P 332 Myopathie und Pneumothorax: adulte Form der myotubulären Myopathie (MTM) mit neuer Mutation im X-chromosomal gelegenen MTM1-Gen Per-Ole Carstens1, Eva Maria Christina Schwaibold2, Arne Wrede3, Barbara Zoll2, Nicola Glöckle4, Jens Schmidt5 1Universitätsmedizin Göttingen, Klinik für Neurologie, Göttingen, Germany 2Universitätsmedizin Göttingen, Institut für Humangenetik, Göttingen, Germany 3Universitätsmedizin Göttingen, Institut für Neuropathologie , Göttingen, Germany 4Center for Genomics and Transcriptomics – CeGaT GmbH, Tübingen, Germany 5Universitätsmedizin Göttingen, Institut für Multiple-Sklerose-Forschung und Hertie-Stiftung, Klinik für Neurologie und Abteilung Neuroimmunologie, Göttingen, Germany Hintergrund: Die X-chromosomal-rezessive Form der myotubulären Myopathie (X-Linked Myotubular Myopathy, XLMTM) ist eine seltene neuromuskuläre Erkrankung, die durch das Auftreten von muskulärer Schwäche, Muskelhypotonie und respiratorischer Schwäche gekennzeichnet ist. Bei den betroffenen Jungen manifestiert sich die Erkrankung in der Regel im Säuglingsalter oder in der Kindheit und führt aufgrund respiratorischer Probleme häufig frühzeitig zum Tode. Milde Verläufe der Erkrankung sind selten. Hemizygote Mutationen im Gen Myotubularin (MTM1) sind Ursache der Erkrankung und trunkierende Mutationen sind normalerweise mit einem schweren Phänotyp assoziiert. Fallbericht: Berichtet wird über zwei Brüder, die sich im Alter von 42 bzw. 43 Jahren mit einer seit wenigen Jahren bestehenden, im Verlauf langsam progredienten Muskelschwäche vorstellten. Im jüngeren Erwachsenalter ist es bei beiden Brüdern rezidivierend zu Spontanpneumothoraces gekommen. Bei Erstvorstellung zeigt sich beim älteren Bruder eine Ptose beidseits und der Hackenstand ist erschwert. Beim jüngeren Bruder bestehen zu diesem Zeitpunkt eine beidseitige faziale Parese und eine Tetraparese, welche an den Armen distal betont ist. Der CK-Wert ist bei beiden Brüdern nur leicht erhöht, das EMG zeigt myopathische Veränderungen. Das Muskel-MRT beim jüngeren Bruder zeigt eine fettige Atrophie. In der Muskelbiopsie findet sich ein myopathisches Bild, gekennzeichnet durch starke Kalibervariation, einen hohen Anteil von Fasern mit zahlreichen internalisierten Kernen und Fasersplittings. Eine begleitende Fibrose ist erkennbar. In einem Zeitraum von 5 Jahren zeigte sich die Myopathie deutlich progredient. Bei beiden Brüdern bestehen eine beidseitige Ptose, eine Dysphagie sowie eine proximale und distale Tetraparese mit Kraftgraden von 2 bis 4. Das Gehen ohne Gehhilfe ist nur noch für wenige Meter möglich, es wird ein Rollator benutzt. Bei beiden Brüdern erfolgt nachts und nach Bedarf auch tagsüber eine CPAP-Maskenbeatmung. Die endgültige Diagnose einer X-chromosomal-rezessiven Form der myotubulären Myopathie konnte durch eine next generation sequencing-Paneldiagnostik gestellt werden, durch die die Mutation c.98dupA (p.(Ala34Glyfs*13)) im MTM1-Gen hemizygot nachgewiesen werden konnte. Sie wurde durch eine Sanger-Sequenzierung bei beiden Brüdern bestätigt. Es handelt sich um eine trunkierende Mutation, die zu einer Verschiebung des Leserasters (frameshift) und damit zu einem vorzeitigen Abbruch der Proteinbiosynthese führt. Zusammenfassung: Der Fallbericht zeigt ein seltenes Beispiel einer Leserastermutation im Gen MTM1, welche zu einem Erkrankungsbeginn im Erwachsenenalter und einem relativ milden bis moderaten Phänotyp führt. Weiterhin findet sich erstmals eine Fallgeschichte mit einer möglichen Assoziation von rezidivierenden Spontanpneumotharaces und einer Myopathie.