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AKTUELL Typ-2-Diabetes: Lebensstilwandel ohne Gewähr
Eine insulinresistente Fettleber sowie eine verminderte Insulinproduktion
sind Indikatoren für Risiko-Phänotypen bei Typ-2-Diabetes und somit wichtig
für den Erfolg einer Diabetesprävention. Ein Lebensstilwandel kann jedoch
nur in 40 Prozent der Fälle erhöhte Blutzuckerwerte verbessern.
Wissenschaftler vom Universitätsklinikum Tübingen und dem Institut für
Diabetesforschung und Metabolische Erkrankungen (IDM) des Helmholtz Zentrums
München an der Universität Tübingen konnten zeigen, dass vor allem eine
insulinresistente Fettleber und eine verminderte Insulinproduktion darüber
bestimmen, ob man zu den Menschen mit dem Risiko-Phänotyp gehört, bei dem
die Lebensstilintervention nicht mit einem ausreichenden Absenken
des Blutzuckerspiegelseinher geht. Inwiefern diese Hoch-Risiko-Personen von
einer intensiveren Lebensstilintervention profitieren, wird aktuell in der PrädiabetesLebensstil-Interventionsstudie (PLIS) untersucht – einer deutschlandweiten Studie
des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD).
Zwei Risiko-Phänotypen identifiziert
In den USA sind mittlerweile 14 Prozent der erwachsenen Bevölkerung
an Diabetes erkrankt, rund 38 Prozent haben einen Prädiabetes. Diese Zahlen
weisen darauf hin, dass in naher Zukunft möglicherweise die Hälfte der
erwachsenen Bevölkerung der USA mit Diabetes konfrontiert sein wird.
Eine Lebensstiländerung mit einer vermehrten körperlichen Aktivität und einer
gesunden Ernährung gilt als die wichtigste Maßnahme bei der Vorbeugung
des Typ-2-Diabetes. Wissenschaftler am Universitätsklinikum Tübingen und dem
Deutschen Zentrum für Diabetesforschung beobachten schon lange, dass nicht
jeder mit einem erhöhten Risiko für Typ-2-Diabetes gleichermaßen von einer
Lebensstiländerung bezüglich der Verbesserung seines Risikoprofils profitiert.
Prof. Dr. Norbert Stefan und Prof. Dr. Andreas Fritsche konnten jetzt gemeinsam
mit ihren Kollegen anhand von Daten aus dem Tübinger Lebensstil
Interventionsprogram (TULIP) zwei Phänotypen identifizieren, mit deren
Bestimmung sich vorhersagen lässt, ob durch eine Lebensstilintervention eine
ausreichend hohe Reduktion von erhöhten Blutzuckerwerten zu erwarten ist.
40 Prozent ohne Verbesserung erhöhter Blutzuckerwerte
Die Wissenschaftler konnten belegen, dass vor allem eine insulinresistente
Fettleber und eine verminderte Insulinproduktion darüber bestimmen, ob man zu
den Menschen mit dem Risiko-Phänotyp gehört. Patienten mit hohem Risiko für
eine Diabeteserkrankung können dadurch erkannt, gezielt betreut und durch eine
intensivierte Lebensstilintervention oder gegebenenfalls durch Medikamente
unterstützt werden.
In der Untersuchung wurden die Daten von 120 Personen mit einem Prädiabetes
ausgewertet. Sie zeigen, dass nach einer neunmonatigen Lebensstilintervention bei
40 Prozent der Teilnehmer keine Verbesserung der erhöhten Blutzuckerwerte
eintrat, obwohl sie erfolgreich waren bei der Reduktion ihres Gewichts und ihrer
Fettmasse (im Mittel um 7 Prozent).
Als Erklärung für dieses Nicht-Ansprechen in Bezug auf die Senkung des
Blutzuckers konnten die Wissenschaftler eine Hoch-Risiko-Konstellation
identifizieren. Dies waren Personen mit einer nichtalkoholischen Fettleber und/oder
einem Insulinproduktionsdefekt. „Diese Menschen hatten eine fast identische
Gewichtsabnahme im Vergleich zu jenen Personen, bei denen die Konstellation
nicht vorlag. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie dadurch normale Blutzuckerwerte
erreichten war aber um das 4,5-fache geringer“, so Stefan. Die Normalisierung
erhöhter Blutzuckerwerte im Rahmen einer Lebensstilintervention ist seit langem
als ein sehr wichtiger Eckpfeiler in der erfolgreichen Diabetesprävention bekannt.
Risikostratifizierung und effektivere Behandlung
Die neuen Erkenntnisse haben zwei wichtige Implikationen für die Prävention des
Diabetes und seiner Folgeerkrankungen. Erstens konnten die Forscher damit
zeigen, dass Menschen mit erhöhtem Blutzuckerspiegel sich hinsichtlich des
Risikos für eine Diabeteserkrankung durchaus stark unterscheiden. Die genauere
Charakterisierung der Ursachen für diesen Prädiabetes kann somit in der Zukunft
eine Risikostratifizierung ermöglichen, die auch für Erkrankungen wie
fortgeschrittene Fettlebererkrankung und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die eng mit
der Entstehung des Typ 2 Diabetes einhergehen, bedeutsam ist.
Zweitens können Menschen mit Prädiabetes gezielter und effektiver behandelt
werden. Hoch-Risiko-Personen können eine intensivere Lebensstilintervention
erhalten. Dieses Vorgehen scheint erfolgversprechend, da auch bei diesen
Patienten die größere Gewichtsabnahme mit einer stärkeren Blutzuckersenkung
einhergeht.
„Dies muss wissenschaftlich noch weiter überprüft werden“, erklärt Fritsche. In einer
deutschlandweiten Studie des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung mit mehr
als 1.000 Teilnehmern wird jetzt untersucht, ob bei Menschen mit erhöhtem
Blutzucker, einer Insulinproduktionsstörung oder einer Fettleber, eine intensivierte
Lebensstilintervention Vorteile bringt.
Originalpublikation:
A high-risk phenotype associates with reduced improvement in glycaemia during a
lifestyle intervention in prediabetes
Norber Stefan et al.; Diabetologia, doi: 10.1007/s00125-015-3760-z; 2015,
Nierenleiden: Neues Metaboliten-Frühwarnsystem
Bislang wurden chronische Nierenerkankungen vor allem anhand des
Kreatininwerts im Blut ermittelt. Ein Indikator, der erst bei stark
beeinträchtigter Nierenfunktion eindeutig ist. Andere Metabolite könnten nun
einen vielversprechenden neuen Marker darstellen.
Rund ein Zehntel der erwachsenen Bevölkerung ist von chronischen
Nierenerkrankungen betroffen. Zur Vermeidung von Komplikationen ist eine
Früherkennung der chronischen Nierenerkrankung von wesentlicher Bedeutung.
Die Nierenfunktion wird dabei meist anhand der Kreatininwerte im Blut bestimmt,
wobei die Konzentration dieses Stoffwechselprodukts (Metabolit) im Blut allerdings
erst dann erhöht ist, wenn die Nierenfunktion bereits um die Hälfte verringert ist.
Hinzu kommt, dass der Kreatininspiegel auch von anderen Faktoren wie etwa der
Muskelmasse abhängt.
Starke Korrelation von anderen Metaboliten mit Nierenfunktion
Auf der Suche nach einem besseren Marker der Nierenfunktion untersuchten Dr.
Anna Köttgen, Ärztin am Universitätsklinikum Freiburg, Dr. Peggy Sekula,
Statistikerin am Universitätsklinikum Freiburg, Dr. Gabi Kastenmüller vom
Helmholtz-Zentrum München und ihre Kollegen die Konzentration von fast 500
Metaboliten im Blut mehrerer tausend Studienteilnehmer aus der allgemeinen
Bevölkerung.
Sechs Metabolite wiesen eine besonders starke Korrelation mit der Nierenfunktion
auf. Zwei von ihnen – Pseudouridin und C-Mannosyl-Tryptophan – erwiesen sich im
Vergleich mit Kreatinin als mindestens ebenso gute Indikatoren für die
Nierenfunktion, aber ohne einige der Nachteile von Kreatinin. Sie wiesen darüber
hinaus eine starken Zusammenhang mit der Krankheitsprogression bei Patienten
mit chronischer Nierenerkrankung auf. „Die Kombination mit Daten zum
Kreatininspiegel machen diese Marker zu vielversprechenden Kandidaten für die
Weiterentwicklung der Nierenfunktionsbestimmung. Die Diagnose der chronischen
Nierenerkrankung wird verbessert, sodass Therapien optimiert und Komplikationen
besser vorgebeugt werden können“, erläutert Köttgen.
Originalpublikation:
A Metabolome-wide Association Study of Kidney Function and Disease in the
General Population.
Peggy Sekula et al.; Journal of the American Society of Nephrology, doi:
10.1681/ASN.2014111099; 2015
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