Klimawandel und Auswirkungen auf die Ostsee Joachim W Dippner Leibniz Institut für Ostseeforschung Warnemünde Interdisziplinäre Ringvorlesung Die Ostseeküste – eine Region im Wandel Reaktion in den Medien • Palmen auf Helgoland • Eisbären in der Mönckebergstrasse • Hilfe, Sylt versinkt im Meer • Werden wir alle Neger ? Klimaänderung ESF (2007) Warum Ostsee? • Die Klimaänderung ist stärker in nördlichen Breiten: Arktische See, Barentssee, GIN See, Ostsee • Abgeschlossene Seegebiete reagieren sehr viel empfindlicher: Schwarzes Meer, östliches Mittelmeer, Ostsee Inhalt • • • • • Was treibt das System Ostsee an? Wetter und Klima Klimavariabilität (Blick zurück) Klimaänderung (Blick in die Zukunft) Auswirkungen der Klimaänderung Was treibt die Ostsee an? Der subpolare Wirbel Die nordatlantische Oszillation Extreme NAO Situationen Salzwassereinbrüche Matthäus & Frank 1992 Zirkulationsmuster Elken & Matthäus 2005 Wetter Wetter beschreibt den aktuellen bzw. über wenige Stunden anhaltenden Zustand der Atmosphäre. Wetter beschreibt den Ist-Zustand! Klima Klima ist das Langzeitverhalten atmosphärischer Größen wie Temperatur, Wind, Strahlung, Feuchte, Bewölkung und Niederschlag, jeweils bezogen auf ein bestimmtes Gebiet und auf einen längeren Zeitraum. Klima ist die Statistik von Wetter! von Storch et al. 1999 Klimavariabilität & Klimaänderung • Klimavariabilität wird durch natürliche Prozesse hervorgerufen. • Klimaänderung wird durch Treibhausgase hervorgerufen. IPCC (2007) Klimavariabilität • Externe Prozesse – Milankovitch Zyklen – Sonnenaktivität – Vulkanismus Auswirkung global global Hemisphäre • Interne Prozesse – Integration von weißem Rauschen – Nichtlineare Wechselwirkung Beckenskala Beckenskala von Storch & Hasselmann (1995) Klimavariabilität • Externe Prozesse – Milankovitch Zyklen – Sonnenaktivität – Vulkanismus Auswirkung global global Hemisphäre • Interne Prozesse – Integration von weißem Rauschen – Nichtlineare Wechselwirkung Beckenskala Beckenskala von Storch & Hasselmann (1995) Milankovitch Zyklen Zeitskala: 100,000 Jahre 41,000 Jahre 23,000 Jahre 19,000 Jahre Milankovitch Zyklen Klimavariabilität • Externe Prozesse – Milankovitch Zyklen – Sonnenaktivität – Vulkanismus Auswirkung global global Hemisphäre • Interne Prozesse – Integration von weißem Rauschen – Nichtlineare Wechselwirkung Beckenskala Beckenskala von Storch & Hasselmann (1995) Sonnenaktivität ~11 Jahre ~87 Jahre Klimavariabilität • Externe Prozesse – Milankovitch Zyklen – Sonnenaktivität – Vulkanismus Auswirkung global global Hemisphäre • Interne Prozesse – Integration von weißem Rauschen – Nichtlineare Wechselwirkung Beckenskala Beckenskala von Storch & Hasselmann (1995) Vulkanismus Vulkanismus Schwefelhaltige Dämpfe führen in der Atmosphäre zur Tröpfchenbildung. Diese Tröpfchen, der Staub und die Asche reduzieren die kurzwellige Sonneneinstrahlung. Fazit: Die Erde kühlt ab ! Klimavariabilität • Externe Prozesse – Milankovitch Zyklen – Sonnenaktivität – Vulkanismus Auswirkung global global Hemisphäre • Interne Prozesse – Integration von weißem Rauschen – Nichtlineare Wechselwirkung Beckenskala Beckenskala von Storch & Hasselmann (1995) Klimavariabilität • Externe Prozesse – Milankovitch Zyklen – Sonnenaktivität – Vulkanismus Auswirkung global global Hemisphäre • Interne Prozesse – Integration von weißem Rauschen – Nichtlineare Wechselwirkung Beckenskala Beckenskala von Storch & Hasselmann (1995) Nicht-lineare Wechselwirkung Der Ozean hat ein Gedächtnis, die Atmosphäre nicht. - Der Ozean kann Wärme speichern Der Ozean hat Ränder, die Atmosphäre nicht. Klimavariabilität CLIVAR (2001) Variation der Solarkonstanten durch Vulkanismus Crowley 2000 1000 Jahre in 60 cm LSR = 0.6 mm/a; 60 cm = 1000 Jahre Jahr (ca.) 2000 Heutiges Klima 1850 Kleine Eiszeit Hohe Produktivität, anoxisches Bodenwasser, laminiertes Sediment, hoher Salzgehalt anthropogene Schadstoffe Niedrige Produktivität, oxisches Bodenwasser, ungeschichtete Sedimente, Niedriger Salzgehalt, durschmischter Wasserkörper 1250 Mittelalterliche Warmperiode 1000 Hohe Produktivität, anoxisches Bodenwasser, laminiertes Sediment, hoher Salzgehalt Photos: Thomas Leipe Cyanobacterien Blüte Fossile im LIA Sediment Cladocerans (Bosmina longispina) Foraminifera (Reophax) Sauerstoff am Boden; niedriger Salzgehalt (4-8 psu) Photos: Thomas Leipe Die kleine Eiszeit Fischer-Bruns (2003) Golfstrom und Azorenhoch Golfstromintensität in 100m Tiefe; Abweichung vom 1550-1850 Mittel Golfstromintensität Azorenhochintensität Zorita et al. (2004) Klimaänderung Klimaänderung wird durch Treibhausgase hervorgerufen – Wasserdampf – Kohlendioxid – Ozon – Lachgas – Methan H2O CO2 O3 N2O CH4 IPCC (2007) Globale Erwärmung Temperature change ( OC) 6 5 4 3 Scenarios A1B A1T A1FI A2 B1 B2 IS92a (TAR method) AII IS92 2 1 0 2000 2020 2060 2040 Years 2080 2100 Bars show the range in 2100 produced by several models IPCC 2007 IPCC Szenarien IPCC 2007 Gitterauflösung in Modellen Dy na m is c he s Do w ns ca lin g Zukünftige Klimaänderungen Globales Klimamodell Regionales Klimamodell Hydrologisches Modell Flusseinträge Auswirkungen In der Ostsee Ostseemodell global lokal Skala BACC 2008 Eisausdehnung Kontrolllauf SRES-B2 SRES-A2 BACC 2008 Projektion der Klimaänderung • • • • • Zunahme der Lufttemperatur 3 – 5°C Zunahme der Oberflächentemperatur 2 - 4°C Abnahme der Eisausdehnung um 50% - 80% Abnahme des Salzgehaltes um 8% - 50% Das Risiko von Überflutung steigt an Süd- und Ostküsten • Winter werden feuchter, Sommer trockener • Zunahme der Flusseinträge im Winter um 50% • Abnahme der Flusseinträge im Sommer um 20% BACC 2008 Erderwärmung: Ostsee statt Mittelmeer Auf der ITB in Berlin stellte Philipp Elmer, Zukunftsforscher der Deutschen Bank Research, die Gewinner und Verlierer des Klimawandels im Jahr 2030 vor. Die Ostsee könnte zur neuen Badewanne Europas mit Palmenstränden werden, so der Experte. Bild 11.3.2008 Auswirkung auf das marine Ökosystem • • • • • • • Nährsalze Schadstoffe Phytoplankton Zooplankton Benthos Fisch Marine Säuger Konsequenz der Klimaänderung Höhere Wintertemperaturen unterbinden Konvektion im Frühjahr Ausbildung der Sprungschicht 7 psu 2.5°C Temperatur Dichte Dichte Konvektion Ausbildung der Sprungschicht 7 psu 2.5°C Temperatur Konsequenz der Klimaänderung für Nährsalzverteilung • Höhere Wintertemperaturen unterbinden Konvektion im Frühjahr • Zunehmender Niederschlag und erhöhte Flusseinträge bewirken höhere Nährstoffeinträge und Eutrophierung im Küstenvorfeld – Erhöhung des Hintergrundsignals im Norden – Erhöhung der diffusen Einträge im Süden Konsequenz der Klimaänderung für Schadstoffwirkung • Viele Lebewesen leben an der Grenze ihrer physiologischen Toleranz, deshalb • Höhere Temperaturen und niedriger Salzgehalt führen zu – Reduzierung der Fitness – Reduzierung der Anpassungsfähigkeit – Höherer Metabolismus (höhere Enzymaktivität) • Niedriger Salzgehalt führt zu höherer Schwermetallaufnahme Phytoplankton a: BMP J1, spring, diatoms b: BMP J1, spring, Smoother & confidence interval dinoflagellates Smoother & confidence interval Smoother Upper limit Low er limit Smoother Upper limit Low er limit 3 3 2 2 1 1 1981 1983 1985 1987 1989 1991 1993 1995 1997 1999 1981 1983 1985 1987 1989 1991 1993 1995 1997 1999 Wasmund & Uhlig 2003 Konsequenz der Klimaänderung für Phytoplankton • • • • Erwärmung behindert Kaltwasserarten Erwärmung fördert Warmwasserarten Veränderung in der Artenzusammensetzung Weniger Eisbildung und frühere Stabilisation der Wassersäule verändert den Start der Frühjahrsblüte • Zunahme in Blaualgenblüten Konsequenz der Klimaänderung für Zooplankton • Salzgehalt kontrolliert die Biodiversität • Temperaturänderung beeinflußt Wachstum und Reproduktion • Abnahme des Salzgehaltes und Zunahme der Eutrophierung favorisieren das kleine Nahrungsnetz • Reduzierte Nahrungsqualität für Fisch Konsequenz der Klimaänderung für Benthos • Zunahme der Biomasse durch erhöhte Deposition von organischem Material im Küstenvorfeld • Durchlüftete Gebiete haben hohe Abundanzen • Tiefe anoxischer Bereiche werden zu benthischen Wüsten • Invasion fremder Arten Fisch • Fischerei ist der stärkste menschliche Einfluss • Biodiversität ist niedriger als in anderen Meeresgebieten • Niedriger Salzgehalt verursacht physiologischen Stress Photos: www.fishbase.net Laichgebiete Gu lf of Bo thn ia 31 30 32 nd Gulf of Finla 29 27 Skagerrak 28 Gulf of Riga Kattegat 25 ← 23 26 24 22 Bagge et al. 1994 Konsequenz der Klimaänderung für Fisch • Klimaänderung beeinflusst Rekrutierung • Abnahme des Reproduktionsvolumen beeinflusst das Überleben von Kabeljaueiern • Die Wachstumsrate hängt von der Qualität der Nahrung ab. • Fischerei und Klimaänderung führen zum Zusammenbruch der Kabeljaupopulation Marine Säugetiere • • • • Schweinswal Seehund Ringelrobbe Kegelrobbe S S W W Photo: Antti Halkka Konsequenz der Klimaänderung für marine Säugetiere • • • • Verschiebung der Arten nach Norden Seehund und Kegelrobbe nehmen zu Ringelrobben nehmen ab mangels Eis ACIA Report Photo: Janne Gröning Zusammenfassung 1 • Zunahme der Temperatur – Verhindert Konvektion im Frühling – Höhere Stoffwechselraten – Reduzierung der Fitness – Reduzierung der Anpassungsfähigkeit – Verschiebung im Artenspektrum – Verstärkte Blaualgenblüten – Weniger Eis Ringelrobbe Zusammenfassung 2 • Zunahme des Niederschlags – Höhere Flußeinträge – Abnahme des Salzgehaltes – Höhere Nährstoffeinträge – Stärkere Eutrophierung der Küstengewässer Zusammenfassung 3 • Abnahme des Salzgehaltes – Osmotischer Stress – Verschiebung im Artenspektrum – Überleben von Kabeljaueiern – Nahrungsqualität für Fisch – Verteilung von Benthos – Reduzierung der Fitness – Invasion fremder Arten Danke für die Aufmerksamkeit !