ROLF BEELER, WIE SIND SIE AUF DEN KÄSE GEKOMMEN? Seit 30 Jahren kämpft Rolf Beeler engagiert für hoch qualitativen, ausgereiften Schweizer Käse. Mit Erfolg. Die Schweizer Spitzengastronomie schwört auf seine Produkte, die einheimischen Medien zitieren ihn laufend und in der Gourmetszene der Eidgenossenschaft wuchs ein neues Bewusstsein für traditionellen Schweizer Hartkäse. «Hotelier» stellte dem Maître Fromager 10 Käse-Fragen. Käse-Profi Rolf Beeler mit einem Sbrinz auf dem Luzerner Wochenmarkt. «Jeder Schweizer sollte stolz sein auf unseren Urkäse.» 26 11I2010 10 FRAGEN AN ROLF BEELER Wie sind Sie, als ehemaliger Schullehrer, eigentlich zum Käse gekommen? Nach dem Lehrerseminar arbeitete ich bei einem Kollegen, der einen Käseladen führte, dann war ich fasziniert von diesem Naturprodukt und blieb so am Käse hängen … Die Schweizer kommen immer mehr auf den Käse-Geschmack. Er herrscht ein wahrer KäseBoom. Der Grund? Es herrscht vor allem ein Boom nach Schweizer Rohmilchkäsen! Man hatte ja in der bescheidenen Schweiz – inklusive der Gastronomie – das Gefühl, dass gute Weichkäse nur aus Frankreich kommen. Nun haben die Eidgenossen gemerkt, dass auch die Franzosen nur mit Wasser kochen und es eben auch wunderbare Rohmilch-Weichkäse in der Schweiz gibt. Bei den Halbhart- und Hartkäsen sind wir ja eh seit Menschengedenken die besten Produzenten. In Frankreich sind ja nur etwa neun Prozent der Gesamtproduktion noch Rohmilchkäse, während die Schweiz immer noch 70 Prozent Rohmilchkäse produziert – dank der vielen Kleinkäsereien, die hier noch existieren. Sie engagieren sich vor allem für den Rohmilchkäse. Was haben Sie gegen das Thermisieren und Pasteurisieren? Käse ist ja bereits ein natürlich konserviertes Produkt der Milch, jede zusätzliche Konservierung schadet nur der Qualität. Erhitzte Käse bekommen gerne Bittertöne, haben einen langweiligen Geschmack – und einige Vitamine verschwinden während der hohen Erhitzung. Sie haben ja sicherlich auch keine Lust, pasteurisierten Wein zu trinken! Warum sollten Hoteliers und Gastronomen mit einem Käse-Affineur wie Rolf Beeler zusammenarbeiten? Der Gast ist heute, was die Herkunft der Produkte betrifft, viel kritischer als vor zwanzig Jahren. Durch alle diese TV-Kochsendungen und Gourmet-Medien kann der Konsument heute sehr wohl einen ausgereiften Emmentaler mit Freudentränen von einem «Gummi» unterscheiden. Für mich gibt es zwei Arten von Gastronomie und Hotellerie: Die einen, die möglichst schnell viel Geld machen wollen und nur auf den günstigsten Preis achten. Alle zwei Jahre müssen sie dann ein neues Konzept anbieten, sodass es dieser Gästeschar nicht langweilig wird. Dann gibt es noch die anderen, die immer den zufriedenen Gast im Auge behalten und das Produkt zum Erlebnis machen. Da kenne ich Restaurants, die seit zwanzig Jahren mehr oder weniger die gleiche Karte haben, aber immer voll sind, weil sich der Gast hier zuhause fühlt. 12I2010 Sind Schweizer Käse in unseren Hotels und Restaurants genügend vertreten? Oder dominieren nach wie vor französische und italienische Käsesorten die Auswahl in der Gastronomie? Das Bewusstsein für regionale Schweizer Produkte ist sicher grösser geworden. Ein Problem sind allerdings die vielen Küchenchefs, die aus dem Ausland in die Schweiz kommen. Sie kennen vielfach die Schweizer Käse nicht. Sie haben eine eigene, exklusive Käselinie, die «Selection Rolf Beeler». Was sind das für Käse? Das sind 18 Schweizer Rohmilchkäse, die ich zusammen mit den Käsern entwickelt habe und die bei mir dann bis zur optimalen Reife gepflegt werden. Wählen Sie jeden neuen Käse immer selber aus? Ich wähle die Käse selber aus und versuche auch mein Wissen in die Produktion einzugeben. Der Emmentaler verkommt, international gesehen, immer mehr zu einem Massenprodukt. Worin liegt der Unterschiede zwischen einem hochwertigen und einem industriell gemachten Emmentaler? Zum Glück gibt es in der Schweiz noch keine industriell gemachten Emmentaler. Da sie aus Rohmilch gemacht werden müssen, können sie nur in Kleinkäsereien in silofreien Zonen produziert werden. Das garantiert schon mal eine TopQualität. Das Problem ist die Reife! Aus Preisgründen werden die meisten Emmentaler immer noch zu jung verkauft. Sie sind dann eben «gummig». Ein guter Emmentaler braucht mindestens 14 Monate Feuchtlagerung, meiner ist sogar mindestens 18 Monate alt. Ist der Sbrinz eine echte Alternative zum berühmten Parmesan aus Italien? Jeder Schweizer sollte stolz sein auf unseren Urkäse! Denn wer hat ihn erfunden? Die Frage ist also falsch gestellt. Richtig wäre: Kann der Parmesan, bei dem die Kühe in ihren Ställen das ganze Jahr durch mit 80 Prozent Maisfutter ernährt werden, eine Alternative zum Sbrinz sein, wo die Kühe den Sommer hindurch teilweise sogar auf den Alpen das beste Gras und eine Unmenge verschiedenster , wilder Kräuter fressen können? Welche Käsesorten gehören zwingend auf einen Käsewagen oder auf ein Käsebrett im Restaurant? Ein Weissschimmel-Weichkäse, ein Rotschmierweich-Käse, ein Halbhartund ein Hartkäse sowie ein Blaukäse und ein Schaf- und Ziegenkäse. H WER IST ROLF BEELER? Der «Käse-Papst der Schweiz» (Gault/ Millau) befasst sich seit bald 35 Jahren vorwiegend mit Rohmilchkäsen. Er beliefert etwa 120 Gourmet-Restaurants und Hotels in der ganzen Schweiz mit hochwertigen Käsespezialitäten. Zudem exportiert er seine Sélection Rolf Beeler nach Deutschland, Amerika, Italien, Spanien und neu auch nach Schweden. Erhältlich sind seine Käse unter anderem bei Dean & Deluca (New York), KaDeWe (Berlin), Peck (Mailand), Mathias Dahlgren (Stockholm). Die Privatkundschaft in der Schweiz bedient er an den Wochenmärkten von Luzern, Wettingen und Aarau. Gegründet hat Beeler seine Firma 1976. Derzeit umfasst sein Sortiment rund 100 verschiedene Käse. Seine grosse Spezialität: Schweizer Rohmilchkäse. Kunden von Rolf Beeler sind (u. a.) der Walserhof in Klosters, Baumann’s in La Punt, das Albergo Castello del Sole (Ascona), der Lenkerhof (Lenk) und die Waldhotels in Flims, Davos und Arosa. KURZ-FRAGEN AN ROLF BEELER Wie lagert man Käse in der Hotelküche richtig? In Klarsichtfolie eingepackt, Kühllagerung, etwa 4 Grad. Wer sollte in der Gastronomie den Käse einkaufen (F&B Manager, Küchenchef)? Derjenige, der ihn an der Front verkauft! Ihre Meinung zu Slow Food? Eine hervorragende Philosophie, aber leider immer mehr dem Kommerz, beziehungsweise dem Geld unterworfen. Ihre Meinung zu Bio-Käse? Bio ist immer gut, aber ein ausgereifter Rohmilchkäse noch viel besser. Soll Käse nach dem Hauptgang oder nach dem Dessert serviert werden? Nach dem Hauptgang. Was halten Sie von Light-Käse? Das ist Schrott! Genügt das Marketing für Schweizer Käse im Ausland? Nein. Aber das ist eine komplexe Sache, worin vor allem die Sortenorganisationen sehr stark involviert sind. Die lachenden Dritten sind Italien und Frankreich. Ihre grosse Käse-Innovation im Jahr 2010? Der Wildheuer von Kühen aus dem Muotatal. Diese Kühe haben ausschliesslich Wildheu aus dem Urnerland gefressen. Ihr Lieblingskäse? Mein 18-monatiger Gruyère. www.rolfbeeler.ch 27