Amitriptylin Amitriptylin ist ein Arzneistoff aus der Gruppe der trizyklischen Antidepressiva, der in erster Linie zur Behandlung von Depressionen und zur langfristigen Schmerzbehandlung eingesetzt wird. Geschichtliche Bedeutung Amitriptylin wurde 1960 erstmals synthetisiert und 1962 vom Arzneimittelhersteller Lundbeck am Markt eingeführt. Es war lange Jahre – bis zum Aufkommen der Serotonin-Wiederaufnahmehemmer – das meistverordnete Antidepressivum weltweit. Klinische Angaben Anwendungsgebiete (Indikationen) Amitriptylin-Präparate sind zur Behandlung von Depressionen zugelassen. Sie werden gegen alle Formen depressiver Erkrankungen eingesetzt, bevorzugt gegen solche, die überwiegend mit Angst und Unruhegefühlen einhergehen. Ein weiteres zugelassenes Anwendungsgebiet ist die langfristige Schmerzbehandlung im Rahmen eines therapeutischen Gesamtkonzeptes. Auf Grund seiner nachgewiesenen migräneprophylaktischen Wirkung gilt Amitriptylin als Mittel der ersten oder zweiten Wahl bei der Prophylaxe der Migräne. Auch zur vorbeugenden Behandlung des Spannungskopfschmerzes gilt Amitriptylin als der am besten untersuchte Arzneistoff. Dem Gegenüber liegen für eine mögliche Anwendung zur Langzeitbehandlung der Trigeminusneuralgie kaum Daten vor. Außerhalb der zugelassenen Anwendungsgebiete wird Amitriptylin häufig auch als Hypnotikum bei Schlafstörungen eingesetzt. Seine Wirksamkeit gilt jedoch als wenig belegt. Wie andere trizyklische Antidepressiva ist es auch zur Behandlung des Reizdarmsyndroms wirksam. Darüber hinaus scheint Amitriptylin zur Behandlung der posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) geeignet zu sein. Diese Anwendungsgebiete außerhalb der arzneimittelrechtlichen Zulassung stellen jedoch einen sogenannten Off-Label Use dar. Gegenanzeigen (Kontraindikationen) Neben einer bekannten Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff gelten die Anwendung in der unmittelbaren Genesungsphase nach einem Herzinfarkt, bei Erregungsleitungsstörungen im His-Bündel, bei akutem Harnverhalten, bei Pylorusstenose, bei Darmverschluss, bei unbehandeltem Engwinkelglaukom sowie nach akuter Alkohol-, Barbiturat- und / oder Opiatvergiftung als absolute Kontraindikationen. Auf Grund der Gefahr eines möglicherweise lebensbedrohlichen Serotonin-Syndroms darf Amitriptylin nicht gleichzeitig mit MAO-Hemmern angewendet werden. Bei einem Therapiewechsel ist ein zeitlicher Sicherheitsabstand zu beachten. Wegen der Gefahr unerwünschter Herzwirkungen, wie Arrhythmien und Leitungsübertragungsstörungen, ist die gleichzeitige Anwendung von Amitriptylin mit Arzneimitteln, die, wie beispielsweise Cisaprid, die QT-Zeit verlängern, kontraindiziert. Sonstige Schäden des Herz-Kreislaufsystems, Hyperthyreose, eingeschränkte Leberfunktion, Epilepsie, behandeltes Engwinkelglaukom, Harnverhalten, Prostatahyperplasie und paranoiden oder prädeliranten Zustandsbilder gelten, wie auch der Einsatz bei Patienten unter 18 Jahren, als relative Anwendungsbeschränkungen. Amitriptylin sollte in diesen Fällen nur mit Vorsicht und nach einer Nutzen-Risiko-Abwägung eingesetzt werden. Anwendung in der Schwangerschaft und Stillzeit Zur Anwendung von Amitriptylin in der Schwangerschaft liegen keine ausreichenden Erfahrungen vor. Tierversuche lassen vermuten, dass es möglicherweise zu Schädigungen des Fötus kommen kann. Amitriptylin sollte in der Schwangerschaft nur verwendet werden, wenn es unbedingt erforderlich ist. Wirkung auf die Fahrtüchtigkeit und auf das Bedienen von Maschinen https://www.suchtundselbsthilfe.de/forum/lexicon/index.php/Entry/44-Amitriptylin/?s=2f0a3d40cdf262ef004e6b72fd6ec948510c12bc 2 Amitriptylin wirkt sedierend und kann damit einen ausgeprägten Einfluss auf die Fahrtüchtigkeit haben und auf die Fähigkeit, Maschinen zu bedienen. Wechselwirkungen Die Kombination von MAO-Hemmern (z.B. Tranylcypromin) mit Amitriptylin kann zu dem lebensbedrohlichen Serotoninsyndrom führen. Auf Grund seines insbesondere bei hoher Dosis zu beobachten Potenzials, Herz-Rhythmusstörungen mit QT-Zeit-Verlängerung, Torsade de pointes und Sinustachykardien zu verursachen, besteht bei einem gleichzeitigen Einsatz von Amitriptylin und Arzneimitteln mit einer Wirkung auf die QT-Zeit eine erhöhte Gefahr von Herz-Rhythmusstörungen. Diese Gefahr besteht auch bei gleichzeitiger Anwendung von Arzneimitteln, die zu einer Hypokaliämie führen oder Arzneimitteln, welche die Verstoffwechslung von Amitriptylin über den Cytochrom-P450-Enzymkomplex CYP3A4 in der Leber hemmen. Dem gegenüber können Arzneistoffe, die, wie beispielsweise Carbamazepin und Phenytoin, dieses Enzymsystem induzieren, den Amitriptylinabbau beschleunigen und zu einer unzureichenden Amitriptylinwirkung führen. Auf Grund seiner inhibitorischen Wirkung auf Acetylcholin- und Histaminrezeptoren können die Wirkungen und Nebenwirkungen von Anticholinergika und Antihistaminika bei gleichzeitiger Einnahme mit Amitriptylin verstärkt werden. Ebenso verstärkt Amitriptylin die Effekte direkter Sympathomimetika. Die Wirkung von Antihypertensiva, wie Guanethidin, wird hingegen abgeschwächt. Nebenwirkungen Zu den häufigsten Nebenwirkungen (> 10%) unter der Anwendung von Amitiptylin gehören zentralnervöse Störungen, wie Kopfschmerzen, Schwindel, Tremor und Schläfrigkeit, Störungen des Herz-Kreislauf-Systems, wie Palpitation, Tachykardie und orthostatische Hypotonie, gastrointestinale Störungen, wie Mundtrockenheit, Verstopfung und Übelkeit, sowie Gewichtszunahme, Akkommodationsstörungen und Schwitzen. Zu den weiteren zentralnervös bedingten Nebenwirkungen zählen Parästhesie, Ataxie, Müdigkeit (1 - 10%) und gelegentlich (0,1 - 1%) Konvulsionen. Die häufigsten psychischen Störungen (1 - 10%) sind Verwirrtheit, Konzentrationsschwierigkeiten und Libidoverminderung, https://www.suchtundselbsthilfe.de/forum/lexicon/index.php/Entry/44-Amitriptylin/?s=2f0a3d40cdf262ef004e6b72fd6ec948510c12bc 3 gefolgt (0,1 - 1%) von Hypomanie, Manie, Ängstlichkeit, paradoxer Schlaflosigkeit und Albträumen sowie seltener (< 0,1%) Appetitlosigkeit, Delirien bei älteren Patienten und Halluzinationen bei schizophrenen Patienten. Am Herzen können häufig (1 - 10%) EKG-Veränderungen, AV-Block und Erregungsweiterleitungsstörungen beobachtet werden, die jedoch sich jedoch nur selten (< 0,1%) in Arrhythmien äußern. Gelegentlich kann eine Hypotonie beobachtet werden. Eine bereits bestehende Herzinsuffizienz kann durch Amitriptylin verstärkt werden. Des weiteren können unter anderem Geschmacksveränderung, Durchfall, Erbrechen, Harnverhalten und Impotenz auftreten. Pharmakologie Pharmakodynamik Amitriptylin wirkt im ZNS als relativ unselektiver Hemmstoff der Monoamin-Rückaufnahme aus dem synaptischen Spalt in die Präsynapse. Auf diese Weise erhöht sich die Konzentration von Neurotransmittern (vor allem Serotonin und Noradrenalin) im synaptischen Spalt. Man nimmt heute an, dass die Reduktion depressiver Symptome durch eine modifizierte Empfindlichkeit der Rezeptoren für Monoamine erklärt werden kann. Die Empfindlichkeitssteigerung beruht dabei auf einer Down-Regulation bestimmter monoaminerger Rezeptoren aufgrund der veränderten Konzentrationsverhältnisse. Dies ist zudem die Begründung dafür, dass der stimmungsaufhellende Effekt in der Regel erst nach einer gewissen Einnahmedauer (etwa zwei bis drei Wochen) eintritt. Daneben hat Amitriptylin Effekte auf weitere Übertragungsprozesse im Gehirn, beispielsweise wirkt es anticholinerg (etwa als Antagonist bestimmter Acetylcholin-Wirkungen) und leicht antihistaminisch. Daraus resultiert eine psychomotorisch eher dämpfende Gesamtwirkung; außerdem treten charakteristische Nebenwirkungen auf. Die sedierende Wirkkomponente vermindert sich meistens im Laufe der Anwendungsdauer. Pharmakokinetik Die Halbwertszeit im Körper beträgt 8–51 Stunden; die HWZ der Amitriptylin-Metaboliten 30 Stunden. Der Metabolit Nortriptylin ist https://www.suchtundselbsthilfe.de/forum/lexicon/index.php/Entry/44-Amitriptylin/?s=2f0a3d40cdf262ef004e6b72fd6ec948510c12bc 4 ebenfalls wirkaktiv und wird selbst als Arzneimittel vertrieben. Handelsnamen Monopräparate Saroten (D, A, CH), Tryptizol (A, CH), zahlreiche Generika Kombinationspräparate Limbitrol (A, CH): Amitriptylin + Chlordiazepoxid Es wird als Tablette, Dragee oder Lösung oral eingenommen, kann aber auch als Injektionslösung i. m. oder i. v. appliziert werden. 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