5. Jahrgang, 3. Ausgabe, 91-105 - - - Rubrik Neue Arzneimittel - - - Was gab es Neues auf dem Arzneimittelmarkt 2010 Teil 4: Roflumilast und Dronedaron Roflumilast (Daxas®) Dronedaron (Multaq®) Neue Arzneimittel 2010 – Roflumilast und Dronedaron - 92 - Was gab es Neues auf dem Arzneimittelmarkt 2010 Teil 4: Roflumilast und Dronedaron* Prof. Dr. Georg Kojda Fachpharmakologe DGPT, Fachapotheker für Arzneimittelinformation Institut für Pharmakologie und klinische Pharmakologie Universitätsklinikum, Heinrich-Heine-Universität Moorenstr. 5, 40225 Düsseldorf [email protected] *Aus einem Vortrag des Autors vom 24.01.2011 im großen Hörsaal des LFI der Universitätsklinik Köln (organisiert durch Apothekerkammer Nordrhein/Apothekerverband Köln e.V./Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein Bezirksstelle Köln) Den Fortbildungsfragebogen zur Erlangung eines Fortbildungspunktes zum Fortbildungstelegramm Pharmazie finden Sie hier: http://www.uni-duesseldorf.de/kojda-pharmalehrbuch/FortbildungstelegrammPharmazie/Kurzportraet.html Titelbild : Universitätsbibliothek New York , Urheber: Photoprof, Lizenz: Fotolia Fortbildungstelegramm Pharmazie 2011;5(3):91-105 Neue Arzneimittel 2010 – Roflumilast und Dronedaron - 93 - Roflumilast (Daxas®) Arzneistoff Roflumilast (Daxas®) Indikationen Zur Dauertherapie bei erwachsenen Patienten mit schwerer COPD (chronisch-obstruktive pulmonale Erkrankung, FEV1 nach Anwendung eines Bronchodilatators weniger als 50% vom Soll) und chronischer Bronchitis sowie häufigen Exazerbationen in der Vergangenheit, begleitend zu einer bronchodilatatorischen Therapie Zusatznutzen Evtl. therapeutische Alternative bei schwerer COPD (letzte Option) Roflumilast (Daxas®) Chronic Obstructive Pulmonary Disease (COPD) Asthma Eosinophile, Mastzellen Detrius, Plasmaproteine chronische Lungenerkrankung mit progredienter, auch mit Pharmakotherapie nicht vollständig reversibler Atemwegsobstruktion auf dem Boden einer chronischen Bronchitis und/oder eines Lungenemphysems Prävalenz ab 40. Lebensjahr ca. 10 % (unterschätzt, Erstdiagnose meist >50 Jahre) Hypertrophie der Muskulatur wichtigster Risikofaktor ist Rauchen (Prävention der Progression durch Rauchstopp) wichtigste Symptome sind Husten, Auswurf und Atemnot unter Belastung COPD Exazerbation, d.h. Zunahme der Sputummenge und/oder Sputumpurulenz, Dyspnoe, Husten, Tachypnoe, Fieber, Tachykardie, Somnolenz, Zyanose Bronchuskollaps häufig begleitende kardiovaskuläre Erkrankungen, Diabetes und metabolisches Syndrom Besserung der Belastungstoleranz durch Bewegung (pulmonale Rehabilitation) Peribronchiale Bild: Wikipedia (englisch) Entzündungsreaktion Fortbildungstelegramm Pharmazie 2011;5(3):91-105 Neue Arzneimittel 2010 – Roflumilast und Dronedaron - 94 - Roflumilast (Daxas®) Chronic Obstructive Pulmonary Disease (COPD) Obstruktion größtenteils Folge des Emphysems: Zerstörung der Alveolarwände, Entzündung, Fibrose, Mukusansammlung in den Bronchiolen vermindert expiratorischen Luftstrom (FEV1) und erhöht Residualvolumen (roter Pfeil) Patienten mit COPD müssen bei höherem Lungenvolumen (roter Pfeil links) atmen um das Ausatmen zu verbessern (mehr respiratorische Arbeit) Die dynamische Überblähung bei Belastung (roter Pfeil rechts ist ein wichtiger Faktor für die Einschränkung der Belastungstoleranz und die Entwicklung der Dyspnoe Roflumilast (Daxas®) FEV1 (% des Normalwertes im Alter von 25 Jahren) Progression der Atemwegsobstruktion Stufe 1 leichte COPD Stufe 2 mittelgradige COPD Rauchstopp Stufe 3 schwere COPD Behinderung Rauchstopp Stufe 4 sehr schwere COPD Tod Raucher (empfindlich) Nichtraucher Raucher (resistent) modifiziert nach: Barnes, Nature Reviews Drug Discovery 2002 Fortbildungstelegramm Pharmazie 2011;5(3):91-105 nach: „Global Initiative for Chronic Obstructive Lung Disease (GOLD)” Neue Arzneimittel 2010 – Roflumilast und Dronedaron - 95 - Roflumilast (Daxas®) Pharmakotherapie Behandlungsziele sind Reduktion der Symptome, Steigerung der körperlichen Leistungsfähigkeit, Steigerung der Lebensqualität sowie Prävention und Reduktion von Exazerbationen. Die therapeutisch wertvolle pulmonale Rehabilitation wird in Deutschland kaum genutzt. Zentrale Desensibilisierung gegenüber Dyspnoe Verminderung von Angst und Depression Verminderung von dynamischer Überblähung Verbesserung der Funktion des Sklettmuskels modifiziert nach Casaburi, N Engl J Med 2009;360:1329 Stufe I: FEV1 ≥ 80% Soll; FEV1/VK < 70% rasch wirksamer Bronchodilatator bei Bedarf* (ß-Mimetika, Anticholinergika) Stufe II: 50% ≤ FEV1 < 80% Soll zusätzlich: ein oder mehrere langwirksame Bronchodilatatoren als Dauertherapie* (einzeln oder in Kombination) Stufe III: 30% < FEV1 < 50% Soll zusätzlich: inhalatives Glukokortikoid (bei wiederholten Exazerbationen, Therapieeffekt vorausgesetzt) Stufe IV: FEV1 < 30% Soll oder respiratorische Insuffizienz zusätzlich: ergänzende Maßnahmen erwägen (chirurgische Therapie oder Langzeit-SauerstoffTherapie) *evtl. Theophyllin (3. Wahl), nach: Nationale Versorgungsleitlinie COPD, 2010 Roflumilast (Daxas®) Wirkungsmechanismus Roflumilast CYP3A4 CYP1A2 Roflumilast-Dicloropyridyl-N-Oxid (90 %) Leukozyten Endothelzellen Hemmung der (cAMP) Phosphodiesterasen IV* cAMP AMP cAMP-Akkumulation Hemmung von Leukozytenaktivität und -endotheladhäsion Bild: Sanz et al., Pharmacol Ther. 2005 antiphlogistische Wirkung *4 Gene, 11 Splicingvarianten Fortbildungstelegramm Pharmazie 2011;5(3):91-105 Neue Arzneimittel 2010 – Roflumilast und Dronedaron - 96 - Roflumilast (Daxas®) Klinische Effektivität Patienten 1411 (26 % Frauen), 40-87 Jahre, mittelgradige bis schwere COPD (Post-FEV1 im Mittel 50 %), nur Therapie mit Salbutamol und kurzwirksamen Anticholinergika erlaubt, keine Kortikoide oder langwirksame Bronchodilatatoren (Standardtherapie!), Behandlung über 24 Wochen 250/500 µg Roflumilast/Tag In einer 2. Studie gegen Placebo mit 3091 Patienten über 1 Jahr waren keine Kortikoide oder langwirksame Anticholinergika aber ß-Mimetika erlaubt, auch hier verbesserte 500 µg/Tag Roflumilast den FEV1 und verminderte die Anzahl der Exazerbationen pro Patient von 1,37 auf 1,14 (P=0.0003) Roflumilast 500 µg/Tag verbessert FEV1 vermindert die Anzahl der Exazerbationen pro Patient von 1,13 auf 0,75 (P=0.0029) Calverley et al., Lancet 2009 Rabe et al., Lancet 2005 Roflumilast (Daxas®) Klinische Effektivität Patienten 1679 (64-72 % Männer, im Mittel 64 Jahre, mittelgradige bis schwere COPD (Post-FEV1 im Mittel 55 %), keine Kortikoide, Theophyllin, andere langwirksame Bronchodilatatoren oder andere Arzneimittel mit Wirkung auf die Ventilation erlaubt, Behandlung über 24 Wochen Salmeterol oder Tiotropiumbromid plus 500 µg Roflumilast/Tag oder Placebo Roflumilast 500 µg/Tag: verbessert FEV1 vermindert signifikant die Anzahl der Patienten mit Exazerbationen von 34 auf 28 % (Salmeterol) und von 30 auf 22 % (Tiotropium) Fabbri et al., Lancet 2009 Fortbildungstelegramm Pharmazie 2011;5(3):91-105 Neue Arzneimittel 2010 – Roflumilast und Dronedaron - 97 - Roflumilast (Daxas®) Nebenwirkungen Häufig: Gewichtsverlust (cave: COPDProgression↑); verminderter Appetit Schlafstörungen Kopfschmerzen Diarrhoe, Übelkeit, Bauchschmerzen selten: gelegentlich: Überempfindlichkeit Angstzustände Zittern; Schwindel; Benommenheit Palpitationen Gastritis, Erbrechen, Gastroösophageale Refluxerkrankung, Dyspepsie Rötung Muskelspasmen, Muskelschlaffheit, Myalgie, Rückenschmerzen Unwohlsein; Asthenie; Müdigkeit Geschmacksstörungen suizidales Verhalten (3 Suizide, 2 Suizidversuche bei Männern ohne Depressionen in der Anamnese*) Gynäkomastie Depressionen, Nervosität Infektionen des Respirationstraktes (ausgenommen Pneumonien) Hämatochezia (Blut im Stuhl), Verstopfung Erhöhte gamma-GT, AspartatAminotransferase (AST) erhöht Urticaria Blut-Kreatinin-Phosphokinase (CPK) erhöht *EPAR Daxas, a-t 2010;41:78-80, Roflumilast (Daxas®) Kontraindikationen Das Arzneimittel darf nicht angewendet werden bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestandteile, mittelschweren bis schweren Leberfunktionsstörungen (gemäss Klassifizierung nach Child-Pugh B oder C) schweren immunologischen Erkrankungen ( HIV ,MS, LE) schwere akuten Infektionskrankheiten sowie Krebserkrankungen Herzmuskelschwäche (NYHA Grad 3 und 4) mittelschwere bis schwere Leberfunktionsstörungen ein suizidales Verhalten aufgrund von Depressionen (erhöhtes Risiko von psychiatrischen Störungen, wie Schlafstörungen (häufig), Angstzuständen (gelegentlich), Nervosität und Depressionen) Schwangerschaft und Stillzeit Fortbildungstelegramm Pharmazie 2011;5(3):91-105 Neue Arzneimittel 2010 – Roflumilast und Dronedaron - 98 - Roflumilast (Daxas®) Fazit Die eingeschränkte Belastungstoleranz und die akuten Exazerbationen bei schwerer COPD im Stadium III oder IV können – im Gegensatz zur Progression und Mortalität der COPD – durch eine Pharmakotherapie günstig beeinflusst werden. Hierfür empfehlen die Leitlinien sowohl kurzwirksame und langwirksame Bronchodilatatoren als Dauertherapie (einzeln oder in Kombination) als auch inhalative Glukokortikoide. Der PDE IV-Hemmer Roflumilast ist eine neue antientzündliche Therapieoption. In mehreren klinischen Studien verbesserte Roflumilast den FEV1 und verminderte die Anzahl der Exazerbationen. In keiner der Studien durften die Patienten leitliniengerecht behandelt werden (insbesondere keine inhalativen Glukokortikoide). Häufigste NW sind u.a. Gewichtsverlust und Magen-Darm-Beschwerden. Wegen Suiziden unter Roflumilast verlangt die EMA, dass Verordner und Patienten speziell aufgeklärt werden müssen. Insgesamt fehlen also Erkenntnisse dazu, ob Roflumilast auch zusätzlich zur leitliniengerechten Pharmakotherapie der schweren COPD wirksam ist. Ein Vergleich mit inhalativen Glukokortikoiden oder der Wirksamkeitsnachweis an Patienten, die nicht auf inhalative Glukokortikoiden ansprechen fehlt auch. Dennoch könnte Roflumilast gerade für diese Gruppe von Patienten eine Chance sein. Dies hätte bei der Planung des Studienprogramms berücksichtigt werden müssen. Dronedaron (Multaq®) Dronedaron Arzneistoff Dronedaron (Multaq®) Indikationen bei Erwachsenen, klinisch stabilen Patienten mit nicht permanentem Vorhofflimmern (VHF) (aktuell bestehend oder in der Vorgeschichte), um ein Wiederauftreten von Vorhofflimmern zu verhindern oder die ventrikuläre Herzfrequenz zu senken Amiodaron Zusatznutzen Alternative bei Amiodaronunverträglichkeit Fortbildungstelegramm Pharmazie 2011;5(3):91-105 Neue Arzneimittel 2010 – Roflumilast und Dronedaron - 99 - Dronedaron (Multaq®) Vorhofflimmern Normale Frequenz Sinusknoten AV-Knoten Sinusknoten Häufigste Arrhythmie, 1-2 % der Bevölkerung betroffen, in Europa etwa 6 Mio. Erkrankte, variable Länge des atrialen Aktivierungszyklus, üblicherweise <200 ms (>300 Schläge pro Min), Vorhof AV-Knoten Ventrikel Vorhof paroxsymal (2-7 Tage), persistierend (7 Tage bis > 1 Jahr) oder permanent (Patient akzeptiert die Arrhythmie) bewirkt Einschränkung der Pumpfunktion, und Anstieg der enddiastolischen Füllung sowie Stase im linken Herzohr (Thrombus), Ventrikel Vorhofflimmern Ventrikel Vorhof Bild: Nattel S, Nature 2002 wichtigste Risikofaktoren sind u.a. Hypertonie, Lebensalter, Herzklappenerkrankungen, Herz-insuffizienz, Diabetes, Adipositas, COPD und Schilddrüsenerkrankungen, Symptome sind u.a. Palpitationen, Schwindel, geringe Belastungstoleranz, thorakale Missempfindung und manifeste Herzinsuffizienz, ESC Guidelines for the management of atrial Fibrillation, 2010 Dronedaron (Multaq®) Normaler Sinusknotenautomatismus erhöhte Frequenz Schwellenpotenzial Nachdepolarisationen vorzeitiges ektopes Aktionspotenzial Schwellenpotenzial Nachdepolarisation Re-entry (kreisende Erregung) Rentrymechanismus strukturelle atriale Veränderungen sowie genetische Disposition begünstigen die Entstehung von Reizleitungsstörungen, die oft durch Re-entryMechanismen entstehen A der Automatismus entsteht durch eine langsame diastolische Depolarisation bis zum Schwellenpotential worauhin die Membran spontan depolarisiert, d.h. ein Aktionspotenzial entsteht (1) B Nachdepolarisationen (2) entstehen durch hohe Einwärtsströme, die durch den Na+/Ca++-Austauscher getragen sind, bei entsprechender Größe das Schwellenpotential erreichen und ein vorzeitiges ektopes Aktionspotential (3) auslösen können. C Ein solches vorzeitiges ektopes Aktionspotential kann benachbartes Gewebe (I) wegen der Refraktärzeit nicht auf normalem Weg erregen. Die ektope Potenzial von Gewebe I kann jedoch über einen Umweg (rechtes Schema) und damit einem späteren Zeitpunkt Gewebe I erregen. Dieses kann dann wiederum Gewebe II erregen und so eine kreisende Erregung auslösen. Bild: Nattel S, Nature 2002 Fortbildungstelegramm Pharmazie 2011;5(3):91-105 Neue Arzneimittel 2010 – Roflumilast und Dronedaron - 100 - Dronedaron (Multaq®) Morbidität und Mortalität Hirninfarkt ischämischer Schlaganfall Folgen des Vorhofflimmerns sind u.a. erhöhte Raten von arterieller Verschluss Tod, Schlaganfall (ischämisch und hämorrhagisch), A. carotis interna anderen Thromboembolien und Hospitalisierungen sowie verminderte Lebensqualität. Embolus Aorta Thrombus linker Ventrikel Insbesondere der Schlaganfall ist für die hohe Mortalität und Morbidität verantwortlich. Daher ist die Thromboseprophylaxe die bislang wichtigste und effektivste Intervention. Die antiarrhythmische Therapie lindert vorwiegend die Symptomatik. Bild nach: www.nhbi.nih.gov Dronedaron (Multaq®) Wirkungsmechanismus blockiert Na+-, K+-, Ca++-Kanäle (Multi-Ionenkanalblocker) dies verursacht Verlängerung der Aktionspotentialdauer und der Refraktärzeit wirkt ebenfalls antiadrenerg (α- und ß-Blockade) wirkt venodilatatorisch hat auch geringes proarrhythmogenes Potenzial (Torsade de pointe) Dobrev D, Nattel S, Lancet 2010 Bild aus: Fortbildungstelegramm Pharmazie 2007;1:94-105 http://www.uni-duesseldorf.de/kojda-pharmalehrbuch/FortbildungstelegrammPharmazie/Fortbildungsartikel/Kardiophys%20fuer%20FORTE-PHARM2007.pdf Fortbildungstelegramm Pharmazie 2011;5(3):91-105 Neue Arzneimittel 2010 – Roflumilast und Dronedaron - 101 - Dronedaron (Multaq®) Klinische Effektivität Studie Ergebnis DAFNE 800 mg pro Tag verhindert AF-Rezidiv nach Kardioversion (Dosisfindung) DIONYSOS 800 mg pro Tag verhindert AF-Rezidiv schlechter als Amiodaron, ist aber etwas besser verträglich (28 Tage 600 mg, dann 200 mg Amiodaron pro Tag) EURIDIS 800 mg pro Tag verhindert AF-Rezidiv nach Kardioversion besser als Placebo ANDROMEDA 800 mg pro Tag erhöht Sterblichkeit bei Patienten mit schwerer Herzinsuffizienz (vorzeitiger Studienabbruch) ADONIS 800 mg pro Tag verhindert AF-Rezidiv nach Kardioversion besser als Placebo ATHENA 800 mg pro Tag vermindert Endpunkt aus Tod und Hospitalisierung, Todesfallrate insgesamt nicht verschieden, weniger kardiovaskuläre Todesfälle AF=atrial fibrillation (Vorhofflimmern) Dronedaron (Multaq®) Ergebnisse der ATHENA-Studie 800 mg pro Tag vermindert Endpunkt aus Tod und Hospitalisierung (A), Todesfallrate insgesamt nicht verschieden (B), weniger kardiovaskuläre Todesfälle (C), weniger Hospitalisierung (D) Hohnloser SH et al. N Engl J Med 2009;360:668-678. Fortbildungstelegramm Pharmazie 2011;5(3):91-105 Neue Arzneimittel 2010 – Roflumilast und Dronedaron - 102 - Dronedaron (Multaq®) Ergebnisse der Dionysos-Studie 800 mg pro Tag verhindert AF-Rezidiv schlechter als Amiodaron, zeigt jedoch bei insgesamt nicht signifikant niedriger Inzidenz des Sicherheitsendpunktes ein geringeres Auftreten von 1) Hypo- und Hyperthyreoidismus sowie abnormer Schilddrüsenfunktionstests, 2) weniger Tremor und Schlafstörungen, 3) weniger kutane Photosensibilitätsreaktionen und 4) weniger Überempfindlichkeit der Augen gegenüber Lichteinwirkung (Photophobie) 28 Tage 600 mg, dann 200 mg Amiodaron pro Tag J Cardiovasc Electrophysiol. 2010 Jun 1;21(6):597-605 Dronedaron (Multaq®) Nebenwirkungen Sehr häufig: Plasmakreatinin erhöht (>=10% fünf Tage nach Behandlungsbeginn); QTc-Bazett* verlängert (> 450msec bei Männern, >470msec bei Frauen) gelegentlich: Geschmacksstörung Erytheme (einschliesslich Erytheme und erythematöser Hautausschlag), Ekzeme, Photodermatose, allergische Dermatitis, Dermatitis Häufig: Bradykardie Diarrhö, Erbrechen, Übelkeit, Abdominalschmerzen, Dyspepsie Ausschlag (einschliesslich generalisiert, makular, makulo-papulös), Juckreiz Müdigkeit, Asthenie selten: Geschmacksverlust *Frequenz-korrigierte QT-Zeit nach Bazett Fortbildungstelegramm Pharmazie 2011;5(3):91-105 Neue Arzneimittel 2010 – Roflumilast und Dronedaron - 103 - Dronedaron (Multaq®) Kontraindikationen Das Arzneimittel darf nicht angewendet werden bei Überempfindlichkeit atrioventrikulärem Block zweiten oder dritten Grades oder Sick-Sinus-Syndrom (ausser bei gleichzeitiger Verwendung eines Herzschrittmachers) Bradykardie <50 Schläge pro Minute (spm) Patienten in hämodynamisch instabilem Zustand, einschliesslich Patienten mit Symptomen einer Herzinsuffizienz in Ruhe oder bei minimaler Belastung (entsprechend NYHA-Klasse IV oder instabilen Klasse-III-Patienten) QTc-Bazett-Intervall >= 500 Millisekunden schwerer Leberfunktionsstörung stark eingeschränkter Nierenfunktion (CrCl <30 ml/min). Dronedaron (Multaq®) Interaktionen vorsichtshalber kontraindiziert wegen erhöhten Risikos ventrikulären Tachykardien (Torsade de pointes) Antibiotika – Azithromycin - Clarithromycin - Co-trimoxazol - Dalfopristin - Erythromycin - Levofloxacin Moxifloxacin - Ofloxacin - Quinupristin - Roxithromycin - Telithromycin Antiarrhythmika Ajmalin - Amiodaron - Chinidin - Cibenzolin - Detajmium bitartrat - Disopyramid - Dronedaron - Flecainid - Ibutilid - Prajmalium bitartrat - Procainamid - Sotalol Antidepressiva, trizyklische, und Analoge Amitriptylin - Amitriptylinoxid - Clomipramin - Desipramin - Dosulepin - Doxepin - Imipramin Maprotilin - Nortriptylin - Opipramol - Trimipramin H1-Blocker Astemizol - Dimenhydrinat - Diphenhydramin - Mizolastin - Terfenadin *aus: www.pharmazie.com Fortbildungstelegramm Pharmazie 2011;5(3):91-105 Neue Arzneimittel 2010 – Roflumilast und Dronedaron - 104 - Dronedaron (Multaq®) Neue Warnhinweise besondere Vorsicht und notwendige Kontrolluntersuchungen wegen möglicher hepatotoxischer Wirkungen von Dronedaron Quelle: Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft http://www.akdae.de/Arzneimittelsicherheit/RHB/Archiv/2011/index.html Dronedaron (Multaq®) Fazit Dronedaron ist eine struktuelle nicht jodierte Variante des seit langem bekannten Amiodaron und wirkt wie dieses als Multi-Ionenkanalblocker antiarrhythmisch. Es ist im Gegensatz zu Amiodaron nur zur Behandlung von nicht permanentem Vorhofflimmern zugelassen. Dronedaron wirkt bei dieser Indikation besser als Placebo, erreicht jedoch im direkten Vergleich nicht die Effizienz von Amiodaron. Dabei zeigte sich bei insgesamt nicht signifikant niedriger Inzidenz des Sicherheitsendpunktes ein geringeres Auftreten von Nebenwirkungen wie Schilddrüsenfunktionsstörungen, Hautreaktionen, neurologischen Symptomen und Photophobie. Bei Patienten mit schwerer Herzinsuffizienz erhöht Dronedaron die Sterblichkeit. Nach der Zulassung wurde über hepatotoxische Effekte berichtet, die zusätzliche Kontrolluntersuchungen notwenig machen. Als Alternative bei Amiodaronunverträglichkeit sollte ein Therapieversuch mit Dronedaron somit nur unter besonderen Vorsichts- und Kontrollmaßnahmen unternommen werden. Fortbildungstelegramm Pharmazie 2011;5(3):91-105 Neue Arzneimittel 2010 – Roflumilast und Dronedaron - 105 - Hinweise 1) Die Bezeichnung Zusatznutzen bezieht sich auf das Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelmarkts (AMNOG), wonach der g-BA eine Nutzenbewertung neu zugelassener Arzneimittel nach § 35 a SGB V durchführt. Es handelt sich bei den Kommentaren um eine klinisch-pharmakologische Kurz-Einschätzung des Autors, die auf den publizierten Zulassungsstudien und/oder den „European Public Assessment Report der europäischen Zulassungsbehörde „European Medicinal Agency (EMA) beruht. 2) Die Informationen zu den Arzneimitteln sind verkürzt dargestellt. Ausführlichere Informationen finden besonders interessierte Leser unter Weblink 1. 3) Eine vollständige Liste der 21 im Jahr 2010 zugelassen Arzneistoffe mit Indikationen und derzeitigem Zusatznutzen bei dieser Indikation ist unter folgendem Link erhältlich: http://www.uni-duesseldorf.de/kojda-pharmalehrbuch/fortbildungkoeln/index.html Weblinks 1) wissenschaftliche Diskussion der Arzneistoffdaten einschließlich Nutzen-Risiko Einschätzung in den European Public Assessment Reports (EPARs,) der Zulassungsbehörde European Medicinal Agency (EMA), verzeichnet nach Handelsnamen, abgelegt unter Assessment History (nur in englischer Sprache) http://www.ema.europa.eu/ema/index.jsp?curl=pages/medicines/landing/epar_search.jsp&murl=menus/medicines/medicines.jsp&mid=WC0b01ac058001d125&jsenabled=true Literatur Zitate zu Leitlinien, Phase III-Studien und anderer verwendeter Literatur sind auf Nachfrage beim Autor erhältlich Impressum: http://www.uni-duesseldorf.de/kojda-pharmalehrbuch/FortbildungstelegrammPharmazie/impressum.html Fortbildungstelegramm Pharmazie 2011;5(3):91-105