Spezial: Mykosen 12 Pilzinfektionen Gezielte Diagnostik – bestmögliche Therapieerfolge Priv.-Doz. Dr. med. UtaChristina Hipler Der 8. Workshop des Consilium Mycologicum am 16. und 17. April 2010 in Berlin sieht die frühzeitige und gezielte Diagnostik von Mykosen als wichtige Voraussetzung für bestmögliche Therapierfolge. Molekulare Methoden weisen den Weg Am Beispiel einer Infektion mit Microsporum fulvum bei einer HobbyGärtnerin wurde die nicht immer eindeutige Situation in der Diagnostik deutlich. Insgesamt sind zwölf klinisch relevante Microsporum-Arten bekannt, erklärte Priv.-Doz. Dr. med. UtaChristina Hipler, Friedrich-SchillerUniversität Jena, Klinik für Dermatologie und Allergologie. Die am häufigsten nachgewiesenen Arten sind M. canis, M. audouinii und M. gypseum. Im Rahmen des Vortrages wurde eine Infektion mit dem seltenen Erreger M. fulvum am rechten Unterarm einer Hobbygärtnerin vorgestellt. Aus Schuppenmaterial wurde ein Nativpräparat mit einer Blankophor® Färbung angefertigt. Das Material wurde auf Dermasel® Agar für vier Wochen angezüchtet. Neben morphologischen Kriterien wurden ITS Sequenzierung und Massenspektrometrie (MALDI-TOF) zur Artbestimmung herangezogen. Das Nativpräparat war negativ, dennoch ließen sich nach vier Wochen flache konzentrische Kolonien nach- weisen, die makroskopisch durch eine radiäre Fältelung und eine flockige, bräunlich gelbe Oberfläche auffielen. Es zeigten sich mikroskopisch unzählige, große und raue, dickwandige Makrokonidien. Eine Infektion mit einer Art des M. gypseum Komplex wurde vermutet. agnostischer Methoden wie der Sequenzanalyse oder der Massenspektrometrie. Im hier vorgestellten Fall stimmten die morphologischen Kriterien nicht mit den in der Literatur aufgeführten Merkmalen von M. fulvum überein, was die Bedeutung moderner molekularer Methoden bei der Diagnostik teratur fanden sich kaum Hinweise. Der Pathologe Dr. med. Günter Schwesinger, Groß Schoritz, Rügen, ging der Sache dennoch nach und kam zu interessanten Erkenntnissen: Am Ende der Vorgänge des harmonischen Alterns, wenn alle Organe gleichmäßig altern, steht der Tod an 1970 weltweit die Autopsierate erheblich absinkt (M. Knoke et al., Mycoses 2008; 51: 291–300). Wo wird heute in Deutschland ein Verstorbener zwischen 70 und 80 Jahren noch obduziert? Aber auch die Post-mortem-Diagnostik der Mykose in den Instituten für Pathologie und Rechtsmedizin dürfte im Routineverfahren eine erhebliche Dunkelziffer aufweisen – fehlende Anwendung spezieller Nachweismethoden, in welchem Sektionsprotokoll taucht heute im Gegensatz zu früher noch die Diagnose einer Onychomykose auf? Invasive Pilzinfektionen im Alter – unterschätzt und unerkannt Abbildungen: Hipler I mmer mehr setzt sich im medizinisch-mykologischen Erfahrungsaustausch die Erkenntnis durch, dass Mykosen mit einer deutlich besseren Prognose einhergehen, wenn sie frühzeitig und gezielt therapiert werden. Dies gilt sowohl für Mykosen der Haut als auch für invasive Pilzerkrankungen. Umfassende Studien konnten dies mittlerweile belegen. Einigkeit besteht aber auch darüber, dass die Diagnostik nicht immer einfach ist. Sie erfordert ein breites Wissensspektrum in Bezug auf die Untersuchungsverfahren, pathophysiologische Grundlagen von Pilzinfektionen und die aktuelle Datenlage therapeutischer Möglichkeiten. Der 8. Workshop des Consilium Mycologicum Ende April in Berlin hat sich dieser Thematik angenommen und sieht die gezielte Diagnostik als eine wichtige Voraussetzung für bestmögliche Therapierfolge. Mykosen bei alten Menschen waren in dieser Runde erstmals ein zentrales Thema. Unumstritten ist Häufigkeit der Pilzinfektionen – und sie betrifft sowohl die Haut als auch die inneren Organe. Dr. med. HansJürgen Heppner Tinea corporis an der Haut des Stammes sowie an der Haut von Arm und Schulter Die ITS Sequenzierung ergab als Art M. fulvum, was massenspektrometrisch bestätigt werden konnte. Das Massenspektrum zeigte eine hohe Übereinstimmung mit den Referenzstämmen ATCC 16445, 16446 und 58591. M. fulvum gehört dem so genannten M. gypseum Komplex an. Bei den hierin zusammengefassten Arten (M. fulvum und M. gypseum) handelt es sich um geophile Dermatophyten. Die Unterscheidung beider Arten ist schwierig und bedarf ausgefeilter di- seltener Dermatophytenarten unterstreicht. Invasive Mykosen – Diagnose in der Pathologie Angeregt durch eine Untersuchung von A. Rinne, J. Martikainen, G. Schwesinger und A. Jääskeläinen der Universitäten Tromsø, Qulu, Greifswald und Turku „Mors senilis – old new diagnosis“ (2009) ergab sich auch die Fragestellung nach „Mykosen im Alter“. In der vorliegenden Li- CONSILIUM MYCOLOGICUM Das Consilium Mycologicum ist eine Arbeitsgemeinschaft langjährig tätiger Mykologen, die ebenso erfahren wie unabhängig sind. Die von ihnen selbst gestellte Aufgabe ist es, ihr Fachwissen in der medizinischen Mykologie einem breiten Kreis vor allem jüngerer Ärzte, Apotheker und Naturwissenschaftler näher zu bringen. Dieses Wissen bezieht sich auf die Diagnostik und Therapie von Mykosen sowie auf die Fortschritte in der Grundlagenforschung. www.consmyc.de www.dmykg.de Altersschwäche. Es handelt sich um das Erlöschen des Lebens, welches Schopenhauer (1788–1860) so charakterisierte: „Diese Menschen sterben gar nicht, sie hören nur auf zu leben“. Dass es den „reinen Tod“ durch Einschränkung der Anpassungsreserve und Reparationskapazität durch Verbrauch, also Alterung gibt, ist seit Rössle (1876–1956) unbestritten. Bereits während der Geburt beginnt die Besiedlung des bis zu diesem Zeitpunkt keimfreien Magen-DarmKanals. Diese Mikrobiota besteht zu über 99 % aus Bakterien einschließlich Archaea. Daneben sind aber bei 96 % der Neugeborenen bereits am Ende des ersten Lebensmonats Hefen nachweisbar. Unter den prädisponierenden Faktoren für Pilzinfektionen finden sich in fast allen Publikationen die praxisrelevanten Kriterien „sehr jung, sehr alt, sehr krank“. Die Bedeutung der Sektionsstatistik ergibt sich bei Endomykosen im Alter aus der Tatsache, dass ohne autoptische Klärung das Ausmaß von Morbidität und Letalität erheblich unterschätzt wird. Erschwerend kommt hinzu, dass seit ROADSHOW 2-3.0 56 ,5 4!!%4%4"%%4"%% 4'!!%4%4"%%4"%% 4(!!%4%4"%%4"%% Jetzt auch in Deutschland! 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Mit einer Risikostratifizierung können betagte, schwerstkranke Patienten einer Intensivstation mit dem Schwerpunkt Akutgeriatrie, die ein hohes Risiko für eine systemische oder pulmonale Pilzinfektion tragen, frühzeitig identifiziert und adäquat behandelt werden. Dazu stelle Heppner eine Untersuchung vor, in der retrospekiv 6254 Patientenfälle an einer Zehn-Betten konservativen Intensivstation analysiert wurden, um Auswirkungen des geänderten Therapieregimes zu erkennen. Erfasst wurden die Gesamtzahl der Isolate, die mikrobiologische Spezifizierung, sowie die Art des Probenmaterials und der Infektion. Besonderes Augenmerk galt den Patienten mit Sepsis und einer Aspergillus fumigatusInfektion. Im Beobachtungszeitraum wurden bei 89 Patienten über 65 Jahre 252 Isolate gewonnen. In die Alterscluster geteilt waren 47 % 65 –75 Jahre, 29 % 76 – 85 Jahre und 24 % über 85 Jahre alt. Hefepilze waren am häufigsten vertreten. Führend Candida albicans mit 155 Nachweisen. Die non-albicans Spezies teilten sich in 46 Isolate mit C. glabrata, 20 Isolate C. tropicalis, 4 Isolate C. krusei, 1 Isolat C. parapsilosis und 4 Isolate C. guilliermondii. Aspergillus fumigatus wurde in 17 Isolaten nachgewiesen. Fazit war, wie Heppner betonte, dass geriatrische Patienten mit einer Sepsis unter adäquater Therapie sehr gefährdet sind an einer invasiven Pilzinfektion komplikativ zu erkranken. Mit einer frühzeitigen Risikostratifizierung und einer daraus resultierenden adäquaten antimykotischen Therapie lässt sich die Häufigkeit dieser schweren Komplikation reduzieren. ghw ¡