Monopoly – Die Patentierung des Lebens

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Monopoly – Die Patentierung des Lebens; Feature von David Missal
Manuskript: Monopoly – Die Patentierung des Lebens
Wörter, Musik
Monopoly – Die Patentierung des Lebens
Ein Feature von David Missal
Atmo Hühnerstall
(O-Ton Schreiber 1
„Ich weiß auch gar nicht, was das soll. Leben ist ja ein Geschenk und das ist genauso irrsinnig,
wie wenn man sagt: Jetzt mach ich mal ein Patent auf die Luft, jetzt mach ich mal ein Patent
auf das Wasser.“)
Toni Schreiber hat Angst vor der Patentierung von Pflanzen und Tieren, er bekommt die
Diskussion am eigenen Leibe mit, er diskutiert nicht über etwas, das Ihn nicht in seiner
Existenz betreffen könnte. Der 56-jährige Landwirt betreibt seit 1984 einen Bioland – Betrieb
und sorgt sich um die aktuelle Entwicklung im Bereich der Patentierung von lebenden
Organismen.
Wie auch viele andere Landwirte hat er die Befürchtung, dass seine Hühner unter
Umständen Opfer eines Patents werden. Konzerne könnten eine bestimmte Eigenschaft in
Zusammenhang mit einer DNA-Sequenz patentieren und dann horrende Lizenzgebühren
einfordern.
(O-Ton Schreiber 2
„Dann wird diese Eigenschaft, die da gentechnisch wohlmöglich verändert wurde oder
züchterisch verändert wurde, beim Schwein; oder bei der Pflanze, die wird patentmäßig
solange Bestand haben, wie das Patent läuft. Und wenn das so läuft, wie bei den anderen
Patenten, dann ist das schon mal eine ganze Zeit.“)
Tatsächlich ist es jedoch nicht ganz so einfach für Konzerne, die Patente erhalten möchten.
Atmo Fade Out
Tickende Uhren
Die Geschichte um Biopatente, Patente auf Leben, oder wie immer man sie nennt, beginnt
Ende der 60er Jahre.
Zu diesem Zeitpunkt beschäftigte sich der Bundesgerichtshof mit der Patentierbarkeit im
Bereich von biologischen Verfahren. Im Jahre 1969 fällte er die bahnbrechende „Rote
Taube“ Entscheidung. Der BGH äußerte sich, wie folgt:
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(O-Ton BGH [Sprecher]
„Ein Verfahren zum Züchten einer roten Taube per Kreuzung kombiniert mit klassischer
Selektion ist sehr wohl technisch, denn der Technikbegriff ist wandelbar und die Selektion ist
ein nicht-biologischer Schritt.“)
Diese Aussage hatte eine erhebliche Bedeutung für den Verlauf des weiteren Patentrechts.
Im Prinzip war die Patentierbarkeit der Natur durch diesen Urteilsspruch möglich geworden.
Dennoch wurde dieses Patent nicht genehmigt, da es zu ungenau beschrieben und dadurch
nicht sicher wiederholbar war, was eine zwingende Voraussetzung für ein Patent ist.
Und auch aus diesem Grund hat man die Patentierbarkeit von „im wesentlichen biologischen
Verfahren“ vor einigen Jahren verboten. Doch nichtsdestotrotz fing die Patentierung von
Tieren, Pflanzen und Mikroorganismen in den 80er-Jahren erst richtig an. Mit der
Gentechnologie starteten viele Unternehmen Lobby – Offensiven, sodass in den USA 1980
ein Patent auf Mikroorganismen erlassen wurde. In Europa dauerte dies weit länger, hier
wurde 1992 das erste Patent auf ein gentechnisch verändertes Säugetier, die sogenannte
Krebsmaus, erteilt.
Über eine Richtlinie zum „Rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen“ wurde in der
Europäischen Union mehr als 10 Jahre diskutiert und im Jahre 1998 kam es dann zur
Verabschiedung. 1999 wurde die Richtlinie vom Europäischen Patentamt übernommen.
Uhren Fade Out
Heutzutage regeln einige Rechtsakte die Patentierbarkeit von Verfahren und Sachen.
Einerseits das europäische Patentübereinkommen, kurz auch EPÜ genannt, und andererseits
spezifisch für Biopatente die EU-Biopatentrichtlinie. Das EPÜ wurde von den Mitgliedern der
europäischen Patentorganisation verabschiedet und bildet den Grundstein des europäischen
Patentrechts.
Patente können laut diesem Regelwerk erlassen werden,
(O-Ton Lampe 1
„Unter den Voraussetzungen, dass sie neu sind, also nicht vorher Stand der Technik.)
Inken Lampe ist Rechtsanwältin beim Deutschen Bauernverband in Berlin. Sie ist dort seit
dreieinhalb Jahren zuständig für den Bereich Umweltrecht und beschäftigt sich schon einige
Jahre mit dem Thema Biopatente.
Sie erklärt, dass es für die Erteilung von Patenten verschiedenste Voraussetzungen gibt.
Neben der Neuheit eines Patents muss ein Patent auch von einem Experten nicht nur durch
naheliegende Gedankengänge erschließbar sein.
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(O-Ton Lampe 1.5
„Das heißt es muss so ein bisschen diesen „Düsentrieb-AHA-Effekt“ haben, also etwas,
worauf auch der Fachmann naheliegender Weise nicht kommt. Das sind die wichtigsten
Voraussetzungen eigentlich.“)
Neben diesen Vorschriften für ein Patent gibt es noch einige weitere, die aber für die
Erteilung von Biopatenten keine entscheidende Rolle spielen. Allerdings gibt es etliche
Gesetzeslücken und unklare Formulierungen im Bereich der Patentierung von Tieren und
Pflanzen.
(O-Ton Lampe 2+3
„Bislang ist es eben so, dass die Richtlinien und auch das EPÜ sehr weit gehen und es
zulassen, dass eben genetisches Material und auch ganze Tiere und Pflanzen patentiert
werden. Was nicht zulässig ist, ist die Patentierung von Pflanzensorten und Tierrassen, aber
da sind die Grenzen eben schwimmend, weil ab wie viel patentierten Tieren hab ich denn
jetzt eine Tierrasse und sag: das geht nicht mehr, aber wie viel Pflanzen hab ich den eine
Pflanzensorte? Das ist ein Problem.“)
Weil es Kriterien für die Patenterteilung gibt, ist nicht, wie manch einer fälschlich annehmen
könnte, jedes Tier patentierbar, das einem in der freien Natur begegnet.
Tiere, die schon heutzutage patentiert werden,
(O-Ton Lampe 4
„Das sind bislang überwiegend Tiere, die genetisch verändert sind, sprich mittels Gentechnik
irgendwelche Sequenzen eingebaut gekriegt haben, die sie vorher von Natur aus eigentlich
nicht hätten, weil sonst eben dieses Kriterium der Neuheit nicht erfüllt ist.“)
Allerdings ist hier noch lange nicht Schluss im Bereich der komplizierten Patentierung von
Pflanzen und Tieren. Es gibt eine Art Hintertür, die es Patentanmeldern erlaubt, sich
konventionell, ohne Gentechnik, gezüchtete Lebewesen patentieren zu lassen.
Über Umwege ist es möglich sich Ansprüche auf Tiere oder Pflanzen zu sichern. Anstatt des
Lebewesens wird in solch einem Fall einfach das Verfahren zur Züchtung eines Lebewesens
patentiert. Selbst hierzu gibt es im Gesetz Vorschriften.
(O-Ton Lampe 5,6,7,8,9
„Was nämlich auch verboten ist, ist die Patentierung von im Wesentlichen biologischen
Verfahren. Und das soll eigentlich sicherstellen, dass normale Züchtungsverfahren nicht
patentiert werden. Aber das Problem ist eben, dass zunehmend in der Züchtung ja auch
Technik eingesetzt wird, da gibt’s ganz neue Verfahren: Markergestützte Genomanalyse, was
weiß ich was alles. Also das ist nicht mehr so, so wie Mendel das noch gemacht hat, wo der
Großteil der Technik in der Benutzung der Pinzette bestand, sondern es ist schon sehr viel
ausdifferenzierter und das versuchen eben einige biotechnologische Unternehmen zu nutzen,
zu sagen das ist jetzt schon so viel Technik, was wir da verwenden, das ist gar nicht mehr im
Wesentlichen biologisch, sondern das ist technisch und damit patentierbar. Das unglückliche
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ist, das die Formulierung was nicht patentiert werden darf, so blöd ist, also, dass da steht: im
Wesentlichen biologische Verfahren: im Wesentlichen ist ein total dehnbarer Begriff. Es gibt
noch eine Ausführungsverordnung zu diesem EPÜ, und da wird definiert, das steht sogar
selbst in der Richtlinie, die Definition von im Wesentlichen biologischen Verfahren ist, wenn
es vollständig auf biologischen Kriterien beruht. Das ist schon für den Nicht-Juristen völlig
ersichtlich, dass da irgendwas schiefgegangen ist. Diese Grenze: wo hört die Technik auf und
wo fängt die Biologie an, ist wesentlich auch im Moment Streitgegenstand.“)
Die Technik im Patent: Braucht es nur einen kleinen technischen Schritt? Muss man
beispielsweise nur mit einer Art biologischen Lupe nach Genen suchen und danach
sortieren? Oder muss ein patentiertes Verfahren komplett technisch sein? Ein großer
Streitpunkt bei der Patentierung von Pflanzen und Tieren.
Und selbst wenn ein solches Verfahrenspatent erlassen wurde, ist es auch nicht festgelegt,
ob die daraus gezüchteten Tiere mitgeschützt sind oder nicht. Dies müssen letztendlich
Gerichte auf Länderebene entscheiden.
Aber das sind noch lange nicht alle Probleme. Als eigentlichen Schutz für die Pflanzenzucht
gibt es den Sortenschutz, dies gewährt dem Züchter die alleinige gewerbliche Anwendung
seiner Sorte für 25 Jahre.
Ein wesentlicher Unterschied zwischen Patent- und Sortenschutz besteht jedoch darin, dass
beim Patentschutz ein Patentinhaber die Nutzung seiner Erfindung komplett untersagen
kann. Anders ist dies beim Sortenschutz, hier kann einem Züchter die Nutzung einer Pflanze
für die Weiterzucht nicht verboten werden.
Dazu Ira Kriesche, Mitarbeiterin bei Elvira-Drobinski Weiß, verbraucherpolitische Sprecherin
der Grünen im Bundestag.
(O – Ton Kriesche 1
„So hat man schon immer neue Züchtung schützen können, ohne dass das jetzt wirklich so
ein Hebel war. Also grundsätzlich so ein Eigentumsanspruch. Du regulierst den Zugang. Der
Sortenschutz ist auch ganz stark bedroht vom Patentschutz, weil Patente sind anscheinend
sehr viel einfacher zu bekommen, sind lukrativer.“)
In der Diskussion über Biopatente argumentieren gerade Ethiker und Philosophen
kontrovers.
So führen sie oft an, dass durch Patentierung von Lebewesen eine Kommerzialisierung des
Lebens stattfindet. Dazu Bettina Locklair, juristische Referentin im Kommissariat der
deutschen Bischöfe in Berlin.
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(O-Ton Locklair 1
„Da kommen wir an eine Grenze wo wir überlegen müssen, ob mit dem, was quasi an Leben
in dieser Welt ist, so umgehen, als wenn wir mit technischen Dingen handeln, also da wird
nochmal eine neue Art der Verantwortung von uns gefordert werden“)
Durch die Patentierung von Pflanzen und Tieren steht nicht mehr der Wert des einzelnen
Lebewesens im Vordergrund, sondern der Wert als Mittel zum Zweck. Das Tier wird damit
zum Besitz. Auf die Frage, ob der Besitz von z.B. Haustieren demnach auch moralisch
illegitim ist, kann man mit nein antworten, da diese nicht industriell genutzt werden.
Außerdem wichtig im Streit um Biopatente ist, ob ein allgemein zugängliches Gut, wie Tiere
und Pflanzen, patentiert werden darf.
(O-Ton Locklair 2
„Bei biologischem Material, was also sozusagen sowieso einfach da ist, auf dieser Welt ist,
was eigentlich eine Ressource ist, die der Allgemeinheit zur Verfügung steht, wird durch das
Patent, die Allgemeinheit von der Nutzung dieser eigentlich allgemein zur Verfügung
stehenden Ressource ausgeschlossen.“)
Ein weiterer, entscheidender Punkt in der ethischen Debatte über biotechnologische
Erfindungen ist, ob ein solches Patent überhaupt eine Erfindung ist oder nicht doch eine
Entdeckung. Konsens sollte sein, dass eine Erfindung keinesfalls das Auffinden eines bereits
vorhandenen Tieres oder einer Pflanze sein kann.
Strittig wird es dann, wenn nur etwas an einem Lebewesen verändert wird, eine bestimmte
Eigenschaft, handelt es sich dann um eine Erfindung?
Atmo Hühnerstall
Der Landwirt Toni Schreiber findet auf diese Frage eine klare Antwort.
(O-Ton Schreiber 3
„Das ist ein Irrsinn. Und auch wenn man sich überlegt, wenn die auch ein Verfahren, drin
haben, auch gentechnisch veränderte Pflanzen. Man kann das ja vergleichen: Wir haben
vielleicht an einem Fahrrad neue Speichen, aber damit ist doch das Fahrrad bei weitem noch
nicht erklärt, das gehört doch dann nicht einfach mir und das Leben ist ja wesentlich
vielfältiger, wie ein Fahrrad.“)
Auch wenn er als Biobauer selbst höchstwahrscheinlich nicht auf patentierte Pflanzen oder
Tiere angewiesen sein wird, hat er doch immense Befürchtungen. Konzerne melden
Verfahrenspatente an.
(O-Ton Schreiber 4
„Die wollen über diesen Weg, über dieses Verfahren dann schlussendlich drankommen, dass
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jedes Ferkel, das aus dieser Sau kommt oder aus dieser Linie, aus diesem
Züchtungsverfahren, das gehört uns und da möchten wir bitteschön ein bisschen was
abkassieren.“)
Atmo Fade Out
Lied Monopoli – Klaus Lage
Ein Monopol? Ist das tatsächlich möglich? Können Konzerne den ganzen Markt beherrschen?
Schon heute sind zwei Drittel des weltweiten Saatgutmarktes von 10 Konzernen kontrolliert,
zu dieser Aussage kommt eine Studie der ETC Group, einer international tätigen
Organisation mit Sitz in Kanada.
Der Zusammenhang zwischen dieser Studie und Biopatenten ist zwar nicht nachweisbar,
allerdings kann durch Patente auf biotechnologische Erfindungen durchaus eine
Monopolisierung stattfinden. Dies jedoch geschieht nicht, wie von vielen Landwirten
fälschlicherweise angenommen, durch das Prinzip, dass Tiere, die nur ein bestimmtes Gen in
sich tragen unter Patentschutz fallen. Sabine Riewenherm, zuständige Referentin für
Biotechnologie und Bioethik der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, erklärt, dass
unter Umständen alle Nachkommen aus einem bestimmten Verfahren geschützt sind.
(O-Ton Riewenherm 1
„Das denken wir, ist ein zu großer Eingriff in Züchtung für Züchtungsfirmen,
Züchtungsunternehmen, aber auch für Landwirte an sich und führt letztlich dazu, dass
bestimmte Firmen, die sich auch solche teuren Verfahren, wie Biopatentverfahren, leisten
können, irgendwann das Monopol haben auf Patentansprüche, auf Pflanzen, Tiere oder
biologische Züchtungsverfahren.“)
Ein weiterer Punkt in der Debatte ist, dass Patentanmeldungen zunächst sehr umfangreich
sind und oft erst sehr spät eingeschränkt oder abgelehnt werden.
(O-Ton Kriesche 2
„Diejenigen, die dann darüber entscheiden, ob etwas patentierbar ist oder nicht, das ist dann
eben das europäische Patentamt, wobei man dazu sagen muss, dass die sich über die
Gebühren finanzieren und ein eigenes Interesse daran haben, möglichst viele Patente
zuzulassen. Inzwischen sagen die relativ offen, sie sind damit überfordert.“)
Ira Kriesche weiß aus Gesprächen mit dem Bauernverband, dass es nicht nur viel Ausdauer
benötigt um ein angemeldetes, unrechtmäßiges Patent abzuwenden.
(O-Ton Kriesche 3
„Da kommen wir wieder in diesen Kreislauf, da muss dann wieder erstmal jemand hingehen
und klagen, das läuft über Jahre und kostet sehr viel Geld. Der Bauernverband hat uns leider
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keine Zahl genannt, die haben ja ein Einspruch gegen das Schweinepatent eingelegt. Das
muss irre teuer gewesen sein und ist ja auch immer noch nicht geklärt.“)
Und wenn die Entscheidung in die Richtung geht, dass Patente möglich sind, so hätte dies,
wie Inken Lampe vom Bauernverband und Ira Kriesche von der SPD berichten, auch direkt
für den Verbraucher erhebliche Folgen.
(O-Ton Lampe 10
„Nach dem Krieg wollte man möglichst fetthaltiges Fleisch, heute möchte man möglichst
mageres Fleisch. Um das immer leisten zu können müssen die Züchter wirklich auf alle
Rassen, die so vorhanden sind, den ganzen Genpool zugreifen können. Da befürchten wir
schon, dass sich das zum einen preislich dann auswirkt, und zum anderen auch einfach, dass
sich die genetische Vielfalt einengt.“)
(O-Ton Kriesche 4
„Patente führen zu Konzentration und Konzentration heißt, dass immer Weniger die Sachen
anbieten und sich immer stärker darauf einigen können, zu welchen Preisen. Das was wir in
anderen Bereichen ja auch im Moment haben. Im Lebensmittelhandel usw.“)
Ob wir in Zukunft für eine Packung Eier im Supermarkt zehn Euro bezahlen müssen, lässt sich
momentan noch schwer abschätzen. Aber schon jetzt ist erkennbar, dass Patentinhaber sich
gegenseitig blockieren.
(O-Ton Lampe 11
„Das heißt, also wenn es Patentrechte an einem und demselben Tier gibt, von mehreren
Patentinhabern, der eine hat sich die hohe Milchleistung schützen lassen und der andere
irgendwie die grünen Ohren und das verbindet sich dann so in einem Tier, dann müssen die
sich gegenseitig so Zustimmung geben, wenn sie damit weiterzüchten wollen.“)
Solch paradoxe Situationen werden durch Biopatente geschaffen und dennoch befürworten
Firmen, wie z.B. Bayer Biopatente. Richard Breum, Sprecher des Geschäftsbereichs
Bioscience von Bayer CropScience.
(O-Ton Breum 1
„Durch das Patent bekommt ein forschendes Unternehmen zum einen zeitlich begrenzt das
Recht, seine eigenen Innovationen zu nutzen. Erst dadurch können Forschung- und
Entwicklungsgelder wieder eingespielt werden. Als Gegenleistung für dieses Nutzungsrecht
wird durch das Patentrecht garantiert, dass Erfindungen der Öffentlichkeit mitgeteilt und
auch ganz detailliert beschrieben werden. Für weitere Forschung stehen diese Erfindungen
dann zur Verfügung, es ist nur die gewerbliche Anwendung verboten. Die Verbesserung von
vielen Erfindungen ist nur auf Grund dieser Regel und möglich gewesen, sie wären sonst
vermutlich immer als Betriebsgeheimnis gehütet und niemals weiterentwickelt worden.“)
Auch der Bauernverband bezieht zu diesem Punkt klare Stellung.
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(O-Ton Lampe 11.5
„Auf der anderen Seite zeigt uns aber die Vergangenheit gerade in der Pflanzenzucht, aber
auch in der Tierzucht, wo wir eben ohne patente gearbeitet haben, dass sich die Züchtung in
Deutschland trotzdem hervorragend entwickelt hat. Wir haben eine sehr gut aufgestellte
mittelständische Züchtung, sowohl bei den Pflanzenzüchtern, wie auch bei den Tierzüchtern.
Und die haben immer unheimlich davon profitieret, dass sie ohne Einschränkungen, das ist
ein sogenanntes "Opensource Prinzip", also offene Quelle. Jeder kann das genetische
Material verwenden, was auf dem Markt ist. keiner kann sich das gegenseitig verbieten und
das hat dazu geführt, dass die sich gegenseitig sehr gut befruchtet und sich eher
angestachelt haben. Und wir haben eher die Befürchtung, dass durch die Möglichkeit sich
Patente erteilen lassen, ganz neue Player auf den Markt kommen, also wirklich große
Konzerne, die eben bislang gar nicht in der Züchtung aktiv waren, sich aber dadurch erhoffen
viel Geld in die Hand zu nehmen, irgendwas zu finden.“)
Eine große Angst besteht auch darin, dass diese „Player“ die unabhängige Risikoforschung an
gentechnisch veränderten Pflanzen untersagen könnten.
(O-Ton Riewenherm 2
„Diejenigen, die Patentansprüche haben, wie z.B. Monsanto auf bestimmte Genpflanzen oder
so, haben auch die Möglichkeit, sich in die Risikoforschung einzumischen und zu sagen, okay,
wenn unabhängige Forscher damit forschen wollen: wir wollen aber nicht, dass sie
erforschen, wie giftig das ist, oder wie sich das auf Bodenorganismen auswirkt und dann
untersagen sie einfach die Risikoforschung.“)
Diese Multiuntenehmen könnten aber auch großen Einfluss in Entwicklungsländern
gewinnen. Wenn dort Patente angemeldet werden wird es wahrscheinlich zu etlichen
weiteren Problemen kommen, berichtet Bettina Locklair vom Kommissariat der deutschen
Bischöfe.
(O-Ton Locklair 3
„Zum einen haben wir natürlich das Problem, dass wir immer mehr Menschen auf der Welt
haben, die ernährt werden müssen und das wir eben immer mehr Menschen haben, die
hungern. Aber die hungern nicht, weil es nicht hinreichend Biopatente gibt, sondern die
Menschen hungern, weil die Nahrungsmittel die auf der Welt sind, nicht gerecht verteilt
werden. Also es ist nicht so sehr das Problem, dass wir nicht genug Nahrungsmittel haben,
sondern das der Zugang zu den Nahrungsmitteln nicht gewährleistet ist. Wenn wir in Ländern
der Dritten Welt eine Entwicklung dahingehend haben, dass die Menschen nicht mehr in der
Lage sind, als Kleinbauern auch Ihren eigenen Lebensunterhalt, sozusagen ihre eigenen
Nahrungsmittel anzubauen, weil sie nämlich die Patentgebühr auf Saatgut nicht bezahlen
können, dann würde ich es eher so sehen, dass das Patent hier den Hunger fördert, aber nicht
ihn verhindert. Also die Abhängigkeit der kleineren Bauern vor allem von den großen Saatgut
Herstellern oder im landwirtschaftlichen Bereich auch bei den Tieren, einfach die
Abhängigkeit fördert und die Menschen gar nicht in der Lage sind auch diese teure Saatgut
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zu bezahlen.“)
Wer sich in der Zukunft Saatgut leisten können wird, wissen wir nicht, was aber klar ist, sind
die Forderungen von Bauernverband, katholischer Kirche, SPD und vielen anderen.
(O-Ton Locklair 4
„Also ich denke, dass wir uns auch auf die Grundlagen des Patentes nochmal wieder
rückbesinnen müssen: nämlich Neuheit, Erfindung, also tatsächlich ein Erfindergeist, der eine
technische Leistung oder etwas anderes neu in diese Welt bringt, und nicht, das etwas, was
sowieso schon vorhanden ist, einfach aufgefunden und entdeckt wird und damit einem
Patent unterstellt wird. Ich glaube, dass da sehr genau differenziert werden muss.“)
(O-Ton Lampe 12
„Also wäre es sinnvoll, wenn sich die Regierung auf europäischer Ebene jetzt im nächsten
Schritt dafür einsetzt, wir versuchen das auch über die europäischen Bauernverbände, weil
nämlich auch das Thema in anderen Mitgliedsstatten noch überhaupt nicht so dramatisch
gesehen wird, wie hier, da muss man erst einmal ein bisschen sensibilisieren und aufmerksam
machen und dann wären unsere Hauptforderungen eben, dass ein Verbot der Patentierung
von Tieren und Pflanzen reingeschrieben wird und dass das Verbot der Patentierung von
biologischen Verfahren klarer gefasst wird, damit dieser Missbrauch nicht mehr möglich ist.“)
Stichwort Regierung: In Berlin regieren seit September 2009 CDU/CSU und FDP. In ihrem
Koalitionsvertrag lässt sich auch ein Satz zum Thema Biopatente finden:
(O-Ton Koalitionsvertrag [Sprecher]
„Unabhängig vom Schutz des geistigen Eigentums wollen wir auf landwirtschaftliche
Nutztiere und -Pflanzen kein Patentrecht.“)
Bettina Locklair vom katholischen Büro in Berlin kommentiert dies mit anteilig positiver
Resonanz:
(O-Ton Locklair 5
„Das ist schon ein positives Zeichen, es ist aber nicht ausreichend. Wir zum Beispiel
unterstützen natürlich, dass es kein Patentschutz für landwirtschaftliche Nutztiere gibt, aber
für uns gibt es eben auch noch alle möglichen anderen genetischen Ressourcen, insofern ist
es irgendwie fraglich, warum es gerade diese Einengung auf die landwirtschaftlichen
Nutztiere sein sollte“)
Und auch von der Opposition wird der Koalitionsvertrag natürlicherweise kritisch betrachtet.
Sabine Riewenherm von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
(O-Ton Riewenherm 3
„Wir können nur sagen, wir haben bereits in der letzten Wahlperiode einen Antrag
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eingebracht, in dem wir eigentlich genau das fordern, was eigentlich zumindest die Union
auch will: nämlich keine Patente auf Pflanzen, Tiere und biologische Züchtungsverfahren.
Dieser Antrag wurde abgelehnt in der letzten Wahlperiode von der Union und auch von der
SPD im Übrigen. Und wir hoffen einfach, dass wenn wir das in diesem Jahr einbringen, dass
sie sich an die Aussage im Koalitionsvertag erinnern und dann unserem Antrag zustimmen.“)
Die Vertretung derer, die selbst von dem Problem am existenziellsten betroffen sein
könnten, äußert sich, wie folgt.
Inken Lampe vom Bauernverband:
(O-Ton Lampe 13
„Wir befürworten das, dass der Satz da drin steht, auf jeden Fall, aber es reicht jetzt nicht
nur, dass der da drin steht, sondern es muss dann auch was passieren, aber das ist ja schon
mal was. Da werden wir jetzt auch draufhinwirken, das einzufordern, dass da jetzt auch was
passiert.“)
Atmo Hühnerstall
Toni Schreiber ist, wie die meisten Bio-Bauern nicht Mitglied im deutschen Bauerverband,
aber die Forderung, dass sich die Regierung gegen Biopatente einsetzt unterstützt auch er.
Eigene Sorten gibt es in der Bio – Landwirtschaft noch kaum, gerade deshalb ist es auch für
ihn unglaublich wichtig, dass der weltweite Genpool nicht patentiert wird und er, seine
Familie und seine Hühner weiterhin davon leben können…
(O-Ton Schreiber 5
„Wir sind immer noch bei Weitem auf diese Sorten angewiesen und dann ist es natürlich
wichtig, dass wir auch bei denen schauen dass da keine Patente drauf kommen, der Zug fährt
natürlich in die Richtung, aber… dann ist Feierabend.“)
Im Juli diesen Jahres entscheidet die große Beschwerdekammer des Europäischen
Patentamts darüber, was „im Wesentlichen biologisch“, ob Leben patentierbar ist.
Atmo lauter| abrupt aus
Sie hörten: Monopoly – Die Patentierung des Lebens
Besonderer Dank gilt allen Beteiligten und dem Büro Ostendorff, Mitglied des Bundestags.
Es sprachen: Leon Jamin, Tabea Thieken und Moritz Vor dem Berge
Produktion, Buch und Regie: David Missal
S. 10/10
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