KW44/Indium Prof. Dr. Werner Uhl

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KW44/Indium
Prof. Dr. Werner Uhl
Vorkommen und Gewinnung
Indium wurde relativ spät im Jahre 1863 durch Ferdinand Reich und Theodor Richter an der Bergakademie in
Freiberg (Sachsen) als Bestandteil einer Zinkerz-Probe entdeckt. Seine charakteristische indigoblaue
Spektrallinie im Linienspektrum ermöglichte nicht nur seine Entdeckung, sondern verhalf ihm auch zu seinem
Namen. Kurze Zeit später wurde es in reiner Form durch Reduktion seines Oxids mit Holzkohle gewonnen. Erst
1933 fand es breitere Anwendung als Schutzüberzug von Metallen und zur Generierung von niedrig
schmelzenden Legierungen und ist heute insbesondere für die elektronische Industrie ein essentieller Rohstoff.
Indium ist selten, die Häufigkeit seines Auftretens in der Erdkruste entspricht ungefähr derjenigen von Silber oder
Quecksilber. Indium-haltige Mineralien (z. B. FeIn2S4) finden sich nur sehr begrenzt, es wird daher im
Wesentlichen als Nebenkomponente aus Zinksulfid oder anderen Erzen gewonnen. Der Gehalt dieser Erze an
Indium beträgt durchschnittlich nur etwa 100 ppm. Der Preis für Indium ist entsprechend hoch und beträgt zurzeit
etwa 350 Euro/kg mit Potential nach oben. Die Weltjahresproduktion liegt bei ca. 770 Tonnen. Die Struktur des
Metalls (Abb. 1) lässt sich als tetragonal innenzentriert mit vier kurzen (blau, 325 pm) und acht längeren In-InAbständen (gelb, 337 pm) beschreiben.
Abbildung 1: Strukturen von elementarem Indium (links) und Indiumphosphid (rechts)
Anwendungen
Moderne Aspekte der Anwendung von Indiumverbindungen finden sich im Bereich der Elektronik oder
Kommunikationstechnik, Mobiltelefone enthalten einige Milligramm an Indium. Ein wichtiger Punkt ist die
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Erzeugung von III-V-Halbleitern bestehend aus Elementen der dritten und fünften Hauptgruppe, die über eine von
der Zusammensetzung abhängige, leicht modulierbare Bandlücke verfügen. InP, InAs, aber auch ternäre oder
quarternäre Phasen wie In1-xGaxN sind Beispiele für solche Materialien [1]. Sie werden in der
Hochfrequenztechnik, in Lasern, Leichtdioden oder in integrierten Schaltkreisen eingesetzt. Ihre Strukturen leiten
sich im Allgemeinen von der Sphalerit-Struktur (Zinkblende, Abb. 1, rechts) ab, in der die Atome jeweils
tetraedrisch umgeben sind. Ihre Synthese erfolgt durch Abscheidung aus der Gasphase unter drastischen
Bedingungen, beispielsweise unter Zersetzung von metallorganischen Vorläufermolekülen wie InMe3.
Ein weiteres wichtiges Material (80% der Indiumproduktion) ist Indium-Zinn-Oxid (ITO), das durch Dotierung von
In2O3 mit ca. 10% Zinn erhalten wird [2]. Die Ionenradien von In3+ und Sn4+ sind ähnlich, so dass sich beide Ionen
in den Gittern gegenseitig vertreten können. ITO wird als transparentes und elektrisch leitendes Material
beispielsweise für die Herstellung von Flüssigkristallbildschirmen, Touchscreens oder Dünnschichtsolarzellen
eingesetzt.
Bemerkenswerte Variabilität der Oxidationsstufen
Die wichtigsten Oxidationsstufen von Indium in chemischen Verbindungen sind +I und +III. Nach dem
allgemeinen Trend in den Hauptgruppen nimmt die Stabilität der niederen Oxidationsstufe beim Übergang zu den
schwereren Elementen zu, so dass für Indium in anorganischen Verbindungen beide Stufen ungefähr
gleichberechtigt sind. Elementares Indium reagiert beispielsweise mit Brom zu farblosem InBr3, das in der
Schmelze mit Indium unter Komproportionierung zu rotem InBr mit einwertigen Indiumatomen reagiert [3]. Beide
Verbindungen besitzen im Festkörper ionische Strukturen, sind thermisch sehr beständig und lassen sich im
Vakuum ohne Zersetzung sublimieren. Die Metallatome von In2Br4 besitzen interessanterweise nicht die nach
einfachen Regeln abzuleitende Oxidationsstufe +II, sondern sind gemischt-valent mit beiden beständigen
Oxidationsstufen in einer Verbindung, InI[InIIIBr4] [3]. Daraus lassen sich mit überschüssigen Halogenidionen Xdie Anionen [X3In-InX3]2- erzeugen, in denen die Indiumatome über eine In-In-Bindung miteinander verbunden
sind und die Oxidationsstufe +II aufweisen [3].
In der metallorganischen Welt verändern sich die Stabilitäten der Oxidationsstufen im Einklang mit
Beobachtungen für andere Hauptgruppen. Alkyl- und Arylindium(III)-Verbindungen sind leicht unter
Salzmetathese aus InX3 und MRn-Reagenzien (M = Li, Mg, Al) oder durch Umsetzung von In/Mg-Legierungen mit
Alkylhalogeniden zugänglich. Wie mit den schweren Elementen üblich, ist die In-C-Bindung instabil [4], und man
beobachtet bei thermischer Belastung Zersetzung unter Abscheidung des Metalls. Mit InMe3 verläuft diese
Zersetzung oberhalb von 100 °C explosionsartig. Dennoch ist es ein technisches Produkt und wird in reiner Form
zur Synthese von III-V-Halbleitern eingesetzt. Anders als in der anorganischen Chemie sind metallorganische
Verbindungen mit einwertigem Indium hochgradig unbeständig und zersetzen sich bereits weit unterhalb von
Raumtemperatur spontan unter Disproportionierung. Daher wurden nur wenige sterisch hoch abgeschirmte
metallorganische Verbindungen mit Indium in Oxidationsstufen zwischen +I und 0 bekannt [5]. Sie besitzen
spektakuläre Strukturen mit In-In-Wechselwirkungen und Clustern aus Indiumatomen (Abb. 2) und entstehen bei
der Umsetzung von In(I)-Halogeniden mit Lithiumorganylen oder durch Reduktion von Alkyl- oder
Arylindiumhalogeniden mit Alkalimetallen. Die In-In-Wechselwirkungen sind mitunter so schwach, dass in Lösung
Dissoziation zu monomeren Bruchstücken InR erfolgt, die über ihr freies Elektronenpaar als Liganden gegenüber
Übergangsmetallatomen fungieren [6]. Lange bekannt sind monomere Verbindungen, in denen In(I) an einen
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Literatur
[1] M. O. Manasreh (ed.), InP and Related Compounds – Materials, Applications and Devices, Gordon and
Breach, 2000.
[2] H. Kim, C. M. Gilmore, A. Piqué, J. S. Horwitz, H. Mattoussi, H. Murata, Z. H. Kafafi, D. B. Chrisey, J. Appl.
Phys. 1999, 86, 6451.
[3] W. Uhl, M. Layh: Formal Oxidation State +II: Metal-Metal Bonded Versus Mononuclear Derivatives; in: The
Group 13 Metals Aluminium, Gallium, Indium and Thallium – Chemical Patterns and Pecularities (Ed. S. Aldrigde,
A. J. Downs), Wiley, 2011, S. 246.
[4] C. Elschenbroich, Organometallchemie, 4. Aufl., Teubner, Stuttgart, 2003, S. 24.
[5] W. Uhl, A. Jantschak, W. Saak, M. Kaupp, R. Wartchow, Organometallics 1998, 17, 5009; N. Wiberg, T. Blank,
H. Nöth, W. Ponikwar, Angew. Chem. Int. Ed. 1999, 38, 839; N. Wiberg, T. Blank, A. Purath, G. Stößer, H.
Schnöckel, Angew. Chem. Int. Ed. 1999, 38, 2563; B. E. Eichler, N. J. Hardman, P. P. Power, Angew. Chem. Int.
Ed. 2000, 39, 383; G. Linti, M. Bühler, K. Yu. Monakhov, T. Zessin, Dalton Trans. 2009, 8071.
[6] C. Jones, A. Stasch, The Chemistry of the Group 13 Metals in the +1 Oxidation State; in: The Group 13 Metals
Aluminium, Gallium, Indium and Thallium – Chemical Patterns and Pecularities (Ed. S. Aldrigde, A. J. Downs),
Wiley, 2011, S. 285.
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