Fertigungs- & Maschinenautomation Realitätsgetreues Bedienen fördert Übersicht und Akzeptanz Schaut man sich die technische Entwicklung in der Fabrikautomation in den letzten 50 Jahren an, fällt auf, dass die Auslastung und der Ertrag der Produktionsmaschinen stetig gesteigert wurden. Trotz reduzierten Bedienpersonals wurde dabei die Anlagenbedienung immer effizienter. Allerdings war es ein langer Weg von schwergängigen Knebelschaltern und metallischen Bedienpulten, bestückt mit unzähligen Kontrollleuchten und Tastern bis hin zu vollgrafischen Touchdisplays mit integrierten Videobildern des Prozesses. Die Entwicklung der vielbeschriebenen Mensch-Maschine-Schnittstelle ist allerdings noch lange nicht zu Ende. Aktuelle Forschungen beschäftigen sich mit der berührungslosen Steuerung, welche ganz auf die Gesten des Bedieners ausgerichtet ist. Die benötigte Hardware reduziert sich dabei auf ein Minimum, sodass lediglich eine Kamera erforderlich ist, um die Befehle des Maschinenführers aufzunehmen. Was momentan vielleicht noch utopisch klingt, wird vielleicht morgen schon in die Realität umgesetzt. Gewisse Trends zeichnen sich jetzt schon ab, und zwar so real, dass sie bereits alltagstauglich sind – und das mit großem Nutzen für den Anwender. Nicht nur die Hardware wird immer kleiner und leistungsfähiger, sondern auch die Bedienumgebungen über die man mit den genannten Geräten kommu- E-Mail: [email protected] 2 die Technologie auch im industriellen Umfeld zu nutzen. Stylische Grafikgestaltung Eine konsequente Anwendung dieses Bedienkonzepts wurde in der HMI-Lösung „iX“ von Beijer Electronics [1] umgesetzt (Bild 1). Das Software-basierte HMI-Konzept schließt die Lücken zwi- Bild 1. Die vielfältigen Grafikgestaltungen von Microsoft WPF kommen bei „iX“ voll zur Geltung Intuitive Bedienung begeistert Dipl.-Ing. (FH) Dirk Hartmann ist Marketingleiter EMEA bei Elektronik-Systeme Lauer in Unterensingen. Dirk Hartmann niziert. Microsoft hat mit seiner GrafikFramework WPF (Windows Presentation Foundation) eine Plattform geschaffen, die neben einem eigenen User Interface auch 2-D- und 3-D-Grafiken sowie Dokumente und Multimedia in einer Ebene zusammenfasst. Diese Vektor-basierte Umgebung ist Bestandteil von Microsoft .net 3.0 und nutzt die Hardware-Beschleunigung moderner Grafikkarten. Dadurch ist die Benutzerschnittstelle nicht nur schneller, sondern auch stufenlos skalierbar und damit unabhängig von der Displayauflösung einsetzbar. Jeder, der mit Microsoft Office 2007 arbeitet, kennt die neuen Eigenschaften und lernt die Fluent-Benutzeroberfläche mit den Multifunktionsleisten schnell zu schätzen. Dementsprechend bietet es sich an schen proprietären Bedienterminals und kostenintensiven Scada-Lizenzlösungen. Bestehend aus einer Projektierungs- und Runtime-Umgebung, ist das HMI-Konzept in mehreren Ausführungen erhältlich. Die Philosophie hinter „iX“ beruht auf der Tatsache, dass kommende Generationen von Ingenieuren und Maschinenbedienern durch Benutzeroberflächen, wie vom Apple iPhone, der Sony Playstation oder Microsoft Windows 7, beeinflusst werden. Die Akzeptanz von modernen, stylischen Tools ist groß und somit auch die Motivation, sich damit auseinander zu setzen. Ein weiterer Trend, den Beijer mit „iX“ verfolgt, ist die Ausrichtung nach offenen HMI-Schnittstellen. Sowohl die Kommunikation mit einer Vielzahl Heft 3/2010 • Fertigungs- & Maschinenautomation bauer die Möglichkeit, seine Produktionsanlage je nach Bedarf mit der passenden Hardware auszustatten. Dabei reicht die Produktpalette von 3,5-Zoll- bis 19-ZollTouchdisplays. Darüber hinaus ist eine Installation auf bereits eingebauten Computern von Drittanbietern möglich. Auf effiziente Projekterstellung getrimmt Bild 2. Die Gestaltungsmöglichkeit von realitätsgetreuen Objekten gewährleistet eine hohe Bedienerakzeptanz von Steuerungen als auch die Anbindung an Datenbanken, wie Access oder SQL, wurde hierbei umgesetzt. Durch die gleichzeitige Verwendung von Projekten auf den Windows CE 6.0 basierten „iX“ Panel und den PC-basierten „iX“ Panel Pro erhält der Maschinen- „iX“ bietet eine richtungsweisende Visualisierung, die sich u. a. durch pixelfreies Zoomen von Grafikobjekten darstellt. Durch die Vektorbasierung reduzieren WPF-Grafiken die CPU-Belastung und ermöglichen einen größeren Farbraum. Grafische Effekte wie Schlagschatten, Abfasung (Bildung einer Außenfase) und Transparenzen gehören ebenso zum Microsoft WPF-Funktionsumfang, wie die Darstellung von mehreren Pop-Up-Fenstern auf einer Oberfläche. Die vollkommen freie Gestaltung von modernen Bedienoberflächen erhöht die Usability und bietet einen klaren Mehrwert für den Kunden (Bild 2). Eine intuitive Handhabung, bedingt durch die bekannte Windows-Umgebung, sorgt für schnelle und effiziente Projekterstellung von realitätsnahen Bedien­ oberflächen. Die Component Library stellt einerseits einen Pool vorbereiteter Vektorgrafiken dar und bietet andererseits die Möglichkeit, eigene Container mit Objekten und Scripten anzulegen. Komplette Seiten können gar als fertige Templates abgelegt werden. Die Weiterverwendung dieser komplett getesteten Bild 3. Durch Klick-Aktionen lassen sich wiederkehrende Objektplatzierungen schnell umsetzen • Heft 3/2010 Fertigungs- & Maschinenautomation Bild 4. Durch den erweiterten Desktop erhalten Entwickler eine großflächige Projektierumgebung Bild 5. Vielfältige 3D-Objekte und grafische Effekte erleichtern die Projekterstellung Funktionsblöcke oder Seiten in anderen Projekten ist somit bedenkenlos gewährleistet. Sogenannte Quick Styles geben Objekten vordefinierte Stilrichtungen. Sämtliche „iX“-Controls unterstützen Klick-Aktionen. Das bedeutet, dass sich Aktionen, die man mehrfach hintereinander benötigt, durch einen Mausklick wiederholt ausführen lassen (Bild 3). Ein Navigationsmanager sorgt für komfortablen Projektüberblick aller Masken und Bildschirme, wie sie im Runtime-Modus miteinander verknüpft sind. Mit der Projektsimulation, die sowohl mit einer SPS-Anbindung als auch komplett Offline funktioniert, werden alle adressierten Parameter zuverlässig auf Gültigkeit geprüft. Besitzt ein Entwickler zwei Monitore kann er im erweiterten DesktopModus auf einer großen komfortablen Oberfläche arbeiten (Bild 4). Betrachtet man diese vielen, kleinen Funktionalitäten im Ganzen erkennt der erfahrene Anwender: „iX“ ist rundum auf einfache und effiziente Projekterstellung getrimmt. Grenzenlos offen durch C# Das Konzept folgt dem Trend nach einer offenen HMI-Lösung. Ein Beispiel dafür ist der Echtzeit-Datenaustausch zwischen Steuerungen unterschiedlicher Hersteller. Ein Datenpunkt (Tag) kann an mehrere Steuerungen gleichzeitig angebunden werden. Maschinen, die je nach Auslieferungsland mit unterschiedlichen SPS ausgestattet sind, lassen sich so mit ein und demselben Visualisierungsprojekt bestücken. Die endgültige Steuerungsauswahl kann bei Bedarf vor Ort während der Inbetriebnahme, sogar zur Laufzeit, erfolgen. Die Offenheit von dem HMI-Konzept geht bei der Einbindung von externen Grafikobjekten weiter. Durch den Import von Vektor-basierten WPF-Objekten und sogenannten .net-Controls besteht der Zugriff auf den umfangreichen Pool an Microsoft .net Framework-Objekten (Bild 5). Diese stellen eine Vielzahl von Drittanbietern zur Verfügung. Eine Besonderheit bietet „iX“ mit seiner umfangreichen C#-Script-Program- mierung. Damit sind Anwender völlig frei bei der Entwicklung von eigenen HMI-Funktionalitäten. Ganz gleich, ob Event-abhängige Trigger ausgewertet, oder spezielle Message-Boxen auf Störungen hinweisen sollen – mit C#-Scripting sind der Funktionsvielfalt keine Grenzen gesetzt. Selbst vorhandene Funktionen wie Seitenumschaltungen, Trendaufzeichnungen oder Timer lassen sich individuell anpassen. Aufklappende IntelliSense-Boxen sowie eine Auto-Vervollständigung sorgen für einfache und schnelle Programmierung, selbst bei Einsteigern der Programmiersprache. Leistungsstarke HMI-Funktionalitäten, wie Alarmmanagement, Rezepturen, Datenaufzeichnung, Benutzerverwaltung, Sprachumschaltung und Fernwartung runden das Gesamtkonzept ab. Bedienoberflächen werden durch das Einblenden von integrierten Multimedia- und Browser-Controls dynamischer. Es besteht sogar die Möglichkeit ganze Inbetriebnahme-Dokumente als PDF-Datei im Panel zu hinterlegen, die der Techniker bei Bedarf abrufen kann. Animierte Prozesse erzeugen beim Bediener mehr Aufmerksamkeit und reduzieren Fehlinterpretationen. Vielleicht überwacht ein Anwender bald mehrere Projektfenster im Stile eines Windows 7 Bildkarussells und dreht es solange, bis die gewünschte Seite vorliegt. „iX“ ist bereits jetzt damit ausgestattet. Zukunftssicherheit eingebaut Die ersten Rückmeldungen von Kunden sind durchweg positiv: Schnelle Einarbeitung durch bekannte WindowsUmgebung, kein oder nur geringer Schulungsaufwand erforderlich, Funktionen ermöglichen Anpassung an eigene Anforderungen. Das Zitat eines Anwenders: „Wer Powerpoint bedienen kann, kommt auch mit „iX“ klar“ beschreibt den Umgang mit dem HMI-Konzept treffend. Als Mitglied im „Microsoft Partner Programm“ steht Beijer Electronics in engem Kontakt mit dem Software-Giganten aus Redmont. Somit werden in das Automatisierungstool auch zukünftig Funktionen implementiert, die eine parallele Ausführung auf Multicore-Prozessoren ermöglichen. Zudem ist die Zukunftssicherheit durch die klare Bekenntnis zu Microsoft WPF-Framework mit eingebaut. Kommende Bedienphilosophien wie Multitouch oder sogar Gestensteuerung finden in „iX“ eine vorbereitete Plattform. Literatur [1] Beijer Electronics, Malmö: www.lauer-hmi.den Heft 3/2010 •