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Panorama
Der Landbote
Freitag, 18. November 2016
Ungewohnter Anblick: Mit steigenden Temperaturen wird bald so mancher Weihnachtstraum dahinschmelzen.
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Laura Jurt
Eine Reise in die Klimazukunft
PROGNOSE Wie wird die Schweiz aussehen, wenn der Klimawandel ungebremst weitergeht?
Fünf unglaubliche Meldungen aus der Zukunft.
Wunderbares
Weinland Schweiz
Die Wirtschaft
floriert
Heisse
Gesundheitstipps
Kampf
ums Wasser
Die Alpen
als Erlebnispark
ST. GALLEN Auch 2066 haben Schweizer Weine an der World Wine Challenge
reihenweise Goldmedaillen abgeräumt.
Dank mediterraner Temperaturen ist
die Schweiz mittlerweile zu einem erstklassigen Weinbaugebiet geworden. In
Spanien und Italien hingegen ist es zu
heiss und trocken für Reben geworden.
Allerdings fiel die Weizenernte hierzulande unbefriedigend aus. Eine Vertreterin des neuen Bundesamts für Ernährungssicherheit betonte am gestrigen
Buure-Zmorge in St. Gallen: «Weizen ist
für die hiesigen Breitengrade zum Anbau
nicht mehr geeignet.» Stattdessen sollte
mehr Mais angebaut werden. Das soll
auch den Selbstversorgungsgrad der
Schweiz erhöhen. Denn beim Nahrungsmittelimport kommt es öfter zu Engpässen, weil weltweit Überschwemmungen
und Dürren die Ernten vernichten.
BERN Schwere Zeiten für Versicherungen, gute für die Exportindustrie. Das
zeigt der Bericht «Branchen im Klimawandel» des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco), der soeben erschienen ist.
Darin wird deutlich: Das wärmere Klima
hat für die meisten Schweizer Wirtschaftszweige positive Auswirkungen.
So befinden sich etwa die Chemie-,
Pharma- und Uhrenindustrie im Aufschwung – vor allem seit die arktische
Ostpassage eisfrei und daher dauerhaft
für den Schiffsverkehr passierbar ist.
Das verkürzt die Transportwege massiv
und beschert vielen Branchen tiefe
Zulieferkosten. Düsterer hingegen sieht
die Bilanz für die Versicherungen und
Rückversicherungen aus. Durch häufigere Sturm-, Steinschlag- und Wasserschäden steigen die Rückstellungsbeträge weiter ins Unermessliche.
BERN Die in den Schweizer Städten
präsente Plakatkampagne «Achtung Tiger!» des Bundesamts für Gesundheit
(BAG) zeigt Erfolge: Durch Tigermücken übertragene Infektionskrankheiten wie Zika oder Dengue gingen seit der
Lancierung der Kampagne im Jahr 2042
wieder deutlich zurück. Zum Erfolg tragen vor allem Insektennetze vor Schlafzimmerfenstern bei, vermeldet das
BAG. Damit seien jedoch noch nicht alle
negativen Auswirkungen des wärmeren
Klimas auf die Volksgesundheit gebannt. Beispielsweise fordern die alljährlich wiederkehrenden Hitzewellen
nach wie vor viele Todesopfer. Und die
lange Pollensaison zwischen Februar
und November macht Hunderttausenden von Allergikern zu schaffen.
BERN Das Klima zieht ins Bundeshaus:
Das Schweizer Stimmvolk hat die Umweltsicherheitsinitiative am vergangenen Wochenende mit klarer Mehrheit
angenommen. Damit wird das Departement für Umwelt mit dem für Verteidigung und Sicherheit ab Anfang 2030 zusammengelegt. So sollen die Auswirkungen der Klimaerwärmung auf die
soziale und politische Stabilität in der
Schweiz aufgefangen werden. «Die Klimaunruhen in Afrika der letzten Jahre
haben gezeigt, dass das Gleichgewicht in
einer Gesellschaft kippen kann, wenn
das Wasser knapp wird», sagt Bundesrat
Bastien Girod (Grüne), der die Initiative
unterstützt hat. Mit dem neu geschaffenen Departement sei nun eine engere
Zusammenarbeit zwischen Umweltund Bevölkerungsschutz garantiert.
FIESCH Demnächst startet in den Kinos der Film «Einmal Mars und zurück», der die Geschichte der ersten
erfolgreichen bemannten Marsmission
aus dem Jahr 2048 nacherzählt. Einige
Szenen des Films wurden in der Schweiz
gedreht: im Vergnügungs- und Erlebnispark «Marsmania», der dort entstanden
ist, wo sich früher die Eismassen des
Aletschgletschers erstreckten. Heute
erinnert die Landschaft an einen unbewohnten Planeten. Der Erlebnispark ist
zu einem Publikumsmagnet geworden –
laut Schweiz Tourismus «ein Vorzeigeprojekt, wenn es um die Anpassung an
den Klimawandel geht». Denn wegen
Schneemangels und sinkender Gästezahlen im Winter mussten viele Skigebiete in den Alpen bereits schliessen.
Einigen ist es jedoch gelungen, rechtzeitig auf neue Angebote umzusatteln.
Das sagt die Wissenschaft: Bei ungebremstem CO2-Ausstoss steigen die
Temperaturen bis 2060 um bis zu 3,6
Grad Celsius. Die Sommer werden trockener, teilweise herrscht Wasserknappheit. Klimatisch angepasste Pflanzen
sind in der Landwirtschaft nötig.
Das sagt die Wissenschaft: Satellitenbilder zeigen, dass die Nordostpassage
immer häufiger und immer länger am
Stück eisfrei ist – bereits 2013 befuhren
sie 71 Handelsschiffe. Starkregen, Hagel, Hochwasser und Felsstürze nehmen
künftig laut dem Bericht «Brennpunkt
Klima» der Akademien der Wissenschaften Schweiz zu. Das weltweite
Bruttoinlandprodukt sinkt bis 2100 um
23 Prozent – nicht aber in Industrienationen, sondern vor allem in Schwellenund Entwicklungsländern.
Das sagt die Wissenschaft: Schon bis
2020 werden Hitzewellen im Sommer
weltweit doppelt so häufig, prognostiziert das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. Pflanzen werden nicht
nur länger blühen, sondern auch mehr
Pollen produzieren. So verdoppelt sich
die Pollenzahl in der Luft bis ins Jahr
2040. Schwedische Forscher haben berechnet, dass es künftig auch in Europa
regelmässig Ausbrüche von Denguefieber geben wird.
Das sagt die Wissenschaft: Wegen der
steigenden Temperaturen wird es mehr
Kriege geben – besonders in Afrika. Dort
nimmt das Risiko für Konflikte bis ins
Jahr 2030 um 54 Prozent zu, berechneten Forscher der Universität Stanford.
Die Schweiz wird voraussichtlich nicht
von Migrationswellen betroffen sein,
die durch Konflikte ausgelöst wurden,
da diese vor allem innerhalb der von
Dürre betroffenen Länder stattfinden.
Die USA, Grossbritannien, Kanada und
Frankreich erwarten gemäss offizieller
Dokumente mehr militärische Konflikte wegen des Klimas.
Das sagt die Wissenschaft: Ende des
Jahrhunderts werden fast alle Alpengletscher verschwunden sein. An ihrer
Stelle entstehen karge Fels- und Schuttlandschaften und viele kleine Seen. Die
Schneefallgrenze steigt um 500 Meter.
Beispiel Graubünden: Bis 2085 sind
mehr als die Hälfte der Skigebiete nicht
mehr schneesicher, errechneten Forscher der Hochschule in Chur.
Claudia Hoffmann
und Michael Baumann
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