vorletzten Institutsprospekts - Kiepenheuer

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Kiepenheuer-Institut
für Sonnenphysik
Schöneckstrasse 6, D-79104 Freiburg i.Br.
Telefon: (0761) 3198-0 • Telefax: (0761) 3198-111
E-mail: [email protected]
URL: www.kis.uni-freiburg.de
Das Kiepenheuer-Institut für Sonnenphysik betreibt die experimentelle und theoretische Erforschung physikalischer Vorgänge auf und in der Sonne. Es hat seinen Sitz in Freiburg
und ca. 50 Mitarbeiter. Den Wissenschaftlern stehen Computeranlagen, ein Optik-Laboratorium sowie eine Fachbibliothek zur Verfügung. In den Werkstätten werden Geräte für
die Observatorien des Instituts gebaut. Die wissenschaftliche Sonnenbeobachtung wird vor allem an den deutschen
Sonnenteleskopen auf Teneriffa durchgeführt, aber auch - in
gemeinsamen Projekten - an anderen Sonnenobservatorien
in Europa und in den USA.
Das Institut ist eine Stiftung des öffentlichen Rechts des
Landes Baden-Württemberg. Land und Bund tragen die Grundfinanzierung je zur Hälfte. Darüberhinaus fördern die Deutsche Forschungsgemeinschaft und das Bundesministerium für
Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie besondere Projekte. Das Institut ist Mitglied der Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz.
Forschungsschwerpunkte
Konvektion, Rotation und Dynamo:
Hier wird die Materieströmung der Konvektionszone auf
kleiner und großer Skala, sowie der Ursprung des Magnetfelds untersucht.
Sonnenflecken:
Ziel der Erforschung dieses am besten bekannten, jedoch in vieler Hinsicht immer noch unverstandenen Phänomens des solaren Magnetismus, ist ein konsistentes
magneto-konvektives Sonnenfleckenmodell.
Feinstruktur der Photosphäre:
Die Feinstruktur gilt als Schlüssel zum Verständnis magnetischer Strukturbildung und der Wirkung des Magnetfelds auf den konvektiven Energietransport.
Chromosphäre und Korona:
Die Erforschung der äußeren Atmosphäre der Sonne zielt
auf deren Struktur und Dynamik, auf den Heizungsmechanismus, und auf den Zusammenhang mit dem
photosphärischen Magnetismus.
Die Sonne
Die Sonne ist ein Stern wie Milliarden anderer Sterne unserer Milchstraße. Wegen ihrer Nähe zur Erde nimmt sie eine Sonderstellung ein,
nicht nur als Quelle allen Lebens, sondern auch als Quelle astronomischen Wissens. Auf keinem anderen Stern können wir Einzelheiten der
Oberfläche so detailliert beobachten wie auf der Sonne.
Die Sonne in Zahlen
Sterne wie die Sonne sind Gaskugeln im hydrostatischen Gleichgewicht: Ihre Gravitation und der nach innen zunehmende Druck halten
sich die Waage. Im Zentrum sind Temperatur und Dichte so hoch, dass
die Verschmelzung von Wasserstoffatomkernen zu Heliumkernen ablaufen kann. Aus diesem Prozess der Kernfusion stammt die von der
Sonne seit 4.6 Milliarden Jahren abgestrahlte Energie. Der Transport
an die Oberfläche geschieht durch Strahlung und Konvektion.
Temperatur: an der Oberfläche 5800 K
in Sonnenflecken 4000 K
im Zentrum
15.7 Mio. K
Mit dem Teleskop lässt sich die
Konvektion direkt beobachten:
Helle Bereiche aufsteigender
Materie - „Granulen“ von
durchschnittlich 1000 km
Durchmesser - in einem Netz
von dunklen Kanälen absteigender Materie. Innerhalb weniger Minuten verändert sich
dieses Muster (Bild: C. Denker).
Sonnenflecken unterbrechen die Granulation. Mittelgroße Flecken sind
so groß wie die Erde; ihre Lebensdauer reicht von wenigen Stunden
bis zu einigen Monaten. Sonnenflecken sind kühler und dunkler als
ihre Umgebung, weil ihr starkes Magnetfeld den konvektiven Energietransport an die Oberfläche behindert. Die Häufigkeit der Flecken
schwankt in einem etwa 11-jährigen Zyklus, die magnetische Polarität
wechselt mit der doppelten Periode. Induktion ist die Ursache dieses
magnetischen Zyklus, vergleichbar einem selbsterregten Dynamo.
Masse:
Radius:
Leuchtkraft:
Alter:
1.989 x 1030 kg
696000 km
3.844 x 1026 W
4.6 Mrd. Jahre
Chemische Zusammensetzung
(Massenanteile):
Äußere Schichten
Sonnenzentrum
73% Wasserstoff
25% Helium
2% übrige Elemente
35% Wasserstoff
63% Helium
2% übrige El.
Rotationsdauer (siderisch):
am Äquator
25.6 Tage
in Polnähe
36 Tage
Magnetfeldstärke in Sonnenflecken: 0.3 T
Abstand Erde-Sonne:
150 Mio. km
Winkeldurchmesser der Sonne
von der Erde gesehen:
0.5 Grad
Kleinste beobachtbare Details: ca. 150 km
Im Zentrum der Sonne wird
bei fast 16 Mio. Kelvin Energie durch Kernfusion (1)
freigesetzt und zunächst
durch Strahlung (2), dann
durch Konvektion (3) nach
außen transportiert. In der
Photosphäre (4), der
sichtbaren Oberfläche, beobachten wir Sonnenflekken (5) und das wabenartige Granulationsmuster
(6). Nur mit speziellen Filtern sind die Chromosphäre (7) und die Protuberanzen (8) zu sehen. Bei totalen Sonnenfinsternissen
wird die heiße Korona (9),
der äußere Teil der Sonnenatmosphäre, sichtbar
(Zeichn: R. Brammer).
Deutsche Sonnenteleskope auf Teneriffa
Das 38 m hohe Vakuum-Turm-Teleskop (VTT) ist ein klassisches Sonnenteleskop mit Coelostat: zwei bewegliche ebene
Spiegel lenken das Sonnenlicht in das fest montierte Teleskop. Die halbzylindrische Kuppel wird je nach Windstärke und
Windrichtung ganz oder teilweise geöffnet. Der Hauptspiegel hat einen
Durchmesser von
70 cm und eine
Brennweite von
46 m. Er liefert
ein Bildfeld von
1/3 des Sonnendurchmessers.
Das Teleskop ist
evakuiert, um
eine Bildverschlechterung
durch Luftturbulenz infolge
Erwärmung im
Teleskop zu verhindern.
Teilansicht des Observatorio del Teide mit den deutschen Sonnenteleskopen
VTT und GCT (von rechts nach links). Im Hintergrund der Pico de Teide.
Tägliche Hα-Bilder der gesamten Sonne werden über ein
separates 15cm-Teleskop mit einem Heliostat auf der Terrasse des VTT-Gebäudes aufgenommen.
Gebäude des Vakuum-Turm Teleskops.
Das Sonnenbild kann gleichzeitig in mehreren Wellenlängen
aufgenommen werden, z.B. in Ca II K, Hα sowie mit variablem
Filter. Ein Echelle-Spektrograph mit dem Auflösungsvermögen von 800.000 erlaubt die simultane Spektroskopie in weit
auseinanderliegenden Wellenlängen. Neben dem Spektrograph
stehen Fabry-Perot-Interferometer sowie Polarimeter zur Verfügung.
Zur weiteren Ausrüstung des VTT gehört der „CorrelationTracker“. Dieses Bildberuhigungs-System kompensiert atmosphärisch und instrumentell bedingte Bildbewegung: Der Versatz des aktuellen Bildes gegenüber einem vorher gespeicherten Referenzbild steuert „on-line“ einen Kippspiegel im
Strahlengang, so dass das
Sonnenbild in der
Brennebene ruhig steht.
Ein System adaptiver Optik, das neben der Bildbewegung auch die Bildschärfe korrigiert, wird
gegenwärtig entwickelt.
Schnitt durch das VTT: Das
Sonnenlicht fällt zunächst auf
zwei Coelostatenspiegel auf
dem Turm und wird dann in
das Teleskop reflektiert, das
sich über 10 Stockwerke erstreckt. Das Sonnenbild kann
in verschiedenen Labors beobachtet und mit dem Spektrographen untersucht werden,
der 16 m tief vertikal hinabreicht (Zeichn.: R. Brammer).
Das neue 1.5m Teleskop
„GREGOR“ soll im Sommer
2004 installiert werden.
Es ersetzt das 45cmGregory-Coudé-Teleskop,
das im Frühjahr 2002
abgebaut wurde.
GREGOR ist ein kompaktes Spiegel-Teleskop
mit einer Öffnung von
1.50 m und einer
Brennweite von 60 m.
Sein Hauptspiegel
wird aus Siliziumcarbid gefertigt, einem Material mit hoher
Wärmeleitfähigkeit. Eine abklappbare Kuppel wird
für eine gute Durchströmung des Teleskops mit Umgebungsluft sorgen und damit eine Reduktion der Bildqualität durch
Aufheizung verhindern. Der Hauptspiegel wird außerdem von
der Rückseite aktiv gekühlt werden. GREGOR wird mit adaptiver Optik ausgestattet sein. Als Fokalinstrumente sind ein
Gitterspektrograph, ein Filterspektrometer und ein SpektroPolarimeter vorgesehen.
Als Lichtempfänger stehen für beide Teleskope großflächige
CCD-Kameras (mit bis zu 2048 x 2048 Bildelementen) zur
Verfügung. Sie nehmen Bilder und Spektren digital auf, die
am Bildschirm unmittelbar betrachtet und im Computer weiterverarbeitet werden können. Die Auswertung der beobachteten Bilddaten wird in den Heimatinstituten vorgenommen.
Vom Schauinsland über Capri nach Teneriffa
Die Sonnenforschung in Freiburg begann 1943, als Karl Otto
Kiepenheuer (1910 - 1975) auf dem 1284 m hohen Schauinsland, etwas unterhalb des Gipfels, ein Observatorium gründete. Es sollte zusammen mit den anderen damals unter dem
Namen „Fraunhofer-Institut“ vereinigten Observatorien Zugspitze, Wendelstein, Kanzelhöhe und Syrakus (Sizilien) eine
möglichst lückenlose Beobachtung der Sonne gestatten.
Im Jahre 1949 wurde die Sonnenforschung am Observatorium Schauinsland mit drei Teleskopen fortgesetzt. Das Hauptinstrument, ein 45cm-Turmteleskop, wurde 1972/73 erneuert. Heute wird das Schauinsland-Observatorium für die Ausbildung, zu Tests von Geräten für Teneriffa und zu Führungen
für die Öffentlichkeit benutzt.
Die erste Außenstation des Instituts wurde 1953 auf der Insel Capri errichtet. Das Hauptinstrument, der „kuppellose
Coudé-Refraktor“ mit 35 cm Öffnung, wurde in Zusammenarbeit mit der Firma Zeiss entwickelt und 1966 in Betrieb genommen. Mit diesem Teleskop gelang F.L. Deubner im Jahre
1975 zum ersten Mal der Nachweis der globalen Eigenschwingungen der Sonne. Hα-Aufnahmen von „arch-filamentsystems“ (Bild) gaben erste Hinweise auf den Prozess des
Auftauchens von magnetischem Fluss an der Sonnenoberfläche. Nach der Inbetriebnahme der Sonnenteleskope auf
Teneriffa wurde die Außenstation Capri 1988 geschlossen.
Arch Filament System
Nach dem Tode Kiepenheuers 1975 wurde als Institutsdirektor Egon Horst Schröter berufen. Das Institut wurde 1978 in
Würdigung der Verdienste seines Gründers in „KiepenheuerInstitut für Sonnenphysik“ umbenannt. Seit April 1997 ist
Oskar von der Lühe Direktor des Kiepenheuer-Instituts und
Lehrstuhlinhaber für Astrophysik und Sonnenphysik an der
Universität Freiburg.
Das Observatorium auf dem Schauinsland
Darüber ist die Atmosphäre meist klar und wolkenlos. Die
Luft, die der Westwind vom Meer heranträgt, ist stabil geschichtet und Garant für ein scharfes und ruhiges Sonnenbild. Auf beiden Inseln wurden Testteleskope installiert, um
Vergleichsmessungen durchzuführen. Die Entscheidung fiel
zugunsten von Teneriffa.
Die Bundesrepublik Deutschland trat 1983 einem internationalen Vertrag zwischen Dänemark, Großbritannien, Schweden und Spanien bei. Anschließend konnte auf dem Gelände
des „Observatorio del Teide“ (2400 m) des Instituto de
Astrofísica de Canarias mit dem Bau der neuen Sonnenteleskope begonnen werden. Die Mittel für den Bau der Teleskopgebäude stellte die Deutsche Forschungsgemeinschaft
bereit. Das Kiepenheuer-Institut baute das Vakuum-TurmTeleskop neu, die Universitäts-Sternwarte Göttingen verlegte ihr Gregory-Coudé-Teleskop nach gründlicher Überholung
nach Teneriffa.
Der wissenschaftliche Betrieb des gemeinsamen Sonnenobservatoriums wurde 1986 aufgenommen. Unter der Federführung des Kiepenheuer-Instituts beteiligen sich daran die
Universitätssternwarte Göttingen, das Astrophysikalische Institut Potsdam und das Max-Planck Institut für Aeronomie in
Lindau (Harz). Die Beobachtungszeit an den Teleskopen wird
aufgrund begutachteter Anträge verteilt. Dabei stehen 75%
deutschen Wissenschaftlern zur Verfügung, 20% entfallen vertragsgemäß auf Spanien, 5% werden international vergeben.
Bereits 1969 wurde ein internationales Programm mit dem
Ziel initiiert, einen erstklassigen Standort für ein Sonnenobservatorium in Europa zu finden. Die hohen Berge der Kanarischen Inseln Teneriffa und La Palma erwiesen sich als
gut geeignet. Unterhalb der Gipfel bildet sich dort eine
Inversionsschicht aus, welche die bodennahe, vom Nordostpassat dominierte feuchte Luftschicht nach oben hin abgrenzt.
Titelbild: Coelostat des Vakuum-Turm-Teleskops auf Teneriffa mit
dem 3717 m hohen Pico de Teide im Hintergrund
Gebäude des Kiepenheuer-Instituts am Freiburger Schlossberg
W. Schmidt, M. Stix, H. Wöhl, 2002
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