04.12.2012 Adam Wille, Schlehen-Apotheke Leipzig Das Pankreas und seine Sekrete ...mehr als nur Insulin... Physiologie des Pankreas 1 04.12.2012 Physiologie des Pankreas • Synthese von Pankreashormonen: Bauchspeicheldrüse Dünndarm Pankreaskörper Pankreasschwanz Pankreasgangsystem Pankreaskopf Physiologie des Pankreas • produzierte Pankreashormone: A-Zellen: Glucagon B-Zellen: Insulin C-Zellen: inaktive Vorstufe von B-Zellen D-Zellen: Somatostatin E-Zellen: Ghrelin 2 04.12.2012 Physiologie von Pankreashormonen • Regelkreis des Glucose-Insulin-Stoffwechsels: Insulin Muskel- und Fettgewebe Bauchspeicheldrüse mit Langerhans`schen Inseln Blutglucosekonzentration Nahrungsaufnahme Glucose Physiologie von Pankreashormonen • Regelkreis des Glucose-Insulin-Stoffwechsels: Insulin oder Bewegung Blutzucker steigt Blutzucker sinkt bei Freisetzung verantwortlich für typisch klinisches Erscheinungsbild der Hypoglykämie! Zittern Blässe Tachykardie Unruhe Schweißausbruch Nahrungszucker, Hormone (Glucagon, Cortisol, Adrenalin) 3 04.12.2012 Diabetes • Diabetes: Stoffwechselstörung einhergehend mit erhöhten Blutglucosespiegeln außerhalb der Norm venös gemessene Grenzwerte: Nüchtern-Glucosebestimmung >7 mmol postprandiale Glucosebestimmung nach 2h >11 mmol Differenzierung in Typ I- und Typ II-Diabetes: Typ I: Typ II: „Alters-Diabetes“ „juveniler Diabetes“ ? NEIN!! Physiologie von Pankreashormonen • Glucagon: Gegenspieler (Antagonist) von Insulin bewirkt Anhebung des Blut-Glucose-Spiegels über Mobilisierung von Glykogen aus Leber (Glykogen = Speicherform von Glucose) wirksam nur bei ausreichender Glykogen-Reserve Gleichgewicht Insulin-Glucagon-Wirkung je nach Lage des Blutzucker-Spiegels 4 04.12.2012 Pankreashormone in der Therapie • Glucagon (Glucagen®): synthetisches Glucagon für Injektionszwecke nur parenterale Zufuhr, meist i.m.-Gabe Indikationen: Notfallmedizin: hypoglykämischer Schock Endoskopie: Relaxierung der Muskulatur des Verdauungstraktes (ähnlich Butylscopolamin/Buscopan®) bei Verkrampfungen während endoskopischen Eingriffen Physiologie von Pankreashormonen • Somatostatin: wachstumshemmendes Hormon mit zusätzlich sekretionsblockierender Wirkung auf Pankreas bewirkt Stopp der Freisetzung von verdauenden Pankreasenzymen, Insulin, Glucagon kurze Halbwertszeit von 1-3 Minuten, zur Therapie daher nur als Dauerinfusion geeignet 5 04.12.2012 Pankreashormone in der Therapie • Octreotid (Sandostatin®): künstliches Somatostatin mit längerer Wirkdauer Indikationen: Pankreaschirurgie: „Trockenlegung“ stark sezernierender postoperativer Lokalbefunde (Ruhigstellung des Restpankreas) Onkologie: Therapie von Wachstumshormon-produzierenden Tumoren (Aufhebung der sonst massiv gesteigerten Wirkung von Wachstumshormon); Bsp. Akromegalie Pankreashormone in der Therapie • Octreotid (Sandostatin®): Akromegalie Roger Moore und Richard Kiel in “Der Spion der mich liebte” 6 04.12.2012 Pankreashormone in der Therapie • Octreotid (Sandostatin®): synthetisches Somatostatin für Injektionszwecke mit längerer Wirkdauer Indikationen: Endoskopie: Senkung des Pfortaderdruckes bei dekompensierter Leberzirrhose mit Ösophagusvarizen UND/ODER blutenden Schleimhautulcera http://www.endoskopiebilder.de Pankreashormone in der Therapie • Octreotid (Sandostatin®): Indikationen: „Octreotid benutzen wir routinemäßig im Rahmen der Pancreaschirurgie zur Prävention einer Pancreatitis, […] Besteht die Notwendigkeit die Sekretionsleistung des gesamten Oberbauches (Dünndarm, Leber, Pancreas) signifikant zu reduzieren, z.B. im Rahmen einer cutanen Dünndarmfistel bei multipel voroperierten Bäuchen mit prolongiertem Verlauf ist der zeitlich begrenzte Einsatz (3 Tage) von Octreotid in einer Dosierung von 3,5 µg/kg/h (~3 – 6 mg/d) eine legitime Behandlungsoption.“ -- Zitat OA ITS Diako 7 04.12.2012 Weitere Pankreas-Funktionen • Produktion von Verdauungsenzymen: Verdauungsenzyme im Gegensatz zu Insulin, Glucagon und Somatostatin keine Hormone, da sie keine Informationsübertragung übernehmen, sondern biochemisch Reaktionen steuern (!!) ENDOKRINE („innere“) PANKREASFUNKTION: Sezernierung von Hormonen für den Stoffwechsel EXOKRINE („äußere“) PANKREASFUNKTION: Sezernierung von Enzymen zur Verdauung endokrine und exokrine Tätigkeiten können unabhängig voneinander beeinträchtigt oder infunktionabel sein Verdauungsenzyme • Folgen einer pankreatischen Maldigestion: zu wenig Bildung oder Freisetzung verdauender Enzyme unzureichende Nahrungsaufspaltung im gesamten Verdauungstrakt u.U. je nach Nahrungszusammensetzung keine Aufnahme und Metabolisierung von Nährstoffen möglich intern: Nährstoffmangel mit allen Folgen extern: Komplikationen unverdauter Nahrungsreste (unspezifische Verdauungsbeschwerden: Übelkeit, Blähungen, Abdominalschmerzen, …) 8 04.12.2012 Enzym-Ersatz • Pankreas-Enzyme: sog. Pankreatin: standardisierte und hochaktive Enzymkombination die natürlichem physiologischen Enzymmuster des menschlichen Pankreassekretes sehr ähnlich ist Bildmaterial Solvay Pharma Enzym-Ersatz • Pankreas-Enzymkombination: Lipase: Verdauung von Fetten Amylase: Verdauung von Kohlenhydraten Protease: Verdauung von Eiweißen Amylase- und Protease-Aktivität bei Pankreas-Schwäche meist nicht stark beeinträchtigt, Lipase-Aktivität spielt für Enzym-Ersatz die größte Rolle (Namenszusatz Pangrol 20.000, Kreon 25.000, etc. gibt daher immer nur Lipase-Aktivität an!) 9 04.12.2012 Enzym-Ersatz • Pankreas-Enzyme: ursprünglich (<100 Jahre alt): „ Pankreatin, der wirksame Bestandteil des Pankreas, wird durch Ausziehen der Bauchspeicheldrüse des Rindes mit Wasser und Fällung der Lösung mit Alkohol als ein trockenes Pulver, oder auch nach Auflösung in Glycerin in flüssiger Form (Pankreatinum liquidum) in den Handel gebracht.“ Mercks Warenlexikon 1919, 6.A., S. 314 noch heute Gewinnung aus schweinischem Pankreas (tierärztliche Kontrolle während Schlachtung) Aufbau eines Enzymersatz-Präparates (Kreon®) Gelatinekapsel Pankreasenzyme Säureschutz Bildmaterial Solvay Pharma • warum magensaftresistent? Inaktivierung zu über 95% wenn nicht säure-geschützt! 10 04.12.2012 Weg eines Enzymersatz-Präparates (Kreon®) Kapsel mit Verdauungsenzymen Freisetzung der Kügelchen im Magen Gleichmäßige Verteilung im Nahrungsbrei Passage mit dem Nahrungsbrei in den Darm Freisetzung der Verdauungsenzyme Bildmaterial Solvay Pharma Pylorus-Passage Minimikropellets Dragee/Filmtablette Passierbarkeit des Pylorus bedeutend abhängig von Teilchengröße der Enzym-Transporter Lippold, B.C. What is the ideal size for entric-coated pancreatin preparations? Drugs made in Germany 41:52-56 (1998) 11 04.12.2012 Enzym-Ersatz • Pankreas-Enzyme: Einnahme: etwa 20.000-50.000 Einheiten zu Hauptmahlzeit, etwa 10.000-25.000 Einheiten zu Zwischenmahlzeit individuelle Dosierung zu jeder Mahlzeit (außer sie ist sowieso unverdaulich…) Einnahme zur Mahlzeit (einzige magensaftresistente Arzneimittel die nicht nüchtern genommen werden!!) kein Auflösen in Wasser bis zum Schlucken, sondern direkt mit wenig Flüssigkeit hinterspülen Enzym-Ersatz • Pankreas-Enzyme: Berechnung der nötigen Dosis je nach Mahlzeit: Faustregel: Berechnung nach Lipase-Einheiten, dabei gilt: Fett (in g) x 2000 = benötigte Lipase-Einheiten o Joghurt: 7,5g Fett 15.000 Lipase-Einheiten (1 Kapsel à 10.000 Einheiten) o Milchreis: 12g Fett 24.000 Lipase-Einheiten (1 Kapsel à 25.000 Einheiten) o Eisbein: 47g Fett 94.000 Lipase-Einheiten ( … !?!? Kapseln … ) 12 04.12.2012 Enzym-Ersatz • evtl. Notwendigkeit zur Einnahme von pharmazeutischen Pankreas-Enzymen: chronische Pankreatitis (selten auch akute Pankreatitis) Patienten mit Z.n. totaler Pankreas(teil)resektion, Magen(teil)resektion oder partieller Dünndarmresektion oftmals Diabetiker Patienten mit Gallensteinen (Abflussbehinderung) physiologische Pankreasinsuffizienz im Alter Enzym-Ersatz • evtl. Notwendigkeit zur Einnahme von pharmazeutischen Pankreas-Enzymen: Patienten unter Therapie mit Somatostatin oder Octreotid und enteraler Ernährung „Die Behandlung mit Octreotid sollte allerdings bei enteraler Ernährung mit der Gabe von Pankreasenzymen kombiniert werden, da Octreotid die exokrine Pankreasfunktion stark einschränkt. Als Ultima Ratio ist häufig eine totale parenterale Ernährung erforderlich.“ -- Zitat „Die innere Medizin – Referenzwerk“ 13 04.12.2012 Enzym-Ersatz • OP-Beispiel: Whipple-Operation (Pankreaskopf-Entfernung) Vor der Operation Nach der Operation Enzym-Ersatz • OP-Beispiel: Billroth-Operation (Magenteilresektion) Vor der Operation Nach der Operation 14 04.12.2012 Trivia • Gegenteiliger Effekt: Einsatz eines Lipase-Hemmstoffes zum Abnehmen Trivia • Gegenteiliger Effekt: Einsatz eines Lipase-Hemmstoffes zum Abnehmen 50% mehr abnehmen!? 3x1 tgl. (42 Kps. ~40€) 15 04.12.2012 Adam Wille, Schlehen-Apotheke Leipzig Diabetes (mellitus) Statistik • 2004: 27.041 Tote in Deutschland aufgrund von Endokrinopathien (Hormondrüsenerkrankungen) 87,5% dieser Verstorbenen aufgrund von erworbenen Folgeschäden durch Diabetes (=23.661 Tote/Jahr) verantwortlich für 3% aller Todesfälle in Deutschland 98% der Verstorbenen >50 Jahre alt (durchschnittliches Sterbealter: 79,1 Jahre) 16 04.12.2012 Insulin-Physiologie • zugrunde liegend: Insulin Muskel- und Fettgewebe Bauchspeicheldrüse mit Langerhans`schen Inseln Blutglucosekonzentration Nahrungsaufnahme Insulin-Physiologie Hat Insulin immer etwas mit Nahrung zu tun? Nein! – Insulin kann pathologisch auch eigenständig und damit unabhängig von Mahlzeiten freigesetzt werden, sog. INSULINOM gutartige tumoröse Veränderung der B-Zellen des Pankreas und daraus folgend ungebremste Insulin-Freisetzung ohne Notwendigkeit – häufige Unterzuckerungen Therapievorschläge? 17 04.12.2012 Insulin – missbrauchsfähig? „Angel of Death“ Diabetes-Formen • Unterscheidung: Diabetes Typ I absoluter Insulin-Mangel: Bauchspeicheldrüse produziert kaum bis kein Insulin Diabetes Typ II relativer Insulinmangel: Bauchspeicheldrüse produziert zu wenig Insulin UND/ODER Insulin ist zwar genügend da, entfaltet jedoch nicht seine volle Wirkung (Insulinresistenz) 18 04.12.2012 Diabetes-Formen • Diabetes Typ I (~7% der Patienten): Manifestation meist im Kindesalter, kann jedoch auch später erfolgen Insulin-Therapie obligat, da keine andere Normalisierung der Stoffwechsellage möglich benötigte Menge/Tag meist entsprechend etwa der eines gesunden Erwachsenen ~40 I.E. (Pankreas speichert ca. 80 I.E.) lebenslange Therapie notwendig Diabetes-Formen • Diabetes Typ II (~90% der Patienten): Manifestation meist im Erwachsenenalter, kann jedoch auch früher erfolgen Insulin-Therapie nicht obligat, Normalisierung der Stoffwechsellage meist auch noch mit anderen Wirkstoffen möglich benötigte Menge/Tag gelegentlich weit über der eines gesunden Erwachsenen: bis zu >100 I.E. (Pankreas speichert etwa 80 I.E.) lebenslange Therapie nicht immer notwendig, wird in der Regel aber so erlebt 19 04.12.2012 Symptomatik • klinisches Erscheinungsbild: Hyperglykämie führt zu: Polyurie Durst Abbau körperlicher Energiereserven (Muskel) Leistungsschwäche Gewichtsverlust Infektabwehr sinkt Symptomatik 20 04.12.2012 Therapieziele • Ziel der Therapie: Normalisierung der Stoffwechsellage (hoher Blutglucosewert selbst ist keine Krankheit und nicht primär schädlich, führt jedoch zu Folgeschäden im Langzeitverlauf) Verhinderung von Spätschäden Gefäßschädigungen Nervenschädigungen Diabetisches Fußsyndrom Spätschäden 21 04.12.2012 Spätschäden • Gefäßschädigungen: Makro-Angiopathien = Atherosklerose verursacht Herzinfarkt, Schlaganfall, AVK, … Mikro-Angiopathien „diabetische Retinopathie“: Netzhautschädigung mit Gefahr der Erblindung „diabetische Nephropathie“: fortschreitende Nierenerkrankung mit Gefahr des schlussendlich dialysepflichtigen Nierenversagens Spätschäden • Nervenschädigungen: periphere Polyneuropathie sensorische Störungen der Wahrnehmungen (Wärme/Kälte, Schmerz, Druck, chemische Reize) Taubheitsgefühl, Kribbeln, Brennen, Reflexausfälle Neuropathien des autonomen Nervensystems diabetische Gastroparese (Entleerungsstörung des Magens) Obstipation Urogenitaltraktstörungen Herzrhythmusstörungen 22 04.12.2012 Spätschäden diabetesstiftung.org Co-Therapeutika bei Diabetikern • Arzneimittel bei der Behandlung eines Diabetikers, die jedoch nicht den Blutzuckerspiegel beeinflussen: Vitamin B Duo Vitamin B1 und B6 zu je 100mg enthalten erhoffte Verbesserung der Nervenfunktion Vitamine als Cofaktoren des Aminosäurestoffwechsels sicher mit von der Partie, günstige Beeinflussung von peripheren Nervenstörungen jedoch eher fraglich 23 04.12.2012 Co-Therapeutika bei Diabetikern • Arzneimittel bei der Behandlung eines Diabetikers, die jedoch nicht den Blutzuckerspiegel beeinflussen: α-Liponsäure (Tromlipon®, Thioctacid®, …) Ampullen und Filmtabletten zu je 600mg i.d.R. in parästhetischen Krisen und zu Behandlungsbeginn 3 Wochen i.v.-Stoßkur mit 600mg täglich nachgewiesene verbesserte Ansprechrate von Neuronen auf Reize Co-Therapeutika bei Diabetikern • Arzneimittel bei der Behandlung eines Diabetikers, die jedoch nicht den Blutzuckerspiegel beeinflussen: Erythromycin eigentlich antibiotisch wirksamer Stoff für Therapie von bakteriellen Infekten „Neben“wirkung im Dosisbereich, der kaum antibiotisch wirksam ist - gelegentlich genutzt auf ITS und Innerer Medizin: Motilitätsförderung i.S. einer gesteigerten Magenentleerungs-Rate 24 04.12.2012 Insulin Insulin 25 04.12.2012 Insulin Insulin-Arten • Diabetes-Behandlung mit Insulin: Unterschiedliche Insuline für Typ I- und Typ IIDiabetiker? „Altinsulin“? „Normalinsulin“? „Kurzwirksames Insulin“? „Intermediärinsulin“? „Kombinationsinsulin“/„Mischinsulin“? 26 04.12.2012 Insulin-Arten und Handelspräparate Insulin-Typ Handelsname(n) kurz wirksames Insulin Humalog, NovoRapid, Apidra, Liprolog normal wirksames Insulin Huminsulin Normal, Actrapid, Insuman Rapid, Berlinsulin H Normal lang wirksames Insulin Huminsulin Basal, Actraphane, Insuman Basal, Berlinsulin H Basal sehr lang wirksames Insulin Levemir ultralang wirksames Insulin Lantus Mischinsulin mit kurz wirksamem Insulin Humalog Mix 25//50, Novomix 30, Liprolog Mix 25//50 Mischinsulin mit normal wirksamem Insulin Huminsulin Profil III (30:70), Actraphane 30//50, InsumanComb 15//25//50, Berlinsulin H 30/70 Insulin-Arten 27 04.12.2012 Insulin-Arten • Spritz-Ess-Abstand - abhängig von Wirkeintritt des jeweiligen Insulins o kurzwirksame Insuline: 10min vor bis zeitgleich zur Mahlzeit o Normalinsulin/Altinsulin: 20-30min vor Mahlzeit o Mischinsuline: je nach enthaltenem kurzwirksamem oder normalwirksamem Insulin – siehe oben o langwirksame Insuline: mahlzeit-ungebundenen! Insulin-Dosierung • wieviel Insulin braucht Patient X? - 1 BE (Broteinheit) = 12g Kohlenhydrate - 1 KE (Kohlenhydrateinheit) = 10g Kohlenhydrate - 1 IE Insulin gleicht ~ 5g Glucose aus Angaben reichen dennoch nicht zur Dosisabschätzung einer Insulintherapie, da „Persönlicher Korrekturfaktor“ jedes Diabetikers! (im Schnitt [!!] pro BE 1-4 IE Insulin) 28 04.12.2012 Insulin-Dosierung • warum üblicherweise mehr Insulin morgens als zu anderen Tageszeiten? - Zusammenhang zum Cortisol-Stoffwechsel! - tageszeit-abhängige Ausschüttung von Insulin zusammenhängend mit Cortisol-Konzentration (hoch in den Morgenstunden, geringer gegen Abend) morgendlich höhere Serum-Glucosewerte mehr Insulin notwendig Insulin-Dosierung • warum häufig Insulingabe auf Intensivstation als Zusatz zu sonstigen Infusionen? - postoperative Stoffwechsellage bei vielen ITSPatienten erfordert zumeist definierte Nährstoffzufuhr (u.a. Glucose) - Glucose wird hierbei in Reinform intravenös gegeben, bei Diabetikern ist Insulingabe daher Pflicht! - je 4-5g Glucose bei diabetischen Patienten unbedingt 1 IE Insulin i.v. parallel zur Ernährung 29 04.12.2012 Insulin-Dosierung Ein visceralchirurgisch behandelter Patient erhält am dritten Tag post operationem auf der ITS zu Ernährungzwecken 500ml einer Eiweißlösung (Aminoplasmal 15%) und 500ml einer 20%igen Glucose-Lösung (G20). Bei anamnestischer Betrachtung fällt auf, dass der Patient seit 8 Jahren Typ II-Diabetiker ist, eine begleitende Insulintherapie scheint dem behandelnden Arzt daher notwendig. Wieviel Insulin wird er schätzungsweise als Co-Medikation benötigen? Welches Insulin würde man empfehlen? Insulin-Dosierung Der gleiche Patient bekommt ab dem Zeitpunkt des 12. postoperativen Tages nun inzwischen eine vollständige parenterale Ernährung, die nun allerdings als DauerInfusion über einen Dreikammerbeutel realisiert wird. (OliClinomel 4% 2l/24h) Braucht der Patient nun immer noch eine supportive Insulin-Gabe? Falls ja: Wo wird hier nun die etwaige Insulindosis liegen? Und darf man diese dem Beutel zugeben? Falls nein: Warum benötigt er diese nicht mehr? 30 04.12.2012 Insulin-Arten (Stand 11/2009) • InsulinKonzentrationen: 40 IE/ml und 100 IE/ml möglich 40 IE/ml fast nur noch bei Kindern und bei Vials von Insulin für Infusion (v.a. ITS) Graduierung der Spritzen beachten! Therapie-Utensilien • Penkanülen, dein Freund und Helfer…? Penkanüle nativ Penkanüle 3x verwendet Wechsel der Kanüle nach JEDER Injektion, Penkanüle 6x verwendet egal was andere sagen! (ist ein Einmalartikel!) 31 04.12.2012 Therapie-Utensilien • Penkanülen Wahl der richtigen Kanülenlänge wichtig für korrekte Lage und folgende Injektion • zu kurz: versehentliche i.d.-Injektion • zu lang: versehentliche i.m.-Injektion Insulin-Resorption dann völlig unsicher üblicherweise 5-12mm Länge verfügbar Therapie-Utensilien • Penkanülen - unterschiedlich schnelle Resorption an unterschiedlichen Körperstellen 32 04.12.2012 Therapie-Utensilien Therapie-Utensilien • Injektions-Schablone 33 04.12.2012 Therapie-Utensilien • Injektions-Schablone ermöglicht und erinnert an Wechsel der Injektionsstelle(n) am ehesten zu erwarten: Lipohypertrophie bei zu häufiger Injektion an gleicher Gewebsstelle: Therapie-Utensilien • Lipodystrophien Atrophien (Gewebsschwund) und Hypertrophien (Gewebswucherung) möglich - Lipoatrophie: 34 04.12.2012 Therapie-Utensilien • Lipodystrophien Lipohypertrophien: Therapie-Utensilien • Lipodystrophien Stellen mit Lipohypertrophie sind schmerzunempfindlicher und werden von Betroffenen meist sogar noch favorisiert beim Spritzen! jedoch schlechtere Aufnahme von Insulin aus diesen Gewebestellen Eindruck, dass „Nachspritzen notwendig ist“ Injektion ggf. noch an anderer Stelle ohne Verhärtung mit der Folge: Unterzuckerungsgefahr! 35 04.12.2012 Therapie-Utensilien • Lanzetten und Lanzettierhilfe Lanzettierhilfe ohne Trommel Lanzettierhilfe mit Trommel Wechsel auch der Lanzette nach JEDER Injektion, Lanzettierhilfe „ohne Hilfe…“ egal was andere sagen! (ist ebenso Einmalartikel!) Therapie-Utensilien • Entsorgung von Penkanülen 36 04.12.2012 Therapie-Utensilien • Sonstige allgemeine Injektionshinweise: Prüfen ob Durchmischen notwendig (bei Mischinsulinen mind. 15-20maliges Schwenken!) Kanüle nach Injektion entfernen, wenn überhaupt mehrfach in Verwendung Abspritzen von 1 IE Insulin vor jeder Injektion zur Überprüfung der Durchgängigkeit der Kanüle (fehlerhaftes Aufschrauben, Herstellungsdefekt) Lagerung ungeöffneter Ampullen oder Pens im Kühlschrank (jedoch nie Einfrieren lassen!), nach Öffnung/Anbruch dann bei Raumtemperatur Therapie-Utensilien • Sonstige allgemeine Injektionshinweise: Desinfektion vor Insulin-Injektion bei ambulant therapierten Patienten mit normal-gründlicher Hygiene nicht notwendig Desinfektion vor Insulin-Injektion bei stationär therapierten Patienten laut deutscher HygieneBehörde notwendig und definitiv ratsam, jedoch nicht gesetzlich vorgeschrieben hausinterne Regelung beachten! 37 04.12.2012 Therapie-Utensilien • Unterschied Injektion OS zu Injektion Bauch zu Injektion Gesäß? • warum Hautfalte? • schräg oder nicht schräg einstechen? • wie lange injizieren und warum? Insulin-Arten • Insulin-Pens: OptiSet? OptiPen? TactiPen? SoloStar? NovoLet? InnoLet? FlexPen? HumaPen? NovoPen? AutoPen? BerliPen? Einmalpen? Fertigpen? Wegwerfpen? Und wohin wird überhaupt geworfen…? 38 04.12.2012 Insulin-Arten • grobe Gemeinsamkeiten: Insulin-Arten • neuer Pen mit Memory-Effekt: 39 04.12.2012 Neue Antidiabetika Hilfe aus dem Tierreich: die Gila-Krustenechse …den einen beißt Sie, den anderen heilt Sie… Neue Antidiabetika 40 04.12.2012 Neue Antidiabetika Neue Antidiabetika • Ziel: Wirkungsverstärkung von Inkretin, körpereigenes Hormon das bei Diabetikern wirkvermindert ist 41 04.12.2012 Neue Antidiabetika • Innovative Medikamente – kein Ersatz für Insulin, benötigen immer Fähigkeit zur körpereigenen Insulin-Produktion und -Freisetzung – bisher nur Alternative nach Versagen anderer erprobter Therapiestrategien – häufig gastrointestinale Probleme (~1/3 Patienten!) – injizierbares Byetta® (s.c.): 2x tägliche Gabe – injizierbares Victoza® (s.c.): 1x tägliche Gabe – injizierbares Bydureon® (s.c.): 1x wöchentliche Gabe Neue orale Antidiabetika • bei allen neuen Arzneimitteln erwünscht: – Langzeitdaten zur Arzneimittelsicherheit! – Nachweis des Vorteils für Patient muss konkret nachgewiesen werden! „Was nützt ein gesenkter Blutzuckerspiegel, wenn der Patient auch daran genauso zügig verstirbt und ähnliche Probleme hat wie ein anderer Patient ohne Medikation?“ Innovationen bergen Risiken und Chancen 42