Erfahrungsbericht über das Forschungspraktikum am Zentrum für Strukturbiologie in Oxford vom 28. August bis zum 15. Dezember 2013 Während des Biochemiestudiums an der LMU merkte ich, dass gerade für angehende Wissenschaftler gute Englischkenntnisse und Auslandserfahrungen sehr hilfreich sind. Der Master-Studiengang der Biochemie wird in München an der LMU fast komplett auf Englisch abgehalten und die Fachliteratur wird auf englisch verfasst. Am 28. August reiste ich daher nach Oxford um ein drei einhalb Monate langes Forschungspraktikum zu absolvieren. Den Kontakt zur Arbeitsgruppe knüpfte ich selber, allerdings erhielt ich Unterstützung vom Gene Center, dem Department für Biochemie an der LMU. Drei Wissenschaftler am Genzentrum schrieben mir jeweils ein Empfehlungsschreiben, die ich für mein Erasmus-Stipendium und die Bewerbung für die Praktikumsstelle benötigte. Auch die Anerkennung des Forschungs-Praktikums für den Master war kein Problem. Das Forschungspraktikum habe ich am Zentrum für Strukturbiologie (STRUBI) der Universität Oxford absolviert. Das Zentrum gehört zum Nuffield Department of Medicine, Oxford ist besonders bekannt für seine exzellente bio-medizinische Forschung. Auch für Strukturbiologen ist Oxford eine gute Adresse, denn Großbritanniens Synchrotron, die Diamond Light Source, ist nur 30 Minuten Autofahrt von Oxford entfernt. Momentan arbeiten etwa 10 Arbeitsgruppen am STRUBI an verschiedenen Themengebieten. Alle Arbeitsgruppen teilen sich zwei riesige Labors und das dazugehörige Equipment. Ich habe das Arbeitsklima dort sehr genossen, denn es herrscht dort eine sehr offene und freundliche Atmosphäre. Die Arbeitsgruppen kooperieren viel untereinander, manche Doktoranden arbeiten auch parallel in zwei unterschiedlichen Arbeitsgruppen. In meinem Projekt habe ich ein Protein in E. coli exprimiert und danach für Kristallisationsansätze gereinigt. Bei dem Forschungs-Praktikum lernte sehr viel und konnte wertvolle Erfahrungen sammeln. In den drei-einhalb Monaten bekam ich mein eigenes Projekt, für das ich selbst verantwortlich war. Nach einer etwa zweiwöchigen Lehrphase arbeitete ich überwiegend selbständig an dem Projekt. Es war aber stets einen Betreuer da, an den ich mich bei Fragen wenden konnte. Mein Projekt konnte ich erfolgreich durchführen und es gelang mir das Protein zu kristallisieren sowie die Proteinstruktur mittels molecular Replacement zu lösen. Das Praktikum hat mich ermuntert, weiterhin auf dem Gebiet der Strukturbiologie zu forschen. Finanzielle Hilfe für das Forschungs-Praktikum erhielt ich vom Erasmus Programm. Alle hierfür benötigten Informationen bekam ich von Herrn Hoch, der an der LMU für die Beratung zu Praktika im In- und Ausland zuständig ist. Auch wenn das Erasmus Praktikum mit einem nicht unerheblichen Papieraufwand verbunden ist, so habe ich doch die Begleitung und Unterstützung des Praktikums durch das Erasmus Programm sehr geschätzt. Nicht nur die finanzielle Unterstützung hat mir weitergeholfen. Das Erasmus Programm erwartet vom Arbeitsgruppenleiter, der das Praktikum betreut, eine ausführliche Darstellung des Projekts und nach Beendigung des Auslandsaufenthalts ein aussagekräftiges Praktikumszeugnis. 1 Das Erasmus Programm ist nur eines von vielen potentiellen Stipendien. Neben Erasmus unterstützt z.B. auch das Unternehmen Bayer Auslandsaufenthalte von Naturwissenschaftlern (Bayer-Stipendium). Gerade für Oxford ist ein Stipendium gut, da die Lebensunterhaltungskosten dort hoch sind (höher als in München). Untergekommen bin ich in Oxford im Commonwealth House. Das Commonwealth House ist sehr zentral gelegen und alle Sehenswürdigkeiten sowie viele Geschäfte sind gut zu Fuß vom Commonwealth House erreichbar. Ich kann das Haus nur weiterempfehlen. Es ist ein Haus für Studenten aus Overseas und in kurzer Zeit lernte ich viele Leute aus aller Welt kennen. Regelmäßig wurden Aktivitäten wie Pub-Besuche, Stadtführungen oder gemeinsame Abendessen angeboten, bei denen ich Kontakte und Freundschaften knüpfen konnte. Generell sollte man sich frühzeitig um eine Unterkunft kümmern, da in der Studentenstadt Oxford der Andrang bei Mietwohnungen und Zimmern groß ist. Der Kern von Oxford ist sehr überschaubar und man findet sich schnell zurecht. Viele Leute fahren mit dem Fahrrad, für Leute die sich nicht an den Linksverkehr gewöhnen wollen, gibt es aber auch ein gutes Busnetz. In England ist der Bus ein beliebtes und günstiges Verkehrsmittel. Auch die Busverbindung zwischen den einzelne Städten wie zum Beispiel Oxford und London ist exzellent (X90, Oxford Bus Company). Nach einer kurzen Eingewöhnungszeit fühlte ich mich in Oxford sehr wohl. Besonders gut haben mir die Colleges gefallen. Die Universität Oxford besteht aus etwa 40 einzelnen Colleges, in denen die Studenten wohnen und unterrichtet werden. Jeder Student der Universität Oxford wird am Anfang des Studiums oder der Promotion einem College zugeteilt, denn in den Colleges findet ein Großteil des studentischen Lebens statt. Berühmte Persönlichkeiten wurden hier ausgebildet, so studierten hier nicht nur etliche Premier Minister sondern auch der Schriftsteller Oscar Wilde, ein Teil der Komiker von Monty Python und der Schauspieler Hugh Grant. Zentrum eines jeden Colleges ist die „Great Hall“ in der die jeweilige Ahnengalerie ausgestellt ist. Regelmäßig finden in der großen Halle Dinner statt, bei denen alle Mitglieder des Colleges, die Fellows und die Studenten, zusammen speisen. Jedes College bildet auch seine eigenen Sportmannschaften aus. Rudern, Rugby, Hockey und Cricket sind sehr beliebte Sportarten und von Zeit zu Zeit finden Wettkämpfe zwischen den Colleges statt. Legendär ist auch das große Boatrace in London zwischen Cambridge und Oxford. Hierfür wird hart trainiert, teilweise beginnt das Rudertraining bereits um 7 Uhr morgens, damit die Studenten danach die Vorlesungen besuchen können. Oxford ist prädestiniert für den Rudersport, denn die Stadt liegt direkt an der Themse. Es gibt aber auch eine gemütlichere Variante sich auf der Themse und den zahlreichen Nebenflüsschen fortzubewegen - das Punten. Hiebei steht man in einem kahnartigen Boot und stößt sich mit einer langen Aluminium Stange vom Flussbett ab. Oxford ist durchzogen von kleinen Kanälen, auf denen man besonders im Sommer oder an schönen Herbsttagen herrlich Punten kann. Einige der Colleges sind auch für Besucher geöffnet, für Besitzer einer University Card (die auch Praktikanten an einem Institut der University of Oxford erhalten können) ist der 2 Eintritt frei. Die meisten Colleges sind aber nur an den „Open Doors Days“ für Besucher zugänglich, es sei denn, man kennt Mitglieder des Colleges, die einen mitnehmen können. Wer die Gelegenheit hat, ein College zu besuchen, der sollte sie auf alle Fälle ergreifen. Die Colleges wurden zum Teil schon vor etwa 800 Jahren gegründet und erinnern an alte Klosteranlagen. So sind die Gebäude meist um mehrere kreuzgangartige Innenhöfe angeordnet. Zu jedem College gehört auch eine eigene Kapelle, in der täglich um 6 Uhr Abends ein Evensong statt findet. Besonders in Christ Church College ist der Evensong einen Besuch wert. Christ Church College verfügt über einen ausgezeichneten Chor, der den Evensong bei Kerzenlicht musikalisch sehr stimmungsvoll begleitet. Eine zweite Berühmtheit von Oxford sind die zahlreichen Pubs. Es ist Tradition, dass man nach getaner Arbeit, besonders an Freitagen oder am Wochenende, zusammen mit Freunden in den Pub geht. Über 60 Pubs gibt es in Oxford, um alle Pubs zu besuchen muss man einen längeren Oxford Aufenthalt einplanen. Berühmt ist besonders die Turf Tavern oder der Pub „The Eagle and the Child“. In letzterem haben sich bereits J.R.R. Tolkien, C.S. Lewis und andere Schriftsteller gerne getroffen. Ausgeschenkt werden in den Pubs viele verschiedene Biersorten und Cider. Doch auch um Oxford herum gibt es viele schöne Städte und Sehenswürdigkeiten. An den Wochenenden habe ich oft die Gelegenheit ergriffen und mit dem Bus oder der Bahn das Umland erkundet. London ist von Oxford beispielsweise etwa 100 Minuten Busfahrt entfernt. Aber auch die Städte Bath, Bristol und Cambridge sind einen Besuch wert. Nicht weit von Oxford entfernt (30 Minuten Busfahrt) liegt Blenheim Palace, der Geburtsort von Winston Churchill. Der Palast kann sich durchaus mit Buckingham Palace messen und ist von kilometerlangen Gärten und kleinen Seen umgeben. Summa Summarum kann ich Oxford nur wärmstens empfehlen. Oxford ist eine wunderschöne Stadt und beherbergt die drittälteste Universität Europas. Auch wenn die Stadt nicht so groß ist (über 152 000 Einwohner), so kommen doch hier Leute aus aller Welt mit verschiedenen kulturellen Hintergründen zusammen. Es ist nicht schwer, neue Bekanntschaften zu knüpfen, sei es beim Sport, in der Arbeit, im Pub oder in der Kirche. Ein Hotspot für junge Leute ist die Gemeinde St. Aldates. Jeden Sonntag treffen sich hier 200 bis 300 Studenten um gemeinsam die Messe zu feiern und um sich danach auf einen Kaffee zu treffen. Auch für „Nicht-Christen sind die Tore stets geöffnet. Viele nette Leute trifft man zu dem beim „International Pastorate“ von St. Aldates. 3