Teilprojekt Meteorologie - Niederschlag und Temperatur

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2.5.1
Teilprojekt Meteorologie - Niederschlag und Temperatur
1. Einleitung
Als Auswirkung des Globalen Wandels verändert
sich unser Klima, d.h. der langzeitige Mittelwert
des Wettergeschehens. Studien zeigen, dass es
bereits zu einer Erhöhung der mittleren globalen
Temperatur um etwa 0,5°C in den letzten 50 Jahren kam (IPCC, 2001). Als Reaktionen dieser
Temperaturerhöhung werden Veränderungen
des atmosphärischen Wasserdampfgehaltes,
der Windverhältnisse, der Strahlungsbilanz und
des Niederschlags verzeichnet. Diese Veränderungen wirken sich jedoch nicht gleichmäßig
über den Globus verteilt aus, sondern unterscheiden sich deutlich von Region zu Region. So
kann die globale Erwärmung in bestimmten
Gebieten sogar zu einer Abkühlung führen. Die
Regionalisierung der globalen Klimaänderung ist
somit ein wichtiges Forschungsgebiet. Innerhalb
des Projektes GLOWA-Danube werden diese
Auswirkungen beispielhaft auf das Einzugsgebiet
der Oberen Donau untersucht.
Für die meisten Menschen macht sich die Klimaänderung zunächst über die Änderung der Temperatur oder des Niederschlags bemerkbar.
Denn sowohl Temperatur als auch Niederschlag
beeinflussen das Leben der Menschen direkt. Sie
wechselwirken zum einen mit der natürlichen
Umwelt, z.B. dem Erdboden, dem Grundwasser,
der natürlichen Vegetation und der Landwirtschaft, und zum anderen mit den sozioökonomischen Gegebenheiten, z.B. dem Wasserbedarf
der Landwirtschaft und privater Haushalte, der
Industrie und der Tourismusbranche (siehe Kapitel 2.9.1, 2.10.1 und 2.12.1).
Bereits vermeintlich geringfügige Änderungen
der Temperatur und des Niederschlags im klimatologischen, d.h. langjährigen Mittel können im
komplexen Gesamtsystem deutliche Konsequenzen nach sich ziehen. Bei stärkeren Abweichungen vom klimatologischen Mittelwert müssen auch gravierende Auswirkungen auf verschiedenste Aspekte menschlichen Daseins erwartet werden. Bei lang anhaltender Hitzewelle
oder Trockenheit steigt die Mortalitätsrate, Badeseen neigen zu höherer Bakterienkonzentration,
Kraftwerke können gegebenenfalls nicht mehr
ausreichend mit Kühlwasser versorgt werden,
Pflanzen vertrocknen und im Extremfall kann sogar die Versorgung der Bevölkerung mit Trinkwasser in ausreichender Menge und Qualität gefährdet sein.
2. Datenaufbereitung
Globale Klimasimulationen verfügen bisher noch
nicht über eine ausreichende horizontale Auflösung, um realistische, detaillierte Studien zu Auswirkungen des Klimawandels auf regionaler oder
sogar lokaler Skala zuzulassen. So werden insbesondere markante Eigenschaften einer orographisch stark gegliederten Landschaft wie dem Alpenraum von einem globalen Klimamodell nicht erfasst. Daher werden zur Regionalisierung die Ergebnisse der globalen Simulationen mittels eines
nachgeschalteten regionalen Klimamodells auf
physikalisch konsistente Weise zu höheren Auflösungen hin weiterprozessiert.
Zur Erfassung des aktuellen regionalen Klimas und
zur Validierung des gesamten Modellansatzes werden zunächst Daten aus globalen meteorologischen Analysen der Vergangenheit in ein Regionalmodell eingespeist. Diese vorwiegend dreidimensionalen Felder meteorologischer Daten werden
z.B. vom ‚European Centre for Medium-Range
Weather Forecasts’ (ECMWF) für längere Zeitreihen in hoher Qualität und zeitlich hochkonsistent in
Form sogenannter Reanalysen bereitgestellt. Für
die hier gezeigten Karten werden Simulationsergebnisse des Regionalmodells im Zeitraum 19912000 verwendet.
3. Modellbeschreibung
Zur Berechnung der meteorologischen Parameter
für DANUBIA wird das mesoskalige Atmosphärenmodell MM5 (Grell et al.,1994) verwendet. Da
die Auflösung von MM5 (derzeit 45 km, später evtl.
bis zu 15 km) gröber ist als das 1 x 1 km² ProxelGitter von DANUBIA, müssen die aus MM5 resultierenden meteorologischen Parameter skaliert
werden.
Grundsätzlich wäre das Betreiben von MM5
selbst auf einer horizontalen Auflösung von 1 km
wünschenswert. Da mit DANUBIA jedoch Klima-
szenarien mit entsprechend langen Zeitreihen
gerechnet werden sollen, übersteigt der hierfür
erforderliche Bedarf an Computerressourcen das
heute realistisch Machbare. Als Kompromiss
wurde deshalb eine Kombination aus dynamischphysikalischem Downscaling mittels MM5 (z.B.
von 200 km, der typischen Auflösung eines globalen Klimamodells auf 45 km) und einem nachgeschalteten statistisch-empirischen Skalieren
der MM5-Ergebnisse auf die gewünschte hohe
Messungen punktbezogen sind. Die meteorologischen Parameter, welche in diesem ersten Schritt
untersucht werden, sind der Niederschlag P und
die Lufttemperatur T. Im Folgenden werden die
beobachteten Zeitreihen Obs mit den Ergebnissen des mesoskaligen Atmosphärenmodells
MM5, dem skalierten Modell AtmoMM5 und dem
Modell AtmoStations verglichen. AtmoStations
interpoliert die Stationsmessungen direkt mittels
einer entfernungs- und richtungsgewichteten In-
Abbildung 2.5.1.1: Niederschlag (P) des Jahres 1995 in Regensburg aus den Messungen Obs (blau), den Simulationen
von MM5 (schwarz) und AtmoMM5 (rot) und den AtmoStations-Daten (grün) mit jeweils der Wurzel aus dem mittleren
quadratischen Fehler (RMSE) in Bezug zu den Beobachtungen
Abbildung 2.5.1.2: Temperatur (T) in 2m Höhe des Jahres 1995 in Regensburg aus den Messungen Obs (blau), den Simulationen von MM5 (schwarz) und AtmoMM5 (rot) und den AtmoStations-Daten (grün) mit jeweils der Wurzel aus dem mittleren quadratischen Fehler (RMSE) in Bezug zu den Beobachtungen
Auflösung (von 45 km auf 1 km) gewählt. Somit
werden die Vorteile eines dynamisch-physikalischen Verfahrens mit der Effizienz eines
statistisch-empirischen Ansatzes verbunden.
Diese Kombination aus MM5 und dem im
Folgenden skizzierten Skalierungsalgorithmus
wird mit At-moMM5 bezeichnet.
Für die in AtmoMM5 verwendete Skalierungsmethode werden zunächst monatliche Klimatologien
auf Basis von Stationsmessungen (siehe Kapitel
1.4) erzeugt, welche die mittleren Bedingungen der
einzelnen Monate im Zeitraum 1991-2000 repräsentieren. Im nächsten Schritt werden diese Stationsmessungen auf das 1 x 1 km² Proxel-Gitter interpoliert. Dazu werden die Messungen zunächst
mit einer entfernungs- und richtungsgewichteten
Interpolationsmethode (Shepard, 1968) auf die Fläche bezogen. Die Abhängigkeit des Niederschlags
von der orographischen Höhe wird mit Hilfe von
PRISM (Parameter-elevation Regression on Independent Slope Model, Daly et al., 1994) berücksichtigt. Dieser wurde bereits von Schwarb et al.
(2001) auf die Alpen angewandt. Für die Temperatur wird eine lokale Höhenregression zur Berücksichtigung der Orographie bestimmt. Dieses
Vorgehen führt zu klimatologischen Feldern des
Niederschlags und der Temperatur mit einer Auflösung von 1 x 1 km².
Die eigentliche Skalierung besteht aus zwei getrennten Schritten: Zunächst wird die lokale subskalige Variabilität aus der hochaufgelösten beobachteten Klimatologie abgeleitet. Anschließend wird eine Bias-Korrektur durchgeführt, welche die grob aufgelöste skalierte Modell-Klimatologie an die beobachtete heranführt (Früh et al.,
2006). Im Fall der Temperatur werden die beiden
Schritte additiv und im Fall des Niederschlags
multiplikativ durchgeführt.
Zur Überprüfung der Qualität der innerhalb von
DANUBIA verwendeten meteorologischen Daten
wurde ein Vergleich der Zeitreihen verschiedener
Proxel im Zeitraum zwischen 1991 und 2000 mit
entsprechenden Zeitreihen der Stationsmessungen durchgeführt. Bei der Interpretation dieses
Vergleichs muss berücksichtigt werden, dass
sich die DANUBIA-Ergebnisse auf eine ProxelFläche von 1 x 1 km² beziehen und somit mittlere
Werte für eine Fläche darstellen, wogegen die
terpolationsroutine. Abbildung 2.5.1.1 zeigt den
Niederschlag P des Jahres 1995 an der Station
Regensburg. Daraus wird deutlich, dass der Niederschlag von AtmoMM5 im Wesentlichen dem
Verlauf des beobachteten Niederschlags folgt. In
einigen Perioden wird der Niederschlag durch die
Simulation im Vergleich zu den Stationsmessungen überschätzt (z.B. Ende April, Mitte Juli und
Dezember) und in einigen unterschätzt (z.B. Ende Mai bis Anfang Juni und Ende Juli bis Anfang
August).
Zur Überprüfung der Veränderung der Simulationsergebnisse für den Niederschlag infolge der
Skalierung wird die Wurzel aus dem mittleren
quadratischen Fehler RMSE berechnet. Er ist definiert über
2
wobei X entweder für Tagesmittelwert der Temperatur oder für Tagessumme des Niederschlags
steht. Der Begriff Modell in obiger Gleichung bezieht sich entweder auf MM5, AtmoMM5 oder
AtmoStations. N ist die Anzahl der Tage mit Messungen. Durch die Quadrierung der Abweichung
werden große Differenzen stärker bewertet. Eine
perfekte Übereinstimmung der beobachteten
und skalierten Werte würde für RMSE den Wert
Null ergeben.
Die Skalierung (MM5 ? AtmoMM5) bewirkt eine
Verminderung des RMSE zwischen der Tagessumme des Niederschlags aus den Beobachtungen Obs und AtmoMM5 im Vergleich zu Obs
und MM5 von 3.25 zu 2.78. Für AtmoStations ist
der RMSE erwartungsgemäß gering (0.92), da
die Stationsmessungen Obs eine direkte Eingabe für das Interpolationsmodell sind. Die geringe
zeitliche Verschiebung der Niederschlagsereignisse (Abbildung 2.5.1.1) ist darauf zurückzuführen, dass die Niederschlags-Messungen zu den
Klimaterminen (siehe Kapitel 1.4) und nicht um
Mitternacht stattfinden.
Abbildung 2.5.1.2 zeigt die entsprechenden Ergebnisse für die 2 m-Temperatur. Die Beobachtungen Obs werden von AtmoMM5 sehr gut wiedergegeben. Durch die Skalierung wird der
RMSE von 2.01 auf 1.36 reduziert.
Abbildung 2.5.2.1 zeigt die jahreszeitliche Abhängigkeit des RMSE des Niederschlags. Für alle
verwendeten Modelle ist der RMSE in den Sommermonaten (Mai-August) am höchsten. Dies ist
verknüpft mit den häufig auftretenden sommerlichen, konvektiven Niederschlagsereignissen, welche in allen Fällen schwierig zu simulieren sind: im
Modell MM5 wird konvektiver Niederschlag in einem subskaligen, parametrisierten Prozess erzeugt. In AtmoStations und der Niederschlagsklimatologie, welche die Grundlage für die Skalierung darstellt, werden die Niederschlagsmessungen auf die Fläche interpoliert. Dadurch werden
starke räumliche Gradienten, welche durch die
räumlich eng begrenzte Ausdehnung der konvektiven Ereignisse auftreten, geglättet.
Abbildung 2.5.2.1: Wurzel aus dem mittleren quadratischen Fehler (RMSE) pro Monat zwischen der Tagessumme des Niederschlags (P) der Messungen (Obs) im
Vergleich zu den DANUBIA-Modellen für die Zeitreihe
1991-2000 an der Station Regensburg. Schwarze Balken
zeigen den RMSE zwischen Obs und MM5, rote zwischen
Obs und AtmoMM5 und grüne Balken den zwischen Obs
und AtmoStations.
Abbildung 2.5.2.2: Wurzel aus dem mittleren quadratischen Fehler (RMSE) pro Monat zwischen dem Tagesmittelwert der 2 m-Temperatur (T) der Messungen (Obs)
im Vergleich zu den DANUBIA-Modellen für die Zeitreihe
1991-2000 an der Station Regensburg. Schwarze Balken
zeigen den RMSE zwischen Obs und MM5, rote zwischen
Obs und AtmoMM5 und grüne Balken den zwischen Obs
und AtmoStations.
Der RMSE der 2 m-Temperatur (siehe Abbildung
2.5.2.2) hat eine deutlich schwächere jahreszeitliche Abhängigkeit als der RMSE des Niederschlags
(siehe Abbildung 2.5.2.1). Der RMSE der 2 m-Temperatur wird in Folge der Skalierung wiederum sehr
stark reduziert.
Tabelle 2.5.2.1 enthält Mittelwert und RMSE der Tageswerte von Temperatur und Niederschlag für die
Zeitreihen zwischen 1991 und 2000 gemittelt über
die fünf Stationen Regensburg, Augsburg, München, Garmisch-Partenkirchen und Hohenpeißenberg. Die Mittelwerte von AtmoStations und
AtmoMM5 stimmen sehr gut mit den Beobachtungen Obs überein. Die Skalierung reduziert den
RMSE sowohl bei der Temperatur als auch beim
Niederschlag.
T [°C]
P [mm]
Mittel RMSE Mittel RMSE
Obs
AtmoStations
MM5
AtmoMM5
8,7
8,3
7,0
8,7
0,9
2,8
2,1
2,7
2,7
3,1
2,9
1,7
3,5
3,4
Tabelle 2.5.2.1: Mittelwert und Wurzel aus dem mittleren
quadratischen Fehler (RMSE) der Tageswerte der 2 mTemperatur (T) und des Niederschlags (P) für die Zeitreihen zwischen 1991 und 2000 gemittelt über die fünf Stationen Regensburg, Augsburg, München, Garmisch-Partenkirchen und Hohenpeißenberg.
4. Darstellung der Ergebnisse
Als Beispiel für eine AtmoMM5-Simulation ist in
Abbildung 2.5.2.3 die konkrete Niederschlagsepisode vom 18.1.1995 im Zeitraum zwischen 13
und 24 UTC dargestellt. Die stündlichen Niederschlagsfelder (von links oben nach rechts unten)
auf 1 x 1 km² dienen als Eingabe für DANUBIA.
Die Dynamik des über das Einzugsgebiet hinwegziehenden Niederschlagssystems ist sehr
deutlich erkennbar. Auch der Einfluss der Orographie ist durch die höhere Niederschlagsintensität
Abbildung 2.5.2.3: Niederschlag am 18.1.1995 von 13-24 UTC (stündliche Darstellung von links oben nach rechts unten)
simuliert durch AtmoMM5.
am nordwestlichen Rand der Alpen deutlich zu erkennen.
Die beiden Kartendarstellungen zeigen Klimatologien von Niederschlag und Temperatur für die
Dekade 1991 bis 2000. Die erste Karte 2.5.1 präsentiert den über die Jahreszeiten summierten
Niederschlag. Die zweite Karte 2.5.2 zeigt die
über die Jahreszeiten gemittelte Temperatur.
Dargestellt sind jeweils die Verhältnisse in den
vier meteorologischen Jahreszeiten. Dabei umfasst der Winter die Monate Dezember bis Februar, Frühling die Monate März bis Mai, Sommer
Juni bis August und Herbst September bis
November.
Literatur
Daly, C., Neilson, R.P. & Phillips, D.L. (1994): A statisticaltopographic model for mapping climatological precipitation over
mountainous terrain. J. Appl. Met., 33, 140-158.
Früh, B., Schipper J. W., Pfeiffer, A. & Wirth, V. (2006): A
pragmatic approach for downscaling precipitation in Alpine
scale complex terrain. Akzept. in Meteorologische Zeitschrift.
Grell, G.A., Dudhia, J. & Stauffer, D.R. (1994): A description
of the fifth-generation Penn State/NCAR mesoscale model
(MM5). NCAR/TN-398+STR (1994), 138 pp.
IPCC (2001): Climate Change 2001: Synthesis Report. A
Contribution of Working Groups I, II, and III to the Third
Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate
Change [Watson, R.T. and the Core Writing Team (eds.)].
Cambridge University Press, Cambridge, United Kingdom and
New York, NY, USA, 398 pp.
Schwarb, M., Daly, C., Frei, C. & Schär C. (2001): Mean
annual and seasonal precipitation in the European Alps 19711990. Hydrological Atlas of Switzerland. Plates 2.6 and 2.7,
Federal Office for Water and Geology, Bern, Switzerland,
2001.
Shepard, D. (1968): A two-dimensional interpolation function
for irregularly-spaced data. Proc. 23rd ACM Nat. Conf.,
Brandon/ Systems Press, Princeton NJ, 517-524.
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