich für die Transportunternehmen weitere Kosteneinsparungen, so dass vorrangig Unternehmen aus Tschechien oder Polen mit dem in den Fahrzeugtanks befindlichen preiswert eingekauften Dieselkraftstoff Reichweiten erzielen, die ihnen die Durchführung von Transporten zwischen Deutschland und anderen bisherigen EU-Mitgliedstaaten ohne Betankung an den deutschen Tankstellen erlaubt. Da diese Regelung insbesondere den Unternehmen aus den neuen EU-Mitgliedstaaten zu Gute kommt, hat dies die Wettbewerbssituation der deutschen Unternehmen gegenüber den neuen EU-Unternehmen zusätzlich verschlechtert27. Neben der schnelleren Verbindung und der Einfuhr von Dieselkraftstoff konnte außerdem eine Verlagerung des Verkehrs festgestellt werden. Diese betrifft den Fährverkehr, die Routen und den kombinierten Verkehr. Das Verkehrsaufkommen der Fährverbindungen im Ro-Ro-Verkehr28 zwischen deutschen Fährhäfen und dem Baltikum ist seit der EU-Osterweiterung erheblich zurück 24 BAG, 2004 ebd. 26 Die bis April 2004 geltende 200 Liter-Begrenzung ist mit dem Beitritt entfallen. Bei einer angenommenen Tankgröße von 900 Litern und einem Verbrauch von 35 Litern auf 100 Kilometern verfügt ein LKW, der an der polnischen oder tschechischen Grenze vor seiner Einfahrt nach Deutschland voll getankt worden ist, nun über einen ca. 2.600 km großen Aktionsradius, ohne nachtanken zu müssen. 27 BAG, 2004 28 Roll-on-Roll-off von LKW 25 Berichte aus dem Fachbereich I, Wirtschafts- und Gesellschaftswissenschaften, TFH Berlin Bericht 1/2006 Ullmann, W.; Jordans, I.: Untersuchungen zur Standortfrage von Logistik-Standorten unter dem Einfluss der EU-Osterweiterung Teil 1: Daten & Fakten 10 29 gegangen , da diese Transporte zu einem größeren Teil über den Landweg abgewickelt werden. Vor allem die reibungslose Grenzabfertigung und der günstige Dieselpreis ermöglichen eine kostengünstigere Straßenbeförderung. Darüber hinaus konnten im Jahr 2004 spürbare Verlagerungen von Routen im grenzüberschreitenden Straßengüterverkehr festgestellt werden, die teilweise auf die geänderten Regelungen durch die EU-Erweiterung zurückzuführen sind. Dies gilt insbesondere für Verkehre zwischen Mitteleuropa und Südosteuropa, bei denen nun Österreich in erheblichem Umfang durch die Slowakei und Tschechien umfahren wird. Gründe für die Verlagerung der Routen sind einerseits die Erleichterungen bei der Abfertigung an den neuen EU-Binnengrenzen. Dabei spielt für einige EU-Unternehmen der Wegfall der bilateralen Genehmigungen für Tschechien und der Slowakei eine Rolle. Andererseits beruhen Verkehrsverlagerungen auf der Einführung der Maut30 zum 1. Januar 2004 in Österreich. Nach Angaben des Verkehrsministeriums der Tschechischen Republik haben diese Entwicklungen zu einer Zunahme des LKW-Transitverkehrs durch Tschechien um etwa 20% geführt31. Weiterhin zeigen sich seit der EU-Osterweiterung Transportverlagerungen vom begleiteten kombinierten Güterverkehr (Rollende Landstraße32/ RoLa) zum durchgehenden Straßengüterverkehr. Ein Rückgang des unbegleiteten kombinierten Verkehrs zwischen deutschen Terminals und Terminals in den neuen EU-Mitgliedstaaten (Binnenverkehr und Seehafenhinterlandverkehr) konnte bislang nur auf wenigen Verbindungen in Folge der EU-Osterweiterung festgestellt werden33. 2.3.1 ENTWICKLUNG DES MODAL SPLIT Der Güterverkehr zwischen Deutschland und den neuen EU-Mitgliedstaaten ist in den letzten Jahren stetig gestiegen. Profitieren konnte davon vor allem der grenzüberschreitende Straßengüterverkehr. Der steigende Anteil hochwertiger Waren mit erheblichen Anforderungen an Pünktlichkeit und sorgfältige Behandlung der zu befördernden Güter, aber auch relativ niedrige Beförderungsentgelte begünstigten dabei Beförderungen im Straßengüterverkehr. Daneben war eine positive Entwicklung beim Güterverkehr über See zu erkennen, allerdings sind seit dem Jahr 2001 hier keine deutlichen Mengensteigerungen mehr festzustellen. Bislang kaum profitieren konnten sowohl die Bahn als auch das Binnen- 29 Das Statistische Bundesamt weist von April 2004 bis Juni 2004 einen Rückgang um 35 % bei der Anzahl der zwischen deutschen und baltischen Häfen als Ladungsträger auf Fähren beförderten Lkw aus 30 pro Lastzug 95 EUR für eine Fahrt zwischen Nickelsdorf an der österreichischungarischen Grenze und Suben an der deutsch-österreichischen Grenze 31 BAG, 2004 32 Nach dem Beitritt Tschechiens zur Europäischen Union sank die Auslastung der Züge auf der Rollenden Landstraße Dresden - Lovosice von 75 %auf 9%. Sie musste - trotz der seit Ende Mai 2004 erheblich gesenkten Fahrtpreise - am 19. Juni 2004 eingestellt werden. Die Rollende Landstraße Manching-Brennersee war im Jahr 2004 bis zu 50% weniger ausgelastet als in den entsprechenden Vorjahresmonaten, so dass sie nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden konnte und zum Jahresende 2004 eingestellt wurde (BAG, 2004). 33 ebd. Berichte aus dem Fachbereich I, Wirtschafts- und Gesellschaftswissenschaften, TFH Berlin Bericht 1/2006 Ullmann, W.; Jordans, I.: Untersuchungen zur Standortfrage von Logistik-Standorten unter dem Einfluss der EU-Osterweiterung Teil 1: Daten & Fakten 11 34 schiff . Hier blieb das Beförderungsaufkommen seit dem Jahr 1997 weitestgehend auf gleichem Niveau, bzw. nahm im Zeitablauf sogar leicht ab. Aus der Untersuchung des BAG zeigt sich durch die EU-Erweiterung im Jahr 2004 ein verstärkter Anstieg der Straßenbeförderungen. Für die nächsten Jahre geht das BAG davon aus, dass der Straßengüterverkehr als vorherrschender Verkehrsträger seine Stellung weiter ausbauen und damit einen höheren Anteil am Modal Split erreichen wird.35 2.3.2 WETTBEWERB Nach den Erkenntnissen der Marktbeobachtung des BAG hat die EU-Osterweiterung aufgrund der Kostenvorteile osteuropäischer Unternehmen zu einem verstärkten Wettbewerbs- und Preisdruck bei Beförderungen zwischen Deutschland und den neuen EU-Mitgliedstaaten geführt. Der verschärfte Wettbewerb führte in den vergangenen Monaten zu einer deutlichen Absenkung der Beförderungsentgelte36 auf diesem Markt. Allerdings ist der Transport hochwertiger Güter in durchgehenden Logistikketten meist noch in der Hand deutscher Spediteure bzw. Transportunternehmen. Dies trifft ebenfalls für die Durchführung von Tank- und Silotransporten37 zu. Wie die Preisentwicklung zeigt, hat die gestiegene Nachfrage nach Transportleistungen nicht zu höheren Beförderungsentgelten, sondern zu einer Verschärfung des Preisdrucks geführt, da zeitgleich auch ein Überangebot an Laderaum zur Verfügung steht. Deutsche Unternehmen müssen die realisierten Kosteneinsparungen an die Auftraggeber weitergeben, um gegen die starke ausländische Konkurrenz bestehen zu können. Im Gegensatz zu der Konkurrenz aus den neuen Beitrittsstaaten können deutsche Frachtführer und Speditionen, wegen fehlender Fremdsprachenkenntnisse und zu hohen Preisen, meist nur Ladungen in eine Richtung akquirieren. Dadurch verfügt die ausländische Konkurrenz über eine andere Kalkulationsbasis, als die deutschen Kollegen (BAG, 2004). Der Kostendruck, der auf dem deutschen Straßengüterverkehr lastet, wird noch verstärkt durch die Preiserhöhungen des Mineralöls, die Ökosteuer, vergleichsweise hohe Kraftfahrzeugsteuern und die fast 6-fach höheren 38 Lohnkosten .Aufgrund der dargestellten Entwicklung zeigt sich, dass immer mehr deutsche, im grenzüberschreitenden Verkehr tätige Transport- und Speditionsunternehmen, die heute noch im Selbsteintritt fahren, ihren Fuhrpark 34 Nach Eurostat, dem statistischen Amt der Europäischen Gemeinschaften, ist bei der Betrachtung des Modal Split zu berücksichtigen, dass der Seeverkehr in den Beitrittsländern mit Zugang zum Meer allgemein einen großen Anteil am Gesamtvolumen des internationalen Warenverkehrs erreicht und dass die Beitrittsländer ohne Zugang zum Meer (Tschechische Republik, Ungarn und Slowakische Republik) ihren internationalen Warenverkehr überwiegend über die Strasse abwickeln. 35 BAG, 2004 36 Von Seiten der Transportunternehmen wird über Preisabschläge von etwa 20% berichtet. 37 Es wird berichtet, dass einzelne Auftraggeber Probesendungen mit ausländischen Unternehmern durchgeführt haben, aber nach Transportdurchführung aufgrund qualitativer Mängel wieder zu deutschen Transportunternehmen zurückgekehrt sind (BAG, 2004). 38 Jauernig, 2004, S. 122 Berichte aus dem Fachbereich I, Wirtschafts- und Gesellschaftswissenschaften, TFH Berlin Bericht 1/2006 Ullmann, W.; Jordans, I.: Untersuchungen zur Standortfrage von Logistik-Standorten unter dem Einfluss der EU-Osterweiterung Teil 1: Daten & Fakten 12 abbauen und die Aufträge an Subunternehmer aus den neuen EUMitgliedstaaten vergeben (Outsourcing der reinen Fracht). Sie begründen die Auslagerungen u. a. mit Kostenreduzierungen, um im Wettbewerb mit anderen Anbietern konkurrieren zu können. Auch bei ständig zunehmender Kostenangleichung in den neuen EU-Mitgliedstaaten dürften die ungleichen Wettbewerbsbedingungen bei den Transportunternehmen - vor allem durch unterschiedliche Lohn- und Lohnnebenkosten - noch über einen längeren Zeitraum erhalten bleiben39. Besonders betroffen von der Verschärfung des Wettbewerbs sind die kleinen und mittleren Unternehmen die hauptsächlich Fracht- oder Speditionsleistungen anbieten. Dies bestätigt sich auch in den Umfrageergebnissen in Teil 2 dieser Studie in Bezug auf die stagnierende oder sogar zurückgehende Umsatzentwicklung dieser Unternehmen. 2.3.3 STRUKTURELLE VERÄNDERUNGEN In den mittelosteuropäischen Staaten haben sich nach der politischen und wirtschaftlichen Öffnung bereits in den neunziger Jahren leistungsfähige Speditionen aus den bisherigen EUMitgliedstaaten niedergelassen. Diese meist großen deutschen und westeuropäischen Unternehmen mit europaweiten Netzwerken haben so eine ausreichende Marktnähe, um sich das Wachstumspotenzial in den östlichen EUMitgliedstaaten zu erschließen. Dabei können sie auf ortskundiges Personal und bereits in den neuen EU-Mitgliedstaaten stationierte Lastkraftfahrzeuge zurückgreifen. Diesen Unternehmen ist es aufgrund der bereits gesammelten Erfahrungen leicht möglich, Transportleistungen an preisgünstige ansässige Subunternehmer zu vergeben und damit andererseits den Industrie- und Handelsunternehmen entsprechend niedrige Entgelte für Transport- und Logistikleistungen zu offerieren. Diese Entwicklungen zeigen sich vor allem bei deutschen, niederländischen und österreichischen Verkehrsunternehmen. Auch mittlere Unternehmen versuchen immer mehr, auf den neuen Märkten Fuß zu fassen oder aber ihre Marktchancen zu prüfen, indem sie sich mit einigen Fahrzeugen dort niederlassen. Nach Registrierung ihrer Fahrzeuge in den neuen EU-Mitgliedstaaten betätigen sich die Unternehmen als Frachtführer im grenzüberschreitenden Verkehr mit West- und Osteuropa. 39 BAG, 2004 Berichte aus dem Fachbereich I, Wirtschafts- und Gesellschaftswissenschaften, TFH Berlin Bericht 1/2006 Ullmann, W.; Jordans, I.: Untersuchungen zur Standortfrage von Logistik-Standorten unter dem Einfluss der EU-Osterweiterung Teil 1: Daten & Fakten 13 3 DIE VERTEILUNG VON LOGISTIKZENTREN IN DER ERWEITERTEN EU 3.1 VERTEILUNG VON DISTRIBUTIONS- UND GÜTERVEKEHRSZENTREN IN DEUTSCHLAND In Deutschland sind Logistik- und Distributionsstandorte in einer Vielzahl vorhanden. Um einen Überblick über die Situation der Verteilung von Standorten zu erhalten, werden beispielhafte und bekannte Logistikparks und die bestehenden Güterverkehrszentren in Deutschland abgebildet. Die abgebildeten Karten geben keinen Hinweis über die Hierarchie der einzelnen Standorte. Zum Vergleich wird die Situation in der EU mit den neuen Beitrittsländern abgebildet. 3.1.1 LOGISTIKPARKS IN DEUTSCHLAND In den vergangenen Jahren haben sich diverse Investmentunternehmen auf Logistikimmobilien spezialisiert. Als Beispiel sei hier das börsennotierte amerikanische Investmentunternehmen ProLogis GmbH (gegründet 1991) genannt, welches zurzeit mit über 1.750 Logistikimmobilien in über 71 Märkten in Nordamerika, Europa und Asien mit Lagerflächen vertreten ist. ProLogis ist in Deutschland an 15 Standorten40 vertreten. Insgesamt steht an diesen Standorten eine Hallen-Fläche von 326.400qm und zusätzlich noch mehr als 260.000qm Land zur Verfügung. Neben Deutschland verfügt ProLogis über Standorte in sämtlichen Ländern der EU41. ProLogis entwickelt und investiert weltweit in Logistikflächen zur Vermietung oder zum Verkauf an Logistikdienstleister, Handelsunternehmen oder Industrie. Die Karte in Abb. 3 stellt die Logistikschwerpunkte, d.h. Regionen mit vermehrter Ansiedlung von Logistikstandorten, in Deutschland dar. Diese sind teilweise gekoppelt an Häfen wie in Hamburg, Bremen und Duisburg oder an Flughäfen wie in Hamburg, Berlin, Düsseldorf, Frankfurt a. M. oder München. In Leipzig42 wird der Flughafen voraussichtlich erst ab 2007/2008 eine gewisse Bedeutung erhalten. Aber auch verkehrsgünstig an Autobahnen oder Autobahnkreuzen gelegene Standorte wie in Dortmund, Bad Hersfeld, Nürnberg und Stuttgart bilden einen Schwerpunkt für Logistik in Deutschland. In Abb. 4 sind diverse Logistikparks in Deutschland punktförmig und differenziert nach Projektentwicklern dargestellt. Diese Parks umfassen derzeit eine Gesamtgröße von ca. 400.000 qm. In den nächsten Jahren ist die Errichtung von weiteren 800.000 qm Logistikfläche in Deutschland geplant (savills, 2005). 40 Alzenau, Berlin, Frankfurt a.M., Gernsheim, Hamburg, Karlsruhe, Köln, Krefeld, Lauenau, München, Neustadt a.d. Donau, Nürmberg, Saarwellingen, Soest, Straubing 41 Großbritannien (29 Standorte), Niederlande (9), Belgien (7), Frankreich (13), Spanien (2), Italien (1), Deutschland (15), Polen (6), Ungarn (1), Tschechien (2) Schweden (5), Dänemark (1) 42 DHL plant den Bau eines europäischen Distributionszentrums am Leipziger Flughafen. Berichte aus dem Fachbereich I, Wirtschafts- und Gesellschaftswissenschaften, TFH Berlin Bericht 1/2006 Ullmann, W.; Jordans, I.: Untersuchungen zur Standortfrage von Logistik-Standorten unter dem Einfluss der EU-Osterweiterung Teil 1: Daten & Fakten 14 Viele der Logistikparks in Deutschland werden von den Projektentwicklern ProLogis GmbH, Gazeley Properties Ltd., Slough Estates Plc. und Euinpro in Deutschland bereitgestellt. In Abb. 4 ist die Konzentration von Logistikparks im Westen und Süd-Westen Deutschlands (Hessen und Ruhrgebiet) deutlich ablesbar. H fen Flugh fen Hamburg Bremen Berlin Duisburg Dortmund Leipzig Bad Hersfeld Frankfurt N rnberg Stuttgart M nchen Abb. 3: Logistikschwerpunkte in Deutschland43 Abb. 4: Logistikparks in Deutschland44 Erst wenig besiedelt von Logistikparks ist der gesamte Ostteil Deutschlands. Der Flächenumsatz in Deutschland betrug im Jahr 2004 790.000 qm. Damit befindet sich der Umsatz an Logistikflächen in Deutschland heute auf dem höchsten Stand seit 2001. Der größte Zuwachs konnte in Hamburg45 und Bremen mit einer Fläche von 250.000 qm festgestellt werden (savills, 2005). Hier haben die Häfen mit dem Ausbau von Lagerflächen für den wachsenden Welthandel insbesondere im Hinblick auf die EU-Erweiterung vorgesorgt. 43 savills, 2005 ebd. 45 Die Häfen Rotterdam, Antwerpen und Southampton als europäische Häfen haben ihre Kapazitätsgrenzen längst erreicht. Der größte Seehafen Deutschlands, Hamburg, hat bereits in neue Terminals und in die Modernisierung der Infrastruktur investiert (FAZ, Feb. 2005). 44 Berichte aus dem Fachbereich I, Wirtschafts- und Gesellschaftswissenschaften, TFH Berlin Bericht 1/2006 Ullmann, W.; Jordans, I.: Untersuchungen zur Standortfrage von Logistik-Standorten unter dem Einfluss der EU-Osterweiterung Teil 1: Daten & Fakten 15 3.1.2 DIE VERTEILUNG VON GÜTERVERKEHRSZENTREN IN DEUTSCHLAND Neben den Logistikparks sind in Deutschland 33 Standorte für GVZ vorhanden. Abb. 5 zeigt die räumliche Lage sowie den Ausbauzustand der einzelnen Standorte. Besonders im Zentrum Deutschlands sind viele GVZ-Standorte vorhanden. Allerdings sind die meisten von ihnen noch auf einem geringen Entwicklungsstand. Der Schwerpunkt der GVZ liegt zwischen dem Ruhrgebiet und Frankfurt Oder. Die zuvor beschriebenen Logistikparks wurden in den Regionen Deutschlands angesiedelt, die noch nicht durch GVZ versorgt waren. Entwicklungsstand der GVZ Niedrig Gering Mittel Hoch Sehr hoch Abb. 5: Lage und Entwicklungsstand deutscher GVZ46 46 Cordes, VerkehrsRundschau 45/2004 Berichte aus dem Fachbereich I, Wirtschafts- und Gesellschaftswissenschaften, TFH Berlin Bericht 1/2006 Ullmann, W.; Jordans, I.: Untersuchungen zur Standortfrage von Logistik-Standorten unter dem Einfluss der EU-Osterweiterung Teil 1: Daten & Fakten 16 3.1.3 EIGENGENUTZTE UNTERNEHMENSSTANDORTE IN DEUTSCHLAND (2004) Handelsunternehmen und Logistikdienstleister verfügen zum Teil über eigengenutzte Flächen in Deutschland. Exemplarisch sind in der nachfolgenden Karte in Abb. 6 die von Eigennutzern im Jahr 2004 erworbenen Standorte markiert. Anhand der Karte lässt sich die gestiegene Attraktivität der Ansiedlung in Richtung Mittel- und Ostdeutschland (Erfurt, Berlin) erkennen. Aber auch andere Standorte innerhalb Deutschlands werden von den Unternehmen ausgewählt. Die Standortentscheidungen der Unternehmen sind oft von den bereits vorhandenen Standorten, den Standorten der Verlader oder von individuellen Bedürfnissen der Unternehmen abhängig. Wo größere Unternehmen an einer flächendeckenden Verteilung von Distributionszentren interessiert sind, halten sich die kleineren Unternehmen eher in ihrer ursprünglichen Herkunftsregion auf. Ansiedlungen von Logistikzentren werden zumeist in verkehrsgünstiger Lage in der Nähe von den deutschen Ballungszentren durchgeführt. Um diese Feststellung zu belegen, wird eine Betrachtung von Logistik-, Distributions- und Niederlassungsstandorten innerhalb Deutschlands auf der Basis von einigen Beispiel-Unternehmen durchgeführt. In der Karte in Abb. 7 sind die Niederlassungen, Distributions- und Lagerstandorte verschiedener deutscher Logistikdienstleister aus verschiedenen Leistungsbereichen von der Spedition über KEP49-Dienstleister bis hin zu globalen Logistikunternehmen dargestellt. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 Abb. 6: Eigennutzer von Logistikflächen in Deutschland in 200447 Unternehmen Standort EDEKA IKEA DaimlerChrysler DM Drogerie Markt Playmobil Tchibo DOW Hornbach Coloplast Strauss VW Kaiser´s Tengelmann Airbus Tchibo Aythelm + Zufall Schenker Hamm Erfurt Muggensturm Waghäusel Dietenhofen Neumarkt Schkopau Vilshofen Hamburg Solingen Berlin Berlin Hamburg Gernsheim Erfurt Erfurt Tab. 3: Eigennutzer von Logistikflächen in Deutschland in 200448 47 savills, 2005 ebd. 49 KEP: Kurier, Express und Paket Dienstleister 48 Berichte aus dem Fachbereich I, Wirtschafts- und Gesellschaftswissenschaften, TFH Berlin Bericht 1/2006 Ullmann, W.; Jordans, I.: Untersuchungen zur Standortfrage von Logistik-Standorten unter dem Einfluss der EU-Osterweiterung Teil 1: Daten & Fakten 17 Aus der Darstellung wird die Tendenz ersichtlich, dass die Dienstleister ihre Standorte bzw. Niederlassungen innerhalb Deutschlands meist flächendeckend verteilen. Besonders hohe Konzentrationen sind in Halbmond-Form entlang der Nord-, West- und Süd-Grenzen Deutschlands, also in den Hafenregionen Hamburg und Bremen, den Ballungsgebieten Rhein/Main und sowie in Stuttgart und München festzustellen. Aber auch dem Grenzverlauf im Osten folgend befindet sich bereits eine sichtbare Häufung von Unternehmensstandorten z.B. in Berlin, Dresden und Leipzig und im bayrischen Raum um München, Nürnberg und Regensburg. Standorte von Logistikdienstleistern in Deutschland Cargo Line Dettmer GEFCO Geis GO! H ring Interspe Nippon Nordfrost Panopa Schenker Steinle Unidata UPS VW Wackler Willi Betz Abb. 7: Standorte von Logistikdienstleistern in Deutschland50 Ergebnis: In Deutschland ist die Entwicklung zu beobachten, dass Logistikzentren flächendeckend über das gesamte Bundesgebiet verteilt angesiedelt werden. Die größere Dichte an der deutschen Westgrenze ist auf die langjährigen Wirtschafts- und Transportbeziehungen zu Westeuropa zurückzuführen. Der Aufbau von innerdeutschen Distributionsnetzen im Osten Deutschlands hat erst vor ca. 15 Jahren mit der deutschen Wiedervereinigung begonnen. Wie an der Karte ersichtlich, weisen die Standorte im Südosten Deutschlands bereits eine wesentlich stärkere Dichte an verschiedenen Dienstleistern auf. 50 Unternehmensangaben, Stand 2004 Berichte aus dem Fachbereich I, Wirtschafts- und Gesellschaftswissenschaften, TFH Berlin Bericht 1/2006 Ullmann, W.; Jordans, I.: Untersuchungen zur Standortfrage von Logistik-Standorten unter dem Einfluss der EU-Osterweiterung Teil 1: Daten & Fakten 18 3.1.4 STANDORTE VON DEUTSCHEN LOGISTIK-DIENSTLEISTERN IN DER ERWEITERTEN EU Wie sich die Standorte/Niederlassungen von den bereits untersuchten Unternehmen innerhalb Europas verteilen ist der Karte in Abb. 8 zu entnehmen. Anhand der Karte wird deutlich, dass auch in den neuen Beitrittsländern bereits Dienstleister Standorte in der EU Cargo Line Dettmer GEFCO Geis GO! H ring Interspe Nippon Nordfrost Panopa Schenker Steinle Unidata UPS VW Wackler Willi Betz Abb. 8: Standorte von Logistikdienstleistern in der EU51 einige Unternehmen mit ihren Logistik- und Distributionszentren vertreten sind. Neben den Distributionshochburgen Belgien, Niederlande und Frankreich zeichnet sich ab, dass auch in den neuen Beitrittsländern52, besonders in Tschechien aber auch in Polen, Ungarn und der Slowakei die deutschen Unternehmen mit ihren Standorten vertreten sind. Dies bezieht sich besonders auf die großen internationalen Dienstleister. Kleinere und mittlere Unternehmen53 verfügen bisher kaum Standorte im Ausland. Weiterhin wird deutlich, dass sich Niederlassungen und Standorte von Logistikdienstleistern insbesondere im Zentrum der EU befinden, dies ist in Deutschland wie auch in den unmittelbar angrenzenden Ländern der Fall. Je weiter sich die Länder vom Zentrum der EU entfernen, umso geringer wird die Dichte der Distributionszentren. In diesen 51 Unternehmensangaben, Stand 2005 Teilweise geben die verwendeten Informationen der Unternehmen nur die Länder, nicht aber den genauen Standort an. Einige Standortquadrate markieren lediglich das Land in dem sich der oder die Standorte befinden. 53 Die kleinen und mittleren Unternehmen ohne Auslandsstandorte sind mit einem zweiten farbigen Quadrat in der Legende gekennzeichnet. 52 Berichte aus dem Fachbereich I, Wirtschafts- und Gesellschaftswissenschaften, TFH Berlin Bericht 1/2006 Ullmann, W.; Jordans, I.: Untersuchungen zur Standortfrage von Logistik-Standorten unter dem Einfluss der EU-Osterweiterung Teil 1: Daten & Fakten 19 Ländern werden von den Unternehmen regionale Auslieferungslager betrieben, die eine direkte Belieferung in der jeweiligen Region übernehmen. 3.2 HAUPTWIRTSCHAFTSREGIONEN IN DEN NEUEN BEITRITTSLÄNDERN Da die neuen Beitrittsländer eine Bedeutung als Logistik- und Distributionsstandort haben bzw. erlangen werden, werden die einzelnen Länder auf ihre bisherige Entwicklung als Logistikstandort näher untersucht. In den neuen Beitrittsländern ist noch keine einheitliche Aussage über die Entwicklung von Logistikstandorten möglich. Die Ausprägung von Hauptwirtschaftsstandorten zieht in den meisten Fällen die Ansiedlung von Logistikeinrichtungen nach sich. Im Folgenden werden die Hauptwirtschaftsregionen der Beitrittsländer mit Hilfe von Karten dargestellt. 3.2.1 DIE BALTISCHEN STAATEN Abb. 9: Hauptwirtschaftsregion Estlands: Tallin Abb. 10: Hauptwirtschaftsregion Lettlands: Riga In den baltischen Staaten ist bisher nur eine geringe Ausprägung von höherwertigen Logistikleistungen vorhanden. Logistikzentren für verschiedene Güter sind noch nicht zu verzeichnen. Um die Fährhäfen an der Ostsee und um die Hauptstädte Tallin und Riga herum befinden sich die Regionen mit höherem Logistikpotenzial. Abb. 11: Hauptwirtschaftsregionen in Litauen: Vilnius, Klaipeda und Kaunas In Litauen ist neben der Hauptstadt Vilnius auch die Hafenstadt Kleipeda als Freihandelszone und schließlich Kaunas, mit der Ansiedlung von zahlreichen Firmen als wirtschaftlich wichtige Regionen zu nennen. In Kaunas kreuzen sich zwei transeuropäische Verkehrskorridore, die Via Baltica von Helsinki nach Warschau und Korridor IX von Kleipeda über Kiew nach Odessa. Nach der Einschätzung von Verkehrsplanern wird sich die Bedeutung von Kaunas als Güterverkehrszentrum für den baltischen Raum Berichte aus dem Fachbereich I, Wirtschafts- und Gesellschaftswissenschaften, TFH Berlin Bericht 1/2006 Ullmann, W.; Jordans, I.: Untersuchungen zur Standortfrage von Logistik-Standorten unter dem Einfluss der EU-Osterweiterung Teil 1: Daten & Fakten 20 54 mittelfristig entwickeln . Die baltischen Staaten verfügen bisher noch nicht über eine deutliche Verbreitung von Logistik- und Distributionsstandorten. Bisher reduzieren sich die Logistikaktivitäten hier noch auf die Hauptstädte, die gleichzeitig auch die Ballungszentren sind. 3.2.2 POLEN Abb. 12: Hauptwirtschaftsregionen in Polen In Polen unterstützt der Staat die Entwicklung von zahlreichen Logistikzentren an verkehrswirtschaftlich günstig gelegenen Knotenpunkten nach dem Vorbild deutscher Güterverkehrszentren. Neun Regionen Polens in den wirtschaftlich bedeutenden Gebieten von Warschau/Lodz, Posen, Krakau und den Häfen Danzig und Stettin werden hier vordergründig entwickelt55. In Polen wird sich zukünftig die Logistik über das gesamte Land verteilt wieder finden. Die Entwicklung Polens ist im Vergleich zum Baltikum schon sehr weit fortgeschritten. Die Logistikaktivitäten wirken im Baltikum noch eher zufällig, in Polen hingegen wird bereits die Umsetzung eines Konzeptes realisiert. 3.2.3 TSCHECHISCHE REPUBLIK Rund um Prag befindet sich die Hauptwirtschaftsregion der Tschechischen Republik. Dort stehen schon etwa 550.000 qm Lagerflächen zur Verfügung. Außer in Prag sind in den letzten Jahren noch viele an Autobahnen und Schnellstrassen gelegene Logistikparks mit einer Fläche von etwa 600.000 qm entstanden. Um noch weitere als die in Abb. 13: Ballungsgebiete in Abb. 13 dargestellten Ballungsgebiete Tschechien langfristig zu entwickeln wird eine Vielzahl von Förderprogrammen vom Staat angeboten. Tschechien ist vor allem als Standort für die Automobilindustrie und deren Zulieferer von Bedeutung56. 54 Jauernig, 2004, S. 35 ff ebd., S. 38 56 ebd., S. 39 55 Berichte aus dem Fachbereich I, Wirtschafts- und Gesellschaftswissenschaften, TFH Berlin Bericht 1/2006 Ullmann, W.; Jordans, I.: Untersuchungen zur Standortfrage von Logistik-Standorten unter dem Einfluss der EU-Osterweiterung Teil 1: Daten & Fakten 3.2.4 UNGARN Abb. 14: Logistikzentren und Regionen für Logistikzentren in Ungarn 3.2.5 21 In Ungarn ist die Entwicklung der Wirtschaftszentren bereits soweit fortgeschritten, dass diese sich nicht mehr primär auf die Hauptstadt konzentrieren sondern sich über das gesamte Land ausbreiten. Inzwischen wurden in Ungarn vom ungarischen Logistikverband bereits Regionen für die Ansiedlung von Logistikstandorten ausgewiesen (Abb. 14). Eine Entwicklung dieser ausgewiesenen Gebiete soll vorrangig 57 behandelt werden . Neben den Logistikregionen sind in der Karte auch die Standorte für Logistikzentren dargestellt. SLOWAKEI UND SLOWENIEN Die Logistikflächen in der Slowakei beschränken sich derzeit auf die Hauptstadt Bratislava (Abb. 15). Allerdings liegen noch keine weiteren Informationen zur Ausprägung des Logistikmarktes sowohl der Slowakei als auch von Slowenien (Abb. 16) vor58 Abb. 15: Regionen für Logistikaktivitäten in der Slowakei Abb. 16: Karte Sloweniens 57 58 Jauernig, 2004, S 40 ebd, 2004, S. 41 Berichte aus dem Fachbereich I, Wirtschafts- und Gesellschaftswissenschaften, TFH Berlin Bericht 1/2006 Ullmann, W.; Jordans, I.: Untersuchungen zur Standortfrage von Logistik-Standorten unter dem Einfluss der EU-Osterweiterung Teil 1: Daten & Fakten 3.3 22 BEWERTUNG Das Logistik- und Distributionsnetz ist in Deutschland bereits gut und flächendeckend ausgebildet. Die beispielhaft angeführten Dienstleister verfügen in den meisten Fällen über mehrere Standorte in der Nähe der Ballungszentren. Die Dichte an Logistikflächen ist in den „alten Bundesländern“ noch größer als in den „neuen“ Ländern. Aber auch im Osten Deutschlands können bereits in den Ballungszentren deutliche Konzentrationen von Logistikeinrichtungen der Dienstleister festgestellt werden. In den neuen Beitrittsländern haben sich auch bereits viele der exemplarisch betrachteten deutschen Logistik-Dienstleister mit Logistikstandorten angesiedelt. Dennoch kann noch kein einheitliches Bild von der Entwicklung der einzelnen Staaten entworfen werden. Einen hohen Entwicklungsstand weisen die an die EU-15 Staaten angrenzenden Länder Polen, Tschechien und Ungarn auf. Wobei in der Untersuchung der europäischen Standorte die Ansiedlung in Tschechien besonders im Verhältnis zur Größe des Landes als bevorzugte Standortansiedlung betrachtet werden kann. Sicherlich ist dies auch auf die Ansiedlung von deutschen Produktionen und Investitionen zurückzuführen. Grundsätzlich lässt sich aus der Kartendarstellung in Abb. 8 ableiten, dass die international agierenden Logistik-Dienstleistungsunternehmen sich im Zentrum Europas ausgedehnt haben. Dies gilt für die EU-15 Staaten wie auch für Deutschland und die neuen Beitrittsländer. Mit dem wachsenden Konsumverhalten und dem Ausbau der Verkehrsinfrastruktur und folglich des Logistikangebotes in den neuen Beitrittsländern bestehen gute Voraussetzungen, dass sich das Logistiknetz in den neuen Beitrittsländern noch weiter verdichtet. Auf dieser Annahme stützt sich die weitere These, dass sich zukünftig die europäischen Distributionszentren nicht vorrangig in Deutschland sondern auch in den neuen Beitrittsländern ansiedeln werden. Berichte aus dem Fachbereich I, Wirtschafts- und Gesellschaftswissenschaften, TFH Berlin Bericht 1/2006 Ullmann, W.; Jordans, I.: Untersuchungen zur Standortfrage von Logistik-Standorten unter dem Einfluss der EU-Osterweiterung Teil 1: Daten & Fakten 23 4 LITERATUR / QUELLENANGABEN Baumgarten, H. (2005): Trends und Strategien in der Logistik – Entwicklung der Logistik, http://www.logistik.tu-berlin.de/Projekte/TrendsundStrategien/ Baumgarten, H., Thoms, J. (2002): Trends und Strategien in der Logistik: Supply Chains im Wandel; Berlin: TU Berlin, 2002 Berekoven, E.; Ellenrieder (2001): Marktforschung, Methodische Grundlagen und praktische Anwendung, 9. Aufl.; Wiesbden: Gabler, 2001 Boston Consulting Group, (2004): Pressemitteilung vom 21.10.2004: Der Autositz bleibt hier, das Lenkrad geht: Wie Produktionsverlagerung die deutsche Industrielandschaft verändert. 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