Es lohnt sich immer - Arbeitskammer des Saarlandes

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GEWERKSCHAFT
Wahl von Betriebsräten
Es lohnt sich immer
Betriebsratswahlen (wie hier bei Ford Saarlouis) sind ein wesentliches demokratisches Element
in unserem Land | Foto: Ruppenthal
In vielen saarländischen Betrieben sind die Betriebsratswahlen
2010 gelaufen, Ende Mai läuft die offzielle Frist für den alle
vier Jahre stattfindenden Urnengang aus. Gerade in Krisen­
zeiten wird deutlich, wie wichtig das zentrale ­Instrument der
Mitbestimmung ist. Wer noch keinen Betriebsrat hat, kann
­jederzeit außerhalb des gesetzlichen Turnus’ einen wählen.
Die Angst um den Verlust des Arbeitsplatzes, das Feststellen undemo­kratischer
Verhaltenswei­sen eines Chefs oder auch
die Ankün­digung betrieblicher Verän­
derungen las­sen Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer zu dem Entschluss gelangen, dass die Zeit reif ist für die Wahl eines Betriebsrats. Wer erstmalig einen neuen Betriebsrat wählt, ist dabei nicht an den
gesetzlich festgelegten Zeitraum (alle vier
Jahre, also 2010, 2014 usw.) gebunden.
Wirtschaftskrisen haben gelehrt: Von
den Betriebsräten, die sich mit ihrer Kompetenz, ihrer Durchsetzungs-, aber auch
Verhandlungsstärke, ihren inner- und
außerbetrieblichen Kontakten und ihrem
Umgang mit der Geschäftsführung für
die Beschäftigten einsetzen, hängt nicht
selten die Zukunft ganzer Belegschaften
ab. Betriebsräte können Krisen nicht verhindern, sie können aber die Folgen für
die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
abmildern und gestalten, denn sie haben
die Handhabe, in schwierigen Situationen
konstruktiv Lösungen zu erarbeiten.
Nur Betriebsräte haben die Möglichkeit mitzubestimmen: Nur sie haben bei
Kurzarbeit ein Wörtchen mitzureden, nur
ein Betriebsrat ist vor Kündigungen anzuhören und ohne einen Betriebsrat gibt es
arbeitnehmer Heft 2/2010 · Fahne 49
keinen Sozialplan. Ein Betriebsrat kontrolliert für die Beschäftigten die Einhaltung
der bestehenden Gesetze. Und ohne ihren
Betriebsrat müssten Arbeit­nehmerinnen
und Arbeitnehmer Verbesserungen nur
einzeln durchsetzen. Und das klappt in
den meisten Fällen eher nicht.
Betriebsräte helfen,
Arbeitsplätze zu sichern
Der unermüdliche Einsatz von Betriebsräten für ihre Kolleginnen und Kol­
legen sorgt – vor allem in schwierigen
Zeiten – dafür, dass viele Arbeitsplätze
erhalten bleiben. Und deshalb kann die
Wahl von Betriebsräten nicht ernst genug
genommen werden.
Betriebsräte stellen eines der wesent­
lichen demokratischen Elemente in un­
serem Land dar, sie sind ein Garant für
das Funktionieren unserer sozialen Marktwirtschaft. Durch sie können Beschäftigte
innerhalb des Wirtschaftssystems mitbestimmen und mitgestalten.
Je nach Betriebsgröße dauert die erste Wahl rund zwei Wochen bei Kleinbetrieben, während bei größeren Betrieben
(in der Regel ab 50 und mehr Arbeitneh-
merinnen und Arbeitnehmern) für die erstmalige Wahl ein Zeitraum von acht bis
zehn Wochen einkalkuliert werden muss.
Die Initiative für die erstmalige Wahl
eines Betriebsrats geht grundsätzlich von
den Beschäftigten aus. Aber auch wenn
im Unternehmen bereits ein Gesamtbe­
triebs­rat existiert, kann dieser für betriebsratsfreie Einheiten die Wahl auf den Weg
bringen. Selbstverständlich sind wichtige
Partner für die Betriebsratswahl auch immer die Gewerkschaften. Sie stehen mit
Rat und Tat bei der Wahl eines Betriebsrats zur Seite.
Wer sich für eine Kandidatur entschie­
den hat, genießt vom Moment des Be­
kanntwerdens an einen besonderen Kün­
digungsschutz. Diese Maßnahme soll
Bewerberinnen und Bewerber vor Nach­
teilen schützen. Ihnen darf nun nicht mehr
fristgemäß gekündigt werden und eine
fristlose Kündigung ist nur nach Zustim­
mung des Betriebsrates zulässig. Der besondere Kündigungsschutz wirkt bis zur
Bekanntmachung des Wahlergebnisses
und ein halbes Jahr darüber hinaus (falls
man nicht gewählt wurde).
Sind die Mitglieder des Betriebsrats
gewählt, dann wird aus ihrer Mitte der
oder die Vorsitzende gewählt. Er oder sie
vertritt das Gremium und seine Beschlüsse nach außen. Der Betriebsrat kommt
regelmäßig zu seinen Sitzungen zusammen. Hierzu lädt der/die Vorsitzende mit
Tagesordnung ein. Für den Fall, dass ein
Betriebsratsmitglied nicht teilnehmen
kann, wird ein Ersatzmitglied zur Sitzung
eingeladen. Damit soll sichergestellt sein,
dass ein Betriebsrat stets beschlussfähig
und damit arbeitsfähig bleibt. Ersatzmitglieder rücken immer für verhinderte Betriebsratsmitglieder nach, das gilt sowohl
bei kurzfristigen als auch bei langfristigen
Verhinderungen sowie beim vorzeitigen
Ausscheiden aus dem Gre­mium.
Die Arbeit eines Betriebsrates bewegt
sich immer im Spannungsfeld eigener und
fremder Interessen und Ansprüche, sie ist
also durchaus belebend und anstrengend
zugleich. So erwarten Kolleginnen und
Kollegen oft, dass man immer für sie da
ist, auf alle Fragen eine Antwort weiß,
Probleme sofort beseitigt, alles im Sinne der Beleg­schaft klärt. Der Arbeitgeber erwartet dagegen Verständnis und
Mitverantwortung – auch bei schlechten
Botschaf­ten, jederzeitige Gesprächs- und
Verhandlungsbereitschaft, hohen persön­
lichen Einsatz, gute Qualifikationen.
Und es gibt auch noch die eigenen Ziele und Ansprüche, mit denen man im Amt
zu tun hat: Wie bewältige ich die Fülle des
Alltagsgeschäftes, wie die Mehrfachbeanspruchung „Amt – Arbeit – Fami­lie“ usw.
Wer das Amt übernimmt, sollte sich also
über die unterschiedlichen Erwartungen
im Klaren sein.
GEWERKSCHAFT
Die Übernahme des Betriebsratsamtes ist sowohl mit Rechten als auch mit
Pflichten verbunden. Zunächst das Wich­
tigste vorweg: Betriebsratsarbeit ist ein
Ehrenamt und wird nicht extra vergütet.
Betriebsratsarbeit findet während der Arbeitszeit statt und ist in der Regel Teamarbeit (nur in Betrieben mit weniger als
21 Beschäftigten wird ein einköpfiger
Betriebsrat gewählt).
Betriebsräte wachsen an ihren Aufgaben, da sie im Amt Themen bearbeiten
müssen, die in der Regel deutlich über
ihre eigentliche berufliche Tätigkeit hinausgehen. So beinhaltet Betriebsratsarbeit
durchaus die Übernahme von Verantwor­
tung für die Abläufe im Betrieb und im
Gremium.
Vom Zeitpunkt der Kandidatur an
genießen Betriebsratsmitglieder den besonderen Kündigungsschutz. Das bedeu­
tet, dass eine fristgemäße Kündigung im
Regelfall nicht mehr möglich ist und eine
fristlose Kündigung nur nach Zustim­
mung des Betriebsrates. Dieser besondere
Kündigungsschutz wirkt noch ein Jahr
nach Ende der Amtszeit nach.
Was ein Betriebsrat
erreichen kann
Arbeitsgrundlage des Betriebsrats ist
das Betriebsverfassungsgesetz. Darin ist
der gesetzliche Auftrag eines Betriebsrates ebenso formuliert wie die Instrumente, die ihm zur Verfügung stehen. Und
die Themen der Betriebsratsarbeit sind
viel­fältig: Von „A“ wie Arbeitsplatzgestaltung bis „Z“ wie Zulagenverteilung –
überall ist der Betriebsrat dabei.
Hier ein Beispiel: Im Betrieb soll ein
neues System der Arbeitszeiterfassung
ein­geführt werden. Bislang gab es feste
Arbeitszeiten für alle. Nach Absprache
mit den Vorgesetzten und Kollegen war es
möglich, davon individuell abzuweichen,
etwa bei einem privaten Termin. Die Zeit
wurde dann nachgearbeitet. Nun wurde
eine Anlage zur Zeiterfassung angeschafft
und es sollen alle stempeln. Die Anwesen­
heiten sollen im Personalbüro ausgewertet
werden. Deshalb gibt es Unruhe in der
Belegschaft. Und das zu Recht.
Gäbe es keinen Betriebsrat, wäre die
Sache klar: der Arbeitgeber würde die
Zeiterfassung einführen, alle müssten
stempeln und die Daten würden ausgewertet. Gibt es aber einen Betriebsrat,
dann hat er ein großes Wort mitzureden,
er hat in diesem Fall sogar ein stark ausgeprägtes Mitbestimmungsrecht. Wenn
der Betriebsrat also bei der Einführung
des Arbeitszeiterfassungssystems „Nein“
sagt, dann ist die Einführung nicht zulässig, sie darf nicht umgesetzt werden,
die Anlage darf nicht einmal in Betrieb
gehen. Sämt­liche Bedingungen für die
Einführung der Zeiterfassung müssten mit
dem Betriebs­rat verhandelt werden. Verhandlungsgegenstand wäre zum Beispiel,
festzulegen, zu welchem Zweck die Arbeitszeit jetzt technisch erfasst wird, was
die Anlage „kann“, zu welchem Zweck
die Anwesenheiten ausgewertet werden
sol­len, wie die Beschäftigten vor Kontrollen und arbeitsrechtlichen Konsequenzen
geschützt werden.
Dabei kann der Betriebsrat auch in vielen Fällen von sich aus Veränderungen
anstoßen. Um bei dem oben vorgestellten Beispiel zu bleiben: Der Betriebsrat
könnte auch Vorschläge der Beschäftigten
aufnehmen und von sich aus aktiv werden. Gibt es zum Beispiel den Wunsch,
feste Arbeitszeiten in gleitende Arbeitszeit zu verändern, dann kann der Betriebsrat dafür die Initiative ergreifen und eine
Kleinbetriebe
Wahl dauert nur
zwei Wochen
Die Mehrzahl der in Deutschland tätigen Arbeitnehmerinnen und
Arbeit­nehmer wird durch einen Betriebsrat vertreten, aber nur eine
Minderheit der Betriebe hat einen
Betriebsrat. Erst durch ei­nen Betriebsrat wird die in erster Linie im
Betriebsverfassungsgesetz geregelte
Mitbestimmung umgesetzt. Alle vier
Jahre finden turnusmäßige Wahlen
in der Zeit vom 1. März bis 30. Mai
statt. Bei Fehlen eines Betriebsrats
(Rücktritt, noch kein Betriebsrat vorhanden etc.) kann auch zu anderen
Zeiten gewählt werden. Besteht noch
kein Betriebsrat, dann gibt es Besonderheiten hinsichtlich der Bestellung
eines Wahlvorstands. Hierzu sollten
sich interessierte Beschäftigte bei ihrer zuständigen Gewerkschaft beraten
lassen.
In kleineren Betrieben von 5 bis
50 Beschäftigten kann im sogenannten „vereinfachten“ Wahlverfahren
innerhalb von etwa zwei Wochen ein
Betriebsrat gewählt werden. Gleiches
gilt für Betriebe mit 51 bis 100 Beschäftigten, sofern Wahlvorstand und
Arbeitgeber sich auf das vereinfachte
Verfahren einigen. In allen anderen
Betrieben gilt das „normale Wahlverfahren“. Danach kann ein Betriebsrat
in etwa 10 bis 12 Wochen ins Amt
berufen werden. Weitere Informationen unter www.arbeitskammer.de/
betriebsratswahl
Verhandlung darüber sogar erzwingen.
Der Arbeitgeber müsste also mit dem
Betriebsrat verhandeln und das Ergebnis
wäre im Betrieb umzusetzen.
Aber auch Themen wie Qualifizierung,
Überstunden, Sozialplan, Kündigungen,
Arbeits- und Gesundheitsschutz, Betriebsordnungen, Einstellungen, Personalbeurteilungen, Beschwerden, Parkplatzregelungen sowie vieles mehr werden mit
Beteiligung des Betriebsrat geregelt.
Studien belegen: Die Sicherheit eines
Arbeitsplatzes ist häufig davon abhängig,
dass es eine Interessenvertretung im Betrieb gibt. Durch sie wird zum Beispiel
das Risiko von Fehlentscheidungen redu­
ziert, weil Betriebsräte in ständigem Austausch mit den Beschäftigten und dem
Arbeitgeber sind.
Betriebsräte sind auch ein Garant für
mehr Produktivität in den Arbeitsabläufen bei der Einführung modernerer Arbeitsformen und sie können Promoter
von Veränderungsprozessen sein. Immerhin sind Betriebsräte die Experten für die
Arbeitsbedingungen und das Erfahrungswissen im betrieblichen Ablauf. Dies belegen auch die jüngsten Beob­achtungen
zum Umgang in Krisenzeiten. Starke
Mitbestimmungsrechte erlauben es den
Betriebsräten, sich für die Interessen der
Beschäftigten einzusetzen und sich gegenüber dem Arbeitgeber auch durchzu­
se­t­zen. So sind Betriebsräte beteiligt bei
Einstellungen, Versetzungen und Um­
setzungen, sie werden bei Kündigun­gen
gehört und können widersprechen.
Auch alle Fragen der Arbeitsorga­
nisation sind mit dem Betriebsrat zu erörtern. Dazu gehören zum Beispiel die Themen Arbeitszeitgestaltung, Erg­on­omie,
Datenschutz, Gesundheitsschutz und viele
andere mehr.
Für die Ausgestaltung seiner Arbeit
stehen dem Betriebsrat verschieden wir­
kungsvolle „Werkzeuge“ zur Verfügung.
So verfügt er über unterschiedlich ausgestattete Beteiligungsrechte und Mitgestaltungsmöglichkeiten. Zu unterschei­den
sind dabei „Unterrichtung“ (Arbeitgeber
unterrichtet Betriebsrat), „Mitwirkung“
(Arbeitgeber unterrichtet Betriebsrat und
berät mit ihm) und „Mitbestimmung“ (Arbeitgeber darf eine Maßnahme erst dann
umsetzen, wenn Betriebsrat zugestimmt
hat). Im Betriebsverfassungsgesetz ist genau formuliert, wel­ches Instrument wann
zur Anwendung kommen kann. Insbesondere die starken Mitbestimmungsrechte
erlauben es den Betriebsräten sich für Beschäftigteninteressen einzusetzen und sie
gegenüber dem Arbeitgeber auch durchzusetzen. Der Betriebsrat ist also ein unverzichtbares Element einer demokratischen
und dabei leistungsfähigen Firmenkultur.
Arbeitnehmerkammer Bremen
arbeitnehmer Heft 2/2010
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