' $ Die Sprache der Peano-Arithmetik • Variable x0 , x1 , . . . • Konstante 0, 1. • Funktionssymbole +, ∗, ↑. • Relationssymbol: =, ≤. • logische Junktoren: ∨, ∧, ¬. ( ⇒, ⇔,. . . ) • logische Quantoren: ∀. ( ∃) Terme und Formeln werden in üblicher Weise gebildet: • Terme: 0, x0 + x3 , 0 ∗ x1 + (x01 ∗ (1 + 1)), . . . • Formeln: x0 = x1 , ∀x1 (x1 ≤ x3 ), ∃x1 ≤ x2 (x1 ∗ x1 = x2 ), . . . Achtung: (1) Alle Formeln sind endlich. (2) Man quantifiziert nur über Elemente, nie über Teilmengen. & % 1 ' $ Die Peano-Axiome Die universellen Quantifizierungen der folgenden Formeln sind unsere Axiome: 1. Logische Axiome. Axiome für =. 2. x + 0 = x, x + (y + 1) = (x + y) + 1. 3. x ∗ 0 = 0, x ∗ (y + 1) = (x ∗ y) + 1. 4. x0 = 1, x(y+1) = xy ∗ x. 5. x ≤ 0 ⇔ x = 0, x ≤ y + 1 ⇔ (x ≤ y ∨ x = y + 1) 6. Induktionsaxiome Für jede Formel ϕ(x̄, y) (hier ist x̄ Abkürzung für ein k-tupel x1 , . . . , xk von Variablen) ist das zugehörige Induktionsaxiom IND ϕ als der universelle Abschluss von ϕ(x̄, 0) ∧ ∀z(ϕ(x̄, z) ⇒ ϕ(x̄, z + 1) ⇒ ∀z ϕ(x̄, z) definiert. Jedes solche Induktionsaxiom ist ein PA-Axiom. & 2 % ' $ Definierbare Eigenschaften • n ist gerade“ ” • k teilt n“ ” • p ist prim“ ” • p < q sind benachbarte Primzahlen“ ” • n ist von der Form 21 · 32 · 53 · 74 · 115 · · · pkk“ ” • ... • p ist k-te Primzahl“ ” Was wir gerne hätten: ∀n : n = 0 ∨ n = 1 ∨ n = 1 + 1 ∨ · · · You can’t always get what you want! & % 3 ' $ Codierung in PA Wir können Paare (n, k) durch einzelne Zahlen kodieren, zB mit #(n, k) := 2n ∗ (2k + 1) oder := 2n ∗ 3k . Zweistellige Prädikate entsprechen dann einstelligen, zB Teiler(m) :⇔ m kodiert ein Paar (n, k), wobei n|k Ebenso können wir endliche Folgen durch einzelne Zahlen kodieren, z.B. (k1 , . . . , kn ) durch 2k1 +1 · 3k2 +1 · · · · pknn +1 . Wir können Prädikate wie “s kodiert eine endliche Folge der Länge n” oder “der n-te Eintrag von s ist k” in der Sprache von PA formulieren. & % 4 ' $ Wenn wir den Symbolen unserer Sprache Zahlen zuordnen (zB der Variable xk die Zahl 2 ∗ k + 1, dem +-symbol die Zahl 3, . . . , so können wir auch Formeln (=Zeichenfolgen) durch Zahlen kodieren. Wir erhalten Prädikate der Form – “m kodiert eine Variable” – “m kodiert einen Term” – “m kodiert eine Formel”, – “. . . mit einer freien Variable, die durch n kodiert wird”, – “. . . eine abgeschlossene Formel” – “m codiert eine Formel mit genau n freien Variablen, und die Codes dieser Variablen sind in der der Folge, die durch k kodiert wird, zusammengefasst“ & % 5 ' $ Schließlich können wir in unserer Sprache auch die Prädikate für die folgenden Eigenschaften finden: 1. “m kodiert ein PA-Axiom” 2. m kodiert eine Folge von Formeln, die einen PA-Beweis darstellt 3. m kodiert eine in PA beweisbare Formel 4. Es gibt eine(n Code für eine) in PA nicht beweisbare Formel Die letzte dieser Formeln nennen wir “Con(PA)”. & % 6 ' $ Satz von Gödel: ( 2.Unvollständigkeitssatz“) ” Con(PA) ist in PA nicht beweisbar. 0PA Con(PA) Mit Hilfe des Gödelschen Vollständigkeitssatzes folgt daraus: Es gibt eine Struktur (N∗ , +, ∗, ↑, ≤), die zwar alle PA-Axiome erfüllt, in der aber die Formel Con(PA) falsch ist. Anmerkung: Die natürlichen Zahlen sind echtes Untermodell von N∗ . Elemente von N∗ \ N heißen unendliche große Zahlen“ oder Nonstandardzahlen“. ” ” In dieser Struktur gibt es also einen (Code für einen) Beweis der Inkonsistenz von PA. (Die Länge dieses Beweises ist natürlich eine unendlich große Zahl) & % 7 ' $ Der Gödelsche Satz ist selbst nicht in PA beweisbar (denn jeder Satz der Form x ist in PA ” nicht beweisbar“ impliziert ja sofort Con(PA)). Aber: Das Gödelsche Argument läßt sich in PA formulieren, und man kann (in PA) beweisen: Wenn Con(PA), dann kann PA den Satz ” Con(PA) nicht beweisen“ `PA Con(PA) ⇒ (0PA Con(PA)) & % 8 ' $ Hereditär endliche Mengen Die Theorie ZFC minus Unendlichkeitsaxiom ” plus Endlichkeitsaxiom“ , ZFC-U+E, ist (in gewissem Sinne) zu PA äquivalent. So wie die natürlichen Zahlen das kanonische (und kleinste) Modell für PA bilden, bilden die hereditär endlichen Mengen das kanonische und kleinste Modell für ZFC-U+E. Die hereditär endlichen Mengen sind unter allen finitären“ Operationen ” (A ∪ B, A ∩ B, A \ B, {A}, P(A) (Potenzmengen), A × B, Bilden von endlichen Folgen, etc abgeschlossen. & % 9 ' $ Man kann Modelle von PA in Modelle für ZFC-U+E kanonisch übersetzen, und umgekehrt. Daher kann man sich aussuchen, ob man lieber mit PA oder mit ZFC-U+E arbeitet. Vorteil von ZFC-U+E: keine Codierung notwendig. Paare, Folgen können wirklich“ ” gebildet werden. Vorteil von PA: einfache Axiome. N ist übersichtlicher als die hereditär endlichen Mengen. & % 10 ' $ Die Levy-Hierarchie der Formeln Zu jeder Formel gibt es eine logisch äquivalente Formel in Pränexform“, d.h. in der Form ” ∀x ∃y . . . (ϕ)), wobei ϕ eine offene Formel ist. (Offene Formeln sind Formeln ohne Quantoren.) Σ0 -Formeln sind Formeln, in denen nur beschränkte Quantoren vorkommen. (Ein beschränkter Quantor ist ein Quantor der Form ∀x ≤ t oder ∃x ≤ t, wobei t ein Term ist, in dem x nicht vorkommt.) Σ1 -Formeln sind Formeln der Form ∃x(ϕ), wobei ϕ Σ0 ist. Σ2 -Formeln sind Formeln der Form ∃x ∀y (ϕ), wobei ϕ eine Σ0 -Formel ist. Analog werden Σn -Formeln definiert. (Üblicherweise fasst man Σk -Formeln auch als als Σk+1 -Formeln auf. Jedenfalls ist jede Σk -Formel zu einer Σk+1 -Formel logisch äquivalent [dummy-Quantoren!]) & % 11 ' $ Fragmente von PA Intuition: Wahrheit von Σ0 -Formeln lässt sich effektiv überprüfen. Σ1 -Formeln, die wahr sind, lassen sich immerhin noch effektiv verifizieren. Mit PA5 bezeichnen wir jenes Fragment der Peanoarithmetik, in welchem IND ϕ nur für Σ5 -Formeln gefordert wird. Analog PAn . Viele“ zahlentheoretischen Sätze lassen sich ” bereits mit PA1 beweisen. PA1 heißt auch manchmal primitiv rekursive ” Arithmetik“. Sätze, die in PA1 bewiesen werden können, sind in gewissem Sinn effektiv“ beweisbar. ” Satz: PAn ist endlich axiomatisierbar. & % 12 ' $ Wahrheitsprädikate für Fragmente von PA. Zwar gilt PA 0 Con(PA), aber: PA6 ` Con(PA5 ). Man kann nämlich für Σ5 -Formeln ein Wahrheitsprädikat“ definieren, d.h. eine Formel ” T5 (x) sodass gilt: Für alle geschlossenen Σ5 -Formeln ϕ: Sei dϕe ein Term der Form 1 + 1 + 1 + · · · + 1 dessen Wert genau der Code von ϕ ist. Dann gilt: PA6 ` ϕ ⇔ T5 (dϕe) So kann man den üblichen infinitären Beweis von Con(PA) [nämlich: es gibt ein Modell, in dem alle PA-Axiome wahr sind, daher ist keine Widerspruch herleitbar], in PA6 simulieren: Man zeigt in PA6 , dass alle Induktionsaxiome IND ϕ für Σ5 -Formeln ϕ wahr sind, daher alle daraus hergeleiteten Formeln. Daraus erhält man PA6 ` Con(PA5 ). Analog: PAn+1 ` Con(PAn ). & 13 % ' $ Satz von Ramsey, finitäre Version 6 → (3)22 Wenn man die ungeordneten Paare einer 6-elementigen Menge mit 2 Farben färbt, so gibt es 3 Elemente, deren Paare alle dieselbe Farbe haben. 20 → (4)22 ∀k ∃N : N → (k)22 [Rfin ] ∀k ∀e ∀c ∃N : N → (k)ec & % 14 ' $ Satz von Ramsey, infinitäre Version ℵ0 → (ℵ0 )22 [R∞ ] Das läßt sich in PA nicht einmal formulieren, geschweige denn beweisen. Äquivalent zu ∀k∃N : N → (k)22 mit Hilfe des Kompaktheitssatzes. Das ist eine “infinitäre Methode” – wir verwenden die Existenz einer unendlichen Menge (obwohl wir ein Resultat anstreben, in dem nur endliche Mengen vorkommen) Analog sind ℵ0 → (ℵ0 )ec und ∀k∃N : N → (k)ec mit dem Kompaktheitssatz äquivalent. & % 15 ' $ Kombinatorische Sätze (wie der Satz von Ramsey) oder zahlentheoretische Sätze (zB Reziprozitätsgesetz, möglicherweise auch der große Fermat) sind alle in PA oder sogar PA1 beweisbar. Con(PA) ist wahr und unbeweisbar, hat aber metamathematischen“ Charakter. ” Wir suchen nun eine Aussage, die 1. wahr ist 2. sich in der Sprache von PA formulieren läßt (also “finitären” Charakter hat) 3. sich aber nicht mit den PA-Axiomen beweisen läßt, 4. die (im Gegensatz zur Aussage Con(PA)“) ” zahlentheoretischen oder kombinatorischen Charakter“ hat (so wie zB der finitäre Satz ” von Ramsey). & % 16 ' $ Ein starker Ramseysatz Die Formel N →∗ (k)ec bedeutet: Wenn man die ungeordneten e-Tupel (=die e-elementigen Teilmengen) einer N -elementigen Grundmenge mit c Farben färbt, dann gibt es immer eine Teilmenge T der Grundmenge, die 1. homogen ist (ihre e-Tupel haben alle dieselbe Farbe) 2. groß ist, soll heißen: ≥ k Elemente hat 3. RELATIV groß ist, soll heißen: mindestens min(T ) Elemente hat. & % 17 ' $ Ein starker Ramseysatz: (Fortsetzung) Offensichtlich gilt [R∗∞ ] ∀e, c : ℵ0 →∗ (ℵ0 )ec Mit Kompaktheitssatz erhält man: [R∗fin ] ∀e ∀c ∀k ∃N : N →∗ (k)ec Dieser Satz ist wahr, in PA formulierbar, und hat kombinatorischen Charakter. & % 18 ' $ Satz von Paris-Harrington Satz: Der starke Ramseysatz R∗fin kann nicht mit finitären Mitteln bewiesen werden, genauer: ist in PA (zwar formulierbar) aber: nicht beweisbar. Noch genauer: PA ` [R∗fin ] ⇔ Con(P A). & % 19 ' $ Beweisskizze: 1. Induktion auf auf Σ0 -Formeln reduzieren 2. Ramsey-Satz liefert indiscernibles“ ” & % 20 ' $ Die Theorie PA* Die Sprache von PA* enthält zusätzlich noch Konstantensymbole c0 , c1 , etc. Die Axiome von PA bestehen aus den arithmetischen Axiomen von PA, den Induktionsaxiomen für Σ0 -Formeln, den Axiomen 2ci < ci+1 , und den Indiszernibilitätsaxiomen: Für alle i1 < · · · < ik und j1 < · · · < jk , und alle Σ0 -Formeln ϕ(x1 , . . . , xk , y), alle i < min(i1 , j1 ): ∀y < ci ϕ(ci1 , . . . , cik , y) ⇔ ϕ(cj1 , . . . , cjk , y) x x ZB: ∀x < c2 : 2 |c5 · c7 ⇔ 2 |c3 · c9 oder: 22 c1 < c2 ⇔ 22 c1 < c5 . & % 21 ' $ PA und PA* Jeder Formel in Präfixform in PA ϕ = ∃x ∀y · · · (. . .) ordnen wir ihre Übersetzung ϕ∗ = ∃x < c0 ∀y < c1 · · · (. . .) in PA* zu. Beachte: ϕ∗ ist ein Σ0 -Formel! Satz: Con(PA*) ⇒ Con(PA). Dies ist sogar in PA beweisbar! Infinitärer Beweis: Sei N∗ ein Modell für PA*. Betrachte N0 := {x ∈ N∗ : ∃k x ≤ ck }. Dann gilt: 1. N0 ϕ ⇔ N∗ ϕ∗ für alle ϕ 2. (Folgerung:) In N0 gelten alle Induktionsaxiome 3. (Folgerung2 :) N0 ist ein Modell für PA. & % 22 ' $ Indiscernibles Wenn 1. N → (k)32 , 2. (L, +, ∗, · · · , ≤) irgendeine Struktur ist, 3. `1 < · · · < `N Elemente von L sind 4. ϕ(x, y, z) eine Formel mit 3 freien Variablen ist, dann gibt es eine k-elementige Teilmenge T ⊆ {`1 , . . . , `N }, sodass für alle r < s < t und r0 < s0 < t0 in T gilt ϕ(r, s, t) ⇔ ϕ(r0 , s0 , t0 ) Die Formel ϕ kann also aufsteigende Tripel voN T nicht unterscheiden. & % 23 ' $ SCHLUSS — Ramseysätze liefern große Mengen von Indiscernibles. — Für Con(PA*) brauchen wir viele Indiscernibles, für viele Formeln ϕ gleichzeitig. ∗ — Der Satz [Rfin ] liefert eine genügend viele Indiscernibles. Daher: ∗ [Rfin ] ⇒ Con(PA∗ ) & % 24