Therapie des Morbus Parkinson: Herausforderungen für Klinik und Praxis Würzburg - Das idiopathische Parkinson Syndrom ist weit mehr als nur eine Bewegungsstörung. „Nicht-motorische Symptome können das Krankheitsbild dominieren und die Patienten erheblich belasten“, betonte Prof. Jens Volkmann, Würzburg, bei einem Symposium der UCB Pharma während des 8. Deutschen Parkinson Kongresses. Er erörterte zusammen mit zwei weiteren Experten die unterschiedlichen Facetten der nicht-motorischen Symptomatik. Als eine effektive Therapieoption stellten sie den non-ergolinen Dopaminagonisten Rotigotin vor. Lange wurden nicht-motorische Symptome (NMS) vor allem mit dem terminalen Stadium der Parkinson-Erkrankung assoziiert. „Es ist jedoch ein Mythos, dass sie erst im Spätstadium der Erkrankung auftreten“, hob Volkmann hervor. „Bei wenig ausgeprägten und noch nicht einschränkenden motorischen Symptomen, können nicht-motorische Symptome eine Behandlungsindikation sein“, berichtete der Experte aus seiner Praxiserfahrung. Dabei profitieren Patienten von einer frühzeitigen Therapie, wie die Ergebnisse einer prospektiven, "real life"-Beobachtungsstudie bestätigten. Im Verlauf der Studie verschlechterte sich die Lebensqualität (gemessen anhand des PDQ-39) in der Gruppe der Unbehandelten (n=198) im Vergleich zu den Behandelten signifikant1. Dopaminerge Stimulation bei nicht-motorischen Symptomen Morbus Parkinson ist eine Multisystemdegeneration. Anders als früher angenommen, seien die NMS aber keineswegs immer Zeichen einer aktuell unbehandelbaren Neurodegeneration, sondern oft Begleitsymptom eines hypodopaminergen Zustands der Basalganglienschleife. Volkmann wies darauf hin, dass noch nicht alle neurochemischen Mechanismen, die bei der Entstehung der komplexen motorischen und nicht-motorischen Symptomatik des Krankheitsbildes eine Rolle spielen, bekannt sind. Klinische Daten zeigen, dass eine dopaminerge Therapie außer motorischen auch nicht-motorische Symptome effektiv verbessern kann. So führte die kontinuierliche dopaminerge Stimulation mit transdermalem Rotigotin (z.B. Neupro®) in der RECOVER-Studie zu einer deutlichen Verbesserung der Gesamtheit der nicht-motorischen Symptome (PDNMS*)2. Dass NMS behandelbar sein können, zeigt sich nicht nur an den Effekten einer dopaminergen Substitutionstherapie, sondern auch bei Patienten, die im Rahmen der tiefen Hirnstimulation mit einem Schrittmachersystem versorgt wurden. „Die Ausprägung bestimmter bestehender NMS ist eng an den Funktionszustand der Basalganglienschleife gebunden. Diese ist selektiv und direkt durch Stimulation des Nucleus subthalamicus beeinflussbar“, erklärte Volkmann. Effekt der tiefen Hirnstimulation auf die Blasenfunktion Als Beispiel führte Volkmann an, dass die tiefe Hirnstimulation in einer Untersuchung mit 16 Parkinson-Patienten zu einer signifikanten Normalisierung pathologisch erhöhter BlasenSensibilität führte3. Die vergrößerte Blasenkapazität resultierte in einem geringeren Harndrang am Tag und in der Nacht. Patienten konnten durchschlafen und die Schlafqualität verbesserte sich. Rotigotin verbessert die Schlafqualität 60-98% aller Parkinson-Patienten leiden an Schlafstörungen, betonte Volkmann. Die Folge sind Tagesmüdigkeit und Konzentrationsschwäche. Beides beeinträchtigt die Betroffenen im sozialen und beruflichen Alltag. Rotigotin verbesserte die Schlafqualität (PDSS-2*Summenscore: -5,9 vs. -1,9; p<0,0001) im Vergleich zu Placebo signifikant2. Dieser Parameter sowie die Verbesserung der frühmorgendlichen motorischen Symptome (UPDRS III) waren primäre Endpunkte der RECOVER-Studie. Der positive Effekt auf den Schlaf blieb über ein weiteres Behandlungsjahr hinweg stabil, wie die offene Verlängerung der RECOVER-Studie dokumentierte4. Nicht-motorische Symptome im OFF Vor allem in späteren Parkinson-Stadien kommt es zu nicht-motorischen Fluktuationen. Diese können parallel mit motorischen Schwankungen einhergehen oder zeitlich verzögert auftreten. Die Häufigkeit und der Schweregrad von NMS im motorischen ON- und OFFZustand war Gegenstand einer aktuellen Untersuchung. Sie belegt, dass NMS wie Harndrang, Schwindel, Konzentrations- und Aufmerksamkeitsstörungen zwischen einer optimalen dopaminergen Einstellung und einem hypodopaminergen Zustand deutlich schwanken5. Dies zeige die Notwendigkeit einer kontinuierlichen dopaminergen Stimulation, wie sie mit Rotigotin möglich sei, kommentierte der Neurologe. Mit der einmal täglichen Applikation des transdermalen Systems Rotigotin werden über 24 Stunden konstante Plasmaspiegel erreicht6. Morbus Parkinson – eine gastrointestinale Erkrankung? Bei motorischer Fluktuation sollte man immer auch an eine Gastroparese denken. „Nahezu alle Parkinson-Patienten weisen eine gestörte Magenentleerung auf und dies bereits in frühen Krankheitsstadien“, betonte PD Dr. Dirk Woitalla, Bochum. Eine verzögerte gastrale Entleerung hat einen direkten Einfluss auf die Pharmakokinetik oraler Parkinson-Medikation wie auch klinische Daten zeigen7. „Gastrointestinale Störungen zählen zu den häufigsten nicht-motorischen Störungen der Parkinson Erkrankung“, erklärte Woitalla. Die multizentrische, nicht-interventionelle NON-GI-Studie untersuchte, ob und welchen Einfluss Rotigotin auf gastrointestinale Störungen hatte. An der Untersuchung nahmen 76 ParkinsonPatienten mit bestehenden Magen-Darm-Beschwerden teil. Sie wurden von ihrer vorherigen oralen Parkinson-Medikation auf das transdermale System umgestellt. Primärer Endpunkt war die Veränderung der gastrointestinalen Beschwerden nach sechs Wochen. Erste Ergebnisse zeigten eine deutliche Verbesserung dieser Symptomatik unter Rotigotin7. Das Pflaster wurde von den Patienten insgesamt gut vertragen. Unerwünschte Ereignisse waren typisch für die Behandlung mit Dopaminagonisten und die spezielle Applikationsform. Dazu zählten Übelkeit, Kopfschmerzen, Schwindelgefühl und Reaktionen an der Applikationsstelle, die in der Regel jedoch leicht bis mittelschwer ausgeprägt waren6. Morbus Parkinson – eine Herausforderung in der Geriatrie „Zusätzlich zu den NMS zählen die Entwicklung einer Demenz, Psychose oder Epilepsie und Schmerzen zu den Problemfeldern beim geriatrischen Parkinson-Patienten“, listete Prof. Stefan Lorenzl, München, auf. Er wies darauf hin, dass 40-85% der Betroffenen an Schmerzen leiden. Parkinson-assoziierte Schmerzen lassen sich durch Rotigotin lindern, belegten die Ergebnisse der RECOVER-Studie (Likert-Schmerz-Skala -0,9 vs. -0,1; p<0,01)2. Der „Unit of Care“, insbesondere der Pflege im häuslichen Umfeld durch Angehörige, komme eine besondere und nicht zu unterschätzende Bedeutung zu, schloss Lorenzl seine Ausführungen. Die Experten waren sich einig: Das idiopathische Parkinson-Syndrom ist mehr als nur eine Bewegungsstörung. Der progrediente Krankheitsverlauf stellt eine Herausforderung in der Therapie dar. NMS werden zunehmend stärker beachtet und haben direkten Einfluss auf die Lebensqualität von Parkinson-Patienten. Rotigotin stellt dabei eine effektive Therapieoption dar. Mit Spannung wird die Forschung im Bereich der Pathogenese der Erkrankung verfolgt. Hier könnten sich in Zukunft neue Ansätze für die kausale Therapie, Früherkennung und Prävention des Morbus Parkinson ergeben. Weitere Informationen unter www.neupro.de * PDMNS = Parkinson’s Disease Non-Motor Symptoms Assessment Scale PDSS-2 = Parkinson‘s Disease Sleep Scale-2 *** UPDRS III = Unified Parkinson's Disease Rating Scale III ** Quelle: Therapie des Morbus Parkinson: Herausforderungen für Klinik und Praxis, Symposium der UCB Pharma GmbH im Rahmen des 8. Deutschen Parkinson Kongresses, 15. März 2013, Würzburg. Literatur: 1 Grosset D et al. J Neurol Neurosurg Psychiatry 2007; 78(5):465-9 2 Trenkwalder C et al. Mov Disord 2011; 26(1):90-99 3 Seif C et al. Ann Neurol 2004; 55(1):118-20 4 Trenkwalder C et al. Basal Ganglia 2012; 2:79-85 5 Storch A et al. Neurology 2013; 80(9):800-809 ® 6 Fachinformation Neupro , Stand Januar 2013 7 UCB data on file