Freizeit & Tipps Natur Wilde Kerle Ein Hirschkäfer mit einem imposanten „Geweih“ Die Käfer waren schon Zeitgenossen der Dinosaurier und gehören damit zu den ältesten Insekten. Nur Libellen waren früher da und flogen bereits 100 Millionen Jahre vorher durch die Steinkohlewälder. VON REINHOLD GAYL Es sind schon sehr prägnante Tiergestalten, unsere Käfer! Sehr robust durch die Gestaltung ihrer Flügel, von denen sie – wie alle Insekten – zwei Paare haben, beide am Brustabschnitt eingelenkt. Jedoch nur das hintere dient als Flugorgan! Pergamentartig dünn, oft vielfach gefaltet, liegen sie unter dem ersten Flügelpaar, das sie, hart und derb ausgeführt, als „Flügeldecken“ schützt. Und diese Flügeldecken sind es, die durch Farben und Formen die auffälligste Vielfalt der Käfer hervorrufen, ob es die Tupfen des Marienkäfers, die Streifen des Kartoffelkäfers oder das schillernde Grün von Rosenkäfern sind. Die Flügeldecken sind aber nicht nur Schutz, denn beim Flug dienen sie als Tragflächen. Nur Rosenkäfer brauchen das nicht. Sie entfalten die Flügel, ohne die Flügeldecken zu lüften, und schwirren dann, einer Hummel gleich, im Eilflug über Wiesen und Büsche. Auf der Menükarte Käfer haben sehr urtümliche Mundwerkzeuge: „Beißend-kauend“ nennt man sie. Die Balkenschröter etwa können sehr schmerzhaft zubeißen. Das Nahrungsspektrum ist weit gespannt: Manche machen als Beutegreifer Jagd auf Würmer und Insektenlarven, Laufkäfer jagen sehr effizient Nacktschnecken. Andere sind Blüten-Liebhaber, wie der Rosenkäfer und die Schmalböcke, Berühmt – und weniger oder fressen Blütenappetitlich – sind die Aas- staub als Zubrot zu und Dungfresser. erjagten Kleintieren, wie die Weichkäfer, die im Volksmund auch „Soldatenkäfer“ genannt werden. Dadurch werden Käfer auch zu Bestäubern, und in den Tropen gibt es Käferblumen, die nur von ihnen bestäubt werden, wie der Philodendron und viele Palmenarten. Auffallend ist auch der Immenkäfer, ein 30 granatapfel 5 ∙ 2017 rot-schwarz geflecktes prachtvolles Tier, das gerne auf den Doldenblütlern grast. Berühmt – und weniger appetitlich – sind die Aas- und Dungfresser. Der Totengräber ist ein sehr schöner Käfer, der gefundenes Aas vergräbt und dann seine Eier hineinlegt, worauf die Larve vom Aas lebt. Der berühmte Pillendreher, der heilige Skarabäus, allerdings vergräbt den Dung von Tieren zu Kugeln gerollt und legt die Eier hinein. Reine Vegetarier sind die großen Ölkäfer, die im April und Mai durch die Auen wandern. Fliegen können sie nicht, sie haben nur Stummelflügel, sind auch viel zu plump für Flügel in Normgröße. Sie knabbern Pflanzen und legen zahllose Eier in selbstgegrabene Erdlöcher. Ihre Larven allerdings müssen im nächsten Frühling eine Erdbiene finden, die sie in ihren Bau schleppt, wo sich die Kleinen an Larven und Honig gütlich tun. Freund oder Feind Der Hirschkäfer ist trotz seines imposanten „Geweihs“, den umgewandelten Mundwerkzeugen, ein Säftesauger. Er leckt den Blutungssaft von Bäumen – den zuckerhaltigen Saft, der aus den Baströhren quillt, wenn man sie verletzt. Das Männchen selbst kann sie nicht verletzen, nur das Weibchen. Daher wartet er, bis sie die Rinde verletzt hat, und schleckt dann am Blutungssaft mit. Natur Fotos: Reinhold Gayl, ClipDealer Völlig anders als erwachsene Käfer leben meist die Larven. Viele wandern räuberisch durchs Falllaub oder jagen, wie die Marienkäferlarve, Blattläuse. Andere wieder sind Bewohner abgestorbener oder geschwächter Bäume und leben vom Holz oder Mulm. Sie verbringen oft viele Jahre im Totholz, der Hirschkäfer bis zu acht! Die Larven des Moschusbocks leben etwa drei Jahre in alten Weiden und Pappeln. Die „Holzwürmer“ sind also häufig Larven ausgesprochen nützlicher und gefährdeter Käferarten. Die Larven des Rosenkäfers wiederum gehören zu den „Engerlingen“ und leben mehrere Jahre in Komposthaufen, wo sie von Gärtnern oft für Schädlinge gehalten und getötet werden. Symbol eines Schädlings schlechthin sind die Larven des Borkenkäfers: Sie fressen sich durch die lebende Bastschicht der Bäume und können durch ihre große Zahl – die Käfer selbst sind wenige Millimeter groß – echte Forstschäden bewirken. Im nassen Element Der größte Wasserkäfer, der pechschwarze Kolbenwasserkäfer, ist Vegetarier; aber der berühmteste Schwimmkäfer, der Gelbrand, ist ein effizienter und gefürchteter Beutegreifer, weil er sogar Fischbrut erbeutet. Das Problem der Atmung lösen sie auf vielfältige Weise. Kiemen hat keiner von ihnen. Der Gelbrand streckt sein Hinterende aus dem Wasser, lüftet die Flügeldecken und holt sich einen Luftvorrat, der für fast eine halbe Stunde reicht. Der Kolbenwasserkäfer macht es umgekehrt – er streckt den Kopf heraus und lädt seinen Luftvorrat durch einen Schnorchel. Originell aber ist die Technik der Hakenkäfer, sie brauchen nie mehr aufzutauchen! Auf dem Bauch tragen sie ein „Plastron“, eine Luftblase, die als physikalische Kieme wirkt. Der Käfer entnimmt ihr Sauerstoff, und der wird vom Wasser wieder in die Blase nachgefüllt. Und damit das besser klappt, „walkt“ der Käfer mit den Beinen seine Luftblase, wie wir, wenn wir eine Luftmatratze leeren wollen. Fotos von oben nach unten: Fliegender Hirschkäfer: seine Flügeldecken dienen als Tragflächen, nur die Hinterflügel wirken als Propeller. Ein Rosenkäfer beim Blütenbesuch Der Gemeine Weichkäfer, ein Mischkostesser, der auch Blütenstaub frisst Der Gelbrandkäfer, ein räuberisch lebender Schwimmkäfer 31